TE Bvwg Erkenntnis 2024/3/7 W168 2254572-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.03.2024
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Entscheidungsdatum

07.03.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W168 2254572-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.03.2022,
Zl. 1280974010/210979392, zu Recht:
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. am römisch 40 , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.03.2022,
Zl. 1280974010/210979392, zu Recht:

A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs.1 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.
A)
Der Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz , AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, Bundes-Verfassungsgesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 1 aus 1930, (B-VG), nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I.       Verfahrensgang:römisch eins.       Verfahrensgang:

1. Der nun 23-jährige Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Syriens, stellte nach illegaler Einreise am 17.07.2021 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Er stammt nach eigenen Angaben bei der Erstbefragung aus dem Dorf Al Zenud in der Region Qamishli im Gouvernement Al Hasaka. Von dort reiste der BF nach seinem Vorbringen am 03.06.2021 illegal über die Türkei, Griechenland, Albanien, Kosovo, Serbien und Ungarn nach Österreich aus. Er verfüge über einen im Jahr 2017 in Qamishli ausgestellten Personalausweis, welcher sich in der Türkei befinde.

Zum Fluchtgrund befragt, führte der damals 20-jährige BF bei der Erstbefragung aus, dass er in Syrien sowohl von der syrischen Armee zum Militärdienst als auch von den Kurden (Zwangsrekrutierung) gesucht werde. Er wolle aber nicht kämpfen, er wolle ganz normal arbeiten. Aktuell werde eine Region in seiner Provinz von türkischen Soldaten und syrischen Oppositionellen kontrolliert, welche er bei einer Rückreise durchqueren müsste. Da er nun als Landesverräter gelte, würden ihn diese Kräfte festnehmen und wohl auch töten. Er befürchte, festgenommen und gefoltert zu werden.

2. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 19.11.2021 unter Beiziehung eines Dolmetschers für Arabisch legte der BF zunächst einen syrischen Personalausweis im Original sowie eine Heiratsurkunde in Kopie vor. Einen Reisepass besitze er nicht. Außerdem gab er an, der Volksgruppe der Araber anzugehören und sunnitisch-moslemischen Glaubens zu sein. Seine Heirat sei auch registriert worden. Weiters brachte er vor, gesund zu sein. Er habe ein College für Elektriker besucht, aber nicht beendet. Nach Angaben zur Integration in Österreich brachte er vor, dass seine Eltern, ein Bruder, zwei Schwestern und seine Ehefrau noch in Syrien seien. Er habe nirgendwo anders Asyl beantragt, da Österreich sein Ziel gewesen sei. Es sei hier sicher und die Universitäten für seine Weiterbildung seien sehr gut. Er habe Syrien verlassen, weil er vom regulären Militär und vom Kurden-Militär gesucht werde. Einen schriftlichen Einberufungsbefehl habe er nicht erhalten. Er habe für sein College keinen Aufschub mehr bekommen. Viele seiner Freunde ebenfalls, welche von zu Hause vom Militär geholt worden seien. Er sei geflohen. Zum Vorhalt der in Syrien bestehenden Wehrpflicht brachte er vor, dass er keine Waffen tragen und kämpfen wolle. Er wolle am Krieg nicht teilnehmen, beide Seiten seien Landsleute. Gegen eine Rückkehr nach Syrien spreche der Krieg, er wolle keine Waffe tragen. Bei einer Rückkehr über Damaskus würde ihn die Todesstrafe erwarten, weil er als Verräter gelte, wie jeder der das Land verlassen habe. Er verneinte, aus finanziellen Gründen nach Österreich gekommen zu sein, er sei vor dem Krieg geflohen. Zum Vorhalt, dass er bereits in all den von ihm durchreisten Ländern sicher gewesen sei, bestätigte er dies und brachte vor, seine Ausbildung in Österreich fertig machen zu wollen. Seine Freunde seien hier. Hier sei es sicher. Zu den Länderfeststellungen wolle er keine Stellungnahme abgeben. Er bestätigte nach Rückübersetzung die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift.

3. Am vorgelegten syrischen Personalausweis wurden keine Hinweise auf (Ver)fälschungen festgestellt.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.). Die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte wurde dem BF für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). 4. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.). Die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte wurde dem BF für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).

Begründend wurde ausgeführt, dass der BF im Verfahren vorgebracht habe, im Juni 2021 Syrien wegen des Krieges verlassen zu haben und um dem Militärdienst zu entgehen. Es könne nicht festgestellt werden, dass dem BF auf Grund seiner Wehrdienstentziehung bzw. seiner illegalen Ausreise staatliche Verfolgung drohe. Auch sonst habe eine ihm aus asylrelevanten Gründen drohende Verfolgung nicht festgestellt werden können. Die allgemeine Gefahr durch Bürgerkriegshandlungen zu Schaden zu kommen, stelle keine asylrelevante Verfolgung dar (VwGH 17.06.1993, 92/07/1007). In Bezug auf das allgemeine Sicherheitsrisiko in Syrien sei dem BF subsidiärer Schutz zu erteilen gewesen.

5. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der BF durch seinen Vertreter fristgerecht Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass der BF aus der Stadt Qamishli stamme und an einem College für Elektriker studiert habe, bis er keinen Aufschub vom Militärdienst mehr erhalten habe und sowohl vom syrischen Militär als auch von den kurdischen Milizen gesucht worden sei, um ihn zum Militärdienst zu rekrutieren, weshalb er am 07.06.2021 in die Türkei geflüchtet sei. Bei einer Rückkehr drohe ihm als Mann im wehrfähigen Alter in Syrien die reale Gefahr zum Militärdienst eingezogen und dabei ua. wegen Verweigerung erheblichen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt zu werden. Das Ermittlungsverfahren sei mangelhaft gewesen, da es nach einer ACCORD Anfragebeantwortung vom 05.07.2021 speziell in der Provinz Al Hasaka zur Zwangsrekrutierung sogar minderjähriger arabischer Sunniten durch die syrische Armee sowie kurdische Kräfte komme. Auch zur illegalen Ausreise seien keine Ermittlungen angestellt worden. Der BF würde im Fall einer Rückkehr auf Grund der Kumulation der Umstände ins Blickfeld der syrischen Behörden geraten und damit schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sein. Auch die auszugsweise zitierten Länderberichte würden die hohe Gefahr für den BF, im Fall einer Einreise nah Syrien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Opfer von Zwangsrekrutierung zu werden, belegen. Die syrische Regierung dulde abweichende (oppositionelle) Meinungen nicht und gehe gegen (vermeintliche) Oppositionelle und deren Familienangehörige vor, wobei die Schwelle dafür als „oppositionell“ angesehen zu werden niedrig sei. Die syrische Regierung betrachte Wehrdienstverweigerung als politischen Dissens, wofür unverhältnismäßige Sanktionen drohen würden (BVwG 03.01.2022, W170 2249110-1/2E). Die Beweiswürdigung sei ebenfalls mangelhaft; die Beschwerde trete dieser substantiiert entgegen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung werde beantragt.5. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhob der BF durch seinen Vertreter fristgerecht Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass der BF aus der Stadt Qamishli stamme und an einem College für Elektriker studiert habe, bis er keinen Aufschub vom Militärdienst mehr erhalten habe und sowohl vom syrischen Militär als auch von den kurdischen Milizen gesucht worden sei, um ihn zum Militärdienst zu rekrutieren, weshalb er am 07.06.2021 in die Türkei geflüchtet sei. Bei einer Rückkehr drohe ihm als Mann im wehrfähigen Alter in Syrien die reale Gefahr zum Militärdienst eingezogen und dabei ua. wegen Verweigerung erheblichen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt zu werden. Das Ermittlungsverfahren sei mangelhaft gewesen, da es nach einer ACCORD Anfragebeantwortung vom 05.07.2021 speziell in der Provinz Al Hasaka zur Zwangsrekrutierung sogar minderjähriger arabischer Sunniten durch die syrische Armee sowie kurdische Kräfte komme. Auch zur illegalen Ausreise seien keine Ermittlungen angestellt worden. Der BF würde im Fall einer Rückkehr auf Grund der Kumulation der Umstände ins Blickfeld der syrischen Behörden geraten und damit schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sein. Auch die auszugsweise zitierten Länderberichte würden die hohe Gefahr für den BF, im Fall einer Einreise nah Syrien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Opfer von Zwangsrekrutierung zu werden, belegen. Die syrische Regierung dulde abweichende (oppositionelle) Meinungen nicht und gehe gegen (vermeintliche) Oppositionelle und deren Familienangehörige vor, wobei die Schwelle dafür als „oppositionell“ angesehen zu werden niedrig sei. Die syrische Regierung betrachte Wehrdienstverweigerung als politischen Dissens, wofür unverhältnismäßige Sanktionen drohen würden (BVwG 03.01.2022, W170 2249110-1/2E). Die Beweiswürdigung sei ebenfalls mangelhaft; die Beschwerde trete dieser substantiiert entgegen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung werde beantragt.

6. Die Beschwerde wurde am 02.05.2022 dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vorgelegt.

7. Am 16.01.2024 erfolgte eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG). Dabei wurde dem BF unter Beziehung eines Dolmetschers für die arabische Sprache Gelegenheit gegeben, alle seine Gründe gegen die angefochtene Entscheidung darzulegen und alles vorzubringen, was ihm wichtig erschien. Der Vertreter des BF nahm ebenfalls an der Verhandlung teil, während das BFA entschuldigt nicht erschien.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF und zu dessen Fluchtvorbringen:

Der nunmehr 23-jährige Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der arabischen Volksgruppe an und bekennt sich zur islamisch-sunnitischen Glaubensgemeinschaft.

Er ist verheiratet. Seine Ehefrau und seine Familienangehörigen (Eltern, Bruder und Schwestern) leben noch in Syrien. Er hat Verwandte (Onkel, Cousins, Bruder) in Deutschland.

