Entscheidungsdatum
22.07.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L504 2285123-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.12.2023, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Türkei, vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.12.2023, Zl. römisch 40 , zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I.-V. und VII. wird als unbegründet abgewiesen. römisch eins. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte römisch eins.-V. und römisch VII. wird als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. wird stattgegeben und dieser ersatzlos behoben. römisch II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch VI. wird stattgegeben und dieser ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgangrömisch eins. Verfahrensgang
Die beschwerdeführende Partei [kurz: bP] stellte am 06.06.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz. Es handelt sich dabei um einen Mann, der seinen Angaben nach türkischer Staatsangehöriger ist.
In der Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes führte die bP an, dass ihr vom Militär vorgeworfen worden sei, dass sie ein PKK Anhänger bzw. Terrorist wäre. Sie hätten die bP geschlagen. Zudem habe die bP einen Ausschlag am Knie, der von Schlägen durch Soldaten während eines Militäreinsatzes stamme. Weil die bP Kurde sei, würde sie ständig so behandelt. Kurden würden aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert und als Terroristen abgestempelt. Bei einer Rückkehr in die Türkei fürchte die bP, Gewalt ausgesetzt zu sein bzw. in Haft zu kommen, zumal sie illegal ausgereist sei.
Das Ziel der bP sei Österreich gewesen, da hier ihr Bruder lebe, der sie unterstützen könne.
Vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl [kurz: BFA] brachte die bP zur persönlichen Problemlage im Herkunftsstaat vor, das sie schon ein paar Jahre lang darüber nachgedacht habe, die Türkei zu verlassen. Eine Woche vor der tatsächlichen Ausreise habe sie sich schließlich dazu entschlossen.
Kurden seien in der Türkei Staatsbürger zweiter Klasse. In ihrem Wohngebiet habe es ständig Militäreinsätze gegeben. Soldaten hätten der bP unterstellt, mit den Kämpfern in den Bergen Kontakt zu haben. Wenn sie dem widersprochen habe, sei Gewalt angewandt worden. Der einzige Weg sei die Flucht ins Ausland gewesen.
In den Augen des Militärs sei die bP ein Terrorist. Auch als sie beim Militär gewesen sei, habe die bP Probleme gehabt und sie als Terrorist betrachtet und diskriminiert worden.
Zwei Wochen vor der Ausreise sei die bP von türkischen Soldaten verprügelt worden und habe seitdem eine Wunde auf ihrem Knie.
Bei einer Rückkehr würde die bP aufgrund ihrer illegalen Ausreise festgenommen und wäre sie mit den gleichen Vorwürfen konfrontiert wie vor der Ausreise.
In Österreich würde der Bruder der bP für Miete bzw. Lebenserhaltungskosten aufkommen. Zudem habe die bP beim AMS eine Beschäftigungsbewilligung beantragt, um in einem Supermarkt als Fleischer arbeiten zu können.
Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich vom Bundesamt gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich vom Bundesamt gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt.
Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zuerkannt. Gem. Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zuerkannt.
Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG wurde nicht erteilt.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen die bP gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Türkei gemäß Paragraph 46, FPG zulässig ist.
Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen die bP ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Gemäß Paragraph 53, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, FPG wurde gegen die bP ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
Das Bundesamt gelangte im Wesentlichen zur Erkenntnis, dass hinsichtlich der Gründe für die Zuerkennung des Status einer asyl- oder subsidiär schutzberechtigten Person eine aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation nicht glaubhaft gemacht worden sei. Ebenso ergebe sich aus der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, in Verbindung mit ihrer persönlichen Situation, keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende bzw. reale Gefährdung der bP. Relevante Abschiebungshindernisse würden demnach nicht vorliegen. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen seien nicht gegeben. Ein die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung übersteigendes Privat- und Familienleben würde nicht gegeben sein und werde daher eine Rückkehrentscheidung mit der angegebenen Frist für die freiwillige Ausreise verfügt.
Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde Beweis erhoben.
1. Feststellungen (Sachverhalt)
1.1. Identität und Herkunftsstaat:
Name und Geburtsdatum (wie im Einleitungssatz des Spruches angeführt) stehen lt. Bundesamt fest.
Die bP ist der Volksgruppe der Kurden und dem islamischen Glauben zugehörig.
