TE Vwgh Beschluss 1995/6/14 95/12/0116

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Veröffentlicht am 14.06.1995
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Index

VwGG

Norm

AVG §18 Abs4
AVG §56
AVG §58 Abs3
PVG 1967 §26 Abs4
PVGO 1968 §17 Abs1
PVGO 1968 §30
VwGG §34 Abs1
ZustG §24

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des Mag. J

in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen die

Erledigung des Zentralwahlausschusses beim Bundesministerium

für Unterricht und Kulturelle Angelegenheiten für Bundeslehrer

an allgemeinbildenden Schulen, Pädagogischen Akademien und

Pädagogischen Instituten, sowie die Bundeserzieher, die

ausschließlich für Schüler dieser Schulen bestimmt sind, vom

22. März 1995, betreffend Aberkennung des Mandats im

Dienststellenausschuß gemäß § 26 Abs. 4 des

Personalvertretungsgesetzes, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Lehrer in einem

öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine

Dienststelle ist das Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium

XY. Er ist Mitglied des dortigen Dienststellenausschusses.

Er bekämpft folgende ihm zugestellte Erledigung der

belangten Behörde, die er als Bescheid wertet:

"ZENTRALWAHLAUSSCHUSS

beim

Bundesministerium für Unterricht und Kulturelle Angelegenheiten

für Bundeslehrer an allgemeinbildenden Schulen,

Pädagogischen Akademien und Pädagogischen Instituten,

sowie die Bundeserzieher, die ausschließlich

für Schüler dieser Schulen bestimmt sind

         Wasagasse 10                         1090 Wien

           Tel.: 0222/317 61 97         Fax: 0222/310 16 79

---------------------------------------------------------------

An den

Vorsitzenden des Dienststellenausschusses am

Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium

K-Straße 2

XY

Sehr geehrter Vorsitzender,

Auf Grund des do Antrags vom 9. März 1995 auf Aberkennung des

PV-Mandats für Koll. Mag. J wegen Verletzung der

Verschwiegenheitspflicht hat der oa ZWA in seiner heutigen

Sitzung darüber beraten und ist zu folgendem einstimmigen

Beschluß gelangt:

Gem. § 26 Abs. 4 des Personalvertretungsgesetzes vom

10. März 1967, BGBl.133-1967 in der geltenden Fassung wird dem

Mitglied des Dienststellenausschusses an der do

Bundesdienststelle ab sofort sein Mandat aberkannt.

Diese Verfügung kann durch kein ordentliches Rechtsmittel

angefochten werden.

Als Vorsitzender des do DA werden Sie ersucht, Herrn Koll. J

diese Verfügung nachweislich zur Kenntnis zu bringen und der

Dienststellenversammlung kundzumachen.

Mit kollegialen Grüßen

für den Zentralwahlausschuß

(unleserliche Unterschrift) (unleserliche Unterschrift)

  ......................          .........................

  (Schriftführerin)                          (Obmann)

Wien, am 22. März 1995"

Die gegen diese Erledigung gerichtete Beschwerde erweist

sich aus folgenden Gründen als unzulässig:

Gemäß § 26 Abs. 4 Satz 1 PVG, BGBl. Nr. 133/1967, kann der

zuständige Zentralwahlausschuß dem Personalvertreter, der die

ihm obliegende Verschwiegenheitspflicht verletzt, sein Mandat

aberkennen. Nach dem dritten Satz dieser Bestimmung ist auf das

Verfahren vor dem Zentralwahlausschuß die Bestimmungen des AVG

anzuwenden. Die Verfügung des Zentralwahlausschusses kann durch

kein ordentliches Rechtsmittel angefochten werden.

Gemäß § 18 Abs. 4 Satz 1 AVG müssen alle schriftlichen

Ausfertigungen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit

Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens

abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die

Erledigung genehmigt hat (die übrigen in dieser Bestimmung

getroffenen Regelungen spielen im Beschwerdefall keine Rolle).

Die Vorschriften des § 18 Abs. 4 AVG gelten gemäß § 58 Abs. 3

AVG auch für Bescheide.

Gemäß § 30 der Bundes-Personalvertretungs-Geschäftsordnung

(PVGO), BGBl. Nr. 35/1968, finden auf die Geschäftsführung der

Wahlausschüsse die Bestimmungen der Abschnitte I und VI mit der

Maßgabe sinngemäß Anwendung, daß der Zentralwahlausschuß im

Wahlprüfungsverfahren (§ 20 Abs. 13 des

Bundes-Personalvertretungsgesetzes) und im Verfahren gemäß § 21

Abs. 6 und § 26 Abs. 4 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes

aus seiner Mitte einen Berichterstatter bestimmen kann, dem die

Vorbereitung der Beschlußfassung, insbesondere die Ausarbeitung

des Bescheidentwurfes, und die Antragstellung im Ausschuß

obliegt.

Nach der im Abschnitt I getroffenen Bestimmung des § 17

Abs. 1 PVGO sind Schriftstücke, die namens des

Personalvertretungsausschusses ausgefertigt werden, vom

Vorsitzenden und im Falle seiner Verhinderung von seinem

Stellvertreter zu unterzeichnen. § 17 Abs. 3 leg. cit. trifft

eine Sonderregelung für schriftliche Ausfertigungen, die an

mehr als zehn Adressaten ergeht.