Der BF stellte am 17.07.2021 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Mit Bescheid vom 20.03.2022 wurde dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 AsylG 2005 zuerkannt und der BF erhob gegen die ausgesprochene Nichtzuerkennung des Status eines Schutzberechtigten gem. § 3 AsylG 2005 Beschwerde an das BVwG. Mit Bescheid vom 20.03.2022 wurde dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten gem. Paragraph 8, AsylG 2005 zuerkannt und der BF erhob gegen die ausgesprochene Nichtzuerkennung des Status eines Schutzberechtigten gem. Paragraph 3, AsylG 2005 Beschwerde an das BVwG.

Der BF hat glaubhaft gemacht, dass sein konkreter Herkunftsort in Qamishli sich unmittelbar konkret unter der Kontrolle und im Einflussbereich des syrischen Regimes bzw. des syrischen Militärs in einem Sicherheitsquadrat des syrischen Staates befindet.

Der BF ist im Juni 2021 unberechtigt in die Türkei ausgereist und von dort über mehrere Länder nach Österreich gelangt.

Der BF ist gesund und wehrtauglich. Der BF befindet sich im wehrpflichtigen Alter.

Der BF hat seinen Wehrdienst noch nicht abgeleistet.

Der BF hat zunächst 2 Aufschübe vom Wehrdienst durch das syrische Militär zum Besuch eines Colleges erhalten, hat jedoch zuletzt keinen solchen Aufschub mehr erhalten.

Festgestellt wird, dass in Syrien ein verpflichtender Wehrdienst für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren besteht. Syrische männliche Staatsangehörige können bis zum Alter von 42 Jahren zum Wehrdienst eingezogen werden.

Der Beschwerdeführer hat insgesamt glaubhaft angegeben, den Wehrdienst bei der syrischen Armee nicht leisten zu wollen, bzw. sich der Ableistung des Wehrdienstes bei der syrischen Armee ua. durch die Ausreise entzogen zu haben.

Dass dem BF aktuell Wehrdienstaufschub noch gewährt worden wäre, ist sämtlichen Vorbringen des BF nicht zu entnehmen. Von der Gewährung eines Aufschubes ist mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht auszugehen, zumal der Beschwerdeführer keine aktuellen gesundheitlichen Beeinträchtigungen hat und ausdrücklich vorbringt, einen weiteren Aufschub als Student nicht mehr erhalten zu haben.

Im Falle einer Rückkehr besteht für den BF aufgrund der derzeitigen allgemeinen Situation an seinem Herkunftsort, welches sich konkret in einem Sicherheitsquadrat der syrischen Regimes bzw. Militärs befindet, aktuell eine unmittelbar konkrete Gefahr, zum syrischen Militärdienst eingezogen zu werden. Ebenso besteht dort für den BF eine verfahrensrelevante Gefährdung wegen seiner Ablehnung des syrischen Regimes, bzw. der syrischen Armee einer verfahrensrelevanten Bestrafung aus unterstellten politischen/oppositionellen Gründen ausgesetzt zu sein.

Im Falle einer Rückkehr in seine Herkunftsprovinz besteht für den Beschwerdeführer auch mit verfahrensmaßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr bereits bei der Einreise in das Herkunftsgebiet verhaftet und zum Militärdienst bei der syrischen Armee eingezogen zu werden, was er aus insgesamt verfahrensrelevant glaubhaften Gründen ablehnt. Im Falle einer Weigerung würde er zumindest mit einer Gefängnisstrafe bestraft werden, welche mit Folter oder dem sofortigen Einzug zum Wehrdienst einhergehen könnte.

Der BF ist im Falle einer Rückkehr nach Syrien zum entscheidungsrelevanten Zeitpunkt damit mit verfahrensmaßgeblicher Wahrscheinlichkeit unmittelbar konkret und persönlich aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht.

Der BF ist unbescholten.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte dem angefochtenen Bescheid folgende Länderfeststellungen zu Grunde (gekürzt durch das BVwG):

Politische Lage

Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 25.2.2019). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, repressivem Zwang, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Obwohl das Regime oft als alawitisch und als Beschützer anderer religiöser Minderheiten bezeichnet wird, ist die Regierung kein wirkliches Instrument für die politischen Interessen der Minderheiten (FH 3.4.2020).

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba?ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weit verbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die syrische Verfassung sieht die Ba?ath-Partei als die regierende Partei vor und stellt sicher, dass sie die Mehrheit in allen Regierungs- und Volksverbänden hat (USDOS 30.3.2021). Die Verfassungsreform von 2012 lockerte die Regelungen bezüglich der politischen Partizipation anderer Parteien. In der Praxis unterhält die Regierung jedoch noch immer einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat zur Überwachung von Oppositionsbewegungen, die sich zu ernstzunehmenden Konkurrenten der Regierung Assads entwickeln könnten. Ausländische Akteure wie Russland, der Iran und die libanesische schiitische Miliz Hizbollah üben aufgrund ihrer Beteiligung am Krieg und ihrer materiellen Unterstützung für die Regierung ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den vom Regime kontrollierten Gebieten aus. In anderen Gebieten wird die zivile Politik häufig den von der Türkei unterstützten bewaffneten Gruppen untergeordnet. Die PYD dominierte politisch sowohl die Araber als auch die Kurden in den kurdischen Gebieten, während die USA dort militärisch präsent waren. Der Abzug der USA im Oktober 2019 und der anschließende Einmarsch der türkischen Streitkräfte hat der Türkei seitdem die Möglichkeit gegeben, stattdessen mehr Einfluss auszuüben (FH 4.3.2020).

