Entscheidungsdatum
10.07.2024Norm
AVRAG §14cSpruch
W255 2284547-1/12E
Im namen der republiK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , vom 17.10.2023, GZ: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung von Pflegekarenzgeld gemäß § 21c Abs. 1 Bundespflegegeldgesetz (BPGG) zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle römisch 40 , vom 17.10.2023, GZ: römisch 40 , betreffend die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung von Pflegekarenzgeld gemäß Paragraph 21 c, Absatz eins, Bundespflegegeldgesetz (BPGG) zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben. Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführerin für die Dauer vom 01.10.2023 bis 31.12.2023 ein Pflegekarenzgeld in Höhe von täglich € 36,78 zusteht. Der Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG stattgegeben. Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführerin für die Dauer vom 01.10.2023 bis 31.12.2023 ein Pflegekarenzgeld in Höhe von täglich € 36,78 zusteht.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
1. Verfahrensgang:
1.1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) stellte am 08.10.2023 beim Sozialministeriumservice (im Folgenden: SMS) einen Antrag auf Zuerkennung von Pflegekarenzgeld. Diesen stützte sie darauf, dass sie ihre in Deutschland wohnhafte und pflegebedürftige Mutter, die in Deutschland Pflegegeld der Stufe 4 beziehe, pflegen wolle. Die BF habe mir ihrem Arbeitgeber für die Zeit vom 01.10.2023 bis 31.12.2023 eine Pflegeteilzeit gemäß § 14d AVRAG vereinbart. 1.1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) stellte am 08.10.2023 beim Sozialministeriumservice (im Folgenden: SMS) einen Antrag auf Zuerkennung von Pflegekarenzgeld. Diesen stützte sie darauf, dass sie ihre in Deutschland wohnhafte und pflegebedürftige Mutter, die in Deutschland Pflegegeld der Stufe 4 beziehe, pflegen wolle. Die BF habe mir ihrem Arbeitgeber für die Zeit vom 01.10.2023 bis 31.12.2023 eine Pflegeteilzeit gemäß Paragraph 14 d, AVRAG vereinbart.
1.2. Mit Bescheid des SMS vom 17.10.2023, GZ: XXXX , wurde der unter Punkt 1.2. genannte Antrag der BF abgewiesen. Begründend führte das SMS aus, dass ein Pflegekarenzgeld aufgrund einer Pflegekarenz nur dann in den EWR exportiert werden könne, wenn sich der Wohnsitz der pflegebedürftigen Person im EWR befinde und ein Pflegegeld nach österreichischem Bundespflegegeldgesetz bezogen werde, da Österreich in diesem Fall für Leistungen bei Krankheit im Sinne der VO (EG) 883/2004 zuständig sei. Da die BF ihre in Deutschland wohnhafte Mutter im Rahmen einer Pflegekarenz betreue und diese kein Pflegegeld nach dem österreichischen Bundespflegegeldgesetz beziehe, bestehe kein Anspruch auf ein Pflegekarenzgeld.1.2. Mit Bescheid des SMS vom 17.10.2023, GZ: römisch 40 , wurde der unter Punkt 1.2. genannte Antrag der BF abgewiesen. Begründend führte das SMS aus, dass ein Pflegekarenzgeld aufgrund einer Pflegekarenz nur dann in den EWR exportiert werden könne, wenn sich der Wohnsitz der pflegebedürftigen Person im EWR befinde und ein Pflegegeld nach österreichischem Bundespflegegeldgesetz bezogen werde, da Österreich in diesem Fall für Leistungen bei Krankheit im Sinne der VO (EG) 883/2004 zuständig sei. Da die BF ihre in Deutschland wohnhafte Mutter im Rahmen einer Pflegekarenz betreue und diese kein Pflegegeld nach dem österreichischen Bundespflegegeldgesetz beziehe, bestehe kein Anspruch auf ein Pflegekarenzgeld.
1.3. Mit Schreiben vom 12.11.2023 erhob die BF fristgerecht Beschwerde gegen den unter Punkt 1.2. genannten Bescheid des SMS.
1.4. Am 17.01.2024 wurde der Beschwerdeakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
1.5. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.01.2024, GZ: W255 2284547-1/3Z, wurde das Verfahren gemäß § 38 AVG iVm § 17 VwGVG bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union in der Rechtssache C-116/23 über die mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.02.2023, GZ: W228 2257778-1/10Z, vorgelegten Fragen ausgesetzt.1.5. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.01.2024, GZ: W255 2284547-1/3Z, wurde das Verfahren gemäß Paragraph 38, AVG in Verbindung mit Paragraph 17, VwGVG bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union in der Rechtssache C-116/23 über die mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.02.2023, GZ: W228 2257778-1/10Z, vorgelegten Fragen ausgesetzt.
1.6. Mit Urteil des EuGH vom 11.04.2024, C-116/23, wurde über die mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.02.2023, GZ: W228 2257778-1/10Z, vorgelegten Fragen entschieden.
1.7. Mit Schreiben vom 11.04.2024 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht der BF das Urteil des EuGH vom 11.04.2024, C-116/23, und forderte diese auf, hierzu Stellung zu nehmen.
