Entscheidungsdatum
18.07.2024Index
50/01 GewerbeordnungNorm
GewO 1994 §74Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Mag. Dünser über die Beschwerde von Frau AA und Frau BB, beide Adresse 1, **** Z, mitbeteiligte Partei CC, Adresse 2, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 11.12.2023, ***, betreffend gewerberechtliche Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,
zu Recht erkannt:
1. Aufgrund der bei der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Antragseinschränkung wird der Betrieb des Rollpackers auf den Zeitraum Montag bis Freitag 06:00 bis 19:00 Uhr eingeschränkt. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die CC die gewerberechtliche Genehmigung zur Änderung der am Standort **** Z, Adresse 2, situierten Betriebsanlage zur Herstellung von Wärmepumpen erteilt. Die Änderung bezieht sich dabei auf die Errichtung eines Kragarmregals im Süden angrenzend an die Halle 7 als Hochregallager, die Herstellung einer Außenbeleuchtung mittels LED-Strahler im südlichen Bereich der Halle 7 sowie die Errichtung und den Betrieb eines Rollpackers im südwestlichen Bereich der Halle 6.
Das Kragarmregal ist in etwa 6,85 m hoch und 20,19 m lang. Die Manipulationen am Regal erfolgen mittels E-Stapler. Am Regal selber werden Verdampfer auf Paletten gelagert. Die Manipulationen sollen ausschließlich von Montag bis Freitag von 06.00 bis 22:00 Uhr erfolgen, wobei pro Stunde zwei bis drei Fahrten anfallen werden. Der Rollpacker soll nach dem ursprünglichen Antrag bzw der Genehmigung der belangten Behörde in der Zeit zwischen 06:00 und 22:00 Uhr von Montag bis Freitag in Betrieb sein. Die Zu- und Ablieferungen der Container, in welchen die Abfälle schlussendlich gelagert werden, erfolgt zwischen 06:00 und 19:00 Uhr. Der Rollpacker wird zweimal täglich für rund 10 Minuten im Einsatz stehen. Die Abholung der Container erfolgt einmal am Tag.
Betreffend die Beleuchtung der Fassade wird festgehalten, dass die Anbringung und der Betrieb von sieben Außenbeleuchtungsscheinwerfern beantragt wird. Der Betrieb der Scheinwerfer soll von 04:30 bis 22:30 Uhr von Montag bis Freitag erfolgen. Die Beleuchtungsanlage wird hinsichtlich der verwendeten Scheinwerfer und deren Lichtstärke im angefochtenen Bescheid näher spezifiziert.
Dagegen richtet sich das fristgerecht erhobene Rechtsmittel, in welchem inhaltlich auf das Wesentliche zusammengefasst Beeinträchtigungen durch die Betriebsanlage mit Lärm- und Lichteinwirkungen behauptet werden. Betreffen die zu erwartenden Lärmbeeinträchtigungen wird vorgebracht, dass keine Iststandserhebung durchgeführt worden sei. Insbesondere sei keine Lärmmessung dazu erfolgt. Weiters wurde vorgebracht, dass in Bezug auf die Lagerung der Wärmepumpen auf dem Hochregallager weitere Manipulationen erforderlich seien, da diese ja abgeholt werden müssten und die Abholung dieser Produkte mittels LKW erfolgen werde. Dies bedinge eine Erhöhung des LKW Verkehrs, was von der belangten Behörde nicht berücksichtigt worden sei. Schon jetzt sei der Lärm für sie als Nachbarn unerträglich, weshalb für sie nicht nachvollziehbar sei, dass der „planungstechnische Grundsatz“ eingehalten werde. Offensichtlich bewirke jede Genehmigung bzw Änderungsgenehmigung einen neuen, aber immer erhöhten Grundgeräuschpegel und werde davon bei jeder weiteren Genehmigung der planungstechnische Grundsatz neu bewertet. Festgehalten werden müsse, dass eine medizinische Beurteilung durch medizinische Amtssachverständige in den bis dato durchgeführten Verfahren nicht erfolgt seien. Auch seien angekündigte lärmschutztechnische Maßnahmen nicht beschrieben, vorgestellt oder gar ausgeführt worden.
