Entscheidungsdatum
11.06.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L516 2281117-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA Pakistan, vertreten durch Dr. Bernhard Rosenkranz, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.10.2023, Zahl 1354414800/231029028, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb römisch 40 , StA Pakistan, vertreten durch Dr. Bernhard Rosenkranz, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.10.2023, Zahl 1354414800/231029028, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs 1, § 8 Abs 1, § 57, § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs 2 Z 2 und Abs 9 sowie § 46 und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins,, Paragraph 8, Absatz eins,, Paragraph 57,, Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG sowie Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2 und Absatz 9, sowie Paragraph 46 und Paragraph 55, FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.B) Die ordentliche Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger und stellte am 27.05.2023 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 03.10.2023 (I.) hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG sowie (II.) des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG ab. Das BFA erteilte unter einem (III.) keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ (IV.) gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG, stellte (V.) gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei und sprach (VI.) aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage. Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger und stellte am 27.05.2023 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 03.10.2023 (römisch eins.) hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, AsylG sowie (römisch II.) des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, AsylG ab. Das BFA erteilte unter einem (römisch III.) keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG, erließ (römisch IV.) gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG, stellte (römisch fünf.) gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG fest, dass die Abschiebung nach Pakistan gemäß Paragraph 46, FPG zulässig sei und sprach (römisch VI.) aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Bescheid wird zur Gänze angefochten.
1. Sachverhaltsfeststellungen:
[regelmäßige Beweismittel-Abkürzungen: S=Seite; AS=Aktenseite des Verwaltungsaktes des BFA; NS=Niederschrift; VS=Verhandlungsschrift; SN=schriftliche Stellungnahme; EG=Eingabe; OZ=Ordnungszahl des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichtes; ZMR=Zentrales Melderegister; IZR=Zentrales Fremdenregister; GVS= Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich]
1.1 Zur Person des Beschwerdeführers und seinen Lebensverhältnissen in Pakistan
Der Beschwerdeführer führt in Österreich die im Spruch angeführten Namen und sowie die ebenso dort angeführten Geburtsdaten. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Pakistan, gehört der Volksgruppe der Paschtunen und der Glaubensgemeinschaft der Sunniten an. Seine Identität steht nicht fest. (NS EB 28.05.2023, S 4; NS EV 09.08.2023, S 6)