1.8. Mit Schreiben vom 27.04.2024 nahm die BF zum Urteil des EuGH vom 11.04.2024, C-116/23, Stellung und führte aus, dass der der Entscheidung des EuGH zugrunde liegende Sachverhalt vergleichbar mit dem verfahrensgegenständlichen sei. Bei der Mutter der BF bestehe seit 03.07.2023 ein Pflegegrad 4 nach deutschen Rechtsvorschriften. Die Gutachterin kommt darin zum Ergebnis, dass bei der Mutter der BF aus ihrer schweren Erkrankung (multiples Myelom) schwerwiegende Einschränkungen resultieren. Seit der Diagnose im Mai 2023 habe sich ihr Gesundheitszustand weiter verschlechtert und seien bereits mehrere stationäre Krankenhausaufenthalte notwendig gewesen. Ihr Allgemeinzustand sei geschwächt und würden sich Knochenmetastasen bilden. Es würden sich zudem Knochenbrüche häufen, die im Alltag kaum noch zu vermeiden seien. Die Stimmung ihrer Mutter sei aufgrund ihrer Gebrechlichkeit eher ängstlich und brauche sie umfassende Hilfe bei der Bewältigung des Alltags und der Grundpflege. Sie sei kaum belastbar und erschöpft schnell. Zudem dürfe sie keine Gewichte über ein Kilogramm heben. Sie könne sich zwar noch selbständig bewegen, dies aber sehr eingeschränkt und langsam. Sie liege viel und brauche wegen der ständigen Sturzgefahr Begleitung und Unterstützung beim Gehen.
Aufgrund der schweren Erkrankung und den damit einhergehenden gesundheitlichen Einschränkungen der Mutter der BF könne nur davon ausgegangen werden, dass sie bei einem gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich wegen ihres Gesundheitszustandes gemäß § 3a BPGG Anspruch auf ein Pflegegeld mindestens in Höhe der Stufe 3 hätte. Das deutsche Recht wende eine 5-stufige Einteilung des Pflegegrades an und der zuständige Begutachtungsdienst habe die Mutter der BF in die zweithöchste Stufe gereiht. Es sei daher jedenfalls davon auszugehen, dass dies bei der 7-stufigen österreichischen Einteilung mindestens der Stufe 3 entsprechen würde und damit jedenfalls vergleichbar sei. Der Pflegeaufwand für ihre Mutter betrage mehr als 120 Stunden pro Monat.Aufgrund der schweren Erkrankung und den damit einhergehenden gesundheitlichen Einschränkungen der Mutter der BF könne nur davon ausgegangen werden, dass sie bei einem gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich wegen ihres Gesundheitszustandes gemäß Paragraph 3 a, BPGG Anspruch auf ein Pflegegeld mindestens in Höhe der Stufe 3 hätte. Das deutsche Recht wende eine 5-stufige Einteilung des Pflegegrades an und der zuständige Begutachtungsdienst habe die Mutter der BF in die zweithöchste Stufe gereiht. Es sei daher jedenfalls davon auszugehen, dass dies bei der 7-stufigen österreichischen Einteilung mindestens der Stufe 3 entsprechen würde und damit jedenfalls vergleichbar sei. Der Pflegeaufwand für ihre Mutter betrage mehr als 120 Stunden pro Monat.
In Zusammenschau mit dem oben angeführten Urteil des EuGH erfülle die BF sämtliche Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 14d AVRAG iVm. § 21c BPGG für die Zuerkennung des Pflegekarenzgeldes und habe sie Anspruch auf Pflegekarenzgeld in der von ihr beantragten Dauer. Daher werde beantragt, der BF das beantragte Pflegekarenzgeld für den Zeitraum 01.10.2023 bis 31.12.2023 zuzusprechen. Der Stellungnahme legte die BF die folgenden Unterlagen bei:In Zusammenschau mit dem oben angeführten Urteil des EuGH erfülle die BF sämtliche Anspruchsvoraussetzungen gemäß Paragraph 14 d, AVRAG in Verbindung mit Paragraph 21 c, BPGG für die Zuerkennung des Pflegekarenzgeldes und habe sie Anspruch auf Pflegekarenzgeld in der von ihr beantragten Dauer. Daher werde beantragt, der BF das beantragte Pflegekarenzgeld für den Zeitraum 01.10.2023 bis 31.12.2023 zuzusprechen. Der Stellungnahme legte die BF die folgenden Unterlagen bei:
? Versicherungsdatenauszug der BF
? Vereinbarung der Pflegeteilzeit der BF vom 07.09.2023
? Gehaltsabrechnungen der BF betreffend den Zeitraum Oktober 2023 bis Dezember 2023
? Gutachten des med. Dienstes XXXX vom 10.08.2023 zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI der Mutter der BF? Gutachten des med. Dienstes römisch 40 vom 10.08.2023 zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB römisch XI der Mutter der BF
1.9. Mit Schreiben vom 29.05.2024 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem SMS die Stellungnahme der BF vom 27.04.2024 und forderte das SMS auf, hierzu Stellung zu nehmen sowie bekanntzugeben, in welcher Höhe das Pflegekarenzgeld zustehen würde, wenn ein Anspruch bejaht werden würde.
1.10. Mit Schreiben vom 05.06.2024 führte das SMS aus, dass die Mutter der BF laut der Vorlage des Schreibens seitens des med. Dienstes XXXX seit dem 03.07.2023 einen Pflegegrad 4 beziehe. Ein Pflegekarenzgeld könne ab der Pflegegeldstufe 3 nach dem BPGG von der zu pflegenden Person in Anspruch genommen werden. Voraussetzung für die Pflegegeldstufe 3 sei ein monatlicher Pflegebedarf von mehr als 120 Stunden. Aus dem vorliegenden Pflegegutachten könne seitens des SMS nicht automatisch abgeleitet werden, ob der Pflegeaufwand von mehr als 120 Stunden pro Monat notwendig sei. Bei Demenz reiche für die Zuerkennung des Pflegekarenzgeldes bereits eine österreichische Pflegestufe 1 aus. Für den Fall, dass ein Anspruch der BF auf Pflegekarenzgeld bejaht werden würde, würde ihr für die Dauer vom 01.10.2023 bis 31.12.2023 ein Pflegekarenzgeld in Höhe von täglich € 36,78 zustehen.1.10. Mit Schreiben vom 05.06.2024 führte das SMS aus, dass die Mutter der BF laut der Vorlage des Schreibens seitens des med. Dienstes römisch 40 seit dem 03.07.2023 einen Pflegegrad 4 beziehe. Ein Pflegekarenzgeld könne ab der Pflegegeldstufe 3 nach dem BPGG von der zu pflegenden Person in Anspruch genommen werden. Voraussetzung für die Pflegegeldstufe 3 sei ein monatlicher Pflegebedarf von mehr als 120 Stunden. Aus dem vorliegenden Pflegegutachten könne seitens des SMS nicht automatisch abgeleitet werden, ob der Pflegeaufwand von mehr als 120 Stunden pro Monat notwendig sei. Bei Demenz reiche für die Zuerkennung des Pflegekarenzgeldes bereits eine österreichische Pflegestufe 1 aus. Für den Fall, dass ein Anspruch der BF auf Pflegekarenzgeld bejaht werden würde, würde ihr für die Dauer vom 01.10.2023 bis 31.12.2023 ein Pflegekarenzgeld in Höhe von täglich € 36,78 zustehen.
2. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
2.1. Feststellungen
2.1.1. Die BF, eine deutsche Staatsangehörige, war von XXXX und ist seit XXXX mit Nebenwohnsitz in Österreich gemeldet. Sie verfügt über keinen Hauptwohnsitz in Österreich. 2.1.1. Die BF, eine deutsche Staatsangehörige, war von römisch 40 und ist seit römisch 40 mit Nebenwohnsitz in Österreich gemeldet. Sie verfügt über keinen Hauptwohnsitz in Österreich.
2.1.2. Die BF ist seit XXXX bei der XXXX vollversicherungspflichtig angestellt. Die BF hat am 07.09.2023 mit ihrer Arbeitgeberin eine Pflegeteilzeit gemäß § 14d AVRAG für den Zeitraum vom 01.10.2023 bis 31.12.2023 vereinbart.2.1.2. Die BF ist seit römisch 40 bei der römisch 40 vollversicherungspflichtig angestellt. Die BF hat am 07.09.2023 mit ihrer Arbeitgeberin eine Pflegeteilzeit gemäß Paragraph 14 d, AVRAG für den Zeitraum vom 01.10.2023 bis 31.12.2023 vereinbart.
2.1.3. Die BF stellte am 08.10.2023 beim SMS einen Antrag auf Zuerkennung von Pflegekarenzgeld. Diesen stützte sie darauf, dass sie ihre in XXXX , Deutschland, wohnhafte und pflegebedürftige Mutter XXXX , VN: XXXX , die in Deutschland von der dortigen Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau, Pflegegeld der Stufe 4 bezieht, pflegen möchte.2.1.3. Die BF stellte am 08.10.2023 beim SMS einen Antrag auf Zuerkennung von Pflegekarenzgeld. Diesen stützte sie darauf, dass sie ihre in römisch 40 , Deutschland, wohnhafte und pflegebedürftige Mutter römisch 40 , VN: römisch 40 , die in Deutschland von der dortigen Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau, Pflegegeld der Stufe 4 bezieht, pflegen möchte.
2.1.4. Bei der Mutter der BF wurden im Mai 2023 ein multiples Myelom (ICD 10 C90.0) und in weiterer Folge eine sekundäre bösartige Neubildung des Knochens und des Knochenmarkes (ICD 10 C79.5) diagnostiziert. Aufgrund dessen befand sich die Mutter der BF bereits mehrfach in stationärer Krankenhausbehandlung. Der Gesundheitszustand der Mutter der BF hat sich weiter verschlechtert. Der Allgemeinzustand ist geschwächt. Aufgrund der Progression der Erkrankung wurden Knochenmetastasen bekannt. Es besteht ein Zustand nach pathologischen Kompressionsfrakturen von BWK 5, 8-12 und LWK 3. Eine palliative Systemtherapie wurde eingeleitet. Die Mutter der BF ist aufgrund der körperlichen Schwäche und ängstlicher Stimmung auf umfassende Hilfestellungen im Bereich der Grundpflege angewiesen. Die Mutter der BF ist körperlich geschwächt und schnell erschöpft. Sie kann für eine gewisse Dauer ausreichend stabil sitzen. Beim Aufstehen und Umsetzen kann sie Mithilfe leisten, erhält jedoch auch personelle Hilfestellung. Beim Gehen wird sie begleitet und gestützt. Es besteht Sturzgefahr. Sie kann nicht frei stehen. Im Bett hat sie genügend Eigenbewegung, zum Aufrichten aus liegender Position benötigt sie personelle Hilfe. Treppensteigen gelingt nur unter Anstrengung, dabei wird sie gestützt. Die Stimmungslage ist zunehmend depressiv, der Antrieb ist gemindert. Die Mutter der BF ist sehr ängstlich und benötigt Zuspruch. Die Mobilität der Mutter der BF ist schwer beeinträchtigt. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen der Mutter der BF sind schwer beeinträchtigt. Die Selbstversorgung der Mutter der BF ist schwer beeinträchtigt. Die Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen ist erheblich beeinträchtigt. Die Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte ist schwer beeinträchtigt.
2.1.5. Die Mutter der BF bezieht kein Pflegegeld nach dem österreichischen Bundespflegegeldgesetz.
2.1.6. Die Mutter der BF ist mit Hauptwohnsitz in Deutschland, in XXXX , gemeldet. Die Mutter der BF bezieht nach deutschem Recht Pflegegeld, seit 03.07.2023 besteht Pflegegrad 4. 2.1.6. Die Mutter der BF ist mit Hauptwohnsitz in Deutschland, in römisch 40 , gemeldet. Die Mutter der BF bezieht nach deutschem Recht Pflegegeld, seit 03.07.2023 besteht Pflegegrad 4.
