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L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §42 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der E in F, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft N vom 16. September 1994, Zl. 02/04-25-1994, betreffend Bauplatzerklärung (mitbeteiligte Parteien: 1) Franz K in F,
2) Stadtgemeinde F, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Franz (sen.) und Rosa K waren je zur Hälfte Miteigentümer des Grundstückes Nr. 2603/26 Baufläche KG F im Ausmaß von 548 m2, welches im Nordwesten in einer Länge von ca. 12,20 m an die Verkehrsfläche der zweitmitbeteiligten Partei Grundstück Nr. 2603/40 öffentliches Gut (L-Gasse) und im Südosten ebenfalls über die gesamte Länge von ca. 12,20 m an die Verkehrsfläche der zweitmitbeteiligten Partei Grundstück Nr. 2603/40 mit einer Breite von rd. 5 m grenzt. Südlich grenzt an dieses Grundstück über die gesamte Länge von ca. 45 m die Baufläche Grundstück Nr. 2603/25 der Beschwerdeführerin.
Auf Grund des Teilungsplanes vom 24. Mai 1993 wurde das Grundstück Nr. 2603/26 in die Grundstücke Nr. 2603/59 mit einer Größe von 292 m2, nunmehr inneliegend der Liegenschaft EZ 2954 KG F, und in die verbleibende Restfläche 2603/26 im Ausmaß von 256 m2 geteilt. Die Teilung wurde derart vollzogen, daß das Grundstück Nr. 2603/26 nordwestlich an die öffentliche Verkehrsfläche L-Gasse, das neugebildete Grundstück Nr. 2603/59 hingegen an die rd. 5 m breite Verkehrsfläche im Südosten grenzt. Eigentümer des Grundstückes Nr. 2603/59 ist die erstmitbeteiligte Partei.
Mit Anbringen vom 25. Mai 1994 beantragte der Erstmitbeteiligte gemäß §§ 10 und 11 der Burgenländischen Bauordnung "die Genehmigung der Teilung des Grundstückes Nr. 2603/26 in die Grundstücke Nr. 2603/59 und 2603/26 und (die) Erklärung des Grundstückes Nr. 2603/59 zum Bauplatz".
In ihren fristgerechten Einwendungen führte die Beschwerdeführerin u.a. aus, die Unterteilung eines bereits bebauten Bauplatzes dürfte nur bewilligt werden, wenn auf den durch die Unterteilung vorgesehenen bebauten Flächen die baurechtlichen Vorschriften, insbesondere über die bauliche Ausnutzung der Bauplätze und über die Lage der Bauten im Bauplatz, gewahrt blieben. Diese Abstandsvorschriften würden nicht eingehalten, wenn die Teilung entsprechend dem im Bauakt erliegenden Teilungsplan vorgenommen werden sollte.
Mit Bescheid vom 22. Juni 1994 bewilligte der Bürgermeister der zweitmitbeteiligten Partei die beantragte Bauplatzerklärung unter Auflagen und wies u.a. die Einwendungen der Beschwerdeführerin als unbegründet ab.
Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin änderte der Gemeinderat der zweitmitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 20. Juli 1994 den erstinstanzlichen Bescheid ab und faßte folgenden Spruch:
" ...
Gemäß den §§ 10 Abs. 1 Z. 1 und 12 Abs. 5 und 6 der burgenländischen Bauordnung, LGBl. Nr. 13/1970 i.d.g.F., wird
1.)
die Teilung des Grundstückes Nr. 2603/26 in die Grundstücke Nr. 2603/26 mit einer Größe von 258 m2 und 2603/59 mit einer Größe von 295 m2 bewilligt und
2.)
das durch die Teilung des Grundstückes Nr. 2603/26 geschaffene Grundstück Nr. 2603/59, EZ. 2954 KG F, zum Bauplatz erklärt. Dieses Grundstück mit einer Größe von 295 m2 entstand auf Grund des Teilungsplanes GZ. 1738/93 vom 24.5.1993 des Dipl.-Ing. H, staatlich befugter und beeideter Ingenieurkonsulent für Vermessungswesen in N und des darauf folgenden Beschlusses Zl. 6172 des Bezirksgerichtes N vom 19. August 1993.
Der Bauplatz darf nur für im "Bauland - gemischtes Baugebiet" zulässige Maßnahmen Verwendung finden.
Für die Bebauung dieses Bauplatzes werden folgende Bebauungsgrundlagen und Auflagen festgesetzt:
a)
Die Straße hat eine Breite von 5 m zu erhalten, wobei zusätzlich ein Gehsteig von 1,50 m zu errichten ist. Die Straße hat sich nach der X-Straße zu richten. Der Gehsteig muß 10 cm höher sein als die Straße.