Der Beschwerdeführer stammt aus dem Ort XXXX der Mohmand Agency in der pakistanischen Provinz Khyber Pakhtunkhwa. Er wurde dort geboren, besuchte dort mehrere Jahre die Schule, arbeitete in einem Lebensmittelgeschäft und lebte dort bis zu seiner Ausreise. Die Mutter, eine Schwester und weitere Familienangehörige des Beschwerdeführers leben nach wie vor im Heimatort des Beschwerdeführers. Der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben. Die Familie des Beschwerdeführers besitzt in Pakistan ein Haus sowie Grundstücke, auf denen Mais und Weizen angebaut wird. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. (NS EB 28.05.2023, S 3; NS EV 09.08.2023, S 6-9)Der Beschwerdeführer stammt aus dem Ort römisch 40 der Mohmand Agency in der pakistanischen Provinz Khyber Pakhtunkhwa. Er wurde dort geboren, besuchte dort mehrere Jahre die Schule, arbeitete in einem Lebensmittelgeschäft und lebte dort bis zu seiner Ausreise. Die Mutter, eine Schwester und weitere Familienangehörige des Beschwerdeführers leben nach wie vor im Heimatort des Beschwerdeführers. Der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben. Die Familie des Beschwerdeführers besitzt in Pakistan ein Haus sowie Grundstücke, auf denen Mais und Weizen angebaut wird. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. (NS EB 28.05.2023, S 3; NS EV 09.08.2023, S 6-9)
Der Beschwerdeführer verließ seine Heimat Ende Februar 2023 und reiste über verschiedene Länder nach Österreich. (NS EB 28.05.2023, S 5; NS EV 09.08.2023, S 9)
1.2 Zur Lebenssituation des Beschwerdeführers in Österreich
Der Beschwerdeführer reiste Ende Mai 2023 unrechtmäßig in Österreich ein und stellte hier den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Seither ist er ununterbrochen im Bundesgebiet aufhältig. (IZR)
Der Beschwerdeführer bezieht seit 03.06.2023 keine Leistungen aus der Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich. Er verfügt seit 04.09.2023 über eine Gewerbeberechtigung für das Gewerbe „Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht im grenzüberschreitenden Güterverkehr insgesamt 2.500 kg bzw. im innerstaatlichen Güterverkehr 3.500 kg nicht übersteigt“ und war von diesem Tag an bis 30.04.2024 als gewerblich selbständiger Erwerbstätiger sozialversichert. Der Beschwerdeführer hat keine familiären Interessen und keine Verwandten in Österreich. Er hat keine Deutschprüfung absolviert und möchte Deutsch lernen. Zum Zeitpunkt der Einvernahme vor dem BFA am 09.08.2023 konnte er kein Deutsch. (NS EV 09.08.2023, S 19f; GISA-Auszug und HV-Auszug [OZ 8])
Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. (Strafregister der Republik Österreich)
1.3 Zum Gesundheitszustand
Der Beschwerdeführer ist gesund und nicht in ärztlicher Behandlung. (NS EV 09.08.2023 S 2)
1.4 Der Beschwerdeführer brachte zur Begründung seines Antrages auf internationalen Schutz zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes vor:
Anlässlich der Erstbefragung am 28.05.2023 gab der Beschwerdeführer an, Pakistan verlassen zu haben, da sein Bruder, ein hochrangiger Polizist, als Ziel gesetzt und plötzlich getötet worden sei. Nun werde der Beschwerdeführer verfolgt und deshalb sei er geflüchtet. Es gebe keine weiteren Gründe. Bei einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben (NS EB 28.05.2023, S 6).
Bei der Einvernahme vor dem BFA am 09.08.2023 führte der Beschwerdeführer zur aus, dass er 10 Jahre die Schule besucht, danach habe er bei der Organisation ENO zwei Jahre lang Impfungen durchgeführt und danach habe er mit seinem ältesten Bruder namens XXXX in dessen Lebensmittelgeschäft im Heimatort gehabt. Sein Bruder bzw sie („wir“) alle seien Anhänger der politischen Partei PTI. Nach dem Sturz der Partei 2022 seien sie („wir“) als Anhänger dieser Partei von der Regierung verfolgt worden. Sein Bruder sei Ende Februar entführt worden und sei nicht mehr zurückgekehrt. Das Geschäft sei geschlossen worden. Nachdem sein Bruder entführt worden sei, habe der Beschwerdeführer Pakistan verlassen. Vor der Ausreise habe er im Geschäft seines Bruders gearbeitet. Mit den Impfungen habe er 2019 aufgehört. Er sei am 27.02.2023 illegal ausgereist. Als er bei den Impfungen gearbeitet habe sei er einmal im Jahr 2019 von den Taliban für drei Tage mitgenommen worden. Er