Entscheidungsdatum
24.06.2024Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W226 2282877-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Gambia, vertreten durch die BBU GmbH – Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.11.2023, Zl. 1296185604-220423655, nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am 28.05.2024 zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über die Beschwerde des römisch XXXX , geb. römisch XXXX , StA. Gambia, vertreten durch die BBU GmbH – Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.11.2023, Zl. 1296185604-220423655, nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am 28.05.2024 zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II. und III. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.römisch eins. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte römisch eins., römisch II. und römisch III. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. wird insofern stattgegeben und ausgesprochen, dass die Rückkehrentscheidung vorübergehend unzulässig ist.römisch II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch IV. wird insofern stattgegeben und ausgesprochen, dass die Rückkehrentscheidung vorübergehend unzulässig ist.
III. In Erledigung der Beschwerde werden die Spruchpunkte V. und VI. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben. römisch III. In Erledigung der Beschwerde werden die Spruchpunkte römisch fünf. und römisch VI. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgangrömisch eins. Verfahrensgang
I.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: „BF“), ein Staatsangehöriger von Gambia, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 06.03.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen der am 07.03.2022 erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF zu seinem Fluchtgrund befragt Folgendes an:römisch eins.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: „BF“), ein Staatsangehöriger von Gambia, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 06.03.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen der am 07.03.2022 erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF zu seinem Fluchtgrund befragt Folgendes an:
„Ich habe Gambia verlassen, weil ich Bi-Sexuell bin. Ich wurde dabei erwischt, wie ich Sex mit einem Mann hatte. Ich wurde daraufhin zusammengeschlagen und man drohte mich zu töten. Aus Angst um mein Leben, bin ich aus Gambia im Jahr 2019 geflüchtet. Dies sind all meine Fluchtgründe die ich genannt habe, andre Gründe hab ich nicht.“
Bei einer Rückkehr befürchte der BF getötet zu werden.
I.2. Am 10.10.2023 erfolgte eine Einvernahme des BF durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: „BFA“). Dabei gab der BF im Wesentlichen an, dass seine Eltern verstorben seien. Im Herkunftsland seien noch drei Geschwister des BF aufhältig. Ein weiterer Bruder sei in XXXX wohnhaft. In Österreich verfüge der BF über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Gattin und seiner beiden Kinder. Der BF stehe etwa einmal pro Woche in Kontakt mit seinen Angehörigen im Herkunftsland. römisch eins.2. Am 10.10.2023 erfolgte eine Einvernahme des BF durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: „BFA“). Dabei gab der BF im Wesentlichen an, dass seine Eltern verstorben seien. Im Herkunftsland seien noch drei Geschwister des BF aufhältig. Ein weiterer Bruder sei in römisch XXXX wohnhaft. In Österreich verfüge der BF über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Gattin und seiner beiden Kinder. Der BF stehe etwa einmal pro Woche in Kontakt mit seinen Angehörigen im Herkunftsland.
Zu seinem Fluchtgrund befragt gab der BF an, dass seine Probleme damit begonnen hätten, dass seine Familie ihn mit seiner Cousine zwangsverheiraten hätte wollen. Der BF sei auch mit ihr traditionell verheiratet worden und habe mit ihr zusammengelebt. Die Cousine des BF sei aber mit dem Lebensstil des BF und seinen sexuellen Vorlieben nicht zurechtgekommen, weshalb sie sich für eine Trennung entschieden hätten. Die Familien des BF und seiner Cousine seien aber gegen eine Trennung gewesen. Der BF habe einen homosexuellen Freund gehabt, der ihn oft zuhause besucht habe. Dabei sei es aber nicht zu sexuellen Kontakten gekommen. Das Umfeld des BF habe fälschlicherweise angenommen, dass der BF mit ihm eine homosexuelle Beziehung führe. Der BF sei mit diesem Freund auch auf eine Homosexuellen-Party gegangen. Dort seien sie von der Polizei festgenommen und für drei Tage verhaftet worden. Nach der Haftentlassung sei der BF von seiner Community zusammengeschlagen worden, weil alle dachten, er sei homosexuell. Der BF hielt fest, tatsächlich nicht homosexuell, sondern heterosexuell zu sein.
Bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat würde der BF von seiner Familie bedroht und getötet werden.
