TE Vwgh Erkenntnis 1995/6/22 94/09/0251

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Veröffentlicht am 22.06.1995
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Index

L22006 Landesbedienstete Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art131 Abs1;
LBG Stmk 1974 §106 Abs3 idF 1984/033;
LBG Stmk 1974 §108 Abs1 idF 1984/033;
LBG Stmk 1974 §117 idF 1984/033;
LBG Stmk 1974 §4 Abs3;
LBG Stmk 1974 §94 Abs2 idF 1984/033;
LBG Stmk 1974 §96 Abs1 idF 1984/033;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des Dr. W in G, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission beim Amt der Stmk LReg vom 17. 1. 1994, Zl. LAD-08.00-47/94, betreffend Einbeziehung weiterer Vorwürfe in das mit Beschluß vom 21. 6. 1993 eingeleitete Disziplinarverfahren und "Ruhen des Disziplinarverfahrens bis zum Abschluß des beim Landesgericht für Strafsachen Graz zu 14 Vr nnnn/93 anhängigen Verfahrens",

Spruch

1) den Beschluß gefaßt:

Soweit sich die Beschwerde gegen die im angefochtenen Bescheid verfügte Unterbrechung des Disziplinarverfahrens richtet, wird die Beschwerde zurückgewiesen.

2) zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm die Einleitung des Disziplinarverfahrens verfügt wird, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Oberregierungsrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Steiermark. Er war bis zu seiner mit Bescheid vom 21. Juni 1993 verfügten Suspendierung in der Rechtsabteilung 11 (Verkehrsabteilung) des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung tätig.

Am 22. September 1993 hatte die belangte Behörde den Beschluß gefaßt, in das mit Beschluß vom 21. Juni 1993 gegen den Beschwerdeführer bereits wegen anderer Vorwürfe eingeleitete Disziplinarverfahren die Nachtragsdisziplinaranzeigen vom 28. Juni, 9. Juli, 2. August und 20. August 1993 einzubinden.

Eine vom Beschwerdeführer an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde führte zur Aufhebung dieses Bescheides wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1993, B 1923/93-5). Der angefochtene Bescheid leide - so die Beurteilung des Verfassungsgerichtshofes -, sowohl was den Spruch als auch was die Begründung anlange, an einer in die Verfassungssphäre reichenden Mangelhaftigkeit.

Der sodann neuerlich am 17. Jänner 1994 ergangene (nunmehr angefochtene) Bescheid hat folgenden Wortlaut:

"Die Disziplinarkommission beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung hat in ihrer internen Sitzung am 17.1.1994 unter dem Vorsitz des w.Hofrates Dr.Artur Karisch im Beisein der Mitglieder Hofrat Dr.Walter Frisee und ORR.Dr.Franz Wippel nachstehenden Beschluß gefaßt:

Auf Grund der Nachtragsdisziplinaranzeige vom 20.8.1993 im Zusammenhalt mit dem Schreiben des Landesrechnungshofes vom 24.3.1993 an die Landesamtsdirektion und dem Schreiben des

w. Hofrat Dr.N vom 23.8.1993 an Frau Landesrätin K besteht der Verdacht, daß ORR.Dr.W die Akten

GZ. 11-75 Sa 12-90    HS

GZ. 11-75 Ko 57-91    WK

GZ. 11-75 Ko 69-91    WK

GZ. 11-75 Lo  7-90    RL

GZ. 11-75 Jo 10-91    HS

GZ. 11-75 Se 10-89    AS

GZ. 11-75 Le 20-91    FL

GZ. 11-75 Ko 66-91    JK

GZ. 11-75 De 16-91    HD

GZ. 11-75 Ko 73-91    RK

GZ. 11-75 Ne  4-89    HN

GZ. 11-75 Sa  3-89    KS

verjähren ließ und dadurch gegen die Bestimmungen des § 24 der Dienstpragmatik in der Fassung der Landesbeamtengesetz-Novelle 1989 verstoßen hat. Diese verjährten Akten werden in das mit Beschluß vom 21.6.1993 gegen den Genannten eingeleitete Disziplinarverfahren einbezogen. Das Ruhen des Disziplinarverfahrens wird bis zum Abschluß des beim Landesgericht für Strafsachen Graz zu 14 Vr nnnn/93 anhängigen Verfahrens verfügt.

Begründung:

Mit der Nachtragsdisziplinaranzeige vom 20.8.1993 hat die Rechtsabteilung 1 der Disziplinarkommission das Schreiben des Landesrechnungshofes vom 24.3.1993 an die Landesamtsdirektion, das Schreiben der Landesamtsdirektion vom 30.7.1993 an die Rechtsabteilung 1 und das Schreiben der Landesamtsdirektion vom 30.7.1993 an den Landesrechnungshof zur Verfügung gestellt.