Territorien

Durch massive syrische und russische Luftangriffe und das Eingreifen Irans bzw. durch Iran unterstützter Milizen hat das syrische Regime mittlerweile alle Landesteile außer Teile des Nordwestens, Nordens und Nordostens von der bewaffneten Opposition zurückerobert. Die Anzahl der Kampfhandlungen ist nach Rückeroberung weiter Landesteile zurückgegangen, jedoch besteht die Absicht des syrischen Regimes, das gesamte Staatsgebiet zurückerobern und "terroristische" Kräfte vernichten zu wollen, unverändert fort. Zuletzt erklärte Assad im August 2020 bei einer Rede vor dem syrischen Parlament die "Befreiung" aller syrischen Gebiete zum prioritären Ziel. Trotz der großen Gebietsgewinne durch das Regime besteht die Fragmentierung des Landes in Gebiete, in denen die territoriale Kontrolle von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt wird, fort. Dies gilt insbesondere für den Nordwesten und Nordosten des Landes (AA 4.12.2020). [Anm.: Nähere Informationen finden sich im Kapitel "Sicherheitslage".] Die Präsenz ausländischer Streitkräfte, die ihren politischen Willen geltend machen, untergräbt weiterhin die staatliche Souveränität, und Zusammenstöße zwischen bewaffneten regimefreundlichen Gruppen deuten darauf hin, dass die Regierung nicht in der Lage ist, die Akteure vor Ort zu kontrollieren. Darüber hinaus hat eine aufstrebende Klasse wohlhabender Kriegsprofiteure begonnen, ihren wirtschaftlichen Einfluss und den Einfluss von ihnen finanzierter Milizen zu nutzen, und innerhalb der staatlichen Strukturen nach legitimen Positionen zu streben (BS 29.4.2020).

Durch die Eskalation des Syrien-Konfliktes verlagerte sich die Macht zu regieren in den von der syrischen Regierung kontrollierten Gebieten zunehmend auf die Sicherheitskräfte. In Gebieten außerhalb der Kontrolle der Regierung ist dies nicht anders. Extremistische Rebellengruppierungen, darunter vor allem Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS), haben die Vorherrschaft in Idlib. Lokalräte werden von militärischen Einheiten beherrscht, die momentan unter der Kontrolle von HTS stehen. In den kurdischen Gebieten in Nordsyrien dominiert die Partei der Demokratischen Union (PYD). Obwohl es Lippenbekenntnisse zur Integration arabischer Vertreter in Raqqa und Deir ez-Zour gibt, ist die Dominanz der PYD bei der Entscheidungsfindung offensichtlich. Die PYD hat zwar eine Reihe von Verwaltungsorganen auf verschiedenen Ebenen eingerichtet, es ist jedoch ein kompliziertes System mit sich überschneidenden Zuständigkeiten, das es für die Bürger schwierig macht, sich an der Politik zu beteiligen, wenn sie nicht bereits in die Parteikader integriert sind (BS 29.4.2020). Die PYD [ihrerseits nicht von EU oder USA verboten, Anm.] gilt als syrischer Ableger der verbotenen türkisch-kurdischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) (KAS 4.12.2018a).

Der sogenannte Islamische Staat (IS) wurde im März 2019 aus seinem Gebiet in Syrien zurückgedrängt, nachdem kurdische Kräfte seine letzte Hochburg erobert hatten (FH 4.3.2020). Im Nordosten aber auch in anderen Teilen des Landes verlegt sich der IS verstärkt auf Methoden der asymmetrischen Kriegsführung. Hauptziele sind Einrichtungen und Kader der SDF sowie der syrischen Armee (ÖB 1.10.2021).

Nordost-Syrien

2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der PKK, deren Mitglieder die PYD gründeten, gekommen sein. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine "zweite Front" in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba?ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrin, Ain al-Arab (Kobane) und die Jazira von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017). Im März 2016 wurde in dem Gebiet, das zuvor unter dem Namen "Rojava" bekannt war, die Democratic Federation of Northern Syria ausgerufen, die sich über Teile der Provinzen Hassakah, Raqqa und Aleppo und auch über Afrin erstreckte (SWP 7.2018; vgl. KAS 4.12.2018a). Afrin im Nordwesten Syriens wird von der Türkei und alliierten syrischen oppositionellen Milizen kontrolliert (BBC 28.4.2020).2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der PKK, deren Mitglieder die PYD gründeten, gekommen sein. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine "zweite Front" in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba?ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrin, Ain al-Arab (Kobane) und die Jazira von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017). Im März 2016 wurde in dem Gebiet, das zuvor unter dem Namen "Rojava" bekannt war, die Democratic Federation of Northern Syria ausgerufen, die sich über Teile der Provinzen Hassakah, Raqqa und Aleppo und auch über Afrin erstreckte (SWP 7.2018; vergleiche KAS 4.12.2018a). Afrin im Nordwesten Syriens wird von der Türkei und alliierten syrischen oppositionellen Milizen kontrolliert (BBC 28.4.2020).

