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L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung BebauungsplanNorm
BauRallg;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der E in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 28. Jänner 1994, Zl. II-2420/93, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Y, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 26. August 1993 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses auf der Gp 4583/5, KG Y II und III, gemäß § 31 Abs. 2 des Vorarlberger Baugesetzes, LGBl. Nr. 39/1972 i.d.g.F., des Baugesetzes abgewiesen. Zur Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, daß das zur Bebauung vorgesehene Grundstück im Flächenwidmungsplan als Freifläche-Landwirtschaft ausgewiesen sei. In Freifläche-Landwirtschaftsgebieten dürften Baubewilligungen nur für Gebäude und Anlagen erteilt werden, die für land- und forstwirtschaftliche Zwecke und Zuerwerbe einschließlich der dazugehörigen Wohnräume und Wohngebäude notwendig seien. Aus den eingereichten Plänen sei ersichtlich, daß es sich bei dem Bauvorhaben um ein Einfamilienwohnhaus handle, das weder land- noch forstwirtschaftlichen Zwecken und Zuerwerben diene und dadurch dem Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Y widerspreche.
Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der Gemeindevertretung vom 11. Oktober 1993 abgewiesen. Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführerin hat die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge gegeben.
Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof hat dieser mit Erkenntnis vom 7. Dezember 1994, Zl. B 331/94-16, abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden sei. Zur Begründung führte der Verfassungsgerichtshof im wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe die Verletzung ihrer Rechte wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, nämlich des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Y, behauptet, weil entgegen § 19 Abs. 1 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes eine Kundmachung der Auflage des Entwurfes des Flächenwidmungsplanes im Mitteilungsblatt der Landwirtschaftskammer für Vorarlberg unterblieben sei. Einem vom Verfassungsgerichtshof beigeschafften Exemplar des Vorarlberger Volksboten vom 13. August 1977 samt Mitteilungsblatt der Landwirtschaftskammer für Vorarlberg sei zu entnehmen, daß die Kundmachung zwar im Volksboten, aber nicht im darin eingearbeiteten Mitteilungsblatt erfolgte und sich das Mitteilungsblatt mitten im Vorarlberger Volksboten (zwischen den Seiten 10 und 15) befinde und denselben Druck, dieselbe Größe der Seiten sowie insgesamt dasselbe Erscheinungsbild wie der (übrige) Vorarlberger Volksbote aufweise. Der Sache nach sei das Mitteilungsblatt also in den Vorarlberger Volksboten integriert. Das Mitteilungsblatt enthalte keineswegs nur amtliche Mitteilungen. Der Inhalt des Mitteilungsblattes sei somit ebenso wie der des gesamten Vorarlberger Volksboten von der zufälligen redaktionellen Gestaltung abhängig und biete auch deshalb dem Leser ein einheitliches Bild. Die Kundmachung der Auflage des Entwurfes des Vorarlberger Volksboten sei zwar nicht direkt im Mitteilungsblatt der Landwirtschaftskammer erfolgt, doch sei davon auszugehen, daß der Durchschnittsleser im allgemeinen seine Aufmerksamkeit nicht nur den - von den übrigen Teilen des Vorarlberger Volksboten kaum unterscheidbaren - Mitteilungen der Landwirtschaftskammer, sondern der gesamten Zeitung zuwenden werde. Derartige (kleinere) Verstöße gegen Formvorschriften bei Auflage von Entwürfen von Flächenwidmungsplänen und der Verständigung darüber bewirkten dann (noch) keine Gesetzwidrigkeit des Zustandekommens des Planes, wenn dadurch die Unterrichtung der betroffenen Gemeindebürger über die beabsichtigten Planungsmaßnahmen nicht beeinträchtigt werde. Ein solcher Fall sei hier gegeben.
In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird im wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin vermöge der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nicht zu folgen, auch wenn das Mitteilungsblatt der Vorarlberger Landwirtschaftskammer zum damaligen Zeitpunkt Beilage des Vorarlberger Volksboten gewesen sei, entspreche eine Kundmachung der Auflage des Entwurfes des Flächenwidmungsplanes im Vorarlberger Volksboten nicht den ausdrücklichen gesetzlichen Anforderungen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß ein speziell an den Mitteilungen der Vorarlberger Landwirtschaftskammer interessierter Leser, insbesondere, wenn es um die Kundmachung von Auflagen von Entwürfen von Flächenwidmungsplänen gehe, den gesamten Volksboten auf eine eventuell "verirrte" Veröffentlichung durchlese.