Der Bewilligungswerber ist daher verpflichtet, vom Grundstück Nr. 2603/59, EZ. 2954, KG F, die für die öffentliche Verkehrsfläche benötigte Grundstücksfläche seines Bauplatzes im Ausmaß von ca. 37 m2 unentgeltlich und kostenfrei an die Gemeinde abzutreten und die grundbücherliche Durchführung zu veranlassen.
b)
Die Baulinie wird mit 5,5 m von der Straßenachse festgelegt. Sie ist zugleich Straßenfluchtlinie.
c)
Es wird die geschlossene Bebauung festgelegt.
d)
Die bauliche Ausnützung des Bauplatzes ist 70 v.H., außer es trifft § 3 Abs. 4 der Bgld. Bauordnung zu.
e)
Die maximale Höhe von zu errichtenden Gebäuden (Bauwerken) wird mit höchstens 9 m festgesetzt.
f)
Die Höhe der obersten Deckenoberkante darf höchstens 7 m über dem verglichenen Gelände liegen.
g)
Das zu errichtende Gebäude darf höchstens zwei Geschosse haben (exklusive Kellergeschoß).
..."
Die Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden als unbegründet abgewiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, durch die Teilung des Grundstückes Nr. 2603/26 KG F seien die Bestimmungen über die Verbauungsdichte in keiner Weise überschritten worden. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der (Nach-)Vermessungen durch einen Bausachverständigen gingen ins Leere. Vielmehr sei von der Richtigkeit der Angaben des Dipl.-Ing. H auszugehen und seien diese der Entscheidung zugrundezulegen. Der Vorstellungswerberin wäre freigestanden, ihre diesbezüglichen Ausführungen betreffend Verbauungsdichte durch Einholung eines Privatgutachtens zu untermauern. Da dies nicht geschehen sei, könnten ihre Ausführungen nur als ihre subjektiven Darstellungen der Sicht der Dinge gewertet werden und komme diesen keine fundierte Beweiskraft zu. Überhaupt stellten die Ausführungen der Vorstellungswerberin im wesentlichen auf eine offene Bebauung ab, obwohl von der Baubehörde die geschlossene Bebauung im Gegenstande festgelegt worden sei. Der Vorstellungswerberin sei von der Berufungsbehörde die Akteneinsicht auch nicht vorenthalten worden.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Einhaltung der Bebauungsvorschriften bei Bauführung auf einer benachbarten Parzelle verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 der Burgenländischen Bauordnung (BO) in der im Hinblick auf die Erlassung des Bescheides der Baubehörde zweiter Instanz anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 11/1994 bedarf einer Bauplatzerklärung der Baubehörde, mit der das betroffene Grundstück in einem nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen durchzuführenden Verfahren für die Bebauung oder für eine sonstige in diesem Absatz genannte Maßnahme geeignet erklärt wird, die Teilung oder Vereinigung von Grundstücken oder Grundstücksteilen im Bauland, wenn es sich nicht um Änderungen von Grundstücken auf Grund der §§ 13 und 15 des Liegenschaftsteilungsgesetzes, BGBl. Nr. 3/1930, i. d.F. des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 343/1989, handelt.
Gemäß Abs. 6 Z. 5 dieses Paragraphen sind die Nachbarn (§ 94) Parteien im Bauplatzerklärungsverfahren.
Gemäß § 94 Abs. 3 leg. cit. hat die Baubehörde, sofern die Verletzung von Vorschriften dieses Gesetzes oder von sonstigen baurechtlichen Vorschriften des Landes behauptet wird, die nicht nur dem öffentlichen Interesse sondern auch dem Interesse der Nachbar dienen (öffentlich-rechtliche Einwendung), hierüber im Bescheid (§ 93 Abs. 2) zu erkennen und die Einwendung als unbegründet abzuweisen oder die Bewilligung zu versagen. Öffentlich-rechtliche Einwendungen können insbesondere auf die Vorschriften über die Bebauungsweise, die Entfernung der Bauten von den Nachbargrenzen oder Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Beschaffenheit des Bauplatzes und die Vorschriften, die den Schutz der Nachbarn vor Immissionen zum Gegenstand haben, gestützt werden.
Gemäß § 12 Abs. 4 leg. cit. ist die Bauplatzerklärung zu versagen, wenn das Grundstück vom Standpunkt der öffentlichen Interessen oder der subjektiv-öffentlichen Interessen der Nachbarn für die Bebauung oder die beantragte im § 10 Abs. 1 bezeichnete Maßnahme ungeeignet ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn
...