Die syrischen Kurden unter Führung der PYD beanspruchen in den Selbstverwaltungskantonen ein Gesellschaftsprojekt aufzubauen, das von basisdemokratischen Ideen, von Geschlechtergerechtigkeit, Ökologie und Inklusion von Minderheiten geleitet ist. Während Befürworter das syrisch-kurdische Gesellschaftsprojekt als Chance für eine künftige demokratische Struktur Syriens sehen, betrachten Kritiker es als realitätsfremd und autoritär (KAS 4.12.2018a). Das Ziel der PYD ist nicht die Gründung eines kurdischen Staates in Syrien, sondern die Autonomie der kurdischen Kantone als Bestandteil eines neuen, demokratischen und dezentralen Syriens (KAS 4.12.2018a; vgl. BS 29.4.2020). Die PYD hat sich in den kurdisch kontrollierten Gebieten als die mächtigste politische Partei im sogenannten Kurdischen Nationalrat etabliert, ähnlich der hegemonialen Rolle der Ba?ath-Partei in der Nationalen Front (BS 2018). Die PYD kontrollierte im Allgemeinen die politische und staatliche Landschaft in Nordostsyrien, während sie eine arabische Vertretung in den lokalen Regierungsräten zuließ. Die Partei behielt jedoch die Gesamtkontrolle über kritische Entscheidungen der lokalen Räte. Der PYD nahestehende interne Sicherheitskräfte haben Berichten zufolge zeitweise vermeintliche Gegner festgenommen und verschwinden lassen (USDOS 30.3.2021). Ihr militärischer Arm, die YPG sind zudem die dominierende Kraft innerhalb des Militärbündnisses Syrian Democratic Forces (SDF). Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Flüchtlingswelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet "belohnt" zu werden, ist bisher ausgeblieben (KAS 4.12.2018a).Die syrischen Kurden unter Führung der PYD beanspruchen in den Selbstverwaltungskantonen ein Gesellschaftsprojekt aufzubauen, das von basisdemokratischen Ideen, von Geschlechtergerechtigkeit, Ökologie und Inklusion von Minderheiten geleitet ist. Während Befürworter das syrisch-kurdische Gesellschaftsprojekt als Chance für eine künftige demokratische Struktur Syriens sehen, betrachten Kritiker es als realitätsfremd und autoritär (KAS 4.12.2018a). Das Ziel der PYD ist nicht die Gründung eines kurdischen Staates in Syrien, sondern die Autonomie der kurdischen Kantone als Bestandteil eines neuen, demokratischen und dezentralen Syriens (KAS 4.12.2018a; vergleiche BS 29.4.2020). Die PYD hat sich in den kurdisch kontrollierten Gebieten als die mächtigste politische Partei im sogenannten Kurdischen Nationalrat etabliert, ähnlich der hegemonialen Rolle der Ba?ath-Partei in der Nationalen Front (BS 2018). Die PYD kontrollierte im Allgemeinen die politische und staatliche Landschaft in Nordostsyrien, während sie eine arabische Vertretung in den lokalen Regierungsräten zuließ. Die Partei behielt jedoch die Gesamtkontrolle über kritische Entscheidungen der lokalen Räte. Der PYD nahestehende interne Sicherheitskräfte haben Berichten zufolge zeitweise vermeintliche Gegner festgenommen und verschwinden lassen (USDOS 30.3.2021). Ihr militärischer Arm, die YPG sind zudem die dominierende Kraft innerhalb des Militärbündnisses Syrian Democratic Forces (SDF). Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Flüchtlingswelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet "belohnt" zu werden, ist bisher ausgeblieben (KAS 4.12.2018a).

Die syrische Regierung erkennt die kurdische Enklave oder Wahlen, die in diesem Gebiet durchgeführt werden, nicht an (USDOS 30.3.2021). Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung (Syrian Democratic Council; politischer Arm der SDF) und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren. Die Zusammenarbeit auf technischer Ebene resp. der Güteraustausch (Raffinierung/Kauf von Erdöl; Aufkauf von Weizen) hat sich auch verkompliziert (ÖB 1.10.2021). Im Zuge einer türkischen Militäroffensive, die im Oktober 2019 gestartet wurde, kam es jedoch zu einer Einigung zwischen beiden Seiten, da die kurdischen Sicherheitskräfte die syrische Zentralregierung um Unterstützung in der Verteidigung der kurdisch kontrollierten Gebiete baten. Die syrische Regierung ist daraufhin in mehrere Grenzstädte eingerückt (DS 15.10.2019).

Zwischen den rivalisierenden Gruppierungen der Kurden gibt es einerseits Annäherungsbemühungen, andererseits kommt es im Nordosten aus politischen Gründen und wegen der schlechten Versorgungslage zunehmend auch zu innerkurdischen Spannungen zwischen dem sogenannten Kurdish National Council, der Masoud Barzanis KDP nahesteht und dem ein Naheverhältnis zur Türkei nachgesagt wird, und der Democratic Union Party (PYD), die die treibende Kraft hinter der kurdischen Selbstverwaltung ist und aus Sicht des Kurdish National Council der PKK zu nahe steht (ÖB 1.10.2021).

