TE Vwgh Beschluss 1995/6/22 95/09/0135

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Veröffentlicht am 22.06.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §46 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann sowie Senatspräsident Dr. Fürnsinn und Hofrat Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über den Antrag des J in W, vertreten durch Dkfm. DDr. G, Rechtsanwalt in W, auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der Beschwerde in dem mit Beschluß vom 20. April 1995, Zl. 94/09/0350, abgeschlossenen Verfahren, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

Begründung

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages wird vorgebracht, dem Vertreter des Beschwerdeführers seien am 6. Februar 1995 zwei Aufforderungen zur Mängelbehebung zugestellt worden, eine zur GZ 94/09/0351 und eine zur GZ 94/09/0350. Die beiden Schreiben seien bis auf eine Ziffer in der GZ des Verwaltungsgerichtshofes sowie eine Ziffer in der GZ der bekämpften Entscheidung und deren Datum völlig ident gewesen, nicht nur im Inhalt, sondern auch in deren - schreibautomatisch hergestellten - äußeren Form. Aufgrund der nahezu völlig identen Erscheinung seien die beiden Schreiben irrtümlich für zwei Ausfertigungen derselben Aufforderung angesehen worden, beide in den Handakt zur GZ 94/09/0351 eingeordnet und daher in der Folge nur ein Schriftsatz zu dieser GZ eingebracht worden. Nach Zustellung des das verwaltungsgerichtliche Verfahren einstellenden Beschlusses vom 20. April 1995 zur GZ 94/09/0350 am 3. Mai 1995 sei der Vertreter des Beschwerdeführers auf dieses (mindere) Versehen aufmerksam geworden. Ein ähnliches Versäumnis habe sich bislang in der Kanzlei nicht ereignet, beide Kanzleikräfte verfügten über die "BU" und sowohl sie als auch der Konzipient, der den Schriftsatz vom 6. März 1995 (GZ 94/09/0351) verfaßt habe, hätten bislang keinerlei Anlaß zur Beanstandung über die nicht auftragsgemäße Erledigung der Fristenwahrung bei nachprüfender Kontrolle durch den Vertreter des Beschwerdeführers gegeben. Als Bescheinigungsmittel würden die Aussagen von Friedrich T. und Mag. Helmut G. angeboten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß ein Verschulden des Parteienvertreters (Rechtsanwalt, Notar oder Wirtschaftstreuhänder) einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen ist (vgl. beispielsweise die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 1991, Zl. 90/16/0197 und vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/09/0327, jeweils mit weiteren Nachweisen). Die Bewilligung der Wiedereinsetzung kommt somit nur in Betracht, wenn dem Antragsteller und seinem Vertreter kein Versehen oder nur ein minderer Grad des Versehens angelastet werden kann. Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist dabei nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers abgesteckt ist (siehe dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes z.B. den Beschluß vom 28. Juni 1989, Zlen. 89/16/0105, 0106, mit weiteren Nachweisen).

Ein bevollmächtigter Vertreter hat die Organisation seines Kanzleibetriebes grundsätzlich so einzurichten, daß insbesondere die fristgerechte Setzung von - mit Präklusion sanktionierten - Prozeßhandlungen sichergestellt wird. Dabei wird durch entsprechende Kontrolle unter anderem dafür vorzusorgen sein, daß Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Oktober 1994, Zlen. 93/16/0075, 0076, mit weiterem Nachweis).

Aus den Ausführungen im Wiedereinsetzungsantrag ergibt sich in keiner Weise, inwieweit in diesem Sinne in der Kanzlei des Vertreters des Beschwerdeführers ein entsprechendes Kontrollsystem eingerichtet gewesen wäre bzw. der Vertreter des Beschwerdeführers selbst der auch ihn treffenden Überwachungspflicht nachgekommen wäre, wobei hier auch anzumerken ist, daß die beiden am 6. Februar 1995 zugestellten Aufforderungen zur Mängelbehebung jeweils den BEIDEN antragsgemäß vom Verfassungsgerichtshof abgetretenen Beschwerden entsprachen (Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes vom 27. September 1994, Zl. B 1824/93-6, UND Zl. B 1134/93-6), die bei ordnungsgemäßer Erfassung in der Kanzlei des Beschwerdevertreters evident sein mußten. Im übrigen waren die beiden Aufforderungen zur Mängelbehebung zu GZ 94/09/0351 (der auch fristgerecht entsprochen wurde) und zu GZ 94/09/0350 keineswegs durch jeweils nur eine Ziffer in den GZ (und in den GZ der angefochtenen Bescheide und deren Daten) verschieden, betraf doch die Aufforderung zu GZ 94/09/0350 als Anfechtungsgegenstand ausdrücklich eine Festnahme ohne taugliche Grundlage am 2. Oktober 1992, die Aufforderung zu GZ 94/09/0351 ausdrücklich eine solche Festnahme am 5. Oktober 1992.

Nach dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag kann damit nicht gesagt werden, daß der Fristversäumnis insgesamt ein nicht bloß minderer Grad des Versehens im Sinn des § 46 Abs. 1 VwGG zugrundelag. Dem Wiedereinsetzungsantrag war somit keine Folge zu geben.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995090135.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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