Entscheidungsdatum
13.06.2024Norm
VwGG §42 Abs3Text
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch die Einzelrichterin Dr. Maier über die Säumnisbeschwerde des Verein A, vertreten durch die Rechtsanwältin B, ***, ***, den
BESCHLUSS
1. Die Beschwerde wird gemäß §§ 28 Abs. 1 iVm § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.
2. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG nicht zulässig.
Begründung:
Aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Schriftsatz vom 27.11.2023 wurde bei der Bezirkshauptmannschaft Amstetten (im Folgenden: belangte Behörde) vom Verein A (im Folgenden: Beschwerdeführerin) eine Säumnisbeschwerde infolge des Ablaufs der Entscheidungsfrist der belangten Behörde eingebracht. Begründend wurde ausgeführt, dass mit Bescheid vom 27.11.2012 seitens der belangten Behörde der C Erzeugungsgesellschaft die naturschutzbehördliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb der Wasserkraftanlage „***“ erteilt worden wäre. Die Beschwerdeführerin hätte gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben und wäre dieser im zweiten Rechtsgang mit Beschluss vom 07.12.2021, Zl. LVwG-AV-34/004-2019, seitens des Landesverwaltungsgericht Niederösterreich insofern Folge gegeben worden, als der angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom 27.11.2012, Zl. ***, aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft Amstetten zurückverwiesen worden wäre.
Zwischenzeitlich hätte die NÖ Landesregierung gegen diese Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben und läge eine Entscheidung darüber noch nicht vor. Ebenso hätte die belangte Behörde noch keinen neuen Bescheid erlassen. Die Entscheidungsfrist der säumigen Behörde, nämlich der Bezirkshauptmannschaft Amstetten, hätte mit der Zustellung des Beschlusses des Landesverwaltungsgerichtes vom 07.12.2021 zu laufen begonnen und wären zwischenzeitig jedenfalls mehr als sechs Monate vergangen. Es würde keine aufschiebende Wirkung der außerordentlichen Revision bestehen und hätte die Revision, welche von der NÖ Landesregierung eingebracht worden wäre, somit auf die Entscheidungspflicht der säumigen Behörde keinen Einfluss. Seitens der belangten Behörde werde daher rechtswidrig und schuldhaft unterlassen, die nunmehrige Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf ein faires Verfahren und dem Recht auf einen gesetzlichen Richter zu unterstützten.
Mit Anschreiben vom 07.12.2023 wurde diese Säumnisbeschwerde seitens der belangten Behörde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung vorgelegt.
Die belangte Behörde begründete das Abwarten ihrer Entscheidungsfindung damit, dass einerseits das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und andererseits das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichthof gegen den Aufhebungs- und Zurückweisungsbeschluss des Landesverwaltungsgerichtes noch offen wären. Dem Revisionsvorbringen folgend gehe die belangte Behörde davon aus, dass entgegen der Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes die Beschwerde jedenfalls auf Grund des zwischenzeitlichen ersatzlosen Entfalles der Übergangsbestimmung des § 38 Abs. 11 NÖ NSchG 2000 zurückzuweisen gewesen wäre.Die belangte Behörde begründete das Abwarten ihrer Entscheidungsfindung damit, dass einerseits das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und andererseits das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichthof gegen den Aufhebungs- und Zurückweisungsbeschluss des Landesverwaltungsgerichtes noch offen wären. Dem Revisionsvorbringen folgend gehe die belangte Behörde davon aus, dass entgegen der Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes die Beschwerde jedenfalls auf Grund des zwischenzeitlichen ersatzlosen Entfalles der Übergangsbestimmung des Paragraph 38, Absatz 11, NÖ NSchG 2000 zurückzuweisen gewesen wäre.