I.3. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 17.11.2023 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 06.03.2022 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), als auch gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Gambia abgewiesen (Spruchpunkt II.). Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgesellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Gambia zulässig ist (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise in der Dauer von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt VI.). römisch eins.3. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 17.11.2023 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 06.03.2022 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 (Spruchpunkt römisch eins.), als auch gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Gambia abgewiesen (Spruchpunkt römisch II.). Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß Paragraph 57, AsylG wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.) und gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV.). Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG wurde festgesellt, dass die Abschiebung des BF gemäß Paragraph 46, FPG nach Gambia zulässig ist (Spruchpunkt römisch fünf.) und gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise in der Dauer von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt römisch VI.).
Begründend führte die Behörde aus, dass es dem BF durch seine Ehe mit einer Frau und seinen beiden Kindern möglich sei, seine wahre sexuelle Orientierung zu beweisen. Eine tatsächliche Verfolgung aufgrund einer vermeintlichen bzw. unterstellten sexuellen Orientierung könne daher nicht festgestellt werden. Auch sonst seien keine Gründe hervorgekommen, die gegen eine Rückkehr des BF in sein Herkunftsland sprechen würden. Trotz der in Österreich aufhältigen Gattin und Kinder des BF sei es ihm möglich und zumutbar, bis zum Erhalt eines Aufenthaltstitels in sein Herkunftsland zurückzukehren bzw. ein Visum für Besuchszwecke zu beantragen.
I.4. Am 11.12.2023 erhob der BF im Wege seiner Rechtsvertretung gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte erneut sein Fluchtvorbringen vor. Ergänzend gab der BF an, dass sein Bruder aufgrund der dem BF unterstellten Homosexualität selbst Probleme im Herkunftsland habe. Die örtliche Community und die Familie distanziere sich vom Bruder des BF. Die Behörde habe es unterlassen, sich hinreichend mit den Unterstützungsmöglichkeiten durch die Familie des BF bei einer Rückkehr auseinanderzusetzen. Die wirtschaftliche Lage in Gambia sei prekär, eine medizinische Versorgung existiere kaum. Der BF habe im Herkunftsland kein familiäres Netzwerk, das ihn unterstützen könnte. Auch habe sich die Behörde nicht ausreichend mit dem Privat- und Familienleben des BF befasst. römisch eins.4. Am 11.12.2023 erhob der BF im Wege seiner Rechtsvertretung gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte erneut sein Fluchtvorbringen vor. Ergänzend gab der BF an, dass sein Bruder aufgrund der dem BF unterstellten Homosexualität selbst Probleme im Herkunftsland habe. Die örtliche Community und die Familie distanziere sich vom Bruder des BF. Die Behörde habe es unterlassen, sich hinreichend mit den Unterstützungsmöglichkeiten durch die Familie des BF bei einer Rückkehr auseinanderzusetzen. Die wirtschaftliche Lage in Gambia sei prekär, eine medizinische Versorgung existiere kaum. Der BF habe im Herkunftsland kein familiäres Netzwerk, das ihn unterstützen könnte. Auch habe sich die Behörde nicht ausreichend mit dem Privat- und Familienleben des BF befasst.
I.5. Am 28.05.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt, im Rahmen welcher der BF erneut zu seinen Fluchtgründen, dem Leben im Herkunftsland und in der Ukraine und dem Leben im Bundesgebiet befragt wurde. Auch die Gattin des BF – eine ukrainische Staatsbürgerin - wurde als Zeugin befragt. römisch eins.5. Am 28.05.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt, im Rahmen welcher der BF erneut zu seinen Fluchtgründen, dem Leben im Herkunftsland und in der Ukraine und dem Leben im Bundesgebiet befragt wurde. Auch die Gattin des BF – eine ukrainische Staatsbürgerin - wurde als Zeugin befragt.
I.6. Am 29.05.2024 brachte der BF eine Stellungnahme zur mündlichen Verhandlung ein.römisch eins.6. Am 29.05.2024 brachte der BF eine Stellungnahme zur mündlichen Verhandlung ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers:
Der BF ist Staatsangehöriger Gambias, bekennt sich zum muslimischen Glauben und gehört der Volksgruppe der Mandingo an. Seine Identität steht fest.
Die Muttersprache des BF ist Mandingo/Malinke/Mandinka, zudem beherrscht er die englische Sprache und weißt Kenntnisse der Sprachen Wolof und Russisch auf.
