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10/07 Verfassungs- und VerwaltungsgerichtsbarkeitNorm
B-VG Art139 Abs1 Z3Leitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags mehrerer aus erneuerbaren Energien stromerzeugenden Gesellschaften auf gänzliche Aufhebung des Energiekrisenbeitrag-StromG, der Energiekrisenbeitrag-Strom-UmsetzungsV sowie der Energiekrisenbeitrags-InvestitionsV mangels Legitimation; Möglichkeit der Bekämpfung eines Bescheids betreffend einen (bereits gestellten) Antrag auf Festsetzung der Abgabenschuld nach Vornahme der SelbstberechnungRechtssatz
Beitragsschuldner des Energiekrisenbeitrages-Strom ist gemäß §5 Abs1 Z1 EKBSG der Betreiber einer Anlage zur Erzeugung von Strom gemäß §1 Abs3 EKBSG. §6 Abs2 EKBSG sieht vor, dass der Beitragsschuldner den Beitrag selbst zu berechnen und am Fälligkeitstag an das zuständige Finanzamt zu entrichten hat. Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann gemäß §201 Abs1 BAO nach Maßgabe des Abs2 und muss nach Maßgabe des Abs3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, der Abgabenbehörde keinen selbst berechneten Betrag bekannt gibt oder sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Nach §201 Abs2 Z3 BAO kann die Festsetzung erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des §303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden. Nach §201 Abs3 Z1 BAO hat die Festsetzung zu erfolgen, wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht wird.
Somit kann nach Vornahme der Selbstberechnung eine Festsetzung mit dem Hinweis beantragen, die Selbstberechnung erweise sich als nicht richtig. Bei Beschreitung dieses Weges befänden sich die Antragsteller, was ihre Verpflichtung zur Entrichtung inzwischen fällig gewordener Abgaben nach den zitierten Vorschriften betrifft, in keiner anderen Situation als Abgabepflichtige, welche im Bereich der Vollziehung liegende Rechtswidrigkeiten von Bescheiden rügen wollen.
Den antragstellenden Gesellschaften steht somit die Möglichkeit offen, im abgabenbehördlichen Verfahren eine Entscheidung des BFG zu erwirken, in welcher über das Bestehen einer Verpflichtung zur Entrichtung des Energiekrisenbeitrages-Strom abgesprochen wird. Gegen eine derartige Entscheidung können sie in der Folge gemäß Art144 Abs1 B-VG Beschwerde beim VfGH erheben und auf diesem Wege ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtenen Normen anders als im Wege des - bloß als subsidiären Rechtsbehelf ausgestalteten - Individualantrages an den VfGH herantragen.
Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht steht den antragstellenden Gesellschaften zudem die Möglichkeit offen, ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die vom Bundesfinanzgericht anzuwendenden Bestimmungen vorzutragen und das gemäß Art139 Abs1 Z1 sowie Art140 Abs1 Z1 lita B-VG antragsberechtigte Bundesfinanzgericht zur Antragstellung an den VfGH zu veranlassen.
Wie die antragstellenden Gesellschaften zugestehen, haben sie den skizzierten, behauptetermaßen unzumutbaren Rechtsweg bereits beschritten: Schon bevor der Antrag gestellt worden war, hatten sämtliche Gesellschaften die Erlassung eines Bescheides gemäß §203 BAO beantragt. Einige der antragstellenden Gesellschaften hatten gegen die solcherart erlassenen Bescheide bereits Beschwerden gemäß Art130 Abs1 Z1 B-VG an das BFG erhoben. Da den antragstellenden Gesellschaften sohin ein zumutbarer Rechtsweg zur Verfügung steht, um die behauptete Verfassungswidrigkeit des Energiekrisenbeitrag-StromG, der Verordnung zur Umsetzung des Bundesgesetzes über den Energiekrisenbeitrag-Strom und der Verordnung über den Absetzbetrag für begünstigte Investitionen im Rahmen der Energiekrisenbeiträge geltend zu machen, erweist sich der auf Art139 Abs1 Z3 sowie Art140 Abs1 Z1 litc B-VG gestützte Antrag schon aus diesem Grund als unzulässig.
(Vgl B v 20.06.2024, G14/2024: Zurückweisung eines Individualantrags auf alleinige Aufhebung des Energiekrisenbeitrag-StromG. Der auf bescheidmäßige Festsetzung des Energiekrisenbeitrages-Strom sowie auf Rückzahlung des sich aus dieser Festsetzung ergebenden Guthabens gerichtete Antrag wurde bereits als unbegründet abgewiesen. Gegen diese Entscheidung hätte die antragstellende Partei Beschwerde an das BFG gemäß Art130 Abs1 Z1 B-VG erheben können).
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, VfGH / Weg zumutbarer, Abgaben, Bundesfinanzgericht, Beschwerderecht, Rechtsschutz, Selbstbemessung, Bescheid, VfGH / LegitimationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2024:G8.2024Zuletzt aktualisiert am
30.07.2024