TE Vwgh Erkenntnis 1995/6/22 95/09/0085

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Veröffentlicht am 22.06.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §19 Abs1;
VStG §19 Abs2;
VStG §20;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und Senatspräsident Dr. Fürnsinn und Hofrat Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 18. Februar 1994, Zl. UVS-07/03/00227/92, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war unbestritten zur Tatzeit handelsrechtlicher Geschäftsführer der P.-Gesellschaft m.b.H. (in der Folge kurz: Ges.m.b.H.) mit dem Sitz in Wien.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (Mag.) vom 14. April 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als zur Vertretung der Ges.m.b.H. nach außen Berufener zu verantworten, daß diese am 23. Oktober 1991 an einer Baustelle in Wien fünf namentlich genannte Polen beschäftigt habe, obwohl für diese Ausländer weder Beschäftigungsbewilligungen erteilt noch Arbeitserlaubnisse oder Befreiungsscheine ausgestellt worden waren. Der Beschwerdeführer habe dadurch fünf Verwaltungsübertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a

Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) begangen, wofür über ihn fünf Geldstrafen a S 40.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je zwei Wochen) verhängt wurden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, und zwar, wie in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde am 18. Februar 1994 klargestellt wurde, nur in der Straffrage.

Die belangte Behörde holte zu dieser Berufung eine Stellungnahme des Landesarbeitsamtes Wien (LAA) vom 24. Juni 1992 ein und hielt darüber nach Einholung einer Äußerung des Beschwerdeführers über seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse am 18. Februar 1994 eine mündliche Verhandlung ab.

Mit Spruchpunkt I des nunmehr angefochtenen Bescheides vom 18. Februar 1994 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers Folge und setzte die Geldstrafen auf je S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je eine Woche) herab; die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wurden zugleich entsprechend vermindert. Begründend führte die belangte Behörde dazu ausgehend von § 19 VStG aus, die erstinstanzliche Behörde habe die Verhängung der Geldstrafen in zweifacher Höhe der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe nur mit der rechtsirrigen Feststellung begründet, daß eine einschlägige verwaltungsstrafrechtliche Vormerkung als erschwerend zu berücksichtigen sei. Dies verstoße gegen das Doppelverwertungsverbot, da die einschlägige Verwaltungsstrafe bereits für die Heranziehung des Strafsatzes von S 20.000,-- bis S 240.000,-- grundlegend gewesen sei und daher nicht noch zusätzlich als erschwerend berücksichtigt hätte werden dürfen. Im Verfahren sei nichts hervorgekommen, wonach der Unrechtsgehalt der Tat den mit einer Übertretung der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsvorschrift an sich verbundenen Unrechtsgehalt wesentlich überschritten hätte, bzw. wesentlich hinter diesem zurückgeblieben wäre; es liege das typische Erscheinungsbild der Schwarzarbeit vor. Auch in der Dauer der Beschäftigung (ein Tag) könne kein besonderer Unrechtsgehalt erblickt werden. Das Verschulden sei als durchschnittlich zu bewerten, Vorsatz sei nicht festgestellt worden. Als mildernd sei zu berücksichtigen gewesen, daß der Beschwerdeführer in keiner Phase des Verfahrens die Zugehörigkeit der ausländischen Arbeitnehmer zur Ges.m.b.H. oder seine Verantwortlichkeit bestritten habe. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien ebenfalls als durchschnittlich zu bewerten, die Sorgepflicht für ein Kind sei berücksichtigt worden. Die bereits einmal erfolgte Bestrafung habe den Beschwerdeführer nicht von der Begehung eines weiteres Verstoßes gegen das AuslBG abgehalten. Im Zeitpunkt der Tat sei der Beschwerdeführer bereits einmal mit Straferkenntnis vom 5. Juni 1991 nach dem AuslBG mit S 5.000,-- bestraft gewesen. Die belangte Behörde vertrete die Ansicht, daß eine neuerliche Bestrafung in der nunmehr vierfachen Höhe pro beschäftigtem ausländischen Arbeitnehmer dem Erfordernis der Spezialprävention hinreichend Rechnung trage. Auch auf Grund der vom LAA angestellten Überlegungen bezüglich des Verhältnisses des aus der strafbaren Handlung erzielten wirtschaftlichen Vorteils zur Strafhöhe sei davon auszugehen, daß aus spezialpräventiver Sicht keine höhere Strafe erforderlich sei. Auch dem Erfordernis der Generalprävention werde mit der vorliegenden Strafbemessung ausreichend Sorge getragen. Eine außerordentliche Milderung im Sinne des § 20 VStG sei nicht in Betracht gekommen, weil besondere Milderungsgründe nicht hervorgekommen seien.

Mit Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides wurde dieser von der belangten Behörde gemäß § 52a VStG von Amts wegen dahingehend abgeändert, daß die verhängten Geldstrafen auf jeweils S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je vier Tage) herabgesetzt wurden. Die Strafsanktionsnorm laute "§ 28 Abs. 1 Z. 1 dritter Strafsatz" des AuslBG. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wurden erneut entsprechend verringert.