Der BF wurde in XXXX , Gambia, geboren. Im Zeitraum 2008/2009 verließ der BF sein Herkunftsland und reiste in den Senegal. Dort hielt er sich bis zum Jahr 2012 auf und reiste dann weiter in die Ukraine. In der Ukraine lebte der BF bis zu seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 06.03.2022. Er verließ die Ukraine aufgrund des Ausbruchs des Krieges zwischen der Ukraine und der Russischen Föderation.Der BF wurde in römisch XXXX , Gambia, geboren. Im Zeitraum 2008/2009 verließ der BF sein Herkunftsland und reiste in den Senegal. Dort hielt er sich bis zum Jahr 2012 auf und reiste dann weiter in die Ukraine. In der Ukraine lebte der BF bis zu seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 06.03.2022. Er verließ die Ukraine aufgrund des Ausbruchs des Krieges zwischen der Ukraine und der Russischen Föderation.
Im Herkunftsland besuchte der BF zwölf Jahre lang die Grundschule. Es kann nicht festgestellt werden, welcher Beschäftigung der BF vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsland zuletzt nachging. In der Ukraine war der BF im Baubereich tätig.
Die Eltern des BF sind bereits verstorben. Im Herkunftsland sind noch zwei Schwestern und ein Bruder des BF aufhältig. Ein weiterer Bruder lebt aktuell in XXXX . Der BF hat etwa einmal pro Woche Kontakt zu seinen Angehörigen.Die Eltern des BF sind bereits verstorben. Im Herkunftsland sind noch zwei Schwestern und ein Bruder des BF aufhältig. Ein weiterer Bruder lebt aktuell in römisch XXXX . Der BF hat etwa einmal pro Woche Kontakt zu seinen Angehörigen.
Der BF hat am XXXX traditionell mit XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörige der Ukraine, die Ehe nach der Scharia in der Ukraine geschlossen. Der BF und seine Gattin haben zwei Kinder, XXXX , geb. XXXX , und XXXX , geb. XXXX . Die Gattin und die Tochter des BF kamen im Zuge des Ausbruchs des Krieges zwischen der Ukraine und der Russischen Föderation zu einem späteren Zeitpunkt in das Bundesgebiet, der Sohn wurde in Österreich geboren, die Angehörigen verfügen in Österreich über ein Aufenthaltsrecht nach der Vertriebenenverordnung. Der BF hat am römisch XXXX traditionell mit römisch XXXX , geb. römisch XXXX , Staatsangehörige der Ukraine, die Ehe nach der Scharia in der Ukraine geschlossen. Der BF und seine Gattin haben zwei Kinder, römisch XXXX , geb. römisch XXXX , und römisch XXXX , geb. römisch XXXX . Die Gattin und die Tochter des BF kamen im Zuge des Ausbruchs des Krieges zwischen der Ukraine und der Russischen Föderation zu einem späteren Zeitpunkt in das Bundesgebiet, der Sohn wurde in Österreich geboren, die Angehörigen verfügen in Österreich über ein Aufenthaltsrecht nach der Vertriebenenverordnung.
Abgesehen von seiner Gattin – erst in Österreich erfolgte am XXXX die standesamtliche Eheschließung - und seinen Kindern verfügt der BF über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich. Abgesehen von seiner Gattin – erst in Österreich erfolgte am römisch XXXX die standesamtliche Eheschließung - und seinen Kindern verfügt der BF über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich.
Der BF lebt mit seiner Gattin und seinen Kindern im gemeinsamen Haushalt und ist in die Kinderbetreuung involviert. Er hat ein sehr enges Verhältnis zu den Kindern und seiner Gattin.
Der BF absolvierte bereits einen Deutschkurs auf dem Niveau A1 im Bundesgebiet und besucht aktuell einen Kurs auf dem Niveau A2. Er leistet Freiwilligenarbeit in der Gemeinde, in welcher er aktuell wohnhaft ist. Der BF geht zum Entscheidungszeitpunkt keiner Beschäftigung nach. Er bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Der BF ist strafgerichtlich unbescholten.
Aktuell ist der BF kein Mitglied in einem Verein oder einer Organisation.
Der BF leidet an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen und ist arbeitsfähig.
1.2. Zu den Fluchtgründen:
Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF in seinem Herkunftsstaat mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einer staatlichen oder staatlich geduldeten asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre.
