Entscheidungsdatum
30.07.2024Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
L516 2290507-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Jordanien, vertreten durch den Verein Queer Base – Welcome and Support for LGBTQI Refugees, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.03.2024, 1299014404/220598922 zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Jordanien, vertreten durch den Verein Queer Base – Welcome and Support for LGBTQI Refugees, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.03.2024, 1299014404/220598922 zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX wird gem. § 3 Abs 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 wird gem. Paragraph 3, Absatz eins, AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beschwerdeführer ist jordanischer Staatsangehöriger und stellte am 21.03.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit gegenständlich angefochtenem Bescheid (I.) gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und (II.) gemäß § 8 Abs 1 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab. Das BFA erteilte unter einem (III.) keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ (IV.) gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG, stellte (V.) gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Jordanien gemäß § 46 FPG zulässig sei und sprach (VI.) aus, dass gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.Der Beschwerdeführer ist jordanischer Staatsangehöriger und stellte am 21.03.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit gegenständlich angefochtenem Bescheid (römisch eins.) gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und (römisch II.) gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab. Das BFA erteilte unter einem (römisch III.) keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG, erließ (römisch IV.) gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG, stellte (römisch fünf.) gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG fest, dass die Abschiebung nach Jordanien gemäß Paragraph 46, FPG zulässig sei und sprach (römisch VI.) aus, dass gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
1. Sachverhaltsfeststellungen:
[regelmäßige Beweismittel-Abkürzungen: S=Seite; AS=Aktenseite des Verwaltungsaktes des BFA; NS=Niederschrift; OZ=Ordnungszahl des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichtes]
1.1 Zur Person des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer führt in Österreich die im Spruch angeführten Namen sowie das ebenso dort angeführte Geburtsdatum. Seine Identität steht fest. (BFA Bescheid 05.03.2024 S 9, 23; jordanischer Personalausweis in Kopie [AS 149])
Der vollständige Name des Beschwerdeführers laut Personalausweis und Eintragungen im Zentralen Visasystem (CVIS) lautet: XXXX (vgl. auch AS 77, 79)Der vollständige Name des Beschwerdeführers laut Personalausweis und Eintragungen im Zentralen Visasystem (CVIS) lautet: römisch 40 vergleiche auch AS 77, 79)
Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. (SA, SC)
1.2 Zur Begründung des Antrages und zur Rückkehrbefürchtung
Der Beschwerdeführer ist homosexuell und lebt seine sexuelle Orientierung auch aus. (NS EV 07.12.2023; Beschwerde 04.04.2024)
Der Beschwerdeführer nimmt seit Anfang 2023 regelmäßig Beratungsangebote der Organisation Queer Base in Anspruch und lebt aktuell in XXXX (Schreiben Diakonie Flüchtlingsdienst vom 05.12.2023 [AS 211]; Schreiben Queer Base 06.03.2023 [AS 135]) Er leistet freiwillig Mitarbeit bei den Vereinstätigkeiten des Vereins TOGETHER LGBTIQ. (Bescheid 05.03.2024 S 12; Bestätigung TOGETHER LGBTIQ vom 29.11.2023 [AS 151])Der Beschwerdeführer nimmt seit Anfang 2023 regelmäßig Beratungsangebote der Organisation Queer Base in Anspruch und lebt aktuell in römisch 40 (Schreiben Diakonie Flüchtlingsdienst vom 05.12.2023 [AS 211]; Schreiben Queer Base 06.03.2023 [AS 135]) Er leistet freiwillig Mitarbeit bei den Vereinstätigkeiten des Vereins TOGETHER LGBTIQ. (Bescheid 05.03.2024 S 12; Bestätigung TOGETHER LGBTIQ vom 29.11.2023 [AS 151])
1.3. Zur Lage in Jordanien
ACCORD – Anfragebeantwortung zu Jordanien: Familiäre und gesellschaftliche Lage von LGBTIQ+ Personen [a- 12014-1] 27.10.2022
In der Anfragebeantwortung werden die unterschiedlichen Bezeichnungen für Mitglieder der LGBTIQ+-Gemeinschaft von den Ursprungsquellen übernommen und können daher variieren.
Eine Umfrage des Forschungsnetzwerks Arab Barometer für BBC News Arabic aus dem Jahr 2019 ergab, dass nur sieben Prozent der Befragte in Jordanien homosexuelle Beziehungen akzeptieren (Arab Barometer, 24. Juni 2019).
Laut dem Jahresbericht 2022 von Freedom House sei Diskriminierung gegen LGBT+-Personen in Jordanien weit verbreitet und schließe mögliche Gewalt mit ein (Freedom House, 24. Februar 2022, F4).
Auch das US Department of State (USDOS) schreibt in seinem Jahresbericht 2021, dass die gesellschaftliche Diskriminierung von LGBTQI+-Personen in Jordanien weit verbreitet sei. Laut einem Sicherheitsbeamten würden homosexuelle Beziehungen von der konservativen Gesellschaft Jordaniens weitgehend als inakzeptabel angesehen. Transgender-Personen seien besonders anfällig für Gewalttaten und sexuelle Übergriffe und die Behörden würden ihnen keinen Rechtsschutz gewähren.
Das Gesetz verbiete die Diskriminierung von LGBTQI+-Personen nicht. Vertreter·innen der LGBTQI+-Gemeinschaft hätten berichtet, dass die meisten LGBTQI+-Personen ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität aus Angst vor gesellschaftlicher oder staatlicher Diskriminierung geheim halten würden. LGBTQI+-Personen hätten erklärt, dass sie sich ungern an das Rechtssystem wenden würden, weil sie befürchteten, dass ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität feindselige Reaktionen der Polizei hervorrufen, sie vor Gericht benachteiligen oder dazu benutzt werden könnte, sie oder ihre Familien öffentlich zu demütigen. Es habe jedoch auch Fälle gegeben, in denen Behörden angemessen auf Berichte über Straftaten reagierten hätten.
LGBTQI+-Personen hätten weiters von Diskriminierung in den Bereichen Wohnen, Beschäftigung, Bildung und Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen berichtet. Einzelpersonen seien aufgrund ihrer LGBTQI+-Identität entlassen oder es seien ihnen berufliche Möglichkeiten verweigert worden. Einige seien Opfer von Erpressung geworden oder es sei ihnen angedroht worden, entlassen, enterbt, verstoßen, verhaftet oder strafrechtlich verfolgt zu werden. Mehrere LGBTQI+-Personen hätten sich gezwungen gesehen, aufgrund ihrer LGBTQI+-Identität das Land zu verlassen. Viele hätten Angst um ihr Leben oder würden Misshandlungen durch Familienmitglieder oder Behörden befürchten. Eltern sei es üblicherweise gestattet, informelle „Haftbefehle“ von Sicherheitsdiensten für Kinder, einschließlich erwachsener Kinder, zu beantragen, um deren Bewegung innerhalb des Landes und Reisen ins Ausland zu verhindern oder von den Behörden zu verlangen, Kinder unter Zwang zu ihren Familien zurückzubringen, selbst wenn Familienmitglieder in der Vergangenheit das Leben der jeweiligen Person bedroht hätten.
