RS Lvwg 2024/7/25 VGW-102/067/5002/2024

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 25.07.2024
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Rechtssatznummer

1

Entscheidungsdatum

25.07.2024

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
41/01 Sicherheitsrecht
41/02 Staatsbürgerschaft

Norm

AnhO 1999 §1
AnhO 1999 §4 Abs1
AnhO 1999 §4 Abs1a
SPG §88
VStG §35

Rechtssatz

Das Verwaltungsgericht Wien vermag der Auffassung der belangten Behörde, die Empfehlung des CPT und des MRB bezögen sich lediglich auf „herkömmliche Anhaltung“, namentlich länger dauernde Anhaltungen etwa für zur Verfügung einer (Ersatz ) Freiheitsstrafe und nicht etwa auch auf Anhaltungen zwecks Vorführung vor eine Behörde, nicht beitreten: Das CPT (CPT/Inf(92)3-part1) nimmt eine Differenzierung zwischen „herkömmlicher Anhaltung“ und Anhaltungen zwecks Vorführung vor eine Behörde nicht vor. In Rz 42 der genannten Empfehlung selbst ist einleitend ausgeführt, dass Polizeigewahrsame grundsätzlich von relativ kurzer Dauer ist – auf den Grund der Polizeigewahrsam wird dabei nicht abgestellt. Sehr wohl verweist aber das CPT darauf hin, es könne nicht erwartet werden, dass die physischen Haftbedingungen in Polizeieinrichtungen ebenso gut wären, wie an anderen Haftorten, an denen Personen über längere Zeiträume festgehalten werden. Die Empfehlung des CPT bezieht sich aber gerade eben auf Anhaltungen in Polizeigewahrsam („Beachtung elementarer materieller Anforderungen“) und legt in Rz 43 als das im Jahr 1999 wünschenswerte Niveau für die Größe für eine Polizeizelle (oder für jede andere Unterkunft inhaftierter/gefangener Personen) in Einzelbelegung für Aufenthalte von mehr als einigen Stunden Dauer mit 7 m2, 2 m oder mehr zwischen den Wänden, 2,5 m Raumhöhe fest. Ebenso wird im MRB-Katalog Haftstandards, 10/2009, konkret auf die Haftbedingungen in Anhalteräumen der Sicherheitsbehörden abgestellt und in Punkt II.2.1.1. auf unterschiedliche Anhalteräume/Zellen (Transitraum, Anhalteraum und Verwahrungsraum) Bezug genommen. Dem Menschenrechtsbeirat mag keine Zuständigkeit zur normativen Festlegung zukommen, doch sind seine Berichte zu würdigen (VwGH vom 29.09.2011, Zl 2008/21/0516). Zudem war er auch ein zur Beratung in Fragen der Wahrung der Menschenrechte beim Bundesminister für Inneres eingerichtetes Organ (§ 15a SPG idF vor dem OPCAT-Durchführungsgesetz, BGBl. I Nr. 1/2012). Dem MRB-Katalog Haftstandards, 10/2009, zufolge werden große Räume im Wesentlichen als akzeptabel betrachtet, wenn mindestens 3 - 3,5 m² pro Person zur Verfügung stehen, wobei, abstellend auf die Empfehlung des CPT im Jahr 2004, die Belegungsdichte auf ein Minimum von 4 m² pro inhaftierter Person (Sanitäreinrichtungen ausgeschlossen) gewährleistet werden sollte.Das Verwaltungsgericht Wien vermag der Auffassung der belangten Behörde, die Empfehlung des CPT und des MRB bezögen sich lediglich auf „herkömmliche Anhaltung“, namentlich länger dauernde Anhaltungen etwa für zur Verfügung einer (Ersatz ) Freiheitsstrafe und nicht etwa auch auf Anhaltungen zwecks Vorführung vor eine Behörde, nicht beitreten: Das CPT (CPT/Inf(92)3-part1) nimmt eine Differenzierung zwischen „herkömmlicher Anhaltung“ und Anhaltungen zwecks Vorführung vor eine Behörde nicht vor. In Rz 42 der genannten Empfehlung selbst ist einleitend ausgeführt, dass Polizeigewahrsame grundsätzlich von relativ kurzer Dauer ist – auf den Grund der Polizeigewahrsam wird dabei nicht abgestellt. Sehr wohl verweist aber das CPT darauf hin, es könne nicht erwartet werden, dass die physischen Haftbedingungen in Polizeieinrichtungen ebenso gut wären, wie an anderen Haftorten, an denen Personen über längere Zeiträume festgehalten werden. Die Empfehlung des CPT bezieht sich aber gerade eben auf Anhaltungen in Polizeigewahrsam („Beachtung elementarer materieller Anforderungen“) und legt in Rz 43 als das im Jahr 1999 wünschenswerte Niveau für die Größe für eine Polizeizelle (oder für jede andere Unterkunft inhaftierter/gefangener Personen) in Einzelbelegung für Aufenthalte von mehr als einigen Stunden Dauer mit 7 m2, 2 m oder mehr zwischen den Wänden, 2,5 m Raumhöhe fest. Ebenso wird im MRB-Katalog Haftstandards, 10/2009, konkret auf die Haftbedingungen in Anhalteräumen der Sicherheitsbehörden abgestellt und in Punkt römisch II.2.1.1. auf unterschiedliche Anhalteräume/Zellen (Transitraum, Anhalteraum und Verwahrungsraum) Bezug genommen. Dem Menschenrechtsbeirat mag keine Zuständigkeit zur normativen Festlegung zukommen, doch sind seine Berichte zu würdigen (VwGH vom 29.09.2011, Zl 2008/21/0516). Zudem war er auch ein zur Beratung in Fragen der Wahrung der Menschenrechte beim Bundesminister für Inneres eingerichtetes Organ (Paragraph 15 a, SPG in der Fassung vor dem OPCAT-Durchführungsgesetz, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 1 aus 2012,). Dem MRB-Katalog Haftstandards, 10/2009, zufolge werden große Räume im Wesentlichen als akzeptabel betrachtet, wenn mindestens 3 - 3,5 m² pro Person zur Verfügung stehen, wobei, abstellend auf die Empfehlung des CPT im Jahr 2004, die Belegungsdichte auf ein Minimum von 4 m² pro inhaftierter Person (Sanitäreinrichtungen ausgeschlossen) gewährleistet werden sollte.

Schlagworte

Maßnahmenbeschwerde, Beschwerdegegenstand, Polizeianhaltezentrum, Anhalteraum, Gemeinschaftszelle, Überbelegung, Menschenwürde, Haftraum, Mindestflächenausmaß, Polizeigewahrsam, europäisches Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafen, MRB-Katalog Haftstandards, Anhaltebedingungen, Festnahme, internationale Empfehlungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2024:VGW.102.067.5002.2024

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2024
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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