Ihre Staatsangehörigkeit und der hier der Prüfung zugrundeliegende Herkunftsstaat ist die Türkei.
1.2. Regionale Herkunft und persönliche Lebensverhältnisse vor der Ausreise:
Die bP ist in XXXX geboren, wo sie auch vor ihrer Ausreise bei ihren Eltern lebte. Die bP ist in römisch 40 geboren, wo sie auch vor ihrer Ausreise bei ihren Eltern lebte.
Die bP besuchte in der Türkei 12 Jahre lang die Schule und arbeitete als Metzger bei ihrem Onkel in XXXX .Die bP besuchte in der Türkei 12 Jahre lang die Schule und arbeitete als Metzger bei ihrem Onkel in römisch 40 .
1.3. Aktuelles familiäres/verwandtschaftliches bzw. soziales Netzwerk im Herkunftsstaat:
Die Eltern, ein Bruder und die drei Schwestern bzw. andere Verwandte der bP leben im Herkunftsstaat.
1.4. Ausreisemodalitäten:
Sie verließ ihr Heimatland am 31.05.2023 und gelangte über ihr unbekannte Länder schlepperunterstützt nach Österreich.
1.5. Aktueller Gesundheitszustand:
Die bP hat im Verfahren keine aktuell behandlungsbedürftige Erkrankung dargelegt.
1.6. Privatleben / Familienleben in Österreich:
Art, Dauer, Rechtmäßigkeit des bisherigen Aufenthaltes
Die bP begab sich ohne Vorhandensein eines gültigen Einreise- bzw. Aufenthaltstitels am 06.06.2023 in das Bundesgebiet.
Mit der am selben Tag erfolgten Stellung des Antrages auf internationalen Schutz erlangte die bP eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gem. AsylG, die nach Antragsabweisung durch die Beschwerdeerhebung verlängert wurde.
Da ihr in diesem Verfahren weder der Status eines Asylberechtigten noch jener eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen war, erweist sich die Einreise gem. § 120 Abs 1 iVm Abs 7 FPG als rechtswidrig. Wer als Fremder nicht rechtmäßig einreist begeht eine Verwaltungsübertretung die als Offizialdelikt von der Verwaltungsstrafbehörde mit einer Geldstrafe von 100 bis 1000 Euro, im Wiederholungsfall mit 1000 bis 5000 Euro zu ahnden ist. Da ihr in diesem Verfahren weder der Status eines Asylberechtigten noch jener eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen war, erweist sich die Einreise gem. Paragraph 120, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 7, FPG als rechtswidrig. Wer als Fremder nicht rechtmäßig einreist begeht eine Verwaltungsübertretung die als Offizialdelikt von der Verwaltungsstrafbehörde mit einer Geldstrafe von 100 bis 1000 Euro, im Wiederholungsfall mit 1000 bis 5000 Euro zu ahnden ist.
Familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich
Ein Bruder der bP lebt in Österreich und verfügt über den Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot Karte. Die bP lebt mit ihrem Bruder nicht in gemeinsamen Haushalt.
Grad der Integration
Die bP verfügt über keine rel. Deutschkenntnisse. Weitere Umstände, die auf eine außergewöhnliche Integration hindeuten würden, wurden von der bP nicht dargelegt.
Teilweise oder gänzliche wirtschaftliche Selbsterhaltung während des Verfahrens bzw. Teilnahme an auch für Asylwerber real möglicher und gesetzlich erlaubter Erwerbstätigkeit (ds. mit Beschäftigungsbewilligung, Werkvertrag, Arbeiten im Rahmen des Grundversorgungsgesetzes, Dienstleistungen über Dienstleistungsscheck)
(Quelle: https://www.ams.at/unternehmen/service-zur-personalsuche/beschaeftigung-auslaendischer-arbeitskraefte/beschaeftigung-von-asylwerberinnen-und-asylwerbern#wie-koennen-asylwerber-innen-beschaeftigt-werden) oder Abhängigkeit von staatlichen Leistungen
Mit Bescheid des AMS vom XXXX wurde der bP eine vom XXXX bis XXXX befristete Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als XXXX erteilt. Mit Bescheid des AMS vom römisch 40 wurde der bP eine vom römisch 40 bis römisch 40 befristete Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als römisch 40 erteilt.