2.1.7. Mit Bescheid des SMS vom 17.10.2023, GZ: XXXX , wurde der unter Punkt 2.1.3. genannte Antrag der BF abgewiesen. Begründend führte das SMS aus, dass ein Pflegekarenzgeld aufgrund einer Pflegekarenz nur dann in den EWR exportiert werden könne, wenn sich der Wohnsitz der pflegebedürftigen Person im EWR befinde und ein Pflegegeld nach österreichischem Bundespflegegeldgesetz bezogen werde, da Österreich in diesem Fall für Leistungen bei Krankheit im Sinne der VO (EG) 883/2004 zuständig sei. Da die BF ihre in Deutschland wohnhafte Mutter im Rahmen einer Pflegekarenz betreue und diese kein Pflegegeld nach dem österreichischen Bundespflegegeldgesetz beziehe, bestehe kein Anspruch auf ein Pflegekarenzgeld.2.1.7. Mit Bescheid des SMS vom 17.10.2023, GZ: römisch 40 , wurde der unter Punkt 2.1.3. genannte Antrag der BF abgewiesen. Begründend führte das SMS aus, dass ein Pflegekarenzgeld aufgrund einer Pflegekarenz nur dann in den EWR exportiert werden könne, wenn sich der Wohnsitz der pflegebedürftigen Person im EWR befinde und ein Pflegegeld nach österreichischem Bundespflegegeldgesetz bezogen werde, da Österreich in diesem Fall für Leistungen bei Krankheit im Sinne der VO (EG) 883/2004 zuständig sei. Da die BF ihre in Deutschland wohnhafte Mutter im Rahmen einer Pflegekarenz betreue und diese kein Pflegegeld nach dem österreichischen Bundespflegegeldgesetz beziehe, bestehe kein Anspruch auf ein Pflegekarenzgeld.
2.1.8. Mit Schreiben vom 12.11.2023 erhob die BF fristgerecht Beschwerde gegen den unter Punkt 2.1.7. genannten Bescheid des SMS.
2.2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ist unstrittig. Die Feststellungen zum gesundheitlichen Zustand der Mutter der BF (Punkt 2.1.4.) stützen sich auf das Gutachten des medizinischen Dienstes XXXX vom 10.08.2023. Das SMS und die BF sind dem Gutachten nicht entgegengetreten. Es handelt sich vorliegend um die Lösung einer Rechtsfrage.Der Sachverhalt ist unstrittig. Die Feststellungen zum gesundheitlichen Zustand der Mutter der BF (Punkt 2.1.4.) stützen sich auf das Gutachten des medizinischen Dienstes römisch 40 vom 10.08.2023. Das SMS und die BF sind dem Gutachten nicht entgegengetreten. Es handelt sich vorliegend um die Lösung einer Rechtsfrage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Stattgabe der Beschwerde
3.1. Gemäß § 14c Abs. 1 AVRAG können Arbeitnehmer/innen und Arbeitgeber/innen, sofern das Arbeitsverhältnis ununterbrochen drei Monate gedauert hat, schriftlich eine Pflegekarenz gegen Entfall des Arbeitsentgeltes zum Zwecke der Pflege oder Betreuung eines/einer nahen Angehörigen im Sinne des § 14a, dem/der zum Zeitpunkt des Antritts der Pflegekarenz Pflegegeld ab der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, gebührt, für die Dauer von mindestens einem Monat bis zu drei Monaten vereinbaren. Eine solche Vereinbarung darf grundsätzlich nur einmal pro zu betreuendem/betreuender nahen Angehörigen geschlossen werden. Im Fall einer wesentlichen Erhöhung des Pflegebedarfs zumindest um eine Pflegegeldstufe (§ 9 Abs. 4 BPGG) ist jedoch einmalig eine neuerliche Vereinbarung der Pflegekarenz zulässig. Die Vereinbarung der Pflegekarenz ist auch für die Pflege und Betreuung von demenziell erkrankten oder minderjährigen nahen Angehörigen zulässig, sofern diesen zum Zeitpunkt des Antritts der Pflegekarenz Pflegegeld ab der Stufe 1 zusteht.3.1. Gemäß Paragraph 14 c, Absatz eins, AVRAG können Arbeitnehmer/innen und Arbeitgeber/innen, sofern das Arbeitsverhältnis ununterbrochen drei Monate gedauert hat, schriftlich eine Pflegekarenz gegen Entfall des Arbeitsentgeltes zum Zwecke der Pflege oder Betreuung eines/einer nahen Angehörigen im Sinne des Paragraph 14 a,, dem/der zum Zeitpunkt des Antritts der Pflegekarenz Pflegegeld ab der Stufe 3 nach Paragraph 5, des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG), Bundesgesetzblatt Nr. 110 aus 1993,, gebührt, für die Dauer von mindestens einem Monat bis zu drei Monaten vereinbaren. Eine solche Vereinbarung darf grundsätzlich nur einmal pro zu betreuendem/betreuender nahen Angehörigen geschlossen werden. Im Fall einer wesentlichen Erhöhung des Pflegebedarfs zumindest um eine Pflegegeldstufe (Paragraph 9, Absatz 4, BPGG) ist jedoch einmalig eine neuerliche Vereinbarung der Pflegekarenz zulässig. Die Vereinbarung der Pflegekarenz ist auch für die Pflege und Betreuung von demenziell erkrankten oder minderjährigen nahen Angehörigen zulässig, sofern diesen zum Zeitpunkt des Antritts der Pflegekarenz Pflegegeld ab der Stufe 1 zusteht.