Der Bauantrag der Beschwerdeführerin beinhalte die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses; allein die Errichtung eines derartigen Wohnhauses auf dem als Freifläche-Landwirtschaftsgebiet gewidmeten Grundstück der Beschwerdeführerin könne nicht von vornherein untersagt werden, zumal die Beschwerdeführerin beabsichtige, eine Landwirtschaft zu betreiben. Aus den eingereichten Plänen gehe keineswegs eindeutig hervor, daß das Bauvorhaben weder land- noch forstwirtschaftlichen Zwecken und Zuerwerben diene und daher dem Flächenwidmungsplan widerspreche.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz Vorarlberger Raumplanungsgesetz, LGBl. Nr. 15/1973 (RPG), ist die Auflage des Entwurfes des Flächenwidmungsplanes ortsüblich sowie in den Vorarlberger Tageszeitungen und im Mitteilungsblatt der Landwirtschaftskammer für Vorarlberg kundzumachen. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes, wonach im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut von § 19 Abs. 1 RPG eine Auslegung dieser Bestimmung dahingehend, daß es sich bei der Verpflichtung zur Kundmachung der Auflegung im Mitteilungsblatt der Landwirtschaftskammer für Vorarlberg um eine sanktionslose Ordnungsvorschrift handle, nicht in Betracht kommt. Der Verwaltungsgerichtshof teilt aber auch die Ansicht des Verfassungsgerichtshofes, wonach aufgrund der Gestaltung des Vorarlberger Volksboten, in dem das Mitteilungsblatt integriert ist und sich weder durch Druck, Größe der Seiten oder Erscheinungsform vom (übrigen) Vorarlberger Volksblatt abhebt, also dem Leser ein einheitliches Bild bietet, davon auszugehen ist, daß auch der Leser, der speziell an Mitteilungen der Landwirtschaftskammer interessiert ist, den gesamten Vorarlberger Volksboten (in der damaligen Gestaltung) durchblättert bzw. liest, sodaß durch den vorliegenden Verstoß gegen eine Formvorschrift bei der Auflage von Entwürfen von Flächenwidmungsplänen die mit dieser Bestimmung intendierte Unterrichtung der Gemeindebürger nicht beeinträchtigt wurde. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, daß kein Kundmachungsmangel vorliegt und die gegenständliche Verordnung im Beschwerdeverfahren anzuwenden ist.
Der Flächenwidmungsplan ist im Jahre 1977, somit vor Inkrafttreten der Novelle des Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 61/1988 beschlossen worden. Die Zulässigkeit des Bauvorhabens war daher am Wortlaut des § 16 Abs. 3 des Raumplanungsgesetzes in seiner Stammfassung LGBl. Nr. 15/1973 zu messen. Nach dieser Bestimmung dürfen in Landwirtschaftsgebieten (lediglich) Gebäude und Anlagen für land- und forstwirtschaftliche Zwecke und Zuerwerbe einschließlich der dazugehörigen Wohnräume und Wohngebäude errichtet werden. Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens war aber die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses, bestehend aus einem Kohlenkeller, einem Keller, einem Bastelraum und einer Waschküche im Kellerbereich, einer Garage, einem Bad/WC, Schlafzimmer, Küche, Stiegenhaus und Vorraum im Erdgeschoß sowie einem Kinderzimmer, 2 Schlafzimmern, einem WC, einem Abstellraum, Stiegenhaus und Vorraum mit einer Veranda im
1. Stock. Das eingereichte Bauvorhaben läßt keinerlei Bezug zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken und Zuerwerben erkennen. Auch in ihrer Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Y hat die Beschwerdeführerin mit keinem Wort dargetan, daß das Einfamilienwohnhaus in einem Zusammenhang mit einer beabsichtigten land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit oder einem land- und forstwirtschaftlichen Zuerwerb stehen solle. Die Berufung hat sich ausschließlich mit dem behaupteten Kundmachungsmangel des Flächenwidmungsplanes befaßt. Bei dieser Sachlage hatte weder die Gemeindevertretung noch die Aufsichtsbehörde Veranlassung, einen Bezug auf land- und forstwirtschaftliche Zwecke oder Zuerwerb anzunehmen. Das Beschwerdevorbringen, die Beschwerdeführerin beabsichtige, eine Landwirtschaft zu betreiben, ist eine gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung.
Da somit die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994060273.X00Im RIS seit
03.05.2001