Betreffend die Errichtung einer Außenbeleuchtung wurde vorgebracht, dass die gesamte Aufhellung im Bereich der Beschwerdeführerinnen beidseits schon viel zu hoch sei. Der Sachverständige beziehe sich lediglich auf die spezifischen Lichtimmissionen durch die neuen Anlagenteile; eine Gesamtbetrachtung sei nicht vorgenommen worden. Zudem wurde die Dauer der beabsichtigten Außenbeleuchtung kritisiert, zumal diese länger sei als die vorgegebenen Manipulationszeiten in diesem Bereich.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat nach Vorlage des Aktes den gewerbetechnischen Amtssachverständigen der belangten Behörde mit der Durchführung einer Hintergrundmessung beauftragt.
Sodann wurde am 27.06.2024 die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. An dieser teilgenommen hat der gewerbetechnische Amtssachverständige der belangten Behörde, ein lichttechnischer Amtssachverständiger, ein Vertreter der mitbeteiligten Partei, sowie die Beschwerdeführerinnen und eine Vertreterin der belangten Behörde.
Im Rahmen der durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde der Antrag dahingehend eingeschränkt, dass der Rollpacker nicht bis 22:00 Uhr, sondern nur bis 19:00 Uhr betrieben werden soll.
Die Entscheidung wurde bei der mündlichen Verhandlung verkündet, die Beschwerdeführerinnen haben dazu fristgerecht einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung eingebracht.
II. Sachverhalt:
Die mitbeteiligte Partei beabsichtigt am Betriebsstandort in **** Z, Adresse 2, die Errichtung eines Kragarmregals, eines Rollpackers sowie einer Außenbeleuchtung. Durch die Errichtung des Kragarmregals sowie die Manipulationen an diesem Regal mittels E-Stapler in der Zeit von Montag bis Freitag von 06:00 bis 22:00 Uhr, durch die Errichtung und den Betrieb des Rollpackers in der Zeit von Montag bis Freitag 06:00 bis 19:00 Uhr zweimal am Tag sowie durch die Errichtung und den Betrieb einer Außenbeleuchtung mittels LED Strahler von Montag bis Freitag in der Zeit zwischen 04:30 Uhr und 22:30 Uhr, wie im angefochtenen Bescheid und den Einreichunterlagen näher beschriebenen, sind Gesundheitsgefährdung und Belästigungen der Beschwerdeführer jedenfalls ausgeschlossen.
III. Beweiswürdigung:
1. Lärm:
Die Feststellung, dass es im vorliegenden Fall in Bezug auf die Belastung durch Lärm nicht zu unzumutbaren Belästigungen der Beschwerdeführerinnen kommen kann, stützt sich auf die Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen DD. Dieser hat zunächst noch im Verfahren vor der belangten Behörde am 5.9.2023 ein Gutachten erstattet, in welchem in Bezug auf dem Antragsgegenstand festgehalten wird, dass der planungstechnische Grundsatz als lärmtechnisches Irrelevanzkriterium eingehalten wird.
Allerdings haben die Beschwerdeführerinnen zurecht darauf hingewiesen, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann, wenn Beeinträchtigungen messbar sind, diese auch zu messen sind. Aus diesem Grund wurde der gewerbetechnische Amtssachverständige vom Landesverwaltungsgericht Tirol mit Schriftsatz vom 20.03.2024 zur Durchführung einer Hintergrundmessung und entsprechend einer Ergänzung des Gutachtens aufgefordert. Mit seinem Gutachten vom 05.06.2024 führt der gewerbetechnische Amtssachverständige zusammenfassen Folgendes aus:
„Zusammenfassung
Im Rahmen des Berufungsverfahrens hinsichtlich der Errichtung und den Betrieb eines Kragarmregals sowie einem Rollenpacker wurde ersucht eine Hintergrundmessung zur Feststellung der örtlichen Gegebenheiten durchzuführen. Aufbauend darauf wurde um Stellungnahme ersucht, ob die Aussagen im Gutachten vom 05.09.2023, Zahl *** aufrechterhalten werden können. Im zitierten Gutachten wurde die Beurteilung der geplanten Anlagenteile auf eine rechnerische Ermittlung der örtlichen Verhältnisse abgestimmt, was im gegenständlichen Fall auf Grund der Nähe des Wohnhauses von Frau AA zur Adresse 3 nach den allgemein gültigen Regeln der Technik angewandt wird.