Die dem Beschwerdeführer zugekommene, dem

Verwaltungsgerichtshof in einer offenkundig vollständigen

Ablichtung vorgelegte Ausfertigung der angefochtenen Erledigung

vom 22. März 1955 enthält keine leserliche Unterschrift.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes

wurde die grundsätzliche Forderung des Gesetzgebers, für die

Parteien eines Verfahrens müsse die Identität des Genehmigenden

erkennbar sein, durch die AVG-Novelle, BGBl. Nr. 199/1982, noch

insofern verdeutlicht, als seither gefordert wird, daß sich aus

der Ausfertigung in leserlicher Form der Name des Betreffenden

ergeben muß; sollte daher eine Unterschrift unleserlich sein,

so muß in anderer leserlicher Form dessen Name der Erledigung

entnehmbar sein. Fehlt es an einer Unterschrift im Sinne des

Gesetzes und ergibt sich aus der Erledigung auch sonst kein

Anhaltspunkt dafür, wer die Erledigung genehmigt hat, also

erscheint auch keine "leserliche Beifügung des Namens" des

Genehmigenden auf, so liegt kein Bescheid vor (vgl. dazu z.B.

das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Juni 1985,

Zl. 84/11/0178, vom 12. März 1986, Zl. 85/03/0144, sowie die

Beschlüsse vom 10. Dezember 1986, Zl. 86/01/0072, vom

27. März 1987, Zl. 85/12/0236, sowie vom 18. Dezember 1991,

Zl. 91/12/0267 uva.).

Die Angabe der Funktion reicht bei Unleserlichkeit der

Unterschrift des Genehmigenden nicht aus, dem gesetzlichen

Erfordernis der leserlichen Beifügung des Namens des

Genehmigenden zu genügen: In diesem Fall geht nämlich aus der

Erledigung selbst nicht der Name dessen hervor, der die

Erledigung genehmigt hat. Die mit der Funktionsangabe eröffnete

Möglichkeit den Namen des genehmigenden Organwalters zu

ermitteln, vermag nicht die nach dem Gesetz geforderte, im Fall

der unleserlichen Unterschrift (bzw. des Fehlens einer

Unterschrift im Sinn des § 18 Abs. 4 AVG) für das

Zustandekommen des Bescheides unabdingbare Namensnennung des

Genehmigenden zu ersetzen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom

20. Mai 1992, 88/12/0085).

§ 18 Abs. 4 AVG unterscheidet nicht zwischen monokratischen

Behörden und Kollegialbehörden, sondern gilt für die

Ausfertigung jeder schriftlichen Willensäußerung einer Behörde.

Es ist daher für die im Beschwerdefall zu lösende Rechtsfrage

der Folgen einer fehlerhaften Ausfertigung ohne Bedeutung, daß

bei Kollegialbehörden mit der "Genehmigung" im Sinne des § 18

Abs. 4 Satz 1 AVG (die regelmäßig durch den Vorsitzenden des

Kollegialorgans erfolgt - vgl. auch §§ 30 in Verbindung mit 17

PVGO) beurkundet wird, daß das dazu berufene Kollegialorgan den

der ausgefertigten Erledigung zugrundeliegenden Beschluß

getroffen hat (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom

28. November 1990, 90/02/0115, und vom 22. April 1993,

92/09/0315, sowie den Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom

26. September 1989, B 3/87 = Slg. 12.139, zur Bedeutung der

Unterschrift des "Genehmigenden" in der Ausfertigung einer

Erledigung, die auf der Willensbildung eines Kollegialorgans

beruht und den Folgen des Fehlens der Unterschrift).

Die (bloße) Zustellung (Ausfolgung) der oben wörtlich

wiedergegebenen Erledigung der belangten Behörde durch den

Vorsitzenden des Dienststellenausschusses an den

Beschwerdeführer kann gleichfalls nichts daran ändern, daß sich

der angefochtenen Erledigung nicht der Name des die Erledigung

Genehmigenden im Sinne des § 18 Abs. 4 AVG entnehmen läßt, was

dazu führt, daß die Erledigung schon mangels einer wesentlichen

für das Vorliegen des Bescheidcharakters notwendigen

Voraussetzung nicht als Bescheid zu werten ist.

Da der Beschwerde daher kein gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1

B-VG vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtener Bescheid

zugrundeliegt, war sie gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 12 Abs. 3 VwGG

mangels Vorliegens einer wesentlichen Prozeßvoraussetzung

zurückzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich jedoch zur

Klarstellung veranlaßt, auf folgendes hinzuweisen:

-

Rechtsfolge der mangelnden Bescheidqualität der

angefochtenen Erledigung ist es, daß der Beschwerdeführer nach

wie vor sein Mandat inne hat, bis ihm gegenüber ein Bescheid

nach § 26 Abs. 4 PVG erlassen wird, der jedenfalls den

gesetzlichen Mindestanforderungen entspricht.

-

Sollte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das

Mandat nach § 26 Abs. 4 PVG mit Bescheid aberkennen wollen,

wird es erforderlich sein, diesen Bescheid nach § 58 Abs. 2 AVG

hinreichend zu begründen. Wäre die angefochtene Erledigung ein

Bescheid gewesen, hätte sie den Anforderungen des § 58 Abs. 2

AVG jedenfalls nicht entsprochen: Denn die Unterlassung

jeglicher Begründung des Bescheides hindert die

verwaltungsgerichtliche Nachprüfung seiner Gesetzmäßigkeit; sie

ist überdies deshalb wesentlich, weil die Partei über die

Erwägungen der Behörde nicht unterrichtet und dadurch in der

Verfolgung ihrer Rechtsansprüche gehindert wird.

Schlagworte

Behördenbezeichnung BehördenorganisationBescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidcharakter BescheidbegriffBescheidcharakter Bescheidbegriff Formelle ErfordernisseNichtbescheidOffenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidbegriff AllgemeinOffenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete DienstrechtUnterschrift des Genehmigenden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995120116.X00

Im RIS seit

18.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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