TE Vfgh Beschluss 1993/3/17 B679/92

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Veröffentlicht am 17.03.1993
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §34
ZPO §530 Abs1

Leitsatz

§530 Abs1 ZPO sieht die Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag einer Partei für Verfahren vor, die durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden sind. Da jedoch ein Beschluß auf Abweisung eines Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe kein "die Sache erledigender Beschluß" solcher Art ist, ist die Eingabe als Antrag auf Wiederaufnahme unzulässig (vgl. VfSlg. 8972/1980).

Spruch

Die Eingabe wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.a) Die Einschreiterin beantragte mit einer am 28. Mai 1992 zur Post gegebenen (selbstverfaßten) Eingabe die Bewilligung der Verfahrenshilfe (einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwaltes) zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 9. April 1992, GZ B49-6/92.

Dieser Bescheid war der Einschreiterin am 15. April 1992 zugestellt worden. Da die sechswöchige Beschwerdefrist des §82 Abs1 VerfGG zum Zeitpunkt der Postaufgabe des genannten Antrages bereits abgelaufen war, wurde der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 24. Juni 1992 (zugestellt durch Hinterlegung am 19. August 1992) wegen offenbarer Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung gemäß §63 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG abgewiesen.

b) Mit Eingabe vom 16. September 1992 brachte die Einschreiterin vor, daß sie nicht, wie vom Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluß angenommen, am 28. Mai 1992, sondern bereits am 27. Mai 1992, also noch innerhalb der sechswöchigen Beschwerdefrist, den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe in St. Pölten zur Post gegeben habe. Weiters brachte sie vor, daß es ihr nicht möglich gewesen sei, das Schriftstück mit Einschreibebestätigung aufzugeben, weil St. Pölten nicht über ein Nachtdienstpostamt verfüge. Sie zog daraus den Schluß, daß ein Fristversäumnis wohl nicht vorliege, stellte allerdings keinen wie immer gearteten Antrag.

Das Kuvert mit dem der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe an den Verfassungsgerichtshof gesandt wurde, trägt eindeutig den Poststempel vom 28. Mai 1992.

Eine telephonische Anfrage bei der Postumleitungsstelle des Postamtes 3100 St. Pölten ergab, daß eine Aussage über den genauen Zeitpunkt der Abstempelung eines Briefes nicht möglich sei, wenn dieser nicht eingeschrieben aufgegeben wurde. Da das Postamt St. Pölten um 20,00 Uhr schließe, müsse die Einschreiterin das Kuvert in einen Postkasten eingeworfen haben und habe daher nicht sicher sein können, wann der Brief tatsächlich abgestempelt werden würde.

Die Eingabe vom 16. September 1992 kann schon deshalb nicht als zulässiger Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand angesehen werden, weil nicht die Versäumung einer Frist behauptet, sondern im Gegenteil die Auffassung vertreten wird, daß die Frist für den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe nicht versäumt wurde (vgl. VfGH 27.11.1989 B1901/88).

2. Nimmt man hingegen an, daß kein Fristversäumnis vorliegt und wertet man die Eingabe der Einschreiterin vom 16. Sptember 1992 trotz Fehlens eines Antrages als Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, so erweist sich dieser gleichfalls als unzulässig:

Eine Wiederaufnahme des Verfahrens kann gemäß §34 VerfGG ua. in den Fällen des Art144 B-VG stattfinden. Für die Wiederaufnahme gelten, da §34 VerfGG eine nähere Regelung nicht enthält, nach §35 VerfGG sinngemäß die Bestimmungen der ZPO. §530 Abs1 ZPO sieht die Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag einer Partei für Verfahren vor, die durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden sind. Da jedoch ein Beschluß auf Abweisung eines Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe kein "die Sache erledigender Beschluß" solcher Art ist, ist die Eingabe als Antrag auf Wiederaufnahme unzulässig (vgl. VfSlg. 8972/1980).

3. Die Eingabe ist somit jedenfalls als unzulässig zurückzuweisen, ohne daß zu prüfen war, ob ihrer meritorischen Erledigung noch andere Gründe entgegenstehen.

Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Wiederaufnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:B679.1992

Dokumentnummer

JFT_10069683_92B00679_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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