Die nunmehr durchgeführte Lärmmessung hat gezeigt, dass die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse speziell in der Abendzeit eine Abweichung gegenüber der rechnerischen Ermittlung gebracht hat. Dieser Umstand ist auf folgende Begründung zurückzuführen:
Die im Internet verfügbare Lärmkarte sowie die für das Software Programm CadnaA zur Verfügung gestellten Verkehrsdaten gehen im Bereich des Industriegebietes Z – Y von einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 km/h auf der Adresse 3 zwischen Strkm 24,400 und Strkm 24,835 (24,6 + 235 m) aus, die mit Verordnung der BH-Lienz vom 07.03.2003, Zahl ***, erlassen wurde. Mit Verordnung vom 09.11.2022, Zahl ***, wurde die zitierte Verordnung aufgehoben und neu erlassen und zwar zwischen Strkm 24,200 + 96 m und Strkm 28,800 + 36 m. Mit Verordnung vom 22.12.2022, Zahl ***, wurde der Bauunternehmung EE die Errichtung einer provisorischen Baustellenzufahrt/Straßenverbreiterung direkt nach der Firma „Fliesenteam“ in Verbindung mit einer ausgeweiteten Geschwindigkeitsbegrenzung veranlasst. Die bestehende Geschwindigkeitsbegrenzung auf 80 km/h wird bis Strkm 24,0 + 139 m ausgeweitet. Die Gültigkeit dieser Baustellenverordnung wurde mit einer ergänzenden Verordnung (vom 28.11.2023, ***) bis 30.11.2025 verlängert. Die geschwindigkeitsbeschränkte Länge erhöht sich dadurch um 261 m.
Wie aus dem TIRIS Maps Edit/Verkehr zu entnehmen ist, befindet sich die Einfahrt zum ca. 60 m zur Adresse 3 entfernten Wohnhaus von Frau AA bei Strkm 24,200. Somit liegt der Messpunkt der durchgeführten Lärmmessung genau im Einflussbereich der befristeten Geschwindigkeitsbeschränkung der stark frequentierten Adresse 3, was naturgemäß zu einer Reduzierung der örtlichen Verhältnisse in diesem Bereich führt.
Als Folge dieses Umstandes – befristete Geschwindigkeitsbeschränkung und der damit verbundenen Reduzierung der örtlichen Verhältnisse – ergibt sich, dass der Planungstechnische Grundsatz für den Betrieb des beantragten Rollpackers in der Abendzeit nicht erfüllt wird, sodass für diesen Anlagenteil eine medizinische Beurteilung für die Abendzeit erforderlich ist. Für den Betrieb des Kragarmregals hingegen wird der Planungstechnische Grundsatz auch in der Abendzeit erfüllt.“
2. Lichttechnische Auswirkungen:
Betreffend die lichttechnischen Auswirkungen der Außenbeleuchtung hat die belangte Behörde ein Gutachten des Amtssachverständigen FF eingeholt. Dieser führt im Gutachten vom 10.10.2023 zusammenfassend Folgendes aus:
„Beurteilung
Die ÖNORM O 1052:2022 wird als anerkannte Regel der Technik angesehen, welche den Stand der Technik für die Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen wiedergibt.
Ziel dieser ÖNORM ist es, maximal zulässige Grenzwerte für die Lichteinwirkungen auf Mensch und Umwelt festzulegen, die durch lichtemittierende Anlagen hervorgerufen werden.
Im Hinblick auf eine mögliche Beeinträchtigung (Belästigung) von Anrainern schlägt die ÖNORM lichttechnische Grenzwerte zur Vermeidung einer unerwünschten Aufhellung von Räumlichkeiten (Raumaufhellung) und zur Vermeidung einer (psychologischen) Blendung vor.
Die in der ÖNORM O 1052 vorgeschlagenen Grenzwerte sind abhängig von einer Gebietskategorie. Aufgrund der erforderlichen Beurteilung der Lichtimmissionen im Hinblick auf das im unmittelbaren Umfeld befindliche Wohngebäude werden im gegenständlichen Fall die Grenzwerte gem. „Gebiet B“ der ÖNORM O 1052 (Definition lt. ÖNORM O 1052: Wohngebiete, Bereiche, die überwiegend dem Wohnen dienen, mit vereinzelten Geschäftslokalen, Kleinsiedlungsgebiete, Siedlungsränder u. dgl.) als erforderlich erachtet und herangezogen.