3.2. Gemäß § 14d Abs. 1 AVRAG können Arbeitnehmer/innen und Arbeitgeber/innen bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 14c Abs. 1 schriftlich eine Herabsetzung der wöchentlichen Normalarbeitszeit des/der Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin für die Dauer von mindestens einem Monat bis zu drei Monaten vereinbaren. Die in der Pflegeteilzeit vereinbarte wöchentliche Normalarbeitszeit darf zehn Stunden nicht unterschreiten. Eine solche Vereinbarung darf grundsätzlich nur einmal pro zu betreuendem/betreuender nahen Angehörigen geschlossen werden. Im Fall einer wesentlichen Erhöhung des Pflegebedarfs zumindest um eine Pflegegeldstufe (§ 9 Abs. 4 BPGG) ist jedoch einmalig eine neuerliche Vereinbarung der Pflegeteilzeit zulässig. Hat der/die Arbeitnehmer/in eine Pflegeteilzeit bereits angetreten, ist die Vereinbarung einer Pflegekarenz für dieselbe zu betreuende Person unzulässig.3.2. Gemäß Paragraph 14 d, Absatz eins, AVRAG können Arbeitnehmer/innen und Arbeitgeber/innen bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Paragraph 14 c, Absatz eins, schriftlich eine Herabsetzung der wöchentlichen Normalarbeitszeit des/der Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin für die Dauer von mindestens einem Monat bis zu drei Monaten vereinbaren. Die in der Pflegeteilzeit vereinbarte wöchentliche Normalarbeitszeit darf zehn Stunden nicht unterschreiten. Eine solche Vereinbarung darf grundsätzlich nur einmal pro zu betreuendem/betreuender nahen Angehörigen geschlossen werden. Im Fall einer wesentlichen Erhöhung des Pflegebedarfs zumindest um eine Pflegegeldstufe (Paragraph 9, Absatz 4, BPGG) ist jedoch einmalig eine neuerliche Vereinbarung der Pflegeteilzeit zulässig. Hat der/die Arbeitnehmer/in eine Pflegeteilzeit bereits angetreten, ist die Vereinbarung einer Pflegekarenz für dieselbe zu betreuende Person unzulässig.
3.3. Gemäß § 21c Abs. 1 BPGG gebührt Personen, die eine Pflegekarenz gemäß § 14c AVRAG vereinbart haben oder eine solche aufgrund eines Rechtsanspruchs in Anspruch nehmen, sowie Personen, die sich zum Zwecke der Pflegekarenz gemäß § 32 Abs. 1 Z 3 AlVG vom Bezug von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe abgemeldet haben, für die Dauer der Pflegekarenz, höchstens aber für drei Monate, ein Pflegekarenzgeld nach den Bestimmungen dieses Abschnittes. Personen, die eine Pflegeteilzeit gemäß § 14d AVRAG vereinbart haben oder eine solche aufgrund eines Rechtsanspruchs in Anspruch nehmen, gebührt für die Dauer der Pflegeteilzeit, höchstens aber für drei Monate, ein aliquotes Pflegekarenzgeld. Pro zu betreuender pflegebedürftiger Person gebührt das Pflegekarenzgeld für höchstens sechs Monate. Bei einer neuerlichen Vereinbarung oder Inanspruchnahme einer Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit wegen einer wesentlichen Erhöhung des Pflegebedarfs um zumindest eine Pflegegeldstufe (§ 9 Abs. 4) gebührt das Pflegekarenzgeld für höchstens weitere drei Monate pro Person, die Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit ausübt, insgesamt aber höchstens sechs Monate pro zu betreuender pflegebedürftiger Person. Eine Pflegekarenz oder eine Pflegeteilzeit nach gleichartigen bundes- oder landesgesetzlichen Regelungen sind wie eine Pflegekarenz oder eine Pflegeteilzeit gemäß §§ 14c und 14d AVRAG zu behandeln. Auf das Pflegekarenzgeld besteht ein Rechtsanspruch.3.3. Gemäß Paragraph 21 c, Absatz eins, BPGG gebührt Personen, die eine Pflegekarenz gemäß Paragraph 14 c, AVRAG vereinbart haben oder eine solche aufgrund eines Rechtsanspruchs in Anspruch nehmen, sowie Personen, die sich zum Zwecke der Pflegekarenz gemäß Paragraph 32, Absatz eins, Ziffer 3, AlVG vom Bezug von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe abgemeldet haben, für die Dauer der Pflegekarenz, höchstens aber für drei Monate, ein Pflegekarenzgeld nach den Bestimmungen dieses Abschnittes. Personen, die eine Pflegeteilzeit gemäß Paragraph 14 d, AVRAG vereinbart haben oder eine solche aufgrund eines Rechtsanspruchs in Anspruch nehmen, gebührt für die Dauer der Pflegeteilzeit, höchstens aber für drei Monate, ein aliquotes Pflegekarenzgeld. Pro zu betreuender pflegebedürftiger Person gebührt das Pflegekarenzgeld für höchstens sechs Monate. Bei einer neuerlichen Vereinbarung oder Inanspruchnahme einer Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit wegen einer wesentlichen Erhöhung des Pflegebedarfs um zumindest eine Pflegegeldstufe (Paragraph 9, Absatz 4,) gebührt das Pflegekarenzgeld für höchstens weitere drei Monate pro Person, die Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit ausübt, insgesamt aber höchstens sechs Monate pro zu betreuender pflegebedürftiger Person. Eine Pflegekarenz oder eine Pflegeteilzeit nach gleichartigen bundes- oder landesgesetzlichen Regelungen sind wie eine Pflegekarenz oder eine Pflegeteilzeit gemäß Paragraphen 14 c und 14d AVRAG zu behandeln. Auf das Pflegekarenzgeld besteht ein Rechtsanspruch.
3.4. Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Gerichtshof der Europäischen Union mit Beschluss vom 23.02.2023 gemäß Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:3.4. Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Gerichtshof der Europäischen Union mit Beschluss vom 23.02.2023 gemäß Artikel 267, AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
„1.) Handelt es sich bei Pflegekarenzgeld um eine Leistung bei Krankheit im Sinne des Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 oder allenfalls eine andere Leistung des Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004?
2.) Wenn es sich um eine Leistung bei Krankheit handelt, handelt es sich bei Pflegekarenzgeld um eine Geldleistung im Sinne des Artikel 21 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004?
3.) Handelt es sich bei Pflegekarenzgeld um eine Leistung für die pflegende Person oder die pflegebedürftige Person?