habe politische Veranstaltungen der Partei PTI besucht, sei aber kein Anhänger und auch nicht politisch tätig gewesen. Er hatte auch keine direkte Verbindung zu dieser Partei. Sein Brudeer sei Anhänger der Partei und Sprecher in ihrem Heimatdorf gewesen, nachdem dies zuvor sein Vater gewesen sei. Der Beschwerdeführer werde in Pakistan nicht von der Polizei, einer Staatsanwaltschat oder einem Gericht gesucht. Als sein Bruder entführt worden sei, habe er Angst gehabt, auch entführt zu werden. Er sei immer mit seinem Bruder unterwegs gewesen und habe an Veranstaltungen teilgenommen und er sei auch von einem Freund verständigt worden, als sein Bruder entführt worden sei. Der Freund sei dort anwesend gewesen und habe gesagt, dass auch der Beschwerdeführer gesucht werde, sie nach den Namen des Beschwerdeführers gefragt hätten. Er habe Pakistan verlassen, da die Taliban im Jahr 2008 in seinem Heimatdorf aufgetaucht seien und dann einige Zeit in seinem Dorf und in den Nachbardörfern regiert hätten. In seinem Heimatdorf hätten sich die jungen Menschen den Taliban angeschlossen. Die Regierung habe dann eine Versammlung der Dorfältesten einberufen, zu denen der Vater des Beschwerdeführers gehört habe; die Regierung wollte, dass die Leute, die sich den Taliban angeschlossen hätten, sich wieder von den Taliban trennen hätten sollen. 2010 sei nochmals eine große Versammlung einberufen worden und es sei dabei zu einem Selbstmordattenat gekommen, bei dem ca. 102 Leute ums Leben gekommen seien. Unter den Toten habe sich auch der Vater des Beschwerdeführes befunden. Danach sei der Bruder des Beschwerdeführers Polizist geworden und jener habe die Familie versorgt. Sein anderer Bruder habe im Dorf sein Geschäft eröffnet. 2017 habe der Beschwerdeführer begonnen, Impfungen durchzuführen, dies habe er zwei Jahre lang gemacht. Sein ältester Bruder habe bei der Polizei die Fälle, die die Taliban betreffen, ermittelt. Die Taliban hätten Impfungen an Kindern in ihrem Heimatort verboten. Der Beschwerdeführer habe trotzdem weitergemacht und sei Ende 2019 von den Taliban mitgenommen worden. Er sei zwei Nächte und drei Tage bei den Taliban gewesen und aufgefordert worden, diese Arbeit zu beenden. Nach der Aufforderung der Taliban habe er wieder angefangen, Impfungen zu geben. Eines Tages seien sie wieder in der Arbeit gewesen. Als sein Arbeitskollege namens Wajid Ali seinen Arbeitsort verlassen habe, sei dieser im April 2019 von den Taliban getötet worden. Daraufhin habe der Beschwerdeführer mit den Impfungen aufgehört und angefangen im Geschäft seines Bruders zu arbeiten. Danach habe der Beschwerdeführer einen Drohbrief der Taliban erhalten, obwohl er die Arbeit beendet gehabt habe. Auch sein Bruder, der bei der Polizei arbeite, habe eine Drohbrief der Taliban erhalten und sei danach ständig von ihnen bedroht und verfolgt worden. Zwei Freunde des Beschwerdeführers seien von den Taliban ermordert worden und am 30.01.2023 sei sein Bruder bei einem Selbstmordattentat in einer Moscheee im Polizeizentrum Peshawar umgebracht worden. Nach dem Tod des Bruders sei es ihnen wirtschaftlich nicht gut gegangen. Der Beschwerdeführer habe wegen dem Selbstmordattentat am nächsten Tag Anzeige bei der Polizei erstattet. Danach seien die Anhänger der Partei PTI entweder von der Regierung oder den Taliban verfolgt worden. Eines Abends sei der Beschwerdeführer zu Freunden Karten spielen gegangen, als er von einem Freund verständigt worden sei, dass zwei Autos vor seiner Haustüre stehen würden und sein zweitältester Bruder mitgenommen worden sei. Seine Freunde hätten ihm dann empfohlen, Pakistan zu verlassen und sei der Beschwerdeführer gleich am selben Abend nach Peshawar gefahren und habe einen Schlepper organisiert. Er