Sicherheitslage
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Dynamiken, wie durch die letzte türkischen Offensive im Nordosten ausgelöst, verlässliche grundsätzliche Aussagen resp. die Einschätzung von Trends schwierig machen. Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB 1.10.2021).

Die militärische Intervention Russlands und die damit einhergehende Luftunterstützung für Assads Streitkräfte sowie die erheblich ausgeweitete indirekte Bodenintervention Irans in Form eines Einsatzes ausländischer Milizen konnten 2015 den Zusammenbruch des syrischen Regimes abwenden (KAS 4.12.2018b). Mitte des Jahres 2016 kontrollierte die syrische Regierung ca. ein Drittel des syrischen Staatsgebietes, inklusive der "wichtigsten" Städte im Westen, in denen der Großteil der Syrer lebt (Reuters 13.4.2016). Durch massive syrische und russische Luftangriffe und das Eingreifen Irans bzw. durch von Iran unterstützte Milizen hat das syrische Regime mittlerweile alle Landesteile außer Teile des Nordwestens, Nordens und Nordostens von der bewaffneten Opposition zurückerobert. Trotz weitreichender militärischer Erfolge des syrischen Regimes und seiner Unterstützer sind Teile Syriens noch immer von Kampfhandlungen betroffen. Seit März 2020 sind Kampfhandlungen reduziert, dauern jedoch in mehreren Frontgebieten nach wie vor an (AA 4.12.2020). Das Wiederaufflammen der Kämpfe und die Rückkehr der Gewalt in den letzten Monaten geben laut UNHRC (UN Human Rights Council) jedoch Anlass zur Sorge. Kämpfe und Gewalt nahmen im Berichtszeitraum 1.7.2020-30.6.2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu (UNHRC 14.9.2021).

Mittlerweile leben 66% der Bevölkerung wieder in den von der Regierung kontrollierten Territorien (ÖB 1.10.2021). Die faktische Ausübung der Kontrolle durch das syrische Regime unterscheidet sich stark von Gebiet zu Gebiet. Die verbleibenden Gebiete, die keiner oder nur teilweiser Kontrolle des syrischen Regimes unterliegen: Im Nordwesten werden Teile der Gouvernements Lattakia, Idlib und Aleppo durch die von den Vereinten Nationen als Terrororganisation eingestufte bewaffnete Oppositionsgruppe Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) sowie Türkei-nahe bewaffnete Gruppierungen kontrolliert. Gebiete im Norden und Nordosten entlang der Grenze zur Türkei werden durch die Türkei und ihr nahestehende bewaffnete Gruppierungen kontrolliert. Weitere Gebiete in Nord- und Nordost-Syrien werden durch die kurdisch dominierten Syrian Democratic Forces (SDF) sowie punktuell durch das syrische Regime kontrolliert. Das Assad-Regime hat wiederholt öffentlich erklärt, dass die militärische Rückeroberung des gesamten Staatsgebietes weiterhin sein erklärtes Ziel sei (AA 4.12.2020).

Die Konfliktintensität hat weiter abgenommen; die Sicherheitslage stellt sich jedoch nach wie vor volatil und instabil dar. Dies trifft auch auf die von der Regierung kontrollierten (ÖB 1.10.2021) bzw. für vermeintlich friedlichere Landesteile im äußersten Westen Syriens sowie die Hauptstadt Damaskus zu (AA 19.5.2020). Auch in Landesteilen, in denen Kampfhandlungen mittlerweile abgenommen haben, besteht weiterhin ein hohes Risiko, Opfer von Gewalt und Übergriffen zu werden (AA 4.12.2020).

43% der besiedelten Gebiete Syriens gelten als mit Minen und Fundmunition kontaminiert. Die Großstädte Aleppo, Raqqa, Homs, Dara‘a und Deir ez-Zour sowie zahlreiche Vororte von Damaskus sind hiervon nach wie vor besonders stark betroffen (AA 4.12.2020). Es kommt immer wieder zu Zwischenfällen mit derartigen Hinterlassenschaften des bewaffneten Konfliktes (DIS/DRC 2.2019). An Orten wie den Provinzen Aleppo, Dara'a, dem Umland von Damaskus, Idlib, Raqqa und Deir ez-Zour führt die Explosionsgefahr zu Verletzungen und Todesfällen. Sie schränkt den sicheren Zugang zu Dienstleistungen ein und behindert die Bereitstellung humanitärer Hilfe. Mit Stand Juni 2020 leben 11,5 Millionen Menschen in den 2.562 Gemeinden, die in den letzten zwei Jahren von einer Kontamination durch Minen und explosive Hinterlassenschaften des Konflikts berichtet haben (UNMAS 6.2020).