In weltoffenen Kreisen der Bevölkerung sei es LGBTQI+-Individuen möglich, sich diskret mit anderen LGBTQI+-Personen zu treffen.
Es gebe relativ wenig Unterkünfte, die LGBTQI+-Personen aufnehmen würden, und den Einrichtungen und NGOs, die es täten, würden ausreichende Mittel fehlen.
Eine offene Diskussion über LGBTQI+- Themen sei aufgrund der allgemein traditionellen Kultur unter allen Bürger·innen, unabhängig von ihrem Glauben, umstritten (USDOS, 12. April 2022, Abschnitt 6).
Barbara Foresti, Mission Chief für Jordanien von INTERSOS, erklärt, dass Menschen der LGBT+-Gemeinschaft im gesamten Land stigmatisiert würden, vor allem in abgelegenen Gebieten. LGBT+-Personen würden ausgegrenzt. Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung hätten eine starke Auswirkung auf den Zugang zu Grundrechten wie Wohnen oder Arbeit. Außerhalb der Hauptstadt seien die Lebensbedingungen für Mitglieder der LGBT+-Gemeinschaft noch schwieriger als in Amman. Sie nennt als Beispiel den Süden des Landes, wo die soziale Struktur hauptsächlich eine Stammesstruktur sei. Innerhalb einer solchen rigiden Struktur hätten LGBT+-Personen es schwer, um Hilfe von außen zu bitten und würden es häufig vorziehen, ihr Leben lang zu schweigen.
LGBT+-Personen hätten gegenüber INTERSOS ausgesagt, dass sie, aus Angst in eine Falle zu geraten, nie die Polizei aufsuchen würden. Die Polizei belästige und verhafte sie ohne Grund, um sie in Folge anzuzeigen und von der Regierung eine finanzielle Belohnung zu erhalten.
Transsexuelle Menschen seien der schwersten Art von Diskriminierung, Misshandlung und Verfolgung ausgesetzt. Ihre Identität werde so stark abgelehnt, dass nicht einmal eine Anzeige wegen physischer oder psychischer Gewalt von den Behörden aufgegriffen werde.
Während viele homosexuelle Menschen ein Doppelleben führen würden, um ihre Homosexualität zu verbergen, würden Transmenschen überhaupt nicht versuchen, ihre Rechte geltend zu machen, da sie einem sehr hohen Risiko von Übergriffen und sozialer Ausgrenzung ausgesetzt seien (INTERSOS, 17. Mai 2022).
Die Taskforce für das Informationsmanagementsystem für geschlechtsspezifische Gewalt (Gender Based Violence Information Management System, GBV IMS) in Jordanien schreibt in ihrem Jahresbericht 2021, dass Transgenderpersonen als Teil einer Fokusgruppendiskussion im Jänner 2022 erklärt hätten, dass sie aufgrund ihrer Geschlechtsidentität von Mitgliedern der Gemeinschaft und sowie in ihrem Zuhause Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt seien. Ihr Zugang zu Dienstleistungen sei aufgrund von Stigmatisierung und Fehlen von einem sicheren und respektvollen Umfeld, insbesondere im Bereich Bildung, öffentliche Dienstleistungen und Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Einkommensmöglichkeiten, äußerst eingeschränkt, sodass Prostitution die einzige Möglichkeit für sie sei, Geld zu verdienen. Personen, die sich als homosexuell identifizieren, hätten berichtet, dass sie gezwungen seien, ihre sexuelle Orientierung zu verbergen und ein Doppelleben zu führen. Es sei ihnen nur innerhalb der LGBTQIA+-Gemeinschaft möglich, sich offen zu zeigen (Jordan GBV IMS Task Force, 30. August 2022, S. 16).
Die Taskforce für das Informationsmanagementsystem für geschlechtsspezifische Gewalt (Gender Based Violence Information Management System, GBV IMS) in Jordanien schreibt in ihrem Jahresbericht 2021, dass Transgenderpersonen als Teil einer Fokusgruppendiskussion im Jänner 2022 erklärt hätten, dass sie aufgrund ihrer Geschlechtsidentität von Mitgliedern der Gemeinschaft und sowie in ihrem Zuhause Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt seien. Ihr Zugang zu Dienstleistungen sei aufgrund von Stigmatisierung und Fehlen von einem sicheren und respektvollen Umfeld, insbesondere im Bereich Bildung, öffentliche Dienstleistungen und Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Einkommensmöglichkeiten, äußerst eingeschränkt, sodass Prostitution die einzige Möglichkeit für sie sei, Geld zu verdienen. Personen, die sich als homosexuell identifizieren, hätten berichtet, dass sie gezwungen seien, ihre sexuelle Orientierung zu verbergen und ein Doppelleben zu führen. Es sei ihnen nur innerhalb der LGBTQIA+-Gemeinschaft möglich, sich offen zu zeigen (Jordan GBV IMS Task Force, 30. August 2022, Sitzung 16).
Die Unterarbeitsgruppe für geschlechtsspezifische Gewalt (Gender-based Violence (GBV) sub working group) unter dem Vorsitz des Flüchtlingshochkommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) und des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) schreibt in einer Beurteilung des geschlechtsspezifischen Gewaltrisikos für Ost-Amman vom Oktober 2021, dass Personen mit unterschiedlichen sexuellen Identitäten und Orientierungen in Jordanien erhöhten Risiken ausgesetzt seien. Gesprächen mit Mitgliedern der LGBTQI+-Gemeinschaft sowie Dienstleistungerbringern zufolge seien insbesondere weiblich aussehende und sich weiblich verhaltende Männer sowie transsexuelle Personen weit verbreiteter Gewalt und Missbrauch ausgesetzt. Ein Interviewpartner erklärt, dass er aufgrund seiner weiblichen Art vielen Arten von Missbrauch ausgesetzt sei, von emotionalem und psychischem Missbrauch über Belästigung bis hin zu körperlicher Misshandlung und Vergewaltigungen.
