Entscheidungsdatum
17.06.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W205 2265595-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2022, Zl. 1290507504/211860474, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.01.2024, zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Somalia, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2022, Zl. 1290507504/211860474, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.01.2024, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. wird als unbegründet abgewiesen.römisch eins. Die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins. wird als unbegründet abgewiesen.
II. Hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird der Beschwerde stattgegeben, und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia zuerkannt.römisch II. Hinsichtlich Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides wird der Beschwerde stattgegeben, und römisch 40 gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia zuerkannt.
III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer von 1 Jahr erteilt.römisch III. Gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 wird römisch 40 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer von 1 Jahr erteilt.
IV. Die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids werden ersatzlos behoben.römisch IV. Die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids werden ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, stellte am 30.11.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 02.12.2021 wurde er vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, dass er aus Somalia geflohen sei, da Al Shabaab seinen Vater getötet habe. Sie hätten ihn rekrutieren wollen, aber sein Vater habe das nicht gewollt. Dann habe er Somalia verlassen. Bei einer Rückkehr habe er Angst vor der Terrorgruppe Al Shabaab.
Nach Einholung eines altersdiagnostischen Gutachtens eines medizinischen Sachverständigen stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (kurz: BFA) mit Verfahrensanordnung vom 02.03.2022 fest, dass der Beschwerdeführer spätestens am XXXX geboren wurde.Nach Einholung eines altersdiagnostischen Gutachtens eines medizinischen Sachverständigen stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (kurz: BFA) mit Verfahrensanordnung vom 02.03.2022 fest, dass der Beschwerdeführer spätestens am römisch 40 geboren wurde.
Am 28.10.2022 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) niederschriftlich einvernommen und gab folgendes an:
„[...]
F: Der Dolmetscher spricht die Sprache Somali. Sind Sie dieser Sprache mächtig und einverstanden, in dieser Sprache einvernommen zu werden?
A: Ja.
F: Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen können. Ich möchte sicher sein können, das alles, was Sie gesagt haben, auch so gemeint wurde. Wenn Sie während der Befragung etwas trinken möchten, sagen Sie das bitte.
A: Ja.
F: Haben Sie Vorbehalte gegen anwesende Personen?
A: Nein.
F: Fühlen Sie sich heute psychisch und physisch in der Lage, Angaben zu Ihrem Verfahren zu machen?
A: Ja.
F: Sind Sie gesund?
A:Ja.
F: Benötigen Sie Medikamente oder sind Sie in ärztlicher Behandlung?
A: Ich benötige keine Medikamente. Ich bin nicht in ärztlicher Behandlung.
F: Sind Sie arbeitsfähig?
A: Ja.
F: Nehmen Sie Drogen oder anderwärtige Suchmittel?
A: Nein.
F: Werden Sie in Ihrem Verfahren anwaltlich vertreten?
A: Nein.
[...]
F: Haben Sie Einwände, dass das Bundesamt im Bedarfsfall konkrete Ermittlungen in Bezug auf Ihre Person und Ihr Vorbringen in Ihrem Herkunftsstaat durchführt, falls solche Ermittlungen für die Beurteilung Ihres Antrages von Bedeutung sein sollten.
A: Ich habe keine Einwände.
F: Sind Sie mit eventuellen amtswegigen Erhebungen vor Ort unter Wahrung Ihrer Anonymität, eventuell unter Beiziehung der Österreichischen Botschaft und eines Vertrauensanwaltes einverstanden bzw. damit einverstanden, dass Ihre Daten an die Österreichische Botschaft/Vertrauensanwalt weitergegeben werden?
A: Ja.
F: Verstehen Sie den anwesenden Dolmetscher einwandfrei?
A: Ja.
LA: Gegenstand der heutigen Einvernahme ist der von Ihnen eingebrachte Antrag auf internationalen Schutz.
F: Haben Sie in der Erstbefragung der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht?
A: Ja.
F: Wurden Ihnen Ihre Angaben jeweils rückübersetzt und korrekt protokolliert?
A: Ja.
F: Können Sie heute einen Identitätsnachweis vorlegen?
A: Nein. Ich habe nur meine Sprache als Beweis.
F: Wo befindet sich Ihr Reisepass?
A: Ich hatte keinen.
F: Wieso haben Sie vor der Ausreise aus Somalia keinen Reisepass beantragt?
A: In unserem Ort gab es keine Stelle, wo man einen Reisepass beantragen kann.
F: Reisten Sie mit einem Reisedokument aus Somalia aus?
A: Ja. Aber es war ein gefälschter Reisepass, den der Schlepper organisierte.
F: Können Sie einen Personalausweis oder eine Geburtsurkunde vorlegen?
A: Nein, habe ich nicht.
F: Zum Nachweis Ihrer Identität wird von Ihnen ein originales Lichtbilddokument benötigt. Können Sie ein solches beschaffen?
A: Nein. Ich habe keine Dokumente.
F. Sind die Daten auf der Ihnen ausgestellten Verfahrenskarte gem. §51 AsylG korrekt?
A: Ja.
F: Wie ist Ihr Familienstand?
A: Ledig.
F: Haben Sie Kinder?
A: Nein.
F: Sind Sie verlobt?
A: Nein.
F: Was ist Ihr Geburtsort?
A: XXXX .A: römisch 40 .
F: Ist das ein Dorf oder eine Stadt?
A: Es ist ein Dorf.
F: In welchem Bezirk und in welcher Provinz liegt dieses Dorf/diese Stadt?
A: Es gehört zur Provinz XXXX . Es liegt in der Region Hiiran. A: Es gehört zur Provinz römisch 40 . Es liegt in der Region Hiiran.
F: Welcher Religion gehören Sie an?
