Entscheidungsdatum
04.04.2022Norm
StVO 1960 §43 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Allraun als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn A, ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 14.05.2021, Zl. ***, zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVGParagraph 50, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG
§ 45 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStGParagraph 45, Absatz eins, Ziffer 2, Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG
§ 25a Abs. 4 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGGParagraph 25 a, Absatz 4, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer Folgendes zur Last gelegt:
„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:
Zeit:
29.12.2020, 15:38 Uhr - 15:42 Uhr
Ort:
Gemeindegebiet *** auf der Autobahn *** nächst Strkm. ***
Messstrecke von km *** bis ***, Fahrtrichtung *** (***, Freiland)
Fahrzeug:
***, Personenkraftwagen
Tatbeschreibung:
Die auf Grund des angebrachten Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten.
80 km/h erlaubte Höchstgeschwindigkeit.
91 km/h gefahrene durchschnittliche Geschwindigkeit nach Abzug von 3 km/h Messtoleranz.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§ 52 lit.a Z.10a StVO 1960 BGBl. Nr. 159/1960 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 37/2019, § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 BGBl. Nr. 159/1960 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 39/2013Paragraph 52, Litera , Ziffer , StVO 1960 Bundesgesetzblatt Nr. 159 aus 1960, zuletzt geändert durch Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 37 aus 2019,, Paragraph 99, Absatz , Litera , StVO 1960 Bundesgesetzblatt Nr. 159 aus 1960, zuletzt geändert durch Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 39 aus 2013,
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von
falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von
Gemäß
€ 50,00
23 Stunden
§ 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 BGBl. Nr. 159/1960 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 39/2013Paragraph 99, Absatz , Litera , StVO 1960 Bundesgesetzblatt Nr. 159 aus 1960, zuletzt geändert durch Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 39 aus 2013,
Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 EuroVorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß Paragraph 64, Absatz , Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro
€ 10,00
Gesamtbetrag:
€ 60,00“
Dagegen hat der Beschuldigte Beschwerde erhoben.
Ohne auf das Vorbringen in der Beschwerde näher einzugehen, wird folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt:
Herr A hat am 29.12.2020, 15:38 Uhr - 15:42 Uhr, das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen ***, im Gemeindegebiet *** auf der Autobahn *** nächst Strkm. *** Messstrecke von km *** bis ***, Fahrtrichtung *** (***, Freiland) mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 91km/h gelenkt.
Der gegenständlichen zur Tatzeit kundgemachten Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h liegt die Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 06. November 2006, GZ. BMVIT-138.002/0033-II/ST5/2006, zugrunde.
Diese Verordnung lautete in ihrem Punkt A) 3. wie folgt:
„Auf Grund § 43 Abs. 1 StVO 1960, BGBl. Nr. 159, in der derzeit gültigen Fassung, wird verordnet:„Auf Grund Paragraph 43, Absatz eins, StVO 1960, Bundesgesetzblatt Nr. 159, in der derzeit gültigen Fassung, wird verordnet:
A) Aus Gründen der Sicherheit des Verkehrs, insbesondere zur Hintanhaltung von Unfallgefahren, wird auf der Richtungsfahrbahn Wien der A 2 Südautobahn für den Fall von nasser Fahrbahn oder von Schneelage oder Eisbildung:
1. …
2. …
3. im Bereich von km 73,595 bis km 66,790 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h beschränkt.
Diese Verordnung ist gemäß § 44 StVO 1960 durch die entsprechenden Straßenverkehrszeichen kundzumachen, wobei die Kundmachung für den Bereich von km 73,595 bis km 66,790 auf Grundlage des vorgelegten Lageplans „A 2 Südautobahn Bereich Wechsel – Wechselverkehrszeichenanlage Section Control - Planzeichen ST2-VI-811 Einlage Nr. 1“ (gez. Retter & Partner Ziviltechniker Ges.m.b.H, GZL 03184) zu erfolgen hat. Dieser Plan bildet einen integrierenden Bestandteil dieser Verordnung.“Diese Verordnung ist gemäß Paragraph 44, StVO 1960 durch die entsprechenden Straßenverkehrszeichen kundzumachen, wobei die Kundmachung für den Bereich von km 73,595 bis km 66,790 auf Grundlage des vorgelegten Lageplans „A 2 Südautobahn Bereich Wechsel – Wechselverkehrszeichenanlage Section Control - Planzeichen ST2-VI-811 Einlage Nr. 1“ (gez. Retter & Partner Ziviltechniker Ges.m.b.H, GZL 03184) zu erfolgen hat. Dieser Plan bildet einen integrierenden Bestandteil dieser Verordnung.“
Die Verordnung der (ehemaligen) Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom 29. Juni 2011, Z BMVIT-138.002/0013-IV/ST5/2011, lautet auszugsweise (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):
"Auf Grund § 43 Abs. 1 StVO 1960, BGBl. Nr. 159/60, in der derzeit gültigen Fassung, wird verordnet: "Auf Grund Paragraph 43, Absatz eins, StVO 1960, BGBl. Nr. 159/60, in der derzeit gültigen Fassung, wird verordnet:
1. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit wird im Bereich von km 81,590 bis km 66,790 der Richtungsfahrbahn Wien der A 2 Süd Autobahn auf 100 km/h beschränkt.