Die Unterarbeitsgruppe listet folgende Arten von Missbrauch auf, denen die LGBTQI+-Gemeinschaft ausgesetzt sei:
· Emotionale und psychische Misshandlung auf der Straße sowie mangelnde Akzeptanz in der eigenen Familie. Es sei nicht ungewöhnlich, dass LGBTQI+-Personen von Familien- oder Gemeindemitgliedern bedroht oder sogar aus dem Haus der Familie hinausgeworfen würden.
· Verweigerung von und Diskriminierung beim Zugang zu Dienstleistungen, wie Gesundheitsdiensten oder Schutz, wenn die Dienstanbieter vermuten, dass die Person eine diverse sexuelle Orientierung oder Identität habe.
· Körperliche Misshandlung auf der Straße durch Fremde oder durch Mitglieder der Gemeinschaft sowie durch Familienmitglieder.
· Online-Gewalt einschließlich Mobbing, Beschimpfungen und Aufstachelung zu Gewalt und Mord an Personen, die als LGBTQI+-Personen erkennbar seien. Darüber hinaus hätten konservative Einzelpersonen und die Polizei manchmal das Internet verwendet oder Handy-Apps infiltriert, um die Identität von Mitgliedern der LGBTQI+-aufzudecken und sie bloßzustellen.
· Sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen, einschließlich Vergewaltigungen durch Fremde, Gemeinschafts- und Familienmitglieder mit dem Ziel, die sexuelle Orientierung zu ändern („corrective rape“).
· Tötungsdelikte durch extrem konservative Familien und Gemeinschaften.
Ein Mitglied der LGBTQI+-Gemeinschaft erklärt, dass er/sie vorsichtig sein müsse, wohin er/sie gehe und wem er/sie seine/ihre Identität anvertraue, aus Angst von sehr konservativen Personen getötet zu werden (GBV Sub Working Group-Jordanien, Oktober 2021, S. 49-50).Ein Mitglied der LGBTQI+-Gemeinschaft erklärt, dass er/sie vorsichtig sein müsse, wohin er/sie gehe und wem er/sie seine/ihre Identität anvertraue, aus Angst von sehr konservativen Personen getötet zu werden (GBV Sub Working Group-Jordanien, Oktober 2021, Sitzung 49-50).
Berichten zufolge würden Mitglieder der LGBTQI+-Gemeinschaft, die Diskriminierung, Gewalt oder Missbrauch ausgesetzt gewesen seien, diese Vorfälle selten melden, da sie befürchten würden, von Dienstleistern oder der Polizei erneut schikaniert zu werden. Darüber hinaus fehle es in Ost-Amman und in Jordanien insgesamt an Diensten, die LGBTQI+-Personen Schutz bieten würden. Befragte Mitglieder der LGBTQI+-Gemeinschaft hätten angegeben, dass sie Angst hätten, geoutet zu werden, wenn sie sich an verfügbare Schutzdienste wenden würden. Eine Person habe auch ein erhöhtes Risiko der sexuellen Ausbeutung oder des Missbrauchs bei Inanspruchnahme von Dienstleistungen erwähnt (GBV Sub Working Group-Jordanien, Oktober 2021, S. 50).
Berichten zufolge würden Mitglieder der LGBTQI+-Gemeinschaft, die Diskriminierung, Gewalt oder Missbrauch ausgesetzt gewesen seien, diese Vorfälle selten melden, da sie befürchten würden, von Dienstleistern oder der Polizei erneut schikaniert zu werden. Darüber hinaus fehle es in Ost-Amman und in Jordanien insgesamt an Diensten, die LGBTQI+-Personen Schutz bieten würden. Befragte Mitglieder der LGBTQI+-Gemeinschaft hätten angegeben, dass sie Angst hätten, geoutet zu werden, wenn sie sich an verfügbare Schutzdienste wenden würden. Eine Person habe auch ein erhöhtes Risiko der sexuellen Ausbeutung oder des Missbrauchs bei Inanspruchnahme von Dienstleistungen erwähnt (GBV Sub Working Group-Jordanien, Oktober 2021, Sitzung 50).
Dieselbe Unterarbeitsgruppe schreibt in einer Bewertung des geschlechtsspezifischen Gewaltrisikos für Irbid und Ramtha (Städte im Norden von Jordanien, Anmerkung ACCORD) vom Juni 2021, dass sie sich gegen eine direkte Befragung von Mitgliedern der LGBTQI+-Gemeinschaft entschieden habe, da LGBTQI+-Personen durch die Durchführung einer Fokusgruppendiskussion dem Risiko ausgesetzt seien, dass ihre Geschlechtsidentität und/oder sexuelle Orientierung offengelegt würde. Dieses Risiko sei auf die Wahrnehmungen und bestehenden Tabus in Bezug auf die Vielfalt der Geschlechtsidentität und der sexuellen Orientierung in den Zielgemeinschaften zurückzuführen (GBV Sub Working Group-Jordan, Juni 2021, S. 15).Dieselbe Unterarbeitsgruppe schreibt in einer Bewertung des geschlechtsspezifischen Gewaltrisikos für Irbid und Ramtha (Städte im Norden von Jordanien, Anmerkung ACCORD) vom Juni 2021, dass sie sich gegen eine direkte Befragung von Mitgliedern der LGBTQI+-Gemeinschaft entschieden habe, da LGBTQI+-Personen durch die Durchführung einer Fokusgruppendiskussion dem Risiko ausgesetzt seien, dass ihre Geschlechtsidentität und/oder sexuelle Orientierung offengelegt würde. Dieses Risiko sei auf die Wahrnehmungen und bestehenden Tabus in Bezug auf die Vielfalt der Geschlechtsidentität und der sexuellen Orientierung in den Zielgemeinschaften zurückzuführen (GBV Sub Working Group-Jordan, Juni 2021, Sitzung 15).
