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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Ing. T in R, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Ladungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 7. April 1993 in einer Verwaltungsstrafsache, Zl. ST-10293/92, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nachdem der Beschwerdeführer in seinem Einspruch gegen die Strafverfügung der belangten Behörde vom 10. Februar 1993 seine Verantwortlichkeit für die ihm angelasteten Taten bestritten hatte, erließ die belangte Behörde den angefochtenen Ladungsbescheid. Darin wird dem Beschwerdeführer eingangs zur Last gelegt, durch ein detailliert umschriebenes Verhalten näher bezeichnete Verwaltungsübertretungen begangen zu haben.
Sodann heißt es:
"Es ist notwendig, daß Sie hiezu persönlich in unser Amt kommen.
Sie können hiezu selbst in unser Amt kommen oder einen Vertreter entsenden. Dieser muß mit der Sachlage vertraut, voll handlungsfähig und bevollmächtigt sein. Auf der Vollmacht ist eine Bundesstempelmarke von