1.3. Zu einer möglichen Rückkehr nach Gambia:
Vom Nichtbestehen einer Verfolgungsgefahr abgesehen, können im gegenständlichen Verfahren auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der BF im Fall seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Gambia einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe, der Todesstrafe oder sonst einer konkreten individuellen Gefahr ausgesetzt wäre oder dass er im Falle einer Rückkehr als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts zu befürchten hätte.
Der BF wäre im Falle seiner Rückkehr auch in keine existenzbedrohende Notlage gedrängt. Seine Existenz ist durch eine mögliche Erwerbstätigkeit gesichert; er leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensgefährlichen Erkrankungen, ist im erwerbsfähigem Alter und spricht zudem die Landessprache. Zudem weist der BF familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsland auf.
1.4. Zur Lage im Herkunftsstaat:
1.4.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Gambia vom 21.11.2023:
1. Politische Lage
Gambia ist eine Präsidialrepublik mit starker Stellung des direkt gewählten Staatspräsidenten (ÖB 19.4.2023). Dieser ist gleichzeitig Regierungschef. Die Nationalversammlung umfasst 58 Sitze (53 gewählt, 5 vom Präsidenten ernannt). Die Amtszeit des Präsidenten und die Legislaturperiode der Nationalversammlung betragen jeweils 5 Jahre. Im Dezember 2021 gewann Adama Barrow mit rund 53 % der Stimmen eine zweite Amtszeit in einem Kandidatenfeld von sechs Kandidaten (FH 2023).
Insgesamt gibt es 22 registrierte politische Parteien. Stärkste Oppositionspartei ist die „United Democratic Party“ (UDP) mit Parteichef und mutmaßlichem Präsidentschaftskandidaten Ousainou Darboe, der bei der Wahl mit 28 % den zweiten Platz belegte. Ex-Präsident Jammeh ist im Exil in Äquatorial-Guinea weiterhin Oberhaupt der Partei „Alliance for Patriotic Reorientation and Construction“ (APRC). Barrow trat im Jänner 2022 seine zweite Amtszeit als Präsident an (FH 2023).
Weiterhin wurden die Parlamentswahlen vom April 2022, bei denen Barrows National People's Party (NPP) eine Mehrheit der Sitze gewann, von internationalen Beobachtern als transparent, friedlich und ordnungsgemäß bewertet. Zu den Schwächen dieser Wahlen gehörten die niedrige Wahlbeteiligung und eine gewisse Verwirrung im Vorfeld der Wahl über die Anzahl der Wahlkreise. Die NPP gewann 18 Sitze, die UDP 15. Drei kleinere Parteien und zwölf unabhängige Kandidaten gewannen ebenfalls Sitze (FH 2023).
Die am 10. Dezember 2015 erfolgte Umbenennung Gambias zur „islamischen Republik“ wurde durch Präsident Barrow unmittelbar nach seiner Amtsübernahme rückgängig gemacht (ÖB 19.4.2023). Zur Aufklärung und Aufarbeitung der unter der Regierung Jammeh verübten Menschenrechtsverletzungen wurde unter der Leitung des Ministeriums für Justiz die „Truth, Reconciliation and Reparation Commission“ (TRR) eingerichtet, welche an der Aufklärung der verübten Menschenrechtsverletzungen arbeitet (AA 12.1.2022). Die Wahrheits-, Versöhnungs- und Wiedergutmachungskommission nahm Zeugenaussagen zu Missbräuchen aus der Jammeh-Ära entgegen und gab Empfehlungen ab, wie die mutmaßlichen Täter zur Rechenschaft gezogen werden können. Die Beobachter hielten Kommission für unabhängig und effizient (USDOS 20.3.2023). Im Mai 2022 erklärte sich die Regierung bereit, die meisten Empfehlungen aus dem Abschlussbericht der TRR-Kommission umzusetzen (AI 28.3.2023). Dazu gehörte auch die strafrechtliche Verfolgung des ehemaligen Präsidenten Yahya Jammeh wegen Menschenrechtsverletzungen während seiner 22-jährigen Amtszeit (FH 2023; vgl. ÖB 19.4.2023).Die am 10. Dezember 2015 erfolgte Umbenennung Gambias zur „islamischen Republik“ wurde durch Präsident Barrow unmittelbar nach seiner Amtsübernahme rückgängig gemacht (ÖB 19.4.2023). Zur Aufklärung und Aufarbeitung der unter der Regierung Jammeh verübten Menschenrechtsverletzungen wurde unter der Leitung des Ministeriums für Justiz die „Truth, Reconciliation and Reparation Commission“ (TRR) eingerichtet, welche an der Aufklärung der verübten Menschenrechtsverletzungen arbeitet (AA 12.1.2022). Die Wahrheits-, Versöhnungs- und Wiedergutmachungskommission nahm Zeugenaussagen zu Missbräuchen aus der Jammeh-Ära entgegen und gab Empfehlungen ab, wie die mutmaßlichen Täter zur Rechenschaft gezogen werden können. Die Beobachter hielten Kommission für unabhängig und effizient (USDOS 20.3.2023). Im Mai 2022 erklärte sich die Regierung bereit, die meisten Empfehlungen aus dem Abschlussbericht der TRR-Kommission umzusetzen (AI 28.3.2023). Dazu gehörte auch die strafrechtliche Verfolgung des ehemaligen Präsidenten Yahya Jammeh wegen Menschenrechtsverletzungen während seiner 22-jährigen Amtszeit (FH 2023; vergleiche ÖB 19.4.2023).