Der in Österreich lebende Bruder der bP unterstützt diese iZm der Bestreitung der Lebenserhaltungskosten. Von ihrer Einreise im Bundesgebiet am 06.06.2023 bis zum 21.06.2023 bezog die bP Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.
Schutzwürdigkeit des Privatlebens / Familienlebens; die Frage, ob das Privatleben / Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren
Die bP hat diese Anknüpfungspunkte während einer Zeit erlangt, in der der Aufenthaltsstatus im Bundesgebiet stets prekär war.
Bindungen zum Herkunftsstaat
Die beschwerdeführende Partei ist im Herkunftsstaat geboren, absolvierte dort ihre Schulzeit, kann sich im Herkunftsstaat – im Gegensatz zu Österreich – problemlos verständigen und hat ihr überwiegendes Leben in diesem Staat verbracht. Sie wurde somit im Herkunftsstaat sozialisiert und kennt die dortigen Regeln des Zusammenlebens einschließlich der gegebenen sozialen Unterstützungsnetzwerke. Es leben dort auch noch insbes. Familienangehörige und Verwandte.
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die beschwerdeführende Partei als von ihrem Herkunftsstaat entwurzelt zu betrachten wäre.
Strafrechtliche/verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen
In der Datenbank des österreichischen Strafregisters scheinen keine Vormerkungen wegen rk. gerichtlicher Verurteilungen auf.
Das Vorliegen von rk. Verwaltungsstrafen wurde dem BVwG von der Polizei bzw. den Verwaltungsstrafbehörden einschließlich dem Bundesamt nicht mitgeteilt und ergibt sich auch nicht aus dem Akteninhalt der belangten Behörde.
Sonstige Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts
Da der bP weder der Status einer Asylberechtigten noch der einer subsidiär schutzberechtigten Person zukommt, stellt die rechtswidrige Einreise (bei strafmündigen Personen) gegenständlich auch grds. eine Verwaltungsübertretung dar (vgl. § 120 Abs 1 iVm Abs 7 FPG). Da der bP weder der Status einer Asylberechtigten noch der einer subsidiär schutzberechtigten Person zukommt, stellt die rechtswidrige Einreise (bei strafmündigen Personen) gegenständlich auch grds. eine Verwaltungsübertretung dar vergleiche Paragraph 120, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 7, FPG).
Verfahrensdauer
Gegenständlicher Antrag auf internationalen Schutz wurde am 06.06.2023 gestellt und erging der Bescheid vom Bundesamt am 19.12.2023. Nach eingebrachter Beschwerde erging mit heutigem Erkenntnis die Entscheidung im Beschwerdeverfahren.
1.7. Zu den behaupteten ausreisekausalen Geschehnissen / Erlebnissen im Zusammenhang mit staatlichen / nichtstaatlichen Akteuren bzw. den von der bP vorgebrachten Problemen, die sie persönlich im Entscheidungszeitpunkt im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat erwartet:
a) Betreffend ihrer persönlichen Sicherheit / Verfolgung im Herkunftsstaat:
Die bP unterlag zum Zeitpunkt der Ausreise keiner Verfolgung durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure und ist auch im Falle der Rückkehr eine solche nicht real bzw. mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten.
Aus der derzeitigen Lage ergibt sich im Herkunftsstaat, unter umfassender Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, keine Situation, wonach im Falle der Rückkehr eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der bP als Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts besteht.
b) Betreffend der Sicherung ihrer existentiellen Grundbedürfnisse im Herkunftsstaat:
Die Grundbedürfnisse sind im Falle der Rückkehr gesichert.
Die bP war im Hinblick auf Unterkunft und Versorgung mit Lebensmitteln auch vor der Ausreise schon in der Lage im Herkunftsstaat ihre Existenz zu sichern und kam nicht hervor, dass dies bei einer Rückkehr nicht gegeben wäre. Sie ist erwerbsfähig, verfügt über Berufserfahrung und hat im Herkunftsstaat Familienangehörige samt Unterkunft.
1.8. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat
Aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (einschließlich darin zitierter Berichte) ergeben sich nachfolgende Feststellungen über die relevante Lage:
Politische Lage
Letzte Änderung 2023-06-20 14:05
Die politische Lage in der Türkei wa