hab ein Pakistan mit den Taliban und der Regierung Probleme. Er habe zwei Brüder: der älteste Bruder XXXX sei Polizist und Ermittlungsbeamter gewesenund im Alter von 42 Jahren gestorben; sein zweitältester Bruder XXXX habe im Geschäft gearbeite und sei am 25.02.2023 entführt worden. Die Taliban seien im Jahr 2010 aus ihrem Heimatdorf vertrieben worden, würden jedoch immer wieder auftauchen. Der Beschwerdeführer kenne die Leute nicht, von denen er bedroht werde. Er sei aufgrund seiner Unterstützung für die PTI und wegen der Anzeige auch von den Behörden bzw. Regierungsmitgliedern bedroht worden. Sie seien mehrmals zu ihm nachhause gekommen und hätten ihm gesagt, er solle die Anzeige zurücknehmen. (NS EV 09.08.2023, S 8-13, 18).Bei der Einvernahme vor dem BFA am 09.08.2023 führte der Beschwerdeführer zur aus, dass er 10 Jahre die Schule besucht, danach habe er bei der Organisation ENO zwei Jahre lang Impfungen durchgeführt und danach habe er mit seinem ältesten Bruder namens römisch 40 in dessen Lebensmittelgeschäft im Heimatort gehabt. Sein Bruder bzw sie („wir“) alle seien Anhänger der politischen Partei PTI. Nach dem Sturz der Partei 2022 seien sie („wir“) als Anhänger dieser Partei von der Regierung verfolgt worden. Sein Bruder sei Ende Februar entführt worden und sei nicht mehr zurückgekehrt. Das Geschäft sei geschlossen worden. Nachdem sein Bruder entführt worden sei, habe der Beschwerdeführer Pakistan verlassen. Vor der Ausreise habe er im Geschäft seines Bruders gearbeitet. Mit den Impfungen habe er 2019 aufgehört. Er sei am 27.02.2023 illegal ausgereist. Als er bei den Impfungen gearbeitet habe sei er einmal im Jahr 2019 von den Taliban für drei Tage mitgenommen worden. Er habe politische Veranstaltungen der Partei PTI besucht, sei aber kein Anhänger und auch nicht politisch tätig gewesen. Er hatte auch keine direkte Verbindung zu dieser Partei. Sein Brudeer sei Anhänger der Partei und Sprecher in ihrem Heimatdorf gewesen, nachdem dies zuvor sein Vater gewesen sei. Der Beschwerdeführer werde in Pakistan nicht von der Polizei, einer Staatsanwaltschat oder einem Gericht gesucht. Als sein Bruder entführt worden sei, habe er Angst gehabt, auch entführt zu werden. Er sei immer mit seinem Bruder unterwegs gewesen und habe an Veranstaltungen teilgenommen und er sei auch von einem Freund verständigt worden, als sein Bruder entführt worden sei. Der Freund sei dort anwesend gewesen und habe gesagt, dass auch der Beschwerdeführer gesucht werde, sie nach den Namen des Beschwerdeführers gefragt hätten. Er habe Pakistan verlassen, da die Taliban im Jahr 2008 in seinem Heimatdorf aufgetaucht seien und dann einige Zeit in seinem Dorf und in den Nachbardörfern regiert hätten. In seinem Heimatdorf hätten sich die jungen Menschen den Taliban angeschlossen. Die Regierung habe dann eine Versammlung der Dorfältesten einberufen, zu denen der Vater des Beschwerdeführers gehört habe; die Regierung wollte, dass die Leute, die sich den Taliban angeschlossen hätten, sich wieder von den Taliban trennen hätten sollen. 2010 sei nochmals eine große Versammlung einberufen worden und es sei dabei zu einem Selbstmordattenat gekommen, bei dem ca. 102 Leute ums Leben gekommen seien. Unter den Toten habe sich auch der Vater des Beschwerdeführes befunden. Danach sei der Bruder des Beschwerdeführers Polizist geworden und jener habe die Familie versorgt. Sein anderer Bruder habe im Dorf sein Geschäft eröffnet. 