Der sogenannte Islamische Staat (IS) kontrollierte im Sommer 2014 große Teile Syriens und des Irak (FAZ 10.3.2019). Ende März 2019 wurde mit Baghouz die letzte Bastion des IS von den oppositionellen Syrian Democratic Forces (SDF) erobert (DZ 24.3.2019). Im Oktober 2019 wurde der Gründer und Anführer des IS, Abu Bakr Al-Baghdadi, bei einem U.S.-Spezialkräfteeinsatz in Nordwest-Syrien getötet (AA 19.5.2020). Der IS ist zwar zerschlagen, verfügt aber noch immer über militärische Einheiten, die sich in den Wüstengebieten Syriens und des Irak versteckt halten (DZ 24.3.2019), und ist im Untergrund aktiv (AA 4.12.2020). Nach dem Verlust der territorialen Kontrolle verlagerte der IS seine Strategie hin zu aufständischen Methoden, wie gezielte Angriffe, u.a. Autobomben, Überfälle, und Attentate (DIS 29.6.2020). Schläferzellen des IS sind sowohl im Irak als auch in Syrien weiterhin aktiv (FAZ 10.3.2019), sowohl in syrischen Städten als auch in ländlichen Gebieten, besonders in den von der Regierung kontrollierten Gebieten (DIS 29.6.2020). Im Untergrund sollen mehr als 20.000 IS-Kämpfer auf eine Gelegenheit zur Rückkehr warten (FAZ 22.3.2019). Generell nimmt die Präsenz des IS in Syrien wieder zu, auch in Landesteilen unter Regimekontrolle. Es sind zuletzt Berichte über Anschläge in Damaskus, Idlib, Homs sowie dem Süden und Südwesten des Landes und der zentralsyrischen Wüste bekannt geworden. Der Schwerpunkt der Anschläge liegt im Nordosten des Landes (AA 4.12.2020). Mitte 2020 gehörten zu den Zielpersonen des IS vor allem lokale Behörden und Personen, die mit den Behörden, Kräften und Gruppen, die gegen den IS kämpfen, zusammenarbeiten oder als mit ihnen kooperierend wahrgenommen werden (DIS 29.6.2020). Der IS profitierte von einem Sicherheitsvakuum, das dadurch entstand, dass die verschiedenen militärischen Kräfte ihre Aktivitäten aufgrund der COVID-19-Pandemie reduzierten (USDOS 30.3.2021).

Nachdem der ehemalige US-Präsident Donald Trump Anfang Oktober 2019 erneut ankündigte, die US-amerikanischen Truppen aus der syrisch-türkischen Grenzregion abzuziehen, startete die Türkei am 9. Oktober 2019 eine Luft- und Bodenoffensive im Nordosten Syriens ("Operation Friedensquelle") (CNN 11.10.2019; vgl. AA 19.5.2020). Durch den Abzug der US-Streitkräfte aus Nordsyrien und die türkische Offensive und die damit einhergehende Schwächung der kurdischen Sicherheitskräfte wurde ein Wiedererstarken des IS befürchtet (DS 13.10.2019; vgl. DS 17.10.2019). Die Entwicklungen im Nordosten haben jedoch bis dato [Anm.: Stand September 2021] noch nicht zu dem befürchteten, großflächigen Wiedererstarken des IS geführt (ÖB 1.10.2021). Die USA patrouillieren seit dem 31.10.2019 weiterhin in weiten Teilen des Nordostens (AA 4.12.2020).Nachdem der ehemalige US-Präsident Donald Trump Anfang Oktober 2019 erneut ankündigte, die US-amerikanischen Truppen aus der syrisch-türkischen Grenzregion abzuziehen, startete die Türkei am 9. Oktober 2019 eine Luft- und Bodenoffensive im Nordosten Syriens ("Operation Friedensquelle") (CNN 11.10.2019; vergleiche AA 19.5.2020). Durch den Abzug der US-Streitkräfte aus Nordsyrien und die türkische Offensive und die damit einhergehende Schwächung der kurdischen Sicherheitskräfte wurde ein Wiedererstarken des IS befürchtet (DS 13.10.2019; vergleiche DS 17.10.2019). Die Entwicklungen im Nordosten haben jedoch bis dato [Anm.: Stand September 2021] noch nicht zu dem befürchteten, großflächigen Wiedererstarken des IS geführt (ÖB 1.10.2021). Die USA patrouillieren seit dem 31.10.2019 weiterhin in weiten Teilen des Nordostens (AA 4.12.2020).

Die NGO Syrian Network for Human Rights (SNHR) versucht die Zahlen ziviler Todesopfer zu erfassen. Getötete Kämpfer werden in dem Bericht nicht berücksichtigt, außer in der Zahl der aufgrund von Folter getöteten Personen, welche Zivilisten und Kämpfer berücksichtigt. Betont wird außerdem, dass die Organisation in vielen Fällen Vorkommnisse nicht dokumentieren konnte, besonders im Fall von "Massakern", bei denen Städte und Dörfer komplett abgeriegelt wurden. Die hohe Zahl solcher Berichte lässt darauf schließen, dass die eigentlichen Zahlen ziviler Opfer weit höher als die unten angegebenen sind. Zudem sind die Möglichkeiten zur Dokumentation von zivilen Opfern auch von der jeweiligen Konfliktpartei, die ein Gebiet kontrolliert, abhängig (SNHR 1.1.2020; vgl. SNHR 1.1.2021).Die NGO Syrian Network for Human Rights (SNHR) versucht die Zahlen ziviler Todesopfer zu erfassen. Getötete Kämpfer werden in dem Bericht nicht berücksichtigt, außer in der Zahl der aufgrund von Folter getöteten Personen, welche Zivilisten und Kämpfer berücksichtigt. Betont wird außerdem, dass die Organisation in vielen Fällen Vorkommnisse nicht dokumentieren konnte, besonders im Fall von "Massakern", bei denen Städte und Dörfer komplett abgeriegelt wurden. Die hohe Zahl solcher Berichte lässt darauf schließen, dass die eigentlichen Zahlen ziviler Opfer weit höher als die unten angegebenen sind. Zudem sind die Möglichkeiten zur Dokumentation von zivilen Opfern auch von der jeweiligen Konfliktpartei, die ein Gebiet kontrolliert, abhängig (SNHR 1.1.2020; vergleiche SNHR 1.1.2021).