4.) Fällt daher ein Sachverhalt, in dem ein Antragsteller auf Pflegekarenzgeld, welcher italienischer Staatsangehöriger ist, in Österreich im Bundesland Oberösterreich seit 28.06.2013 dauerhaft wohnhaft ist, in Österreich im selben Bundesland seit 01.07.2013 durchgehend beim selben Dienstgeber arbeitet – somit kein Hinweis auf eine Grenzgängereigenschaft beim Antragsteller gegeben ist – und eine Pflegekarenz zur Pflege des Vaters, welcher italienischer Staatsbürger und dauerhaft in Italien (Sassuolo) wohnt, für den verfahrensrelevanten Zeitraum 01.05.2022 bis 13.06.2022 mit dem Dienstgeber vereinbart und von der belangten Behörde ein Pflegekarenzgeld begehrt, in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 883/2004?
5.) Steht Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 beziehungsweise das Diskriminierungsverbot in den verschiedenen europarechtlichen Ausführungen (z.B.: Art 18 AEUV, Art 4 Verordnung (EG) Nr. 883/2004, und dergleichen) einer nationalen Regelung entgegen, welche die Leistung des Pflegekarenzgeldes davon abhängig macht, dass seitens der pflegebedürftigen Person österreichisches Pflegegeld ab der Stufe 3 bezogen wird? 5.) Steht Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 beziehungsweise das Diskriminierungsverbot in den verschiedenen europarechtlichen Ausführungen (z.B.: Artikel 18, AEUV, Artikel 4, Verordnung (EG) Nr. 883/2004, und dergleichen) einer nationalen Regelung entgegen, welche die Leistung des Pflegekarenzgeldes davon abhängig macht, dass seitens der pflegebedürftigen Person österreichisches Pflegegeld ab der Stufe 3 bezogen wird?
6.) Steht das unionsrechtliche Effektivitätsprinzip beziehungsweise das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot in den verschiedenen europarechtlichen Ausführungen (z.B.: Art 18 AUEV, Art 4 Verordnung (EG) Nr. 883/2004, und dergleichen) in einer Sachverhaltskonstellation, wie der gegenständlichen, der Anwendung einer nationalen Regelung bzw. einer national gefestigten Rechtsprechung entgegen, welche keinen Spielraum für die Umdeutung eines „Antrages auf Pflegekarenzgeld“ auf einen „Antrag auf Familienhospizkarenz“ vorsieht, da eindeutig ein Formular betreffend „Antrag auf Pflegekarenzgeld“ und eben nicht „Antrag auf Familienhospizkarenz“ verwendet wurde und auch eindeutig eine Vereinbarung mit dem Dienstgeber geschlossen wurde, die von „Pflege naher Angehöriger“ statt „Sterbebegleitung“ spricht – obwohl der zugrundeliegende Sachverhalt aufgrund des zwischenzeitig eingetretenen Todes des pflegebedürftigen Vaters grundsätzlich ebenso die Voraussetzungen für Pflegekarenzgeld aus dem Titel der Familienhospizkarenz erfüllen würde, wäre nur eine andere Vereinbarung mit dem Dienstgeber geschlossen und ein anderer Antrag bei der Behörde gestellt worden? 6.) Steht das unionsrechtliche Effektivitätsprinzip beziehungsweise das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot in den verschiedenen europarechtlichen Ausführungen (z.B.: Artikel 18, AUEV, Artikel 4, Verordnung (EG) Nr. 883/2004, und dergleichen) in einer Sachverhaltskonstellation, wie der gegenständlichen, der Anwendung einer nationalen Regelung bzw. einer national gefestigten Rechtsprechung entgegen, welche keinen Spielraum für die Umdeutung eines „Antrages auf Pflegekarenzgeld“ auf einen „Antrag auf Familienhospizkarenz“ vorsieht, da eindeutig ein Formular betreffend „Antrag auf Pflegekarenzgeld“ und eben nicht „Antrag auf Familienhospizkarenz“ verwendet wurde und auch eindeutig eine Vereinbarung mit dem Dienstgeber geschlossen wurde, die von „Pflege naher Angehöriger“ statt „Sterbebegleitung“ spricht – obwohl der zugrundeliegende Sachverhalt aufgrund des zwischenzeitig eingetretenen Todes des pflegebedürftigen Vaters grundsätzlich ebenso die Voraussetzungen für Pflegekarenzgeld aus dem Titel der Familienhospizkarenz erfüllen würde, wäre nur eine andere Vereinbarung mit dem Dienstgeber geschlossen und ein anderer Antrag bei der Behörde gestellt worden?