3.
das Grundstück infolge seiner Gestalt oder geringen Flächenausdehnung unter Berücksichtigung der Vorschriften über die bauliche Ausnutzbarkeit des Bauplatzes und über die Lage der Bauten im Bauplatz eine selbständige Bebauung nicht zuläßt, oder
4.
das Grundstück die sonstigen erforderlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 ("Bauplätze müssen eine solche Gestalt, Beschaffenheit und Größe haben, daß auf ihnen Bauten errichtet werden können, die den Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechen.") nicht erfüllt, oder
...
7.
durch die Unterteilung einer bereits bebauten Grundfläche auf den von der Unterteilung betroffenen bebauten Flächen die Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften, insbesondere über die bauliche Ausnützung der Bauplätze und über die Lage der Bauten im Bauplatz, nicht gewährleistet wäre.
Die Beschwerdeführerin trägt in der Beschwerde vor, die Baubehörden hätten kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren zur Frage der Bebauungsdichte der Parzelle 2603/26 (neu) durchgeführt. Sie hätte im Verfahren vor den Baubehörden ausdrücklich darauf hingewiesen, daß durch die beantragte Teilung des Grundstückes Nr. 2603/26 (alt) die Vorschriften über die Bebauungsdichte nicht eingehalten werden könnten und die neugeschaffene Parzelle 2603/26 (neu) über die nach den baubehördlichen Vorschriften
zulässige Dichte von 70 Prozent hinaus verbaut sei. Diesen Einwand habe die Baubehörde zweiter Instanz nicht überprüft, vielmehr nur im Bescheid darauf hingewiesen, daß Dipl.-Ing. H in Ergänzung zum Teilungsplan per Telefax mitgeteilt habe, das neuentstandene Grundstück Nr. 2603/26 sei nach erfolgter Teilung lediglich zu 67 Prozent verbaut.
Schon mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Der von der belangten Behörde zu überprüfende Bescheid der Baubehörde zweiter Instanz hat die Bewilligung der beantragten Bauplatzerklärung auf § 10 Abs. 1 Z. 1 BO gestützt. Nach dieser Gesetzesstelle bedarf die Teilung oder Vereinigung von Grundstücken oder Grundstücksteilen im Bauland - von den hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - einer Bauplatzerklärung der Baubehörde. Im Gegenstande beantragte die erstmitbeteiligte Partei die Teilung des Grundstückes Nr. 2603/26 in das neugeschaffene Grundstück Nr. 2603/59 und in die verbleibende Restfläche 2603/26. "Betroffenes Grundstück" im Sinne des § 10 Abs. 1 BO, welches einer Bauplatzerklärung im Sinne der vorgenannten Gesetzesstelle bedarf, ist daher nicht nur das Grundstück Nr. 2603/59, sondern auch das Grundstück Nr. 2603/26 in der durch den Teilungsplan vom 24. Mai 1993 neugeschaffenen Form. Mit Bescheid vom 20. Juli 1994 hat die Baubehörde zweiter Instanz - ebenso wie die Behörde erster Instanz - nur das Grundstück Nr. 2603/59 zum Bauplatz erklärt, nicht jedoch das neugeschaffene Grundstück Nr. 2603/26 mit einer Fläche von 256 (bzw. 258) m2. Dies belastet den Bescheid der Baubehörde zweiter Instanz mit einer Rechtswidrigkeit, da in der Begründung zwar - auf Grund der von Dipl.-Ing. H per Telefax vom 25. April 1994 erfolgten Mitteilung - die verbaute Fläche des neugeschaffenen Grundstückes Nr. 2603/26 mit 173 m2, das sind 67 Prozent der Gesamtfläche, festgestellt worden ist, die für eine Bauplatzerklärung erforderlichen Feststellungsgrundlagen von den Baubehörden jedoch nicht erhoben und ihren Bescheiden zugrundegelegt worden sind.
Ausgehend von dieser Sach- und Rechtslage belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid schon deshalb mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weil sie die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abwies, obwohl die Baubehörden bezüglich der durchgeführten Teilung des Grundstückes Nr. 2603/26 nur hinsichtlich des neugeschaffenen Grundstückes Nr. 2603/59 ein Bauplatzerklärungsverfahren durchgeführt haben. Im Hinblick auf die dem Nachbarn gemäß § 10 Abs. 6 Z. 5 BO auch im Bauplatzerklärungsverfahren im Rahmen des § 94 Abs. 3 leg. cit. eingeräumte Parteistellung hat die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer rechtzeitig erhobenen Einwendungen ein subjektiv-öffentliches Recht auf Durchführung eines Bauplatzerklärungsverfahrens auch hinsichtlich des neugeschaffenen Grundstückes Nr. 2603/26 (neu) auf Grund des vom Erstmitbeteiligten gestellten Antrages.
Der angefochtene Bescheid war daher - ohne daß es erforderlich war, auf das übrige Beschwerdevorbringen einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
Schlagworte
Baurecht NachbarEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994050329.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009