2. Die Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 06.11.2006, GZ BMVIT-138.002/0033-II/ST5/2006 idF der Verordnung vom 27.11.2008, GZ BMVIT-138.002/0031-II/ST5/2008 wird durch diese Verordnung nicht berührt (Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h für den Fall von nasser Fahrbahn oder von Schneelage oder Eisbildung in den Bereichen von km 81,286 bis km 74,170 und von km 73,595 bis km 66,790 der Richtungsfahrbahn Wien der A 2 Süd Autobahn).“2. Die Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 06.11.2006, GZ BMVIT-138.002/0033-II/ST5/2006 in der Fassung der Verordnung vom 27.11.2008, GZ BMVIT-138.002/0031-II/ST5/2008 wird durch diese Verordnung nicht berührt (Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h für den Fall von nasser Fahrbahn oder von Schneelage oder Eisbildung in den Bereichen von km 81,286 bis km 74,170 und von km 73,595 bis km 66,790 der Richtungsfahrbahn Wien der A 2 Süd Autobahn).“
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat an den Verfassungsgerichtshof aufgrund des gegenständlich anhängigen Beschwerdeverfahrens den Antrag vom 08.11.2021 gestellt, dieser möge
- erkennen, dass die Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie (nunmehr: Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie) vom 06. November 2006,
GZ. BMVIT-138.002/0033-II/ST5/2006, hinsichtlich Punkt A) 3., gesetzwidrig kundgemacht und daher aufzuheben ist, in eventu
- feststellen, dass die Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie (nunmehr: Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie) vom 06. November 2006,
GZ. BMVIT-138.002/0033-II/ST5/2006, hinsichtlich Punkt A) 3., am 29.12.2020 von 15:14 Uhr bis 15:45 Uhr nicht rechtmäßig kundgemacht und daher gesetzwidrig war.
Begründet wurde der Antrag im Wesentlichen damit, dass die gegenständlich angefochtene Verordnung in Punkt A) 3. einen ganz konkreten räumlichen Geltungsbereich von km 73,595 bis km 66,790 auf der A2, Richtungsfahrbahn Wien vorsehe.
Laut Mitteilung der ASFINAG Service GmbH werde der Beginn der gegenständlichen Geschwindigkeitsbeschränkung bei km 073,610 und das Ende bei km 066,860 kundgemacht.
Der Ort der Kundmachung weiche hinsichtlich des Beginns der verordneten Geschwindigkeitsbeschränkung um 15m und hinsichtlich des Endes um 70m ab.
Da der Aufstellungsort vom Ort des Beginns bzw. Endes des verordneten Geltungsbereiches signifikant abweiche, liege aus Sicht des erkennenden Gerichts ein Kundmachungsmangel vor.
Die gegenständlich angefochtene Verordnung bilde insofern die Grundlage der Herrn A angelasteten Verwaltungsübertretung, da ohne diese Verordnung am Tatort eine verordnete Geschwindigkeit von 100km/h gegolten hätte und keine Verwaltungsübertretung vorliegen würde.
Das Landesverwaltungsgericht hat somit die angefochtene Verordnung bei der Prüfung der Rechtsmäßigkeit des angefochtenen Strafbescheides anzuwenden und hätte eine Aufhebung dieser Verordnung bzw. die Feststellung der Gesetzwidrigkeit der Verordnung zum Tatzeitpunkt auch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des gegen Herrn A geführten Verwaltungsstrafverfahrens zur Folge.
Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 18.03.2022, ***, wurde Punkt A) 3. der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 06. November 2006, GZ. BMVIT-138.002/0033-II/ST5/2006, als gesetzwidrig aufgehoben.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unzweifelhaft aus dem vorliegenden Akteninhalt.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:
Gemäß § 52 lit.a Z.10a StVO 1960 „Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)“ zeigt dieses Zeichen an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist. Gemäß Paragraph 52, Litera , Ziffer , StVO 1960 „Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)“ zeigt dieses Zeichen an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.
Da die am Tatort zur Tatzeit verordnete und kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung von 80km/h als gesetzwidrig vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde und somit für den Beschwerdeführer am Tatort eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h gegolten hat, der Beschwerdeführer jedoch am Tatort zur Tatzeit das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 91km/h gelenkt hat, hat dieser die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung war abzusehen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist. (§ 44 Abs. 2 VwGVG)Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung war abzusehen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist. (Paragraph 44, Absatz 2, VwGVG)
Eine Revision ist unzulässig, da in der gegenständlichen Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von 50 Euro verhängt wurde,
Schlagworte
Verkehrsrecht; Straßenverkehr; Geschwindigkeitsbeschränkung; Verordnung; Gesetzwidrigkeit;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.S.1358.001.2021Zuletzt aktualisiert am
05.08.2024