7.) Steht Art 4 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 oder eine andere Bestimmung des Unionsrechts (zum Beispiel Art 7 der Charta der Grundrechte) einer nationalen Regelung (§ 21c Abs. 1 BPGG) entgegen, welche die Leistung des Pflegekarenzgeldes davon abhängig macht, dass seitens der pflegebedürftigen Person österreichisches Pflegegeld ab der Stufe 3 bezogen wird, während eine andere nationale Regelung (§ 21c Abs. 3 BPGG) bei Anwendung auf den gleichen Sachverhalt die Leistung gerade nicht von einer gleichgelagerten Voraussetzung abhängig macht?“7.) Steht Artikel 4, Verordnung (EG) Nr. 883/2004 oder eine andere Bestimmung des Unionsrechts (zum Beispiel Artikel 7, der Charta der Grundrechte) einer nationalen Regelung (Paragraph 21 c, Absatz eins, BPGG) entgegen, welche die Leistung des Pflegekarenzgeldes davon abhängig macht, dass seitens der pflegebedürftigen Person österreichisches Pflegegeld ab der Stufe 3 bezogen wird, während eine andere nationale Regelung (Paragraph 21 c, Absatz 3, BPGG) bei Anwendung auf den gleichen Sachverhalt die Leistung gerade nicht von einer gleichgelagerten Voraussetzung abhängig macht?“
Im Urteils des EuGH vom 11.04.2024 wurde zu den Fragen 1 bis 4 zusammengefasst ausgeführt, dass Art. 3 Abs. 1 lit. a der Verordnung Nr. 883/2004 dahin auszulegen ist, dass der Begriff „Leistungen bei Krankheit“ im Sinne dieser Bestimmung ein Pflegekarenzgeld an einen Arbeitnehmer umfasst, der gegen Entfall des Arbeitsentgelts zur Betreuung oder Pflege eines nahen Angehörigen, der in einem anderen Mitgliedstaat Pflegegeld bezieht, karenziert wird. Folglich fällt eine solche Leistung auch unter den Begriff „Geldleistung“ im Sinne dieser Verordnung.Im Urteils des EuGH vom 11.04.2024 wurde zu den Fragen 1 bis 4 zusammengefasst ausgeführt, dass Artikel 3, Absatz eins, Litera a, der Verordnung Nr. 883/2004 dahin auszulegen ist, dass der Begriff „Leistungen bei Krankheit“ im Sinne dieser Bestimmung ein Pflegekarenzgeld an einen Arbeitnehmer umfasst, der gegen Entfall des Arbeitsentgelts zur Betreuung oder Pflege eines nahen Angehörigen, der in einem anderen Mitgliedstaat Pflegegeld bezieht, karenziert wird. Folglich fällt eine solche Leistung auch unter den Begriff „Geldleistung“ im Sinne dieser Verordnung.
Zur Frage 5 wurde ausgeführt, dass Art. 45 Abs. 2 AEUV, Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 sowie Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 dahin auszulegen sind, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats, nach der die Zuerkennung von Pflegekarenzgeld davon abhängig gemacht wird, dass die pflegebedürftige Person nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats Pflegegeld einer bestimmten Pflegestufe bezieht, entgegenstehen, es sei denn, diese Voraussetzung ist objektiv durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt, das insbesondere der Erhaltung des finanziellen Gleichgewichts des nationalen Systems der sozialen Sicherheit dient, und stellt eine verhältnismäßige Maßnahme zur Erreichung dieses Ziels dar.Zur Frage 5 wurde ausgeführt, dass Artikel 45, Absatz 2, AEUV, Artikel 4, der Verordnung Nr. 883/2004 sowie Artikel 7, Absatz 2, der Verordnung Nr. 492/2011 dahin auszulegen sind, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats, nach der die Zuerkennung von Pflegekarenzgeld davon abhängig gemacht wird, dass die pflegebedürftige Person nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats Pflegegeld einer bestimmten Pflegestufe bezieht, entgegenstehen, es sei denn, diese Voraussetzung ist objektiv durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt, das insbesondere der Erhaltung des finanziellen Gleichgewichts des nationalen Systems der sozialen Sicherheit dient, und stellt eine verhältnismäßige Maßnahme zur Erreichung dieses Ziels dar.
Zu den Fragen 6 oder 7 wurde ausgeführt, dass Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung oder Rechtsprechung, die zum einen die Zuerkennung von Pflegekarenzgeld bzw. Pflegekarenzgeld aus dem Titel der Familienhospizkarenz an unterschiedliche Voraussetzungen knüpft und es zum anderen nicht erlaubt, einen Antrag auf Pflegekarenz in einen Antrag auf Familienhospizkarenz umzudeuten, nicht entgegensteht. Zu den Fragen 6 oder 7 wurde ausgeführt, dass Artikel 4, der Verordnung Nr. 883/2004 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung oder Rechtsprechung, die zum einen die Zuerkennung von Pflegekarenzgeld bzw. Pflegekarenzgeld aus dem Titel der Familienhospizkarenz an unterschiedliche Voraussetzungen knüpft und es zum anderen nicht erlaubt, einen Antrag auf Pflegekarenz in einen Antrag auf Familienhospizkarenz umzudeuten, nicht entgegensteht.
Bezugnehmend auf den gegenständlichen Sachverhalt ist insbesondere auf Rz 64 und Rz 63 des Urteils des EuGH vom 11.04.2024 zu verweisen:
In Rz 64 wird ausgeführt: „Gleichwohl ist es letztlich Sache des vorlegenden Gerichts, im Licht insbesondere der oben in den Rn. 61 bis 63 angestellten Erwägungen und auf der Grundlage aller verfügbaren Informationen zu beurteilen, ob im Hinblick auf die oben in Rn. 59 genannten, nach Unionsrecht zulässigen Rechtfertigungsgründe, insbesondere in Bezug auf eine mögliche erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. April 1998, Kohll, C-158/96, EU:C:1998:171, Rn. 41, und vom 15. September 2022, Rechtsanwaltskammer Wien, C-58/21, EU:C:2022:691, Rn. 74 sowie die dort angeführte Rechtsprechung), der akzessorische Charakter des in Rede stehenden Pflegekarenzgeldes im Verhältnis zum nach österreichischem Recht gewährten Pflegegeld ab der Stufe 3 gerechtfertigt sein kann. Die oben in Rn. 58 genannte, im Ausgangsverfahren in Rede stehende mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit kann nur gerechtfertigt sein, wenn sie dazu dient, das mit ihr verfolgte Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Dezember 2022, Caisse nationale d’assurance pension, C-731/21, EU:C:2022:969, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung), was ebenfalls vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.