In Fokusgruppendiskussionen mit Frauen, Mädchen und Männern, die sich nicht als Teil der LGBTQI+-Gemeinschaft identifizieren, sei danach gefragt worden, die am stärksten von geschlechtsspezifischer Gewalt gefährdeten Gruppen aufzulisten. Die Teilnehmer·innen hätten gesagt, dass Menschen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität einem erhöhten Risiko von geschlechtsspezifischer Gewalt (GBV) ausgesetzt seien. Sie hätten jedoch gleichzeitig negative Ansichten und Verachtung gegenüber der LGBTQI+-Gemeinschaft ausgedrückt. Einige Teilnehmer·innen hätten extreme und aggressive homophobe Ansichten geäußert. In einer Fokusgruppendiskussion habe sich auch ein Moderator am Austausch homophober Ansichten gegenüber LGBTQI+-Personen beteiligt. Antworten hätten sich immer um homosexuelle Männer, Männer, die als weiblich wahrgenommen werden, oder transsexuelle Männer-zu-Frauen-Personen gedreht. Dienstanbieter von Serviceleistungen für Personen, die geschlechtsspezifische Gewalt erfahren haben, hätten angegeben, dass LGBTQI+-Personen keinen Zugang zu diesen Serviceleistungen hätten (GBV Sub Working Group-Jordanien, Juni 2021, S. 34-35).In Fokusgruppendiskussionen mit Frauen, Mädchen und Männern, die sich nicht als Teil der LGBTQI+-Gemeinschaft identifizieren, sei danach gefragt worden, die am stärksten von geschlechtsspezifischer Gewalt gefährdeten Gruppen aufzulisten. Die Teilnehmer·innen hätten gesagt, dass Menschen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität einem erhöhten Risiko von geschlechtsspezifischer Gewalt (GBV) ausgesetzt seien. Sie hätten jedoch gleichzeitig negative Ansichten und Verachtung gegenüber der LGBTQI+-Gemeinschaft ausgedrückt. Einige Teilnehmer·innen hätten extreme und aggressive homophobe Ansichten geäußert. In einer Fokusgruppendiskussion habe sich auch ein Moderator am Austausch homophober Ansichten gegenüber LGBTQI+-Personen beteiligt. Antworten hätten sich immer um homosexuelle Männer, Männer, die als weiblich wahrgenommen werden, oder transsexuelle Männer-zu-Frauen-Personen gedreht. Dienstanbieter von Serviceleistungen für Personen, die geschlechtsspezifische Gewalt erfahren haben, hätten angegeben, dass LGBTQI+-Personen keinen Zugang zu diesen Serviceleistungen hätten (GBV Sub Working Group-Jordanien, Juni 2021, Sitzung 34-35).
Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Jordanien, 26.01.2024
Obwohl einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen unter Erwachsenen nicht kriminalisiert werden (USDOS 20.3.2023), ist die Diskriminierung von LGBTQI+ Personen weit verbreitet und schließt die Androhung von Gewalt ein (FH 2023). Von staatlicher Seite war diese Personengruppe im beobachteten Zeitraum von willkürlichen Verhaftungen, Schikanen in Form von informellen oder formellen Verhören, ökonomischen und rechtlichen Drohungen und Überwachung betroffen (USDOS 20.3.2023). Im jordanischen Recht fehlt ein Verbot von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität (HRW 11.1.2024; vgl. USDOS 20.3.2023).Obwohl einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen unter Erwachsenen nicht kriminalisiert werden (USDOS 20.3.2023), ist die Diskriminierung von LGBTQI+ Personen weit verbreitet und schließt die Androhung von Gewalt ein (FH 2023). Von staatlicher Seite war diese Personengruppe im beobachteten Zeitraum von willkürlichen Verhaftungen, Schikanen in Form von informellen oder formellen Verhören, ökonomischen und rechtlichen Drohungen und Überwachung betroffen (USDOS 20.3.2023). Im jordanischen Recht fehlt ein Verbot von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität (HRW 11.1.2024; vergleiche USDOS 20.3.2023).
Aus Angst vor gesellschaftlicher oder staatlicher Diskriminierung halten daher viele Personen ihre sexuelle Orientierung geheim. LGBTQI+ Personen sind häufig Ziel von Gewalt und Missbrauch, einschließlich Vergewaltigung, und hatten kaum rechtliche Möglichkeiten, gegen die Täter vorzugehen. Transgender-Personen laufen dabei besonders in Gefahr, Opfer von Gewalttaten und sexuellen Übergriffen zu werden, und die Behörden boten ihnen keinen rechtlichen Schutz (USDOS 20.3.2023).
Behörden können LGBTQI+ Personen wegen angeblicher Verletzung der öffentlichen Ordnung oder des öffentlichen Anstandes verhaften. Mitglieder der LGBTQI+-Community bestätigen, dass es ihnen im Allgemeinen an sicheren Räumen fehlt, und berichten, dass sie von der Polizei ins Visier genommen werden, wenn sie eine der wenigen mit der Gemeinschaft verbundenen Einrichtungen verlassen. Die staatlichen Vorschriften über die Registrierung von NGOs, sowie die Finanzierung aus dem Ausland hindern zivilgesellschaftliche Gruppen weitgehend daran, an Aktivitäten mit vermeintlichen Verbindungen zur LGBTQI+-Community zu arbeiten (USDOS 20.3.2023) Die Behörden haben NGOs, die sich für die Gleichberechtigung von LGBTI Menschen einsetzen, die Registrierung verweigert (FH 2023).
LGBTQI+ Personen berichteten außerdem über Diskriminierung in den Bereichen Wohnen, Beschäftigung, Bildung und Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen. Einzelpersonen berichten, dass ihnen aufgrund ihrer LGBTI-Identität gekündigt oder berufliche Chancen verweigert wurden. Einige waren mit Erpressung und der Drohung konfrontiert, dass sie entlassen, enterbt, verleugnet, verhaftet oder strafrechtlich verfolgt würden. Mehrere LGBTQI+-Personen fanden es aufgrund ihrer LGBTQI+-Identität unmöglich, im Land zu leben, und verließen daher Jordanien oder sind dabei, dies zu tun. Viele fürchteten um ihr Leben oder Missbrauch durch Familienmitglieder oder Behörden (USDOS 20.3.2023).
Eltern können bei den Sicherheitsdiensten informelle „Haftbefehle“ für Kinder, einschließlich erwachsener Kinder, beantragen, um ihre Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes auszusetzen, Reisen ins Ausland zu verhindern oder um von den Behörden zu verlangen, dass sie zwangsweise in Gewahrsam der Familie zurückgebracht werden, selbst wenn Familienmitglieder zuvor das Leben der Person bedroht haben (USDOS 20.3.2023).
2. Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen stützen sich auf den Verwaltungsverfahrensakt des BFA und den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes. Die konkreten Beweismittel sind bei den Sachverhaltsfeststellungen bzw in der Beweiswürdigung jeweils in Klammer angeführt.
2.1 Zum Beschwerdeführer (oben 1.1)
Die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Staatsangehörigkeit und Herkunft sind auf Grund seiner Orts- und Sprachkenntnisse nicht zu bezweifeln, weshalb die entsprechenden Feststellungen zu treffen waren. Die Identität wurde bereits vom BFA als feststehend festgestellt. Der vollständige Name des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Personalausweis sowie einer CVIS-Anfrage des BMI (AS 77f, 149)
Die Unbescholtenheit ergibt sich aus dem aktuellen Strafregister der Republik Österreich.