2017 habe der Beschwerdeführer begonnen, Impfungen durchzuführen, dies habe er zwei Jahre lang gemacht. Sein ältester Bruder habe bei der Polizei die Fälle, die die Taliban betreffen, ermittelt. Die Taliban hätten Impfungen an Kindern in ihrem Heimatort verboten. Der Beschwerdeführer habe trotzdem weitergemacht und sei Ende 2019 von den Taliban mitgenommen worden. Er sei zwei Nächte und drei Tage bei den Taliban gewesen und aufgefordert worden, diese Arbeit zu beenden. Nach der Aufforderung der Taliban habe er wieder angefangen, Impfungen zu geben. Eines Tages seien sie wieder in der Arbeit gewesen. Als sein Arbeitskollege namens Wajid Ali seinen Arbeitsort verlassen habe, sei dieser im April 2019 von den Taliban getötet worden. Daraufhin habe der Beschwerdeführer mit den Impfungen aufgehört und angefangen im Geschäft seines Bruders zu arbeiten. Danach habe der Beschwerdeführer einen Drohbrief der Taliban erhalten, obwohl er die Arbeit beendet gehabt habe. Auch sein Bruder, der bei der Polizei arbeite, habe eine Drohbrief der Taliban erhalten und sei danach ständig von ihnen bedroht und verfolgt worden. Zwei Freunde des Beschwerdeführers seien von den Taliban ermordert worden und am 30.01.2023 sei sein Bruder bei einem Selbstmordattentat in einer Moscheee im Polizeizentrum Peshawar umgebracht worden. Nach dem Tod des Bruders sei es ihnen wirtschaftlich nicht gut gegangen. Der Beschwerdeführer habe wegen dem Selbstmordattentat am nächsten Tag Anzeige bei der Polizei erstattet. Danach seien die Anhänger der Partei PTI entweder von der Regierung oder den Taliban verfolgt worden. Eines Abends sei der Beschwerdeführer zu Freunden Karten spielen gegangen, als er von einem Freund verständigt worden sei, dass zwei Autos vor seiner Haustüre stehen würden und sein zweitältester Bruder mitgenommen worden sei. Seine Freunde hätten ihm dann empfohlen, Pakistan zu verlassen und sei der Beschwerdeführer gleich am selben Abend nach Peshawar gefahren und habe einen Schlepper organisiert. Er hab ein Pakistan mit den Taliban und der Regierung Probleme. Er habe zwei Brüder: der älteste Bruder römisch 40 sei Polizist und Ermittlungsbeamter gewesenund im Alter von 42 Jahren gestorben; sein zweitältester Bruder römisch 40 habe im Geschäft gearbeite und sei am 25.02.2023 entführt worden. Die Taliban seien im Jahr 2010 aus ihrem Heimatdorf vertrieben worden, würden jedoch immer wieder auftauchen. Der Beschwerdeführer kenne die Leute nicht, von denen er bedroht werde. Er sei aufgrund seiner Unterstützung für die PTI und wegen der Anzeige auch von den Behörden bzw. Regierungsmitgliedern bedroht worden. Sie seien mehrmals zu ihm nachhause gekommen und hätten ihm gesagt, er solle die Anzeige zurücknehmen. (NS EV 09.08.2023, S 8-13, 18).
Die Beschwerde vom 03.11.2023 wiederholt lediglich in wenigen Sätzen das vom Beschwerdeführer bereits im Verfahren vor dem BFA erstattete Vorbringen. Des Weiteren wird aus dem Bericht der SFH „Pakistan: Paschtunische Stammesgebiete im Nordwesten, Situation von Frauen vom 18.06.2018“ zitiert (Beschwerde, S 2-6).
1.5 Zur Glaubhaftigkeit der vorgebrachten Antragsgründe und Rückkehrbefürchtung
Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu der von ihm behaupteten Bedrohung und Verfolgung seiner Person in Pakistan ist nicht glaubhaft. Er hat somit nicht glaubhaft gemacht und es ergibt sich auch sonst nicht, dass er im Falle einer Rückkehr in seine Heimat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in ganz Pakistan einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung oder Bedrohung von erheblicher Intensität ausgesetzt wäre.
1.6 Zur Lage in Pakistan
(Quelle: Länderinformationen der BFA-Staatendokumentation aus dem COI-CMS, Version 7, Stand 01.02.2024)
Sicherheitslage
Allgemeine Entwicklungen im Bereich Terrorismus
Pakistan konnte ab 2014 bedeutenden Erfolg in seiner Terrorbekämpfung aufweisen. Sie führten zu einer verbesserten allgemeinen Sicherheitslage, die allerdings aktuell wieder vor Herausforderungen steht (PIPS 10.1.2024).