A: Islam
F: Welcher Glaubensrichtung des Islams gehören Sie an?
A: Sunnit
F: Welchem Clan gehören Sie an?
A: Sheikhal.
F: Meinen Sie einen Subclan der Hawiye?
A: Es wird unter Hawiye zugeordnet. Aber es ist ein eigenständiger Clan.
F: Welchem Subclan gehören Sie an?
A: XXXX .A: römisch 40 .
F: Was sind die Besonderheiten Ihres Clans?
A: Sie sind religiös und Lehrer.
F: Haben Sie in der Erstbefragung korrekte Angaben zu Ihren Eltern und Geschwistern gemacht?
A: Ja.
F: Haben Sie noch weitere Geschwister, Adoptivgeschwister oder Halbgeschwister, die Sie in der Erstbefragung nicht genannt haben?
A: Nein.
F: Welche Angehörigen befinden sich aktuell in Somalia?
A: Meine Mutter ist in Somalia, im Dorf XXXX .A: Meine Mutter ist in Somalia, im Dorf römisch 40 .
Mein Bruder wurde von denen, die mich töten wollten, mitgenommen.
F: Wann und woran ist Ihr Vater verstorben?
A: Mein Vater wurde Anfang Juni 2021 getötet. Von Al Shabaab.
F: Wo ist Ihr Vater verstorben?
A: In unserem Feld. Dort arbeitete er, sie kamen hin und haben ihn dort getötet und die Landwirtschaft in Brand gesetzt.
F: Welche Familienmitglieder waren beim Tod Ihres Vaters anwesend?
A: Niemand der Familie war bei ihm. Aber unsere Nachbarn, die die Nachbarfelder hatten, haben das mitbekommen, wie mein Vater getötet wurde und die Felder in Brand gesetzt wurden.
F: Wann wurde Ihr Bruder Hassan mitgenommen?
A: Nachdem mein Vater getötet wurde, kamen sie zu uns nach Hause, dort war mein Bruder anwesend. Ihn haben sie mitgenommen. Zum Glück war ich in dem Moment nicht da, das Ziel wäre ich gewesen.
F: An welchem Tag wurde Ihr Bruder Hassan mitgenommen?
A: Ich kann mich nicht erinnern. Es war am selben Tag, an dem Sie meinen Vater getötet haben. Anfang Juni 2021 war das.
F: Von wem wurde Ihr Bruder Hassan mitgenommen?
A: Von Al Shabaab.
F: Wie lautet Ihre letzte Wohnadresse in Somalia?
A: Dorf XXXX , Provinz XXXX , Region Hiiran, Somalia. Eine richtige Adresse gibt es dort nicht.A: Dorf römisch 40 , Provinz römisch 40 , Region Hiiran, Somalia. Eine richtige Adresse gibt es dort nicht.
F: Wer lebt momentan an dieser Adresse?
A: In unserem Haus wissen wir nicht, wer lebt. Ob die Felder noch verbrannt sind, weiß ich nicht. Meine Mutter ist krank, sie lebt bei einer Familie in der Nachbarschaft. Die kümmern sich um meine Mutter.
F: Wann hatten Sie zuletzt Kontakt zu Ihrer Mutter?
A: Vor einer Woche, sie hat mir erzählt, dass es ihr total schlecht geht, weil sie krank ist.
F: Wann hatten Sie zuletzt Kontakt zu Ihrem Bruder?
A: Am selben Tag, wo sie ihn mitgenommen haben. Da war unser letzter Kontakt.
F: In welcher Situation haben Sie Ihren Bruder das letzte Mal gesehen?
A: Das war wie an einem normalen Tag, am Vormittag bin ich weggegangen, er blieb zu Hause. Das war der letzte Tag, an dem wir Kontakt hatten.
F: Wohin sind Sie an diesem Tag gegangen?
A: Ich war nicht zu Hause, sondern in der Schule.
F: Wieso ging Ihr Bruder nicht zur Schule?
A: Mein Bruder war noch jung, er ging nicht zur Schule.
F: Haben Sie weitere Verwandte? Wo leben diese?
A: Nein. Tanten mütterlicherseits habe ich nicht, Tante väterlicherseits habe ich eine, sie ist Nomadin, sie lebt irgendwo in Somalia, wo genau, weiß ich nicht. Mein Vater hatte auch keinen Kontakt zu ihr und wusste auch nicht, wo sie sich genau aufhält. Ich habe nur einen Onkel väterlicherseits, der hat mir finanziell geholfen, er lebt in Südafrika. Mein Onkel mütterlicherseits lebt nicht mehr, er ist lange verstorben. Meine Großeltern sind früher verstorben.
F: Zu welchen in Somalia aufhältigen Personen besteht Kontakt?
A: Ich habe nur zu meiner Mutter Kontakt. Sonst zu niemandem.
F: Besteht Kontakt zu außerhalb Somalias aufhältigen Verwandten oder Bekannten?
A: Das letzte Mal, als ich mit meiner Mutter geredet habe, fragte ich nach seiner Telefonnummer. Ich hatte leider keines bei mir. Am Weg von der Türkei hierher habe ich mein Handy, auf dem die Nummer gespeichert war, verloren und ich konnte sie nicht auswendig. Seitdem habe ich keinen Kontakt mehr.
F: Wieso hat Ihre Mutter die Kontaktdaten Ihres Onkels nicht?
A: Sie hat selber geschaut und gesucht und gesehen, dass sie die Nummer nicht auf ihrem Handy hat. Kann sein, dass die Nummer am Handy meines Vaters gespeichert war, aber das ist weg. Sie hat außerdem kein Netz und kein Internet, wenn ich sie kontaktiere, nehme ich Kontakt zu der Familie auf, bei der sie lebt.