Nunmehr hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 21.03.2024, Zl. *** den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes vom 07.12.2021, Zl. LVwG-AV-34/004-2019 aufgehoben. Anzumerken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof bindend aussprach, dass entgegen der in der Amtsrevision vertretenen Auffassung von einer bestehenden Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerin auszugehen ist. Auf Grund der Stellung der Beschwerdeführerin als zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides vom 27.11.2012 gegenüber den anderen Verfahrensparteien übergangenen Partei und der im österreichischen Recht gegebenen Verknüpfung zwischen der Stellung als Partei im Verwaltungsverfahren und dem Recht, bei einem Gericht einen Rechtsbehelf einzulegen, ist das Verwaltungsgericht im Ergebnis zurecht von einer nach wie vor aufrechten Beschwerdelegitimation der mitbeteiligten Partei im gegenständlichen naturschutzrechtlichen Verfahren ausgegangen.
Die Beschwerdeführerin war daher zunächst legitimiert, ebenso den Rechtsbehelf der Säumnisbeschwerde einzubringen.
Gemäß § 42 Abs. 3 VwGG wirkt jedoch die Aufhebung eines Erkenntnisses oder Beschlusses eines Verwaltungsgerichtes durch den Verwaltungsgerichtshof „ex tunc“. Das bedeutet, dass der Rechtszustand im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob das aufgehobene Erkenntnis oder der aufgehobene Beschluss von Anfang an nicht erlassen worden wäre (vgl. etwa VwGH vom 18.12.2020, Zl. Ra2020/08/0148).Gemäß Paragraph 42, Absatz 3, VwGG wirkt jedoch die Aufhebung eines Erkenntnisses oder Beschlusses eines Verwaltungsgerichtes durch den Verwaltungsgerichtshof „ex tunc“. Das bedeutet, dass der Rechtszustand im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob das aufgehobene Erkenntnis oder der aufgehobene Beschluss von Anfang an nicht erlassen worden wäre vergleiche etwa VwGH vom 18.12.2020, Zl. Ra2020/08/0148).
Eine inhaltliche Behandlung einer Säumnisbeschwerde setzt jedoch voraus, dass auf Grund eines Antrages eine behördliche Entscheidungsfrist zur Erlassung eines Bescheides in Gang gesetzt wurde (vgl. VwGH 2007/12/0068), die Behörde innerhalb dieser Entscheidungsfrist ihrer Verpflichtung nicht nachkommt und der Beschwerdeführer dadurch in seinen Rechten verletzt werden kann.Eine inhaltliche Behandlung einer Säumnisbeschwerde setzt jedoch voraus, dass auf Grund eines Antrages eine behördliche Entscheidungsfrist zur Erlassung eines Bescheides in Gang gesetzt wurde vergleiche VwGH 2007/12/0068), die Behörde innerhalb dieser Entscheidungsfrist ihrer Verpflichtung nicht nachkommt und der Beschwerdeführer dadurch in seinen Rechten verletzt werden kann.
Da das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes derart eliminierte, ist der Rechtzustand nunmehr so zu betrachten, als ob die Entscheidung, nämlich der Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich, nie erlassen worden wäre. Demnach erfolgte keine Zurückverweisung und trifft die belangte Behörde auch keine Verpflichtung, einen neuerlichen Bescheid zu erlassen.
Da die belangte Behörde derzeit keine Entscheidungspflicht trifft, kann ihr auch keine Säumnis vorgeworfen werden. Bei der gegenständlichen Säumnisbeschwerde hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich wiederum die Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt anzuwenden. Derzeit besteht keine Säumnis der belangten Behörde und war die gegenständliche Säumnisbeschwerde daher als unzulässig zurückzuweisen.
Auf Grund des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.Auf Grund des Paragraph 24, Absatz 2, Ziffer eins, VwGVG konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.
Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung war im vorliegenden Fall im Hinblick auf die klare bzw. durch die Rechtsprechung hinreichend geklärte Rechtslage nicht zu lösen. Die ordentliche Revision gegen diesen Beschluss ist daher nicht zulässig.
Schlagworte
Landwirtschaft und Natur; Verfahrensrecht; Säumnisbeschwerde; Unzulässigkeit;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2024:LVwG.AV.2774.001.2023Zuletzt aktualisiert am
31.07.2024