..die von SNHR dokumentierte Zahl der zivilen Opfer, die von den Konfliktparteien in Syrien im Jahr 2021 getötet wurden, wobei SNHR insgesamt 1.271 getötete Zivilisten zählte, davon 299 Kinder und 134 Frauen (SNHR 1.1.2022) zähl: […] 1.1.2022 SNHR

Laut Daten des Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) gab es im Jahr 2021 für die syrischen Provinzen folgende Zahlen an Vorfällen mit mindestens einem Todesopfer sowie Todesopfern: ACLED o.D.

Gouvernements

Anzahl der Vorfälle mit mind. 1 Todesopfer

Anzahl der Todesopfer

Al Hasakeh

345

621

Aleppo

303

690

Ar Raqqa

296

780

As Sweida

37

43

Damascus

14

41

Daraa

375

649

Deir ez Zor

469

1127

Hama

140

544

Homs

114

402

Idlib

301

690

Lattakia

30

70

Quneitra

31

39

Rif Dimashq

110

137

Tartous

4

8

Insgesamt

2569

5841

Der Großteil der von ACLED gesammelten Daten basiert auf öffentlich zugänglichen Sekundärquellen. Die Daten können daher das Ausmaß an Vorfällen unterschätzen. Insbesondere Daten zur Anzahl an Todesopfern sind den Gefahren der Verzerrung und der ungenauen Berichterstattung ausgesetzt. ACLED gibt an, konservative Schätzungen zu verwenden (ACLED/ACCORD 25.3.2021).

Sicherheitsbehörden und regierungstreue Milizen
Die Regierung hat zwar die effektive Kontrolle über die uniformierten Polizei-, Militär- und Staatssicherheitskräfte, jedoch nur beschränkten Einfluss auf ausländische militärische oder paramilitärische Einheiten, z.B. russische Streitkräfte, die mit dem Iran verbündete Hizbullah und die iranischen Islamischen Revolutionsgarden (USDOS 30.3.2021). Der Präsident stützt seine Herrschaft auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Geheimdienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen (AA 4.12.2020).

Straflosigkeit unter den Sicherheitsbehörden bleibt ein weitverbreitetes Problem (USDOS 30.3.2021; vgl. BS 29.4.2020). Das Generalkommando der Armee und der Streitkräfte kann im Fall von Verbrechen von Militäroffizieren, Mitgliedern der internen Sicherheitskräfte oder Zollpolizeioffizieren im Rahmen ihrer beruflichen Pflichten einen Haftbefehl ausstellen. Solche Fälle müssen vor einem Militärgericht verhandelt werden (USDOS 11.3.2020). In der Praxis sind keine Fälle von Strafverfolgung oder Verurteilung von Polizei- und Sicherheitskräften hinsichtlich Misshandlung bekannt. Es gibt auch keine Berichte von Maßnahmen der Regierung, um die Einhaltung der Menschenrechte durch die Sicherheitskräfte zu verbessern (USDOS 30.3.2021). Die Sicherheitskräfte operieren unabhängig und im Allgemeinen außerhalb der Kontrolle des Justizwesens (USDOS 11.3.2020). In keinem Teil des Landes besteht ein umfassender und langfristiger Schutz vor willkürlicher Verhaftung und Repression durch die zahlreichen Sicherheitsdienste, Milizen und sonstige regimenahe Institutionen (AA 19.5.2020).Straflosigkeit unter den Sicherheitsbehörden bleibt ein weitverbreitetes Problem (USDOS 30.3.2021; vergleiche BS 29.4.2020). Das Generalkommando der Armee und der Streitkräfte kann im Fall von Verbrechen von Militäroffizieren, Mitgliedern der internen Sicherheitskräfte oder Zollpolizeioffizieren im Rahmen ihrer beruflichen Pflichten einen Haftbefehl ausstellen. Solche Fälle müssen vor einem Militärgericht verhandelt werden (USDOS 11.3.2020). In der Praxis sind keine Fälle von Strafverfolgung oder Verurteilung von Polizei- und Sicherheitskräften hinsichtlich Misshandlung bekannt. Es gibt auch keine Berichte von Maßnahmen der Regierung, um die Einhaltung der Menschenrechte durch die Sicherheitskräfte zu verbessern (USDOS 30.3.2021). Die Sicherheitskräfte operieren unabhängig und im Allgemeinen außerhalb der Kontrolle des Justizwesens (USDOS 11.3.2020). In

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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