Aufhellung von Räumlichkeiten (Raumaufhellung):
Der in der ÖNORM O 1052 vorgeschlagene lichttechnische Grenzwert für Raumaufhellung ist eine Beleuchtungsstärke (Lux) in der Fensterebene der zu beurteilenden Räume, welche abhängig ist vom Bewertungsgebiet, in welchem sich die Betroffenen befinden und dem Zeitraum nach Einbruch der Dunkelheit, in welchem die Lichtquelle betrieben wird.
Der in ÖNORM O 1052 vorgeschlagene Grenzwert für Raumaufhellung in einem Gebiet B (Wohngebiet) in der Zeit von 20:00 – 22:00 beträgt 3 lx, in der Zeit von 22:00 – 06:00 beträgt dieser 1 lx.
In der gegenständlichen Angelegenheit wurden anhand der lichttechnischen Berechnung in einer Entfernung von 50 m in einer Höhe von 0 – 5 m Werte von 0,06 bis 0,35 lx ermittelt.
Aufgrund der lichttechnischen Kennwerte der Scheinwerfer und deren Positionierung sind die ermittelten Berechnungswerte der vertikalen Beleuchtungsstärke in 50m Entfernung aus fachlicher Sicht plausibel.
In größerer Entfernung beim Grundstück **1, AA, werden sich die Werte der Raumaufhellung weiter reduzieren. Der in ÖNORM O 1052 vorgeschlagene Grenzwert für Raumaufhellung wird sicher eingehalten.
Beurteilung hinsichtlich Blendung (psychologische Blendung):
Verursacht wird eine Blendung durch eine ungünstige Leuchtdichteverteilung (Intensität der Lichtquelle) im Gesichtsfeld sowie durch zu große Hell-Dunkel-Kontraste. Die Leuchtdichte wird in Candela pro m² (cd/m²) angegeben.
Blendungen können eine Herabsetzung der Sehleistung bewirken (physiologische Blendung) oder eine Störung des Wohlbefindens (Belästigung) hervorrufen. Im zweiten Fall spricht man von einer „psychologischen Blendung“.
In der ÖNORM O 1052 wird nur die psychologische Blendung betrachtet, eine physiologische Blendung tritt bei größeren Leuchtdichten auf. In der ÖNORM O 1052 wird zwar auch für eine Lichtquelle ein Grenzwert für psychologischen Blendung abhängig vom Bewertungsgebiet vorgeschlagen, im gegenständlichen Fall ist die Ermittlung aufgrund der Lichtcharakteristik der eingesetzten Leuchten irrelevant. Gem. Datenblatt der Leuchte TRILUX, *** findet die relevante Lichtabstrahlung im Winkelbereich 15° bis 90° statt, d.h. bei einer Lichtpunkthöhe von 6m reichen relevante direkte Lichtanteile direkt nur bis ca. 25m weit. Dies zeigt sich auch an den ermittelten Werten der vorgelegten lichttechnischen Berechnung. Die Lichtanteile der weiter entfernt liegenden Orte (Berechnungsort 50m) sind dem Streulicht von ausgeleuchteten Flächen (Boden, angestrahlte Wand) zuzuordnen.
Zusammenfassend kann mitgeteilt werden, dass für das Vorhaben die in der ÖNORM O 1052:2022 vorgeschlagenen Grenzwerte für Nachbarschaftsschutz eingehalten werden und daher nicht von einer unzumutbaren Belästigung des Nachbarn auf Grundstück Gp. **1, KG Z i.O., durch die Außenbeleuchtung auszugehen ist.“
Festgehalten wird, dass beide Sachverständige bei der vom Landesverwaltungsgericht Tirol durchgeführten mündlichen Verhandlung einvernommen wurden. Die Gutachten beider Sachverständiger waren schlüssig, widerspruchsfrei und vollständig. Von den Beschwerdeführerinnen wurde diesen Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Soweit die Beschwerdeführerinnen in Bezug auf Lärm vorgebracht haben, dass keine Hintergrundmessung durchgeführt wurde, so wurde diesem Argument Rechnung getragen und im vom Landesverwaltungsgericht Tirol ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahren eine entsprechend Hintergrundmessung eingeholt, zu Folge welcher auch die mitbeteiligte Partei bei der mündlichen Verhandlung den Konsensantrag betreffend den Betrieb des Rollpackers auf 19:00 Uhr, sohin außerhalb der vom Amtssachverständigen als problematisch eingestuften Abendzeit, eingeschränkt hat.