2.2 Zur Antragsbegründung und Rückkehrbefürchtung
Ein asylerhebliches glaubhaftes Vorbringen kann trotz eines zum Teil oder neben einem zum Teil unglaubhaften Vorbringen bestehen (vgl bspw VwGH, 02.09.2015, Ra 2015/19/0091: hier zu einer glaubhaften Konversion in Österreich trotz unglaubhaftem Vorbringen zum ursprünglichen Ausreisegrund).Ein asylerhebliches glaubhaftes Vorbringen kann trotz eines zum Teil oder neben einem zum Teil unglaubhaften Vorbringen bestehen vergleiche bspw VwGH, 02.09.2015, Ra 2015/19/0091: hier zu einer glaubhaften Konversion in Österreich trotz unglaubhaftem Vorbringen zum ursprünglichen Ausreisegrund).
Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 28.06.2023, E 628/2023, wiederholt darauf hingewiesen, dass den Berichten des United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR) und des European Asylum Support Office (EASO; nunmehr European Union Agency for Asylum, EUAA) bei der Beurteilung von Anträgen auf internationalen Schutz besondere Beachtung zu schenken ist, dies auch für die vom UNHCR herausgegebenen "Guidelines on International Protection No. 9: Claims to Refugee Status based on Sexual Orientation and/or Gender Identity within the context of Article 1A(2) of the 1951 Convention and/or its 1967 Protocol relating to the Status of Refugees" vom 23. Oktober 2012 (kurz: SOGI-Richtlinien) gilt und aus diesen Richtlinien hervor geht, dass die Tatsache, leibliche Kinder zu haben und eine heterosexuelle Beziehung zu führen, für sich genommen noch nicht gegen die behauptete Homosexualität eines Antragstellers spricht, weil dies durch Schuld- und Schamgefühle und den sozialen Druck, nur anerkannte Beziehungsformen zu leben, motiviert sein kann.
Die Feststellungen zur Homosexualität des Beschwerdeführers (oben 1.2) ergeben sich aus der behördlichen Einvernahme vom 07.12.2023, der Beschwerde vom 04.04.2024 sowie den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen (Fotos, Screenshots von Chatverläufen, Bestätigung von Queer Base etc). Bereits das BFA hat im angefochtenen Bescheid das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er homosexuell sei, nicht als unglaubhaft qualifiziert, sondern seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Das BFA erachtete es lediglich nicht für glaubhaft, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Jordanien seine sexuelle Ausrichtung in der Öffentlichkeit ausleben würde, weil er dies vor seiner Ausreise auch nicht gemacht habe und stellte fest, dass der Beschwerdeführer bisher keine Probleme mit den staatlichen Institutionen seines Heimatlandes gehabt habe. Eine tatsächliche Verfolgung durch staatliche Institutionen oder Behörden habe er zu keiner Zeit in der Einvernahme vorgebracht. (Bescheid 05.03.2024 S 10f., 23f., 27)
Der Beschwerdeführer hat jedoch im Zuge der behördlichen Einvernahme jedoch dargelegt, dass und wie er in Österreich seine homosexuelle Neigung öffentlich auslebt und dies bescheinigte er durch die von ihm im Verfahren vor dem BFA vorgelegten Urkunden. Er schilderte in der Einvernahme auch, wie er in Jordanien mit seinem Freund beim Küssen beobachtet in weiterer Folge deswegen von anderen Personen beschimpft, misshandelt und ihm dabei die Hand gebrochen worden war (NS EV 07.12.2023 S 5). Dazu stellte das BFA fest, dass er „sonst zu keiner Zeit“ im Herkunftsstaat wegen seiner sexuellen Ausrichtung zu Schaden gekommen sei. (Bescheid 05.03.2024 S 24). Dabei ließ das BFA jedoch außer Acht, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme auch vorgebracht hat, dass er von seiner eigenen Familie bedroht worden sei und von seinem Vater, seinem Onkel und den Brüdern geschlagen und mit dem Umbringen bedroht worden sei. (NS EV 07.12.2023 S 7) Auch dieses Vorbringen wurde vom BFA nicht als unglaubhaft erachtet.
Der Beschwerdeführer gab auch in der Einvernahme vor dem BFA an, dass es in Jordanien nur im geheimen eine homosexuelle Szene gibt, alles im Geheimen getan werde, weil man sonst verhaftet und getötet werde. (NS EV 07.12.2023 S 7)
Ausgehend von den vom Beschwerdeführer vom BFA nicht als unglaubhaft erachteten Erlebnissen in Jordanien und seiner vorgebrachten und dokumentierten Lebensweise in Österreich zeigt sich, dass die homosexuelle Orientierung für den Beschwerdeführer identitätsprägend ist und er seine Homosexualität auch weiter offen und frei ausleben und sich dazu bekennen möchte.
Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer seit Anfang 2023 regelmäßig Beratungsangebote der Organisation Queer Base in Anspruch nimmt und aktuell in XXXX wohnt, beruhen ebenso wie die Feststellung, dass der Beschwerdeführer freiwillig Mitarbeit bei den Vereinstätigkeiten des Vereins TOGETHER LGBTIQ leistet, auf den unverdächtigen Schreiben der Diakonie Flüchtlingsdienst vom 05.12.2023 (AS 211), der Queer Base vom 06.03.2023 (AS 135) und des Vereins TOGETHER LGBTIQ vom 29.11.2023 (AS 151).Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer seit Anfang 2023 regelmäßig Beratungsangebote der Organisation Queer Base in Anspruch nimmt und aktuell in römisch 40 wohnt, beruhen ebenso wie die Feststellung, dass der Beschwerdeführer freiwillig Mitarbeit bei den Vereinstätigkeiten des Vereins TOGETHER LGBTIQ leistet, auf den unverdächtigen Schreiben der Diakonie Flüchtlingsdienst vom 05.12.2023 (AS 211), der Queer Base vom 06.03.2023 (AS 135) und des Vereins TOGETHER LGBTIQ vom 29.11.2023 (AS 151).
Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher vor diesem Hintergrund der hier getroffenen Ausführungen zu der Überzeugung, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Homosexualität, seiner homosexuellen Identität und zu seinem Wunsch, diese offen auszuleben, glaubhaft ist.
2.3 Zur Lage in Jordanien
Die Feststellungen zur Lage in Jordanien ergeben sich aus dem aktuellsten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom Jänner 2024, sowie der ACCORD – Anfragebeantwortung zu Jordanien: Familiäre und gesellschaftliche Lage von LGBTIQ+ Personen [a- 12014-1] 27.10.2022, auf die in der Beschwerde verwiesen wurde.