Konstante Einsatz- und Überwachungskampagnen der Sicherheitskräfte und polizeilichen Anti-Terrorabteilungen, darunter die groß angelegten Militäroperationen Zarb-e-Azb, Khyber I-IV und Radd-ul-Fasaad sowie einige Anti-Extremismusmaßnahmen im Rahmen des Nationalen Aktionsplans, NAP, trugen zu einem kontinuierlichen Rückgang terroristischer Anschläge von 2009 bis 2020 - mit Ausnahme des Jahres 2013 - bei (PIPS 15.6.2021).
Die Operation Zarb-e-Azb 2014 war in erster Linie auf die Provinz Khyber Pakhtunkhwa und die damaligen Federal Administered Tribal Areas, FATA, ausgerichtet, um Terrorgruppen in Nord-Waziristan zu bekämpfen. Aus den meisten Gebieten konnten die militanten Extremisten vertrieben werden. Unter den Militäroperationen litt allerdings auch die Zivilbevölkerung vor Ort, eine hohe Anzahl an Personen wurde zu intern Vertriebenen. Die darauf folgende Operation Radd-ul-Fasaad involviert auch zivile Einsatzkräfte und konzentrierte sich auf geheimdienstliche Operationen im gesamten Land, um Schläferzellen und Verstecke militanter Extremisten auszuheben (EASO 10.2021).
Auch wurden signifikante Maßnahmen zur Bekämpfung der Terrorfinanzierung unternommen (FES 12.2020; vgl. PIPS 24.2.2023). Bei der Bekämpfung des Extremismus hat der NAP allerdings nur geringe Erfolge erzielt. Die Verbreitung extremistischer Literatur, extremistische Kundgebungen und die Verherrlichung von Terroristen hielten an (FES 12.2020). Ebenso zeigten sich wenige Fortschritte bei der Regulierung von Madrassen oder des Internets, um dem Extremismus entgegenzutreten (PIPS 18.2.2022).Auch wurden signifikante Maßnahmen zur Bekämpfung der Terrorfinanzierung unternommen (FES 12.2020; vergleiche PIPS 24.2.2023). Bei der Bekämpfung des Extremismus hat der NAP allerdings nur geringe Erfolge erzielt. Die Verbreitung extremistischer Literatur, extremistische Kundgebungen und die Verherrlichung von Terroristen hielten an (FES 12.2020). Ebenso zeigten sich wenige Fortschritte bei der Regulierung von Madrassen oder des Internets, um dem Extremismus entgegenzutreten (PIPS 18.2.2022).
Ab Mitte 2020 kam es zu einem Wiederaufleben jihadistischer militanter Gruppen in Gebieten wie Nord-Waziristan und Bajaur in Khyber Pakhtunkhwa (FES 12.2020). Der Regimewechsel in Afghanistan hat diese Gruppen bekräftigt. Dies wird besonders in Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan sichtbar (PIPS 4.1.2022; vgl. CRSS 19.5.2023).Ab Mitte 2020 kam es zu einem Wiederaufleben jihadistischer militanter Gruppen in Gebieten wie Nord-Waziristan und Bajaur in Khyber Pakhtunkhwa (FES 12.2020). Der Regimewechsel in Afghanistan hat diese Gruppen bekräftigt. Dies wird besonders in Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan sichtbar (PIPS 4.1.2022; vergleiche CRSS 19.5.2023).
Trendumkehr bei den Anschlagszahlen seit 2021
Bereits das Jahr 2021 war von einem 42-prozentigen Anstieg der Zahl an Anschlägen im Vergleich zum Jahr 2020 auf 207 Terrorakte gekennzeichnet (PIPS 4.1.2022). Im Jahr 2022 stieg die Zahl der Anschläge wiederum um 27 Prozent auf 262 Terrorakte. Diese forderten zusammen 419 Menschenleben, ein Anstieg von 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ungefähr die Hälfte der Todesopfer 2022, 206, waren - laut Daten des Analyseinstituts Pak Institute for Peace Studies, PIPS, - Mitglieder der Sicherheitskräfte bzw. Exekutivbehörden, 152 waren Zivilisten und 61 Terroristen (PIPS 24.2.2023).