Weiters wird festgehalten, dass beide Amtssachverständige bei der mündlichen Verhandlung festgehalten haben, dass die Beiziehung eines medizinischen Amtssachverständigen zur weiteren Beurteilung der Auswirkungen der Betriebsanlage aus fachlicher Sicht nicht erforderlich ist. So wurde in Bezug auf die lärmtechnischen Auswirkungen ausdrücklich ausgeführt, dass im Hinblick auf die anzuwendende ÖNORM nicht mit lärmtechnisch negativen Auswirkungen in Bezug auf die Nachbarn zu rechnen ist und insofern aus technischer Sicht die Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen entbehrlich ist. Auch aus dem Gutachten des lichttechnischen Amtssachverständigen ergibt sich, dass die Vorgaben der bezughabenden ÖNORM deutlich eingehalten werden. Soweit von den Beschwerdeführerinnen dazu bei der mündlichen Verhandlung ausgeführt wurde, dass es bereits zu starken Einwirkungen gekommen ist, so wurde dies dahingehend aufgeklärt, dass bei einem provisorisch angebrachten Scheinwerfer ein technisches Gebrechen vorgelegen ist, durch welches der Abstrahlwinkel verstellt wurde. Dieses Gebrechen wurde allerdings zwischenzeitlich behoben und erfolgen derartige direkte Blendungen nicht mehr.
Soweit von den Beschwerdeführerinnen im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht bei der mündlichen Verhandlung weiters ausgeführt wurde, dass auch Blendwirkungen im Hinblick auf die Innenbeleuchtung von Bestandshallen erfolgen, so wird darauf hingewiesen, dass diese Auswirkungen nicht verfahrensgegenständlich sind. Insbesondere bezieht sich der Bewilligungsantrag der mitbeteiligten Partei nicht auf die Innenbeleuchtung der Fabrikationshallen.
IV. Rechtslage:
GewO 1994
„8. Betriebsanlagen
§ 74. (…)Paragraph 74, (…)
(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte, 1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, Bundesgesetzblatt Nr. 450 aus 1994,, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, Bundesgesetzblatt Nr. 450 aus 1994,, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 4, Litera g, angeführten Nutzungsrechte,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
(…)
§ 75. (…)Paragraph 75, (…)
(2) Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes sind alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst in Schulen ständig beschäftigten Personen.
(…)
§ 77Paragraph 77,
(1) Die Betriebsanlage ist zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die nach dem ersten Satz vorzuschreibenden Auflagen haben erforderlichenfalls auch Maßnahmen für den Fall der Unterbrechung des Betriebes und der Auflassung der Anlage zu umfassen; die Behörde kann weiters zulassen, daß bestimmte Auflagen erst ab einem dem Zeitaufwand der hiefür erforderlichen Maßnahmen entsprechend festzulegenden Zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage oder von Teilen der Anlage eingehalten werden müssen, wenn dagegen keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen.“(1) Die Betriebsanlage ist zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (Paragraph 71 a,) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des Paragraph 74, Absatz 2, Ziffer eins, vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des Paragraph 74, Absatz 2, Ziffer 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die nach dem ersten Satz vorzuschreibenden Auflagen haben erforderlichenfalls auch Maßnahmen für den Fall der Unterbrechung des Betriebes und der Auflassung der Anlage zu umfassen; die Behörde kann weiters zulassen, daß bestimmte Auflagen erst ab einem dem Zeitaufwand der hiefür erforderlichen Maßnahmen entsprechend festzulegenden Zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage oder von Teilen der Anlage eingehalten werden müssen, wenn dagegen keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im Paragraph 74, Absatz 2, umschriebenen Interessen bestehen.“
V. Erwägungen:
Unter Hinweis auf die wie oben wiedergegebenen Feststellungen wird festgehalten, dass im vorliegenden Fall durch die beantragte Änderung der Betriebsanlage der mitbeteiligen Partei unzumutbare Belästigungen oder gar Gesundheitsbeeinträchtigungen bei den Beschwerdeführerinnen auszuschließen sind. Dies ergibt sich ausdrücklich aus den eingeholten Amtssachverständigengutachten, welchen weder auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten wurde, noch deren Unvollständigkeit, Unschlüssigkeit oder Widersprüchlichkeit von den Beschwerdeführerinnen dargelegt wurde. Zumal durch die Gutachten der Amtssachverständigen eine Gesundheitsgefährdung nicht in Betracht kam, ist die Einholung eines medizinischen Amtssachverständigengutachtens nicht zwingend erforderlich (vgl dazu etwa VwGH 14.03.1989, 88/05/0174). Unter Hinweis auf die wie oben wiedergegebenen Feststellungen wird festgehalten, dass im vorliegenden Fall durch die beantragte Änderung der Betriebsanlage der mitbeteiligen Partei unzumutbare Belästigungen oder gar Gesundheitsbeeinträchtigungen bei den Beschwerdeführerinnen auszuschließen sind. Dies ergibt sich ausdrücklich aus den eingeholten Amtssachverständigengutachten, welchen weder auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten wurde, noch deren Unvollständigkeit, Unschlüssigkeit oder Widersprüchlichkeit von den Beschwerdeführerinnen dargelegt wurde. Zumal durch die Gutachten der Amtssachverständigen eine Gesundheitsgefährdung nicht in Betracht kam, ist die Einholung eines medizinischen Amtssachverständigengutachtens nicht zwingend erforderlich vergleiche dazu etwa VwGH 14.03.1989, 88/05/0174).
