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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der C in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom 3. Mai 1994, Zl. 6/3 - 3271/93-05, betreffend Vermögensteuer ab dem 1. Jänner 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin hatte aus einem per 1. Jänner 1991 erfolgten Verkauf einer Liegenschaft einen Betrag von S 16,900.000,-- erlöst. Über den Verbleib dieses Veräußerungserlöses befragt, gab die Beschwerdeführerin im Rahmen einer Vorhaltsbeantwortung zur Vermögensteuererklärung zum 1. Jänner 1992 folgendes an:
"1. Der Veräußerungserlös war (16,900.000,-- - 150.000,--
für Räumung der Wohnungen) S 16,750.000,--
2. Verwendung des Veräußerungserlöses:
Rückzahlung Darlehen Bankhaus K. S 3,200.000,--
Rückzahlung Darlehen E. S 5,500.000,--
Rückzahlung Darlehen K.L. S 1,700.000,--
Gewinnanteil K.L. S 1,270.000,--
Bezahlung Provision S 1,700.000,--
Stille Beteiligung Sch. S 500.000,--
Stille Beteiligung IRC Handelsges.m.b.H. S 1,750.000,--
Diverse Anschaffungen
(Auto, Einrichtung etc.) rund S 700.000,--
Sonstiges (Reisen etc.) rund S 400.000,--"
Im Bescheid über die Vermögensteuer ab dem 1. Jänner 1992 kam von dem Veräußerungserlös ein Betrag von S 10,750.000,-- beim sonstigen Vermögen zum Ansatz, weil - so die Begründung dieses Bescheides - die mit Vorhalt vom 29. Oktober 1992 angeforderten Unterlagen nicht nachgereicht worden seien und daher die Verwendung des Veräußerungserlöses teilweise nicht geklärt sei. Im Vorhalt vom 29. Oktober 1992 war die Beschwerdeführerin ersucht worden, betreffend die stillen Beteiligungen Sch. Ges.m.b.H. und IRC Ges.m.b.H. u.a. die Kopien der Verträge nachzureichen, Bestätigungen über die Bezahlung der Darlehen (Bankhaus K. und E.) vorzulegen und eine Kopie des Darlehensvertrages und des Vertrages über den Gewinnanteil K.L. beizubringen.
Nachdem die Beschwerdeführerin im Rahmen der Berufung - jeweils in Kopie - die Aufstellung des Rechtsanwaltes Dr. R. über die Abrechnung des Kaufpreises, die beiden Verträge über die Errichtung der stillen Gesellschaften, eine Darlehenszusage der E. und eine Darlehensabrechnung des Bankhauses K. vorgelegt hatte, verlangte die belangte Behörde mit Vorhalt vom 13. September 1993 u.a. nochmals die Vorlage von Originalbelegen für sämtliche unter dem Titel "Verwendung des Veräußerungserlöses" geltend gemachten Aufwendungen und wies weiters darauf hin, daß die im Zuge der Berufung beigelegten Unterlagen das Berufungsbegehren nicht stützen könnten, weil diese zum Teil nur "fragmentarisch" seien und zum Teil keine oder kaum sichtbare Unterschriften aufwiesen.
Nach mehreren Fristverlängerungsansuchen legte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 14. Februar 1994 im wesentlichen nochmals die bereits im Berufungsverfahren beigebrachten Unterlagen in Kopie vor, machte dazu noch Erläuterungen betreffend das Darlehen K.L. und gab bekannt, daß hinsichtlich der privaten Anschaffungen keine Belege zur Verfügung gestellt werden könnten, weil diese nicht aufgehoben worden seien.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Nach Wiedergabe des Ganges des Verwaltungsverfahrens führte die belangte Behörde in der Begründung aus, daß kein einziger Originalbeleg der Abgabenbehörde vorgelegt worden sei. Abgesehen davon, daß die beigebrachten Ablichtungen die im Vorhalt angegebenen Mängel hätten, stütze deren Inhalt "nicht zwingend" die Behauptungen der Beschwerdeführerin. Überdies habe sich die Beschwerdeführerin "hochgradig unglaubwürdig gemacht", weil es der Lebenserfahrung widerspreche, daß "S 700.000,-- für Auto, Einrichtung etc." ausgegeben worden seien und keinerlei Unterlagen dazu vorlägen; wobei dies auch für "Reisen etc. rund S 400.000,--" gelte. Da von der Beschwerdeführerin "seit Oktober 1992 nichts von dem schon vom Finanzamt, und dann später von der Abgabenbehörde zweiter Instanz Erbetenen" nachgewiesen worden sei, habe die Berufung "nur abgewiesen" werden können. Da auch "das vom Finanzamt Anerkannte durch nichts Aktenkundiges zwingend belegt" worden sei, könne die Beschwerdeführerin nicht dadurch beschwert sein, daß der Berufungssenat die Berufung nur abgewiesen, und nicht den Bescheid überdies zu Ungunsten der Beschwerdeführerin abgeändert habe.
In der Beschwerde wird die Berücksichtigung des Betrages von S 10,750.000,-- bei der Berechnung des sonstigen Vermögens als Rechtsverletzung geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Begründung eines Bescheides muß erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrundelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juli 1994, 92/13/0051, und vom 14. September 1994, 92/13/0180, m.w.N.). Sind die einen tragenden Teil der Begründung darstellenden Ausführungen des angefochtenen Bescheides für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar und somit nicht überprüfbar, liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler vor (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Oktober 1994, 94/14/0067).
Im Beschwerdefall hat die Abgabenbehörde erster Instanz und ihr folgend die belangte Behörde bei der Berechnung des sonstigen Vermögens im Vermögensteuerbescheid ab dem 1. Jänner 1992 vom strittigen Veräußerungserlös von insgesamt S 16,900.000,-- einen Teilbetrag von S 10,750.000,-- in Ansatz gebracht. Wie sich dieser Betrag errechnet, wird weder im Bescheid des Finanzamtes noch im angefochtenen Bescheid näher dargestellt, sodaß bereits insoweit nicht nachvollziehbar ist, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde. Der Begründung des angefochtenen Bescheides fehlt aber auch jede auf ihre Schlüssigkeit hin überprüfbare Auseinandersetzung mit den von der Beschwerdeführerin zum Nachweis der Kaufpreisverwendung vorgelegten Unterlagen. Mögen die Vorhaltsbeantwortungen i.S. der belangten Behörde auch nicht ausreichend gewesen sein, so wäre doch im Rahmen der Beweiswürdigung darzustellen gewesen, warum und auf welche Verwendungspositionen bezogen eine Mangelhaftigkeit der vorgelegten Unterlagen oder deren nicht beigebrachtes Original die Anerkennung hinderte. Allgemein gehaltene Hinweise, daß etwa die beigebrachten Ablichtungen "nicht zwingend" die Behauptungen der Beschwerdeführerin stützten und eine aus der Nichtbelegbarkeit der Privataufwendungen abgeleitete "hochgradige Unglaubwürdigkeit" stellen in diesem Zusammenhang keine ausreichende, schlüssig dargelegte Bescheidbegründung dar.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG (insbesondere § 59 Abs. 1) i.V.m. der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994130201.X00Im RIS seit
20.11.2000