Angesichts der Ausgewogenheit und Seriosität der genannten Quellen sowie der Schlüssigkeit der weitestgehend übereinstimmenden Aussagen darin, besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu A)
Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten (§ 3 AsylG 2005)Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten (Paragraph 3, AsylG 2005)
Rechtsprechung zur Homosexualität als Fluchtgrund
3.1 Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 07.11.2013, C-199/12, ausgesprochen, dass Art 9 Abs 1 in Verbindung mit Art 9 Abs 2 lit c der Qualifikations-Richtlinie dahin auszulegen ist, dass der bloße Umstand, dass homosexuelle Handlungen unter Strafe gestellt sind, als solcher keine Verfolgungshandlung darstellt. Dagegen ist eine Freiheitsstrafe, mit der homosexuelle Handlungen bedroht sind und die im Herkunftsland, welches eine solche Regelung erlassen hat, tatsächlich verhängt wird, als unverhältnismäßige oder diskriminierende Bestrafung zu betrachten und stellt somit eine Verfolgungshandlung dar. Art 10 Abs 1 lit d in Verbindung mit Art 2 Buchst c der Qualifikations-Richtlinie ist dahin auszulegen, dass vom Geltungsbereich der Richtlinie nur homosexuelle Handlungen ausgeschlossen sind, die nach dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten strafbar sind. Bei der Prüfung eines Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft können die zuständigen Behörden von dem Asylbewerber auch nicht erwarten, dass er seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim hält oder Zurückhaltung beim Ausleben seiner sexuellen Ausrichtung übt, um die Gefahr einer Verfolgung zu vermeiden.3.1 Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 07.11.2013, C-199/12, ausgesprochen, dass Artikel 9, Absatz eins, in Verbindung mit Artikel 9, Absatz 2, Litera c, der Qualifikations-Richtlinie dahin auszulegen ist, dass der bloße Umstand, dass homosexuelle Handlungen unter Strafe gestellt sind, als solcher keine Verfolgungshandlung darstellt. Dagegen ist eine Freiheitsstrafe, mit der homosexuelle Handlungen bedroht sind und die im Herkunftsland, welches eine solche Regelung erlassen hat, tatsächlich verhängt wird, als unverhältnismäßige oder diskriminierende Bestrafung zu betrachten und stellt somit eine Verfolgungshandlung dar. Artikel 10, Absatz eins, Litera d, in Verbindung mit Artikel 2, Buchst c der Qualifikations-Richtlinie ist dahin auszulegen, dass vom Geltungsbereich der Richtlinie nur homosexuelle Handlungen ausgeschlossen sind, die nach dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten strafbar sind. Bei der Prüfung eines Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft können die zuständigen Behörden von dem Asylbewerber auch nicht erwarten, dass er seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim hält oder Zurückhaltung beim Ausleben seiner sexuellen Ausrichtung übt, um die Gefahr einer Verfolgung zu vermeiden.
3.2 Daran anschließend hat der Verfassungsgerichtshof erkannt, „es widerspricht der Anerkennung eines für die Identität so bedeutsamen Merkmals, auf das zu verzichten die Betroffenen nicht gezwungen werden dürfen, wenn von den Mitgliedern einer sozialen Gruppe, die die gleiche sexuelle Ausrichtung haben, verlangt wird, dass sie diese Ausrichtung geheim halten. Daher kann nicht erwartet werden, dass ein Asylwerber seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim hält, um eine Verfolgung zu vermeiden.“ (VfGH 11.06.2019, E 291/2019).
Der Verfassungsgerichtshof hat des Weiteren in seiner Entscheidung vom 25.02.2020, E 4490/2019, ausgesprochen, dass wenn der EuGH und ihm folgend der VfGH davon ausgehen, dass "von Personen mit homosexueller Orientierung nicht erwartet werden [dürfe], dass sie ihre Homosexualität in ihrem Herkunftsland geheim halten oder Zurückhaltung beim Leben ihrer sexuellen Ausrichtung ('l'expression de son orientation sexuelle') üben, um die Gefahr einer Verfolgung zu vermeiden" (VfSlg 20170/2017 unter Verweis auf EuGH 07.11.2013, verbRs C-199-201/12, X ua, und, im vorliegenden Verfahren, VfGH 11.06.2019, E291/2019), wird unmittelbar einsichtig und offenkundig darauf abgestellt, dass es Menschen mit gleichgeschlechtlicher Orientierung ohne daraus resultierender Gefahr einer Verfolgung iSd §3 Abs1 AsylG 2005 iVm Art1 Abschnitt A Z2 GFK möglich sein muss, auch in der Öffentlichkeit zu ihrer geschlechtlichen Orientierung zu stehen und sich zu entsprechenden Beziehungen zu bekennen. Damit soll das einschlägige Diskriminierungsverbot sicherstellen, dass Menschen mit gleichgeschlechtlicher Orientierung insbesondere in Gesellschaften, in denen heterosexuelle Beziehungen als gesellschaftliche Norm gesehen werden, homosexuell orientierte Menschen im Hinblick auf dieses für die Anerkennung ihrer Identität so bedeutsamen Merkmals heterosexuell orientierten in der öffentlichen Anerkennung gleichgestellt und in diesem Sinn nicht gezwungen werden, ihre sexuelle Orientierung geheim halten zu müssen (es genügt, dafür auf die genannten Entscheidungen des EuGH und des VfGH zu verweisen). (VfGH 25.02.2020, E 4470/2019)Der Verfassungsgerichtshof hat des Weiteren in seiner Entscheidung vom 25.02.2020, E 4490/2019, ausgesprochen, dass wenn der EuGH und ihm folgend der VfGH davon ausgehen, dass "von Personen mit homosexueller Orientierung nicht erwartet werden [dürfe], dass sie ihre Homosexualität in ihrem Herkunftsland geheim halten oder Zurückhaltung beim Leben ihrer sexuellen Ausrichtung ('l'expression de son orientation sexuelle') üben, um die Gefahr einer Verfolgung zu vermeiden" (VfSlg 20170/2017 unter Verweis auf EuGH 07.11.2013, verbRs C-199-201/12, römisch zehn ua, und, im vorliegenden Verfahren, VfGH 11.06.2019, E291/2019), wird unmittelbar einsichtig und offenkundig darauf abgestellt, dass es Menschen mit gleichgeschlechtlicher Orientierung ohne daraus resultierender Gefahr einer Verfolgung iSd §3 Abs1 AsylG 2005 in Verbindung mit Art1 Abschnitt A Z2 GFK möglich sein muss, auch in der Öffentlichkeit zu ihrer geschlechtlichen Orientierung zu stehen und sich zu entsprechenden Beziehungen zu bekennen. Damit soll das einschlägige Diskriminierungsverbot sicherstellen, dass Menschen mit gleichgeschlechtlicher Orientierung insbesondere in Gesellschaften, in denen heterosexuelle Beziehungen als gesellschaftliche Norm gesehen werden, homosexuell orientierte Menschen im Hinblick auf dieses für die Anerkennung ihrer Identität so bedeutsamen Merkmals heterosexuell orientierten in der öffentlichen Anerkennung gleichgestellt und in diesem Sinn nicht gezwungen werden, ihre sexuelle Orientierung geheim halten zu müssen (es genügt, dafür auf die genannten Entscheidungen des EuGH und des VfGH zu verweisen). (VfGH 25.02.2020, E 4470/2019)