Das Jahr 2023 verzeichnete als drittes Jahr in Folge einen neuerlichen Anstieg in den Erhebungen von PIPS: um 17 Prozent in der Zahl der Anschläge auf 306; und um 65 Prozent in der Zahl der Todesopfer auf 693. Von den Todesopfern waren 330 - erneut beinahe die Hälfte - Sicherheitskräfte, 260 Zivilisten und 103 Terroristen (PIPS 10.1.2024).
Das Center for Research and Security Studies, CRSS, als Vergleichsquelle, verzeichnet in einer ersten Gesamtauswertung für das Jahr 2023 586 terroristische Anschläge mit 986 Toten (CRSS 31.12.2023). In der vertieften Auswertung für 2022 waren es 378 Anschläge mit 602 Todesopfern, davon 291 Mitglieder der Sicherheitskräfte, 297 Zivilisten und 14 Terroristen (CRSS 19.5.2023). Für das Jahr 2021 verzeichnete es 403 Terrorakte mit 555 Toten, davon 330 Zivilisten (CRSS 3.1.2022).
Regionale Konzentration der Anschläge
Seit vielen Jahren ist sichtbar, dass die terroristische Gewalt hauptsächlich auf Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa konzentriert bleibt (PIPS 4.1.2022). Regional aufgeschlüsselt betrafen im Jahr 2023 93 Prozent aller Anschläge in Pakistan diese beiden Provinzen. Wie zuvor entfiel die Mehrheit - konkret 174 der 306 landesweiten Anschläge und damit 57 Prozent auf Khyber Pakhtunkhwa. 422 der landesweit 693 Todesopfer entfielen auf die Provinz. Belutschistan verzeichnete 110 der Anschläge mit 229 Todesopfern (PIPS 10.1.2024).
Im Vorjahr, 2022, entfielen 95 Prozent aller Anschläge auf diese beiden Provinzen und hier wiederum allein 64 Prozent - beinahe zwei Drittel - auf Khyber Pakhtunkhwa mit 169 Anschlägen. Hier waren auch 294 der 419 Todesopfer des Jahres 2022 zu beklagen. Mehr noch ließ sich der Gesamtanstieg der Anschlagszahlen 2022 allein auf einen Anstieg der Anschläge um 52 Prozent in dieser Provinz zurückführen. In den übrigen Provinzen gingen 2022 die Anschläge zurück oder blieben auf gleichem Niveau. In Belutschistan, das von der zweithöchsten Zahl an Anschlägen betroffen war, wurden im Jahr 2022 79 Anschläge durchgeführt - im Vergleich zu 81 des Vorjahres. Dabei wurden 106 Menschen getötet (PIPS 24.2.2023). In der Auswertung von CRSS betrafen 303 von 378 Anschlägen im Jahr 2022 allein diese beiden Provinzen (CRSS 19.5.2023).
Im Jahr 2021 trafen 93 Prozent der gesamten von PIPS erfassten Anschläge die beiden Provinzen Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan zusammengenommen, die meisten mit 111 von insgesamt 207 Khyber Pakhtunkhwa (PIPS 4.1.2022).
Hauptsächliche Zielsetzungen
Verbunden mit ihrem Wiedererstarken sind auch bedeutende Änderungen von Strategie und Modus Operandi der TTP erkennbar. Die hohen Opferzahlen unter Zivilisten bei früheren Selbstmordattentaten hatten einen Verlust der Unterstützung in der Bevölkerung - aber auch unter Jihadisten - und umgekehrt eine breite Befürwortung der Militäroperationen zur Folge, was einen der Gründe für ihre Zurückdrängung in Pakistan im Zeitraum 2014 bis 2016 darstellte. In der neuen Strategie der TTP steht die Zielsetzung au