Ende Dezember 2022 verhaftete die Regierung mehrere Militärangehörige sowie eine Zivilperson, und richtete wegen eines fehlgeschlagenen Putschversuches eine Untersuchungskommission ein (FH 2023; vgl. ÖB 19.4.2023).
2. SicherheitslageEnde Dezember 2022 verhaftete die Regierung mehrere Militärangehörige sowie eine Zivilperson, und richtete wegen eines fehlgeschlagenen Putschversuches eine Untersuchungskommission ein (FH 2023; vergleiche ÖB 19.4.2023).
2. Sicherheitslage
Es bestehen anhaltende Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit transnationalen Akteuren in Gambia. Dazu gehört der immer noch schwelende Konflikt in der benachbarten Casamance. Erst im November 2020 soll die wichtigste Rebellengruppe, der Casamance (MFDC) Gambia mit einem Angriff gedroht haben, falls das Land die Bemühungen Senegals in der Region unterstützen würde (BS 2022).
Aufgrund der generell schlechten wirtschaftlichen Lage hat die Kriminalität zugenommen. Kleinkriminalität wie Taschendiebstahl und Handtaschenraub, aber auch gewalttätige Überfälle sind keine Seltenheit (BMEIA 24.7.2023). Aber auch die grenzüberschreitende Kriminalität stellt ein Problem dar. In den letzten Jahren kam es in Gambia zu mehreren erheblichen Drogenbeschlagnahmungen (BS 2022).
Letztlich ist Gambia zwar vom islamistischen Terror verschont geblieben (BS 2022; vgl. BMEIA 24.7.2023, AA 18.9.2023), dies kommt jedoch in der Region vor und die Terrorismusbekämpfung ist Teil des laufenden Reformprogramms für den Sicherheitssektor (BS 2022). Angesichts der unsicheren Lage in anderen Regionen Westafrikas kann aber auch für Gambia ein „Spill-Over“ - Effekt bzw. ein Anschlagspotenzial nicht ausgeschlossen werden (BMEIA 24.7.2023; vgl. AA 18.9.2023).Letztlich ist Gambia zwar vom islamistischen Terror verschont geblieben (BS 2022; vergleiche BMEIA 24.7.2023, AA 18.9.2023), dies kommt jedoch in der Region vor und die Terrorismusbekämpfung ist Teil des laufenden Reformprogramms für den Sicherheitssektor (BS 2022). Angesichts der unsicheren Lage in anderen Regionen Westafrikas kann aber auch für Gambia ein „Spill-Over“ - Effekt bzw. ein Anschlagspotenzial nicht ausgeschlossen werden (BMEIA 24.7.2023; vergleiche AA 18.9.2023).