Zu Verfolgungshandlungen
3.3 Für den Verwaltungsgerichtshof steht außer Frage, dass Verfolgungshandlungen, die sich in Beleidigungen, Bedrohungen und Körperverletzungen manifestieren, die für die Asylgewährung erforderliche Eingriffsintensität erreichen können. (VwGH 23.01.2003, 2002/20/0565)
3.4 Und auch der EGMR hat in seiner Entscheidung Bouyid vom 28.09.2015, 23.380/09 (Große Kammer) ausgesprochen, dass jeder Rückgriff auf physische Gewalt gegen eine ihrer Freiheit beraubte Person, der nicht durch deren Verhalten unbedingt erforderlich gemacht wurde, ihre Menschenwürde vermindert und daher grundsätzlich das in Art 3 EMRK vorgesehene Recht verletzt. Der Ausdruck »grundsätzlich« kann nicht dahingehend verstanden werden, dass es Situationen geben könnte, in denen eine solche Feststellung einer Verletzung nicht geboten ist, weil der gebotene Schweregrad nicht erreicht wurde. Jeder Eingriff in die Menschenwürde trifft den Kern der Konvention. Aus diesem Grund begründet jedes Verhalten von Exekutivbeamten gegenüber einer Person, das die Menschenwürde herabsetzt, eine Verletzung von Art 3 EMRK. Das gilt insbesondere für ihren Einsatz physischer Gewalt gegen eine Person, wenn dieser nicht aufgrund ihres Verhaltens absolut notwendig ist, unabhängig von seinen Auswirkungen auf die betroffene Person. (vgl EGMR Bouyid, 28.09.2015, 23.380/09 (Große Kammer))3.4 Und auch der EGMR hat in seiner Entscheidung Bouyid vom 28.09.2015, 23.380/09 (Große Kammer) ausgesprochen, dass jeder Rückgriff auf physische Gewalt gegen eine ihrer Freiheit beraubte Person, der nicht durch deren Verhalten unbedingt erforderlich gemacht wurde, ihre Menschenwürde vermindert und daher grundsätzlich das in Artikel 3, EMRK vorgesehene Recht verletzt. Der Ausdruck »grundsätzlich« kann nicht dahingehend verstanden werden, dass es Situationen geben könnte, in denen eine solche Feststellung einer Verletzung nicht geboten ist, weil der gebotene Schweregrad nicht erreicht wurde. Jeder Eingriff in die Menschenwürde trifft den Kern der Konvention. Aus diesem Grund begründet jedes Verhalten von Exekutivbeamten gegenüber einer Person, das die Menschenwürde herabsetzt, eine Verletzung von Artikel 3, EMRK. Das gilt insbesondere für ihren Einsatz physischer Gewalt gegen eine Person, wenn dieser nicht aufgrund ihres Verhaltens absolut notwendig ist, unabhängig von seinen Auswirkungen auf die betroffene Person. vergleiche EGMR Bouyid, 28.09.2015, 23.380/09 (Große Kammer))
Zum gegenständlichen Fall
3.5 Fallbezogen ist der Beschwerdeführer laut dem festgestellten Sachverhalt homosexuell, er lebt seine sexuelle Orientierung auch aus und möchte dies auch in Zukunft offen tun und sich dazu bekennen zu können.
Laut den Länderfeststellungen ist gesellschaftliche Diskriminierung von LGBTQI+-Personen in Jordanien weit verbreitet. Obwohl einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen unter Erwachsenen nicht kriminalisiert werden (USDOS 20.3.2023), ist die Diskriminierung von LGBTQI+ Personen weit verbreitet und schließt die Androhung von Gewalt ein (FH 2023). Von staatlicher Seite war diese Personengruppe im beobachteten Zeitraum von willkürlichen Verhaftungen, Schikanen in Form von informellen oder formellen Verhören, ökonomischen und rechtlichen Drohungen und Überwachung betroffen (USDOS 20.3.2023). Im jordanischen Recht fehlt ein Verbot von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität (HRW 11.1.2024; vgl. USDOS 20.3.2023).Laut den Länderfeststellungen ist gesellschaftliche Diskriminierung von LGBTQI+-Personen in Jordanien weit verbreitet. Obwohl einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen unter Erwachsenen nicht kriminalisiert werden (USDOS 20.3.2023), ist die Diskriminierung von LGBTQI+ Personen weit verbreitet und schließt die Androhung von Gewalt ein (FH 2023). Von staatlicher Seite war diese Personengruppe im beobachteten Zeitraum von willkürlichen Verhaftungen, Schikanen in Form von informellen oder formellen Verhören, ökonomischen und rechtlichen Drohungen und Überwachung betroffen (USDOS 20.3.2023). Im jordanischen Recht fehlt ein Verbot von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität (HRW 11.1.2024; vergleiche USDOS 20.3.2023).
Aus Angst vor gesellschaftlicher oder staatlicher Diskriminierung halten daher viele Personen ihre sexuelle Orientierung geheim. LGBTQI+ Personen sind häufig Ziel von Gewalt und Missbrauch, einschließlich Vergewaltigung, und hatten kaum rechtliche Möglichkeiten, gegen die Täter vorzugehen. Transgender-Personen laufen dabei besonders in Gefahr, Opfer von Gewalttaten und sexuellen Übergriffen zu werden, und die Behörden boten ihnen keinen rechtlichen Schutz (USDOS 20.3.2023).
Behörden können LGBTQI+ Personen wegen angeblicher Verletzung der öffentlichen Ordnung oder des öffentlichen Anstandes verhaften. Mitglieder der LGBTQI+-Community bestätigen, dass es ihnen im Allgemeinen an sicheren Räumen fehlt, und berichten, dass sie von der Polizei ins Visier genommen werden, wenn sie eine der wenigen mit der Gemeinschaft verbundenen Einrichtungen verlassen. Die staatlichen Vorschriften über die Registrierung von NGOs, sowie die Finanzierung aus dem Ausland hindern zivilgesellschaftliche Gruppen weitgehend daran, an Aktivitäten mit vermeintlichen Verbindungen zur LGBTQI+-Community zu arbeiten (USDOS 20.3.2023) Die Behörden haben NGOs, die sich für die Gleichberechtigung von LGBTI Menschen einsetzen, die Registrierung verweigert (FH 2023).
