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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AuslBG §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 1. Oktober 1993, Zl. IIc/6702 B, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den kubanischen Staatsangehörigen N. für die Tätigkeit als "Kellner (mit perfektem Spanisch und Englisch)". Als spezielles Erfordernis war angegeben "Umgang mit unseren Party Service Kunden in Botschaften", wobei der Beschäftigungsort in südamerikanischen Botschaften, die der Beschwerdeführer seit Jahren beliefere, sein sollte.
Mit Bescheid vom 29. April 1993 wies das zuständige Arbeitsamt den Antrag gemäß § 4 Abs. 6 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) ab. Laut Begründung habe der Vermittlungsausschuß im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe das "Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der in § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
In der Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, N. sei ein "Gastronomie-Fachmann", der der beschwerdeführenden Partei sein "Können" in Kuba habe beweisen können. Seine guten Kontakte zu den südamerikanischen Botschaften und seine Sprachkenntnisse (Spanisch, Englisch, Russisch und Deutsch) seien für den Betrieb von unschätzbarem Wert. Mit dem Party-Service betreue die beschwerdeführende Partei einige ausländische Botschaften in Wien. Mit der Einstellung von N. sei dieser Kundenkreis sicher erweiterbar und es könnten neue Arbeitsplätze für österreichische Arbeitnehmer geschaffen werden.
In der Folge erteilte die beschwerdeführende Partei beim Arbeitsamt einen Vermittlungsauftrag für einen "qualifizierten Kellner mit Sprachkenntnissen (perfektes Spanisch und Englisch) für Veranstaltungen in diversen ausländischen Botschaften".
Der Vermittlungsauftrag hatte nach der Aktenlage offenbar keinen Erfolg.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 1. Oktober 1993 gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i. V.m. § 4 Abs. 6 und § 4 Abs. 1 sowie § 13a AuslBG keine Folge. Nach Zitierung der einschlägigen Rechtslage führte die belangte Behörde bezogen auf den beschwerdegegenständlichen Sachverhalt lediglich aus, Herr N. werde für die Beschäftigung als Kellner beantragt, der hiefür erforderliche Qualifikationsnachweis habe aber nicht vorgelegt werden können. Die Berufungsausführungen seien daher gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG nicht geeignet, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zu begründen.
In der Beschwerde wird beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid im Spruch auf § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt. Im Beschwerdefall erübrigen sich Erwägungen zur Berechtigung der Ablehnung des Antrages der beschwerdeführenden Partei im erschwerten Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG, weil darauf in der Begründung des angefochtenen Bescheides (der auch ausdrücklich auf die Ablehnung des Antrages gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG hinweist) nicht weiter eingegangen wird. Es kommt daher entscheidend nur darauf an, ob die belangte Behörde mit Recht davon ausgehen konnte, daß der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung aus § 4 Abs. 1 AuslBG abzuleitende Umstände entgegenstehen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1994, 93/09/0426).
Nach § 4 Abs. 1 AuslBG ist die Beschäftigungsbewilligung, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 Abs. 1 AuslBG muß aufgrund eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens, das von Amts wegen unter Beteiligung des Antragstellers durchzuführen ist, vorerst festgestellt werden, für welche Beschäftigung diese Bewilligung konkret beantragt wurde und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes - unter Beachtung der Regelung des § 4b AuslBG - diese konkrete Beschäftigung (des für sie in Aussicht genommenen Ausländers) zuläßt. Es ist das Recht jedes Arbeitgebers, sofern er damit nicht gegen zwingendes Recht verstößt, die Anforderungen festzusetzen, die ihr an eine von ihm zu beschäftigende Person stellt. Finden diese Anforderungen in objektiven Notwendigkeiten eine Grundlage, dann gehören sie zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen der Beschäftigung, die bei einer Prüfung nach § 4 Abs. 1 AuslBG zugrundezulegen sind (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Jänner 1995, 94/09/0176, m.w.N.).
Die Begründung des angefochtenen Bescheides erschöpft sich in der Feststellung, für N. habe der für die Beschäftigung als Kellner erforderliche Qualifikationsnachweis nicht vorgelegt werden können (wobei nicht angegeben wird, welcher Art dieser Qualifikationsnachweis hätte sein sollen). Damit ist aber noch nicht gesagt, daß N. nicht den für den in Rede stehenden Arbeitsplatz (der schon laut Antragstellung - und den Berufungsausführungen - auf eine spezielle Tätigkeit im Rahmen einer Auftragserfüllung der beschwerdeführenden Partei bei ausländischen Botschaften gerichtet war) notwendigen Anforderungen entsprochen hätte. Jedenfalls hätte die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei im Rahmen des Parteiengehörs (§ 45 Abs. 3 AVG) Gelegenheit zur Stellungnahme zu ihrer offenbar vertretenen Ansicht geben müssen, N. komme wegen des fehlenden Qualifikationsnachweises für die zu besetzende Arbeitsstelle nicht in Betracht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. April 1994, 93 09/0112). Die dazu in der Beschwerde enthaltenen Ausführungen, für die Anstellung von N. seien in erster Linie seine Sprachkenntnisse und nicht eine Ausbildung als gelernter Kellner von Bedeutung gewesen, sind damit auch keine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerungen, sondern Hinweise auf der belangten Behörde unterlaufene wesentliche Verfahrensmängel. Der angefochtene Bescheid war damit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Der Kostenzuspruch stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 und 2 VwGG i.V.m. der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Parteiengehör Allgemein Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren Parteiengehör Unmittelbarkeit Teilnahme an Beweisaufnahmen Parteiengehör Verletzung des Parteiengehörs VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993090451.X00Im RIS seit
27.11.2000