“In Rz 64 wird ausgeführt: „Gleichwohl ist es letztlich Sache des vorlegenden Gerichts, im Licht insbesondere der oben in den Rn. 61 bis 63 angestellten Erwägungen und auf der Grundlage aller verfügbaren Informationen zu beurteilen, ob im Hinblick auf die oben in Rn. 59 genannten, nach Unionsrecht zulässigen Rechtfertigungsgründe, insbesondere in Bezug auf eine mögliche erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit vergleiche in diesem Sinne Urteile vom 28. April 1998, Kohll, C-158/96, EU:C:1998:171, Rn. 41, und vom 15. September 2022, Rechtsanwaltskammer Wien, C-58/21, EU:C:2022:691, Rn. 74 sowie die dort angeführte Rechtsprechung), der akzessorische Charakter des in Rede stehenden Pflegekarenzgeldes im Verhältnis zum nach österreichischem Recht gewährten Pflegegeld ab der Stufe 3 gerechtfertigt sein kann. Die oben in Rn. 58 genannte, im Ausgangsverfahren in Rede stehende mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit kann nur gerechtfertigt sein, wenn sie dazu dient, das mit ihr verfolgte Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen vergleiche in diesem Sinne Urteil vom 8. Dezember 2022, Caisse nationale d’assurance pension, C-731/21, EU:C:2022:969, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung), was ebenfalls vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.“
In Rz 63 wird ausgeführt: „Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass diese Voraussetzung für den Bezug von Pflegegeld ab der Stufe 3 auch dann als erfüllt gilt, wenn das Pflegegeld nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats bezogen wird. Insoweit ist hervorzuheben, dass Art. 5 der Verordnung Nr. 883/2004, gelesen im Licht des neunten Erwägungsgrundes dieser Verordnung, den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz der Gleichstellung von Leistungen, Einkünften und Sachverhalten verankert, den der Unionsgesetzgeber in den Text dieser Verordnung einführen wollte, damit dieser Grundsatz unter Beachtung des Inhalts und des Geistes der gerichtlichen Entscheidungen des Gerichtshofs ausgeformt wird (Urteil vom 12. März 2020, Caisse d’assurance retraite et de la santé au travail d’Alsace-Moselle, C-769/18, EU:C:2020:203, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).“In Rz 63 wird ausgeführt: „Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass diese Voraussetzung für den Bezug von Pflegegeld ab der Stufe 3 auch dann als erfüllt gilt, wenn das Pflegegeld nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats bezogen wird. Insoweit ist hervorzuheben, dass Artikel 5, der Verordnung Nr. 883/2004, gelesen im Licht des neunten Erwägungsgrundes dieser Verordnung, den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz der Gleichstellung von Leistungen, Einkünften und Sachverhalten verankert, den der Unionsgesetzgeber in den Text dieser Verordnung einführen wollte, damit dieser Grundsatz unter Beachtung des Inhalts und des Geistes der gerichtlichen Entscheidungen des Gerichtshofs ausgeformt wird (Urteil vom 12. März 2020, Caisse d’assurance retraite et de la santé au travail d’Alsace-Moselle, C-769/18, EU:C:2020:203, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).“
3.5. Im gegenständlichen Fall spricht das vorliegende Gutachten des medizinischen Dienstes XXXX vom 10.08.2023, in dem bei der Mutter der BF ein multiples Myelom und eine sekundäre bösartige Neubildung des Knochens und des Knochenmarkes diagnostiziert wurden, dafür, dass bei der Mutter der BF eine Schwere des Krankheitsverlaufs vorliegt, welche jedenfalls der Pflegegeldstufe 3 (mehr als 120 Stunden Pflegebedarf pro Monat) entspricht. Davon ausgehend kann jedoch die Frage, ob der akzessorische Charakter des in Rede stehenden Pflegekarenzgeldes im Verhältnis zum nach österreichischem Recht gewährten Pflegegeld ab der Stufe 3 gerechtfertigt sein kann, fallgegenständlich dahingestellt bleiben, da die Mutter der BF den Bezug deutschen Pflegegelds mit entsprechender Schwere des Krankheitsverlaufs aufweist und somit auch ein akzessorischer Charakter erfüllt wäre (siehe hervorgehobener Teil der Rz 63). Eine Prüfung nach RZ 64 würde nur bei Fällen Relevanz entfalten, bei denen kein Krankheitsverlauf gegeben ist, der die entsprechende Pflegestufe erreicht und ist somit nicht weiter notwendig.3.5. Im gegenständlichen Fall spricht das vorliegende Gutachten des medizinischen Dienstes römisch 40 vom 10.08.2023, in dem bei der Mutter der BF ein multiples Myelom und eine sekundäre bösartige Neubildung des Knochens und des Knochenmarkes diagnostiziert wurden, dafür, dass bei der Mutter der BF eine Schwere des Krankheitsverlaufs vorliegt, welche jedenfalls der Pflegegeldstufe 3 (mehr als 120 Stunden Pflegebedarf pro Monat) entspricht. Davon ausgehend kann jedoch die Frage, ob der akzessorische Charakter des in Rede stehenden Pflegekarenzgeldes im Verhältnis zum nach österreichischem Recht gewährten Pflegegeld ab der Stufe 3 gerechtfertigt sein kann, fallgegenständlich dahingestellt bleiben, da die Mutter der BF den Bezug deutschen Pflegegelds mit entsprechender Schwere des Krankheitsverlaufs aufweist und somit auch ein akzessorischer Charakter erfüllt wäre (siehe hervorgehobener Teil der Rz 63). Eine Prüfung nach RZ 64 würde nur bei Fällen Relevanz entfalten, bei denen kein Krankheitsverlauf gegeben ist, der die entsprechende Pflegestufe erreicht und ist somit nicht weiter notwendig.
3.6. Die BF hat daher für die Dauer vom 01.10.2023 bis 31.12.2023 Anspruch auf Pflegekarenzgeld in der Höhe von täglich € 36,78.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Der Ausspruch der Unzulässigkeit der Revision beruht auf dem Umstand, dass die gegenständliche Entscheidung in Umsetzung des Urteils des EuGH vom 11.04.2024 ergeht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
EuGH Mitgliedstaat Pflegebedarf Pflegegeld Pflegekarenzgeld VorabentscheidungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2024:W255.2284547.1.01Im RIS seit
02.08.2024Zuletzt aktualisiert am
02.08.2024