LGBTQI+ Personen berichteten außerdem über Diskriminierung in den Bereichen Wohnen, Beschäftigung, Bildung und Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen. Einzelpersonen berichten, dass ihnen aufgrund ihrer LGBTI-Identität gekündigt oder berufliche Chancen verweigert wurden. Einige waren mit Erpressung und der Drohung konfrontiert, dass sie entlassen, enterbt, verleugnet, verhaftet oder strafrechtlich verfolgt würden. Mehrere LGBTQI+-Personen fanden es aufgrund ihrer LGBTQI+-Identität unmöglich, im Land zu leben, und verließen daher Jordanien oder sind dabei, dies zu tun. Viele fürchteten um ihr Leben oder Missbrauch durch Familienmitglieder oder Behörden (USDOS 20.3.2023).
Eltern können bei den Sicherheitsdiensten informelle „Haftbefehle“ für Kinder, einschließlich erwachsener Kinder, beantragen, um ihre Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes auszusetzen, Reisen ins Ausland zu verhindern oder um von den Behörden zu verlangen, dass sie zwangsweise in Gewahrsam der Familie zurückgebracht werden, selbst wenn Familienmitglieder zuvor das Leben der Person bedroht haben (USDOS 20.3.2023).
Die Unterarbeitsgruppe für geschlechtsspezifische Gewalt (Gender-based Violence (GBV) sub working group) unter dem Vorsitz des Flüchtlingshochkommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) und des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) schreibt in einer Beurteilung des geschlechtsspezifischen Gewaltrisikos für Ost-Amman vom Oktober 2021, dass Personen mit unterschiedlichen sexuellen Identitäten und Orientierungen in Jordanien erhöhten Risiken ausgesetzt seien.
Die Unterarbeitsgruppe listet folgende Arten von Missbrauch auf, denen die LGBTQI+-Gemeinschaft ausgesetzt sei:
· Emotionale und psychische Misshandlung auf der Straße sowie mangelnde Akzeptanz in der eigenen Familie. Es sei nicht ungewöhnlich, dass LGBTQI+-Personen von Familien- oder Gemeindemitgliedern bedroht oder sogar aus dem Haus der Familie hinausgeworfen würden.
· Verweigerung von und Diskriminierung beim Zugang zu Dienstleistungen, wie Gesundheitsdiensten oder Schutz, wenn die Dienstanbieter vermuten, dass die Person eine diverse sexuelle Orientierung oder Identität habe.
· Körperliche Misshandlung auf der Straße durch Fremde oder durch Mitglieder der Gemeinschaft sowie durch Familienmitglieder.
· Online-Gewalt einschließlich Mobbing, Beschimpfungen und Aufstachelung zu Gewalt und Mord an Personen, die als LGBTQI+-Personen erkennbar seien. Darüber hinaus hätten konservative Einzelpersonen und die Polizei manchmal das Internet verwendet oder Handy-Apps infiltriert, um die Identität von Mitgliedern der LGBTQI+-aufzudecken und sie bloßzustellen.
· Sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen, einschließlich Vergewaltigungen durch Fremde, Gemeinschafts- und Familienmitglieder mit dem Ziel, die sexuelle Orientierung zu ändern („corrective rape“).
· Tötungsdelikte durch extrem konservative Familien und Gemeinschaften.
Berichten zufolge würden Mitglieder der LGBTQI+-Gemeinschaft, die Diskriminierung, Gewalt oder Missbrauch ausgesetzt gewesen seien, diese Vorfälle selten melden, da sie befürchten würden, von Dienstleistern oder der Polizei erneut schikaniert zu werden. Darüber hinaus fehle es in Ost-Amman und in Jordanien insgesamt an Diensten, die LGBTQI+-Personen Schutz bieten würden. Befragte Mitglieder der LGBTQI+-Gemeinschaft hätten angegeben, dass sie Angst hätten, geoutet zu werden, wenn sie sich an verfügbare Schutzdienste wenden würden. Eine Person habe auch ein erhöhtes Risiko der sexuellen Ausbeutung oder des Missbrauchs bei Inanspruchnahme von Dienstleistungen erwähnt.
In der Gesamtschau staatlicher und privater Übergriffe ist daher eine Verfolgung eines jordanischen Staatsangehörigen, für den – abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls – seine offen gelebte Homosexualität identitätsprägend ist, in Jordanien beachtlich wahrscheinlich.
Nach der zuvor zitierten Rechtsprechung des EuGH und des VfGH kann entgegen der vom BFA offenbar vertretenen Ansicht auch nicht erwartet werden, dass der Beschwerdeführer seine Homosexualität in seinem Herkunftsland (weiterhin) geheim hält oder Zurückhaltung beim Ausleben seiner sexuellen Ausrichtung übt, um die Gefahr einer Verfolgung zu vermeiden.
Es ist daher unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Falles objektiv nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer aus Furcht vor ungerechtfertigten Eingriffen von erheblicher Intensität aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen, und zwar aus Gründen der Zugehörigkeit zu einer wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgten sozialen Gruppe, nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes seines Herkunftsstaates zu bedienen, zumal auch eine inländische Ausweichmöglichkeit – die jordanische Regierung übt ihre Macht über alle Landesteile aus und die gesellschaftlichen Verhältnisse sind ebenso landesweit gleich – nicht vorhanden ist.
Das Vorliegen einer wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung knüpft dabei nicht notwendigerweise an eine bereits erlittene Verfolgung und kann es einem Asylwerber nicht zugemutet werden, die von ihm befürchtete Verfolgung selbst erst zu erleiden. (vgl VwGH 30.08.2022, Ra 2022/18/0129 Rz 11; VwGH 10.10.1996 95/20/0494)Das Vorliegen einer wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung knüpft dabei nicht notwendigerweise an eine bereits erlittene Verfolgung und kann es einem Asylwerber nicht zugemutet werden, die von ihm befürchtete Verfolgung selbst erst zu erleiden. vergleiche VwGH 30.08.2022, Ra 2022/18/0129 Rz 11; VwGH 10.10.1996 95/20/0494)
3.6 Im Verfahren haben sich schließlich keine Hinweise auf die in Artikel 1 Abschnitt C und F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- und Ausschlussgründe ergeben.
3.7 Im vorliegenden Fall sind somit die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gegeben.
3.8 Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.3.8 Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Zu B)
Revision
3.9 Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da die Rechtslage durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist.
3.10 Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Entfall der mündlichen Verhandlung
3.11 Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG iVm