Das Gesetz sei im vorliegenden Fall offenkundig zum Nachteil des Beschwerdeführers verletzt worden, weil der vierte Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG zur Anwendung gekommen sei. Dies sei jedoch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 16. Juli 1992, Zl. 92/09/0052) nur dann zulässig, wenn auch die Vorstrafe die unerlaubte Beschäftigung von mehr als drei Ausländern betroffen hätte. Im Beschwerdefall weise der Beschwerdeführer zwar eine einschlägige Vorstrafe nach dem AuslBG auf, jedoch nicht wegen unerlaubter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern. Es sei daher zu Unrecht der vierte Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG angewendet worden, weshalb nunmehr unter Heranziehung eines Strafrahmens von S 10.000,-- bis S 120.000,-- die Strafen spruchgemäß herabzusetzen gewesen seien. Da bei Anwendung dieses Strafsatzes - ohne gegen das Doppelverwertungsverbot zu verstoßen - bei der Strafbemessung die Vorstrafe nach dem AuslBG als Erschwerungsgrund zu werten gewesen sei, sei eine weitere Herabsetzung der Strafen nicht in Betracht gekommen.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben, welcher deren Behandlung jedoch mit Beschluß vom 27. September 1994, B 1718/94-3, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In seiner im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes in der Frage der Strafbemessung geltend.

Die belangte Behörde hat von der Einbringung einer Gegenschrift abgesehen und hat mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe es verabsäumt, auf vorliegende Milderungsgründe einzugehen. Insbesondere sei unterlassen worden, auf die Geständigkeit des Beschwerdeführers einzugehen. Der Beschwerdeführer habe im gesamten Verfahren die ihm vorgeworfenen Straftaten ausdrücklich zugestanden und habe ausschließlich die Strafhöhe bekämpft. Unbestritten sei auch, daß der Beschwerdeführer nicht vorsätzlich gehandelt habe, doch sei der Umstand bloß fahrlässigen Verhaltens als Milderungsgrund nicht berücksichtigt worden. Ferner sei dem Beschwerdeführer die Beschäftigung der Ausländer nur an einem Tag vorgeworfen worden, worin kein besonderer Unrechtsgehalt erblickt werden könne. Der Beschwerdeführer habe auch die Absicht gehabt, unverzüglich Anträge auf Beschäftigungsbewilligungen für die Ausländer zu stellen, doch sei bereits vorher die Behörde eingeschritten. Es handle sich auch trotz Beschäftigung von fünf Ausländern nur um einen einzigen Vorfall. Es erscheine daher die Strafe keinesfalls als schuld- und tatangemessen. Ferner hätte die Tatsache Berücksichtigung zu finden gehabt, daß die Vorstrafe des Beschwerdeführers bereits mehr als drei Jahre zurückliege und daß sich der Beschwerdeführer seither wohlverhalten habe. Es sei somit ein deutliches Überwiegen der Milderungsgründe gegeben (§ 20 VStG), sodaß mit einer Strafe von S 5.000,-- pro Arbeitnehmer angemessen gewesen wäre. Die belangte Behörde habe ihr Ermessen nicht dem Gesetz gemäß ausgeübt, und sie habe § 20 VStG außer Acht gelassen.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde gemäß Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides zutreffend von einem gesetzlichen Strafrahmen von S 10.000,-- bis S 120.000,-- ausgegangen. Dies wird auch vom Beschwerdeführer nicht in Frage gestellt.

Die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1980, Slg. 10077/A). Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch macht. Dabei ist es Sache der Behörde, die für die Strafbemessung maßgebenden Erwägungen darzustellen, um so dem Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit zur Überprüfung zu eröffnen, ob vom Ermessen gesetzgemäß Gebrauch gemacht worden ist (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 1985, Zl. 85/18/0317).

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die von ihr letztlich festgesetzten Strafen durchaus im Sinne dieser Gesetzesstelle begründet. Sie hat sich im Rahmen ihrer Erwägungen mit dem Unrechtsgehalt der Tat, mit den vorliegenden Milderungs- und Erschwerungsgründen, mit dem dem Beschwerdeführer anzulastenden Verschulden und mit Überlegungen zur Spezial- und zur Generalprävention in durchaus gesetzgemäßer Weise auseinandergesetzt. Dabei hat sie sowohl den Umstand, daß der Beschwerdeführer die Begehung der Taten nicht bestritten hat, als auch die Schuldform der Fahrlässigkeit und die Dauer des strafbaren Verhaltens in ihre Erwägungen einbezogen, und sie hat auch die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers nicht unerörtert gelassen. In der Beschwerde wird kein relevanter weiterer Strafzumessungsgrund aufgezeigt. Die im Nachhinein vom Beschwerdeführer erklärte Absicht, für die Ausländer Beschäftigungsbewilligungen einzuholen, konnte von der belangten Behörde nicht berücksichtigt werden, weil sie vor Begehung der Straftaten in keiner Weise manifest geworden ist. Was das längere Zurückliegen der Vorstrafe betrifft, ist dem Beschwerdeführer zu erwidern, daß zwischen deren Verhängung am 5. Juni 1991 und dem nunmehrigen Tatzeitpunkt

(23. Oktober 1991) nur wenige Monate und keinesfalls drei Jahre gelegen sind.

Es kann daher, wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, von einem Überwiegen der Milderungs- gegenüber den Erschwerungsgründen keine Rede sein. Wenn daher die belangte Behörde im Rahmen einer Gesamtwertung aller für die Strafbemessung maßgeblichen Umstände im Beschwerdefall zu einer Bestrafung gekommen ist, die die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe nur unwesentlich übersteigt, dann hat sie ihr Ermessen im Sinne des Gesetzes ausgeübt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 VwGG und auf Art. I B Z. 4 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995090085.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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