Soweit weiters vorgebracht wurde, dass durch die Errichtung des Hochregals weitere LKW-Fahrten betreffend die produzierten Güter erfolgen würden wird festgehalten, dass sich der Genehmigungsantrag nicht darauf bezieht. Zumal es sich im Betriebsanlagenverfahren nach der GewO 1994 um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt, bei dem nur das zu beurteilen ist, was beantragt wurde (vgl VwGH 26.05.1998, 98/04/0023), war darauf nicht näher einzugehen. Dies gilt auch für die durch die Innenbeleuchtung einer Bestandsanlage verursachten Lichtemissionen. Soweit weiters vorgebracht wurde, dass durch die Errichtung des Hochregals weitere LKW-Fahrten betreffend die produzierten Güter erfolgen würden wird festgehalten, dass sich der Genehmigungsantrag nicht darauf bezieht. Zumal es sich im Betriebsanlagenverfahren nach der GewO 1994 um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt, bei dem nur das zu beurteilen ist, was beantragt wurde vergleiche VwGH 26.05.1998, 98/04/0023), war darauf nicht näher einzugehen. Dies gilt auch für die durch die Innenbeleuchtung einer Bestandsanlage verursachten Lichtemissionen.
Soweit betreffend die Fassadenbeleuchtung weiters darauf hingewiesen wurde, dass diese länger in Betrieb stehen soll als der Betrieb der Anlage so wird nochmals darauf hingewiesen, dass die bezughabende ÖNORM betreffend den gesamten beantragten Zeitraum eingehalten wird, weshalb die mitbeteiligte Partei auch einen Rechtsanspruch auf Genehmigung entsprechend ihrem Antrag hatte. Außerdem hat die mitbeteiligte Partei auch auf die Erforderlichkeit der Beleuchtung im Hinblick auf die An- und Abfahrt der ArbeitnehmerInnen der Betriebsanlage hingewiesen.
Aus diesem Grund waren nach Maßgabe der bei der mündlichen Verhandlung erfolgten Einschränkung des zeitlichen Betriebs des Rollpackers die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beantworten war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. So war im vorliegenden Fall im Wesentlichen eine sachverhaltsbezogene Einzelfallbeurteilung vorzunehmen, nämlich inwiefern es zu unzumutbaren Belästigungen oder gar Gesundheitsbeeinträchtigungen im Sinne des § 74 Abs 2 GewO 1994 kommt oder nicht. Diese Frage war sachverhaltsbezogen durch Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens zu klären. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Artikel 133, Absatz 4, B-VG zu beantworten war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. So war im vorliegenden Fall im Wesentlichen eine sachverhaltsbezogene Einzelfallbeurteilung vorzunehmen, nämlich inwiefern es zu unzumutbaren Belästigungen oder gar Gesundheitsbeeinträchtigungen im Sinne des Paragraph 74, Absatz 2, GewO 1994 kommt oder nicht. Diese Frage war sachverhaltsbezogen durch Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens zu klären.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Dünser
(Richter)
Schlagworte
Nachbarbeschwerde wegen Lärm und LichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2024:LVwG.2024.15.0163.5Zuletzt aktualisiert am
29.07.2024