So kam es am 12.9.2023 zu einem Attentat auf Polizeibeamte durch zwei UDP-Mitglieder; die Regierung stufte diesen Angriff, bei dem zwei Polizisten getötet und ein weiterer schwer verletzt wurden, als Terroranschlag ein. Der mutmaßliche Hauptverdächtige habe inzwischen gestanden, ein vormaliges Mitglied der senegalesischen Bewegung demokratischer Kräfte in Casamance (MFDC) zu sein (BAMF 25.9.2023). Die Mitglieder griffen die Beamten tödlich an, sodass der Angriff durch die Regierung als Terroranschlag eingestuft wurde (Garda 25.4.2022). Es wird von zunehmenden bewaffneten Raubüberfällen, Banditentum und Morden berichtet (BS 2022). Aufgrund der generell schlechten wirtschaftlichen Lage sind Kleinkriminalität, aber auch gewalttätige Überfälle in Gambia keine Seltenheit mehr. Es finden außerdem häufig Demonstrationen zu verschiedenen lokalen und nationalen politischen, wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Themen statt (Garda 25.4.2022). Es gibt Berichte über übermäßige Gewaltanwendung der Polizei gegen Demonstranten (BS 2022). Während die meisten dieser Versammlungen friedlich verlaufen, kam es zwischenzeitlich zu polizeilichem Einsatz durch ungenehmigte Fortsetzung von Protesten (FH 2023). Zwar sind erhebliche Fortschritte auf dem Weg zur Demokratie zu verzeichnen, doch wächst die Unzufriedenheit über die Unfähigkeit der Regierung, die Sicherheit aufrechtzuerhalten (GOCI 2023).
3. Rechtsschutz / Justizwesen
Die Verfassung Gambias sieht eine unabhängige Justiz vor (ÖB 19.4.2023; vgl. USDOS 20.3.2023), und die Regierung respektiert im Allgemeinen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit dieser (USDOS 20.3.2023). Die Regierung Barrow hat Schritte zur Verbesserung des Justizwesens unternommen, das unter Jammeh durch Korruption und Ineffizienz beeinträchtigt war (FH 2023; vgl. ÖB 19.4.2023). Seit dem Machtwechsel haben die Gerichte eine stärkere Unabhängigkeit bewiesen. Des Weiteren wurde die Judicial Service Commission, welche Empfehlungen über die Bestellung von Richterposten und zur Effizienzsteigerung ausspricht, wieder eingesetzt. Der Rückstau bei Gerichtsverfahren ist trotz Maßnahmen der Regierung in diesem Bereich weiterhin groß und das Justizsystem weiterhin durch Korruption und Ineffizienz beeinträchtigt (AA 12.1.2022; vgl. FH 2023).Die Verfassung Gambias sieht eine unabhängige Justiz vor (ÖB 19.4.2023; vergleiche USDOS 20.3.2023), und die Regierung respektiert im Allgemeinen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit dieser (USDOS 20.3.2023). Die Regierung Barrow hat Schritte zur Verbesserung des Justizwesens unternommen, das unter Jammeh durch Korruption und Ineffizienz beeinträchtigt war (FH 2023; vergleiche ÖB 19.4.2023). Seit dem Machtwechsel haben die Gerichte eine stärkere Unabhängigkeit bewiesen. Des Weiteren wurde die Judicial Service Commission, welche Empfehlungen über die Bestellung von Richterposten und zur Effizienzsteigerung ausspricht, wieder eingesetzt. Der Rückstau bei Gerichtsverfahren ist trotz Maßnahmen der Regierung in diesem Bereich weiterhin groß und das Justizsystem weiterhin durch Korruption und Ineffizienz beeinträchtigt (AA 12.1.2022; vergleiche FH 2023).
Die verfassungsmäßigen Garantien für einen fairen Prozess werden nur schwach umgesetzt (ÖB 19.4.2023; vgl. AA 12.1.2022). Beamte informieren die Angeklagten nicht immer unverzüglich über die gegen sie erhobenen Vorwürfe. Der Rückstau von Fällen behindert das Recht auf ein rechtzeitiges Verfahren (USDOS 20.3.2023).Die verfassungsmäßigen Garantien für einen fairen Prozess werden nur schwach umgesetzt (ÖB 19.4.2023; vergleiche AA 12.1.2022). Beamte informieren die Angeklagten nicht immer unverzüglich über die gegen sie erhobenen Vorwürfe. Der Rückstau von Fällen behindert das Recht auf ein rechtzeitiges Verfahren (USDOS 20.3.2023).
Der Oberste Gerichtshof verhandelt Zivil- und Menschenrechtsfälle, einschließlich Berufungen von Gewohnheits- und Scharia-Geric