Im Schreiben des Landesrechnungshofes vom 24.3.1993 sind auf den Seiten 5 bis 7 verjährte Akten angeführt. Die Disziplinarkommission hat daher am 2.10.1993 (richtig wohl: 2.9.1993) den Vorstand der Rechtsabteilung 11 ersucht, diese Akten vorzulegen und auf dem jeweiligen Aktendeckel den Namen des Referenten anzuführen. Diesem Ersuchen hat der genannte Abteilungsvorstand mit Schreiben vom 27.9.1993 entsprochen. Diesem Schreiben war auch das Schreiben des w.Hofrat Dr.N vom 23.8.1993 an Frau Landesrätin K angeschlossen. Aufgrund dieses zuletzt genannten Schreibens besteht der Verdacht, daß ORR.Dr.W die o.a. Akten verjähren ließ.

Über Ersuchen sind die auf den Seiten 5 bis 7 des Schreibens des Landesrechnungshofes vom 24.3.1993 an die Landesamtsdirektion genannten Akten am 1.10.1993 dem Landesgericht für Strafsachen Graz übermittelt worden.

Dem Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 30.12.1993 um Aktenübersendung ist zu entnehmen, daß unter 14 Vr nnnn/93 eine Strafsache gegen Verantwortliche des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, Rechtsabteilung 11 anhängig ist. Es wird darauf hingewiesen, daß in diesem Zusammenhang auch Disziplinarverfahren gegen w.Hofrat Dr.N, ORR.Dr.HS, ORR.Dr.JF, ORR.Dr.JX und Dr.ML eingeleitet worden sind. Diese genannten und ORR.Dr.W waren zum Zeitpunkt der Überprüfung des Landesrechnungshofes Referenten in der Rechtsabteilung 11.

Der Abschluß des beim Landesgericht für Strafsachen Graz zu 14 Vr nnnn/93 anhängigen Verfahrens wird von der Disziplinarkommission abgewartet."

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid vor dem Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde lehnte dieser mit Beschluß vom 14. Juni 1994, B 482/94-8, ab. Über nachträglichen Antrag des Beschwerdeführers trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt. Zur Gegenschrift brachte der Beschwerdeführer eine Äußerung (sowie eine Berichtigung dieser Äußerung) ein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für das Disziplinarverfahren öffentlich-rechtlicher Bediensteter im Land Steiermark ist - soweit landesgesetzlich nicht anderes bestimmt ist - die Dienstpragmatik 1914, RGBl. Nr. 15 in der Fassung zuletzt BGBl. Nr. 213/1972, anzuwenden (DP/Stmk).

Nach § 117 Abs. 1 DP/Stmk (diese Bestimmung regelt die Einleitung des Disziplinarverfahrens und ist im wesentlichen ident mit der Bestimmung des § 123 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333 i.d.g.F.) hat der Vorsitzende der Disziplinarkommission nach Einlangen der Disziplinaranzeige die Disziplinarkommission zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag der Disziplinarkommission durchzuführen. Hat die Disziplinarkommission die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist gemäß Abs. 2 leg. cit. dieser Beschluß dem beschuldigten Beamten, dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Gegen die Einleitung des Disziplinarverfahrens ist kein Rechtsmittel zulässig.

Nach § 108 Abs. 1 DP/Stmk (diese Bestimmung entspricht dem § 114 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979) hat die Disziplinarbehörde unter den dort näher beschriebenen Voraussetzungen das Disziplinarverfahren zu unterbrechen.

Zu dieser offenkundig auch im angefochtenen Bescheid enthaltenen (als "Ruhen des Disziplinarverfahrens" bezeichneten) Verfügung der Unterbrechung des Disziplinarverfahrens ist festzuhalten, daß es sich dabei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes um einen selbständig anfechtbaren Bescheid handelt, für den - anders als im § 117 DP/Stmk für den Einleitungsbeschluß - auch der Rechtsmittelzug nicht ausgeschlossen ist (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 1991, 91/09/0029, m.w.N.).

Das im Art. 131 Abs. 1 B-VG aufgestellte Erfordernis der Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges hat zur Folge, daß immer nur der Bescheid, der von der nach der gesetzlichen Ordnung des Instanzenzuges im Einzelfall in Betracht kommenden Behörde der höchsten Organisationsstufe erlassen worden ist, nicht aber ein in der Angelegenheit ergangener Bescheid einer Verwaltungsbehörde niederer Instanz, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochten werden kann.

Die Beschwerde war daher, soweit sie sich gegen den Unterbrechungsbeschluß richtet, mangels Erschöpfung des Instanzenzuges gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen (siehe dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 1992, 91/09/0180).

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde im übrigen weitere, ihrer Ansicht nach disziplinarrechtlich zu verfolgende Vorwürfe in das bereits mit Beschluß vom 21. Juni 1993 eingeleitete Disziplinarverfahren einbezogen und damit einen (ergänzenden) Einleitungsbeschluß nach § 117 DP/Stmk gefaßt. Ein Abspruch über eine Suspendierung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid nicht getroffen; die im Bescheid vom 21. Juni 1993 gemäß § 106 Abs. 3 DP/Stmk ausgesprochene Suspendierung ist als eigenständiger Bescheid unabhängig vom angefochtenen Bescheid zu beurteilen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Oktober 1993, 92/09/0318 und 93/09/0077). Soweit die vorliegende Beschwerde ein dem hg. Beschwerdefall zu Zl. 93/09/0445 (die Suspendierung betreffend) inhaltsgleiches Vorbringen zur Berechtigung der Suspendierung, insbesondere zur Verfassungsmäßigkeit des Suspendierungsverfahrens an sich, enthält, kann dieses daher dahingestellt bleiben (zur Suspendierung siehe im übrigen das Erkenntnis vom heutigen Tag zu Zl. 93/09/0445 und allgemein zu den vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken, die sowohl zum Suspendierungsverfahren als auch im nunmehrigen Verfahren gefaßten Ablehnungsbeschlüsse des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Oktober 1993, B 1633/93-5, und vom 14. Juni 1993, B 482/94-8).

Nach § 4 Abs. 2 des Steiermärkischen Landesbeamtengesetzes 1974, LGBl. Nr. 124, besteht die Disziplinarkommission aus einem rechtskundigen Beamten als Vorsitzenden, dessen rechtskundigen Stellvertretern und der erforderlichen Anzahl von Landesbeamten als weitere Mitglieder und Ersatzmitglieder.

Nach § 94 Abs. 1 DP/Stmk in der Fassung der Landesbeamtengesetznovelle (LBG-Nov.) 1984, LGBl. Nr. 33, sind der Vorsitzende der Disziplinarkommission, seine Stellvertreter und die Hälfte der weiteren Mitglieder von der Landesregierung mit Wirkung vom 1. Jänner auf die Dauer von fünf Jahren zu bestellen. Die zweite Hälfte der weiteren Mitglieder ist von der Interessenvertretung der Dienstnehmer (Landespersonalvertretung, Zentralbetriebsrat) zu bestellen.

Die Rechtswirksamkeit der jeweils individuelle Verwaltungsakte darstellenden Bestellung

(vgl. Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, S. 392) der Mitglieder der Disziplinarkommission ist nicht von deren Kundmachung in amtlichen Verlautbarungsorganen (diese erfolgte in der Grazer Zeitung vom 30. Dezember 1993, Stück 52, Nr. 626, für die Funktionsperiode 1994 bis 1998) abhängig. Die in der Beschwerde vorgetragenen Bedenken zur formellen Ordnungsmäßigkeit dieser (die Bekanntgabe der ernannten Mitglieder betreffenden) Kundmachung sind daher für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ohne maßgebende Bedeutung.

Die Disziplinarkommission und die Disziplinaroberkommission haben gemäß § 96 Abs. 1 DP/Stmk in Senaten zu entscheiden. Die Senate haben aus dem Vorsitzenden der Kommission oder einem seiner Stellvertreter als Senatsvorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern zu bestehen. Jedes Kommissionsmitglied darf mehreren Senaten angehören. Nach Abs. 4 dieser Bestimmung hat der Vorsitzende jeder Kommission jeweils bis zum Jahresschluß für das folgende Kalenderjahr die Senate zu bilden und die Geschäfte unter diese zu verteilen. Gleichzeitig ist die Reihenfolge zu bestimmen, in der die weiteren Kommissionsmitglieder bei der Verhinderung eines Senatsmitgliedes als Ersatzmitglieder in die Senate eintreten. Die Zusammensetzung der Senate darf nur im Falle unbedingten Bedarfes abgeändert werden.

Der Beschwerdeführer behauptet nicht, daß die belangte Behörde bei der Beschlußfassung des angefochtenen Bescheides am 17. Jänner 1994 nicht in der laut der vom Vorsitzenden der Disziplinarkommission (WHR Dr. Karisch) am 3. Jänner 1994 für das Kalenderjahr 1994 festgelegten Geschäftsverteilung tätig geworden wäre (demnach war für alle am 31. Dezember 1993 anhängigen Disziplinarverfahren der Senat I mit dem Vorsitzenden WHR Dr. Artur Karisch und den Mitgliedern HR Dr. Walter Frisee und ORR Dr. Franz Wippel zuständig). Ob, wie der Beschwerdeführer meint, die Geschäftsverteilung für das Kalenderjahr 1994 "unter Mißbrauch der Gestaltungsformen des Verwaltungsrechtes" erfolgt sei, weil dort neben einem allgemeinen Senat I (dem alle Anzeigen, soweit nicht die Senate II, III und IV zuständig sind, zugewiesen sind) der Senat II nur für alle Anzeigen mit dem Anfangsbuchstaben X, der Senat III für alle Anzeigen mit dem Anfangsbuchstaben Q und der Senat IV für alle Anzeigen mit dem Anfangsbuchstaben Y zuständig ist, ist für den Beschwerdefall nicht von Relevanz, weil aus der nach Ansicht des Beschwerdeführers unausgewogenen Senatsauslastung allein noch keine Rechtsverletzung in bezug auf den angefochtenen Bescheid abgeleitet werden kann.

Der angefochtene Bescheid ist aber aus nachstehenden Gründen mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet:

Für den Einleitungsbeschluß in einem Disziplinarverfahren kommen die Bestimmungen des § 58 Abs. 1 und 2 AVG insofern zur Anwendung (dafür, daß diese Bestimmungen des AVG auch im Rahmen der DP/Stmk anzuwenden sind, siehe § 99 DP/Stmk), als er - neben der Rechtsmittelbelehrung - einen Spruch und eine Begründung zu enthalten hat. Im Hinblick auf die in den §§ 58 Abs. 2 und 60 AVG festgelegte Begründungspflicht ist die Behörde verhalten, den Grund für die Einleitung des Disziplinarverfahrens in der Bescheidbegründung sowohl in sachverhaltsmäßiger als auch in rechtlicher Hinsicht darzulegen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1992, 92/09/0190).

Wenn auch der angefochtene Bescheid im Spruch eine für einen Einleitungsbeschluß grundsätzlich hinlängliche Präzisierung der dem Beschwerdeführer angelasteten Dienstpflichtverletzungen enthält, fehlt ihm doch eine tragfähige Begründung, die den Verwaltungsgerichtshof auch hindert, den angefochtenen Bescheid auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Die Partei des Verwaltungsverfahrens, in deren Rechte eingegriffen wird, hat Anspruch darauf, die Gründe für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu erfahren; denn nur dann kann sie ihre Rechte sachgemäß verteidigen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 1989, 89/09/0014).

Zur Begründung des angefochtenen Bescheides wird im wesentlichen nur auf verschiedene Schriftstücke, so ein Schreiben des Landesrechnungshofes vom 24. März 1993 oder ein Schreiben des WHR Dr. N vom 23. August 1993 an die Frau Landesrätin K verwiesen; eine nachvollziehbare Darstellung des daraus abgeleiteten Sachverhaltes enthält die Bescheidbegründung nicht (von den erwähnten Schreiben vom 24. März 1993 und 23. August 1993 hatte der Beschwerdeführer laut dem in der Gegenschrift unbestritten gebliebenen Beschwerdevorbringen auch keine Kenntnis). Das in den Verwaltungsakten enthaltene Schreiben vom 23. August 1993, auf das sich nach der Begründung des angefochtenen Bescheides der Verdacht der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Verjährung stützen soll, enthält im übrigen nur eine Aufstellung der vom Beschwerdeführer bearbeiteten (und im Schreiben des Landesrechnungshofes vom 24. März 1993 angeführten) Akten. Selbst im Zusammenhalt mit dem erwähnten Schreiben des Landesrechnungshofes ergibt sich insofern ein Widerspruch, als die im Spruch des angefochtenen Bescheides unter

GZ. 11-75 SA 12-90, KO 57-91, KO 69-91 und LO 7-90 genannten Akten auf der Seite 2 des Rechnungshofberichtes vom 24. März 1993 und nicht auf den Seiten 5-7 (wie in der Bescheidbegründung angegeben) angeführt sind (und dort auch nicht als verjährte, sondern als nicht mehr auffindbare Akten bezeichnet werden). Bei weiteren, dem Beschwerdeführer im Spruch des angefochtenen Bescheides wegen eingetretener Verjährung angelasteten Akten ist im Schreiben des Landesrechnungshofes vom 24. März 1993 nicht von Verjährung, sondern von "zu Unrecht" eingestellten Akten die Rede (so auf Seite 7 bezüglich der Akten GZ 11-75 KO 66-91, DE 16-91 und KO 73/91).

Der angefochtene Bescheid war daher, soweit mit ihm über die Einleitung des Disziplinarverfahrens abgesprochen wird, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war. Von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie §§ 50 und 59 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Begründung Allgemein Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Bescheidcharakter Bescheidbegriff Bescheidcharakter Bescheidbegriff Bejahung des Bescheidcharakters Besondere Rechtsgebiete Dienstrecht Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Einhaltung der Formvorschriften Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Besondere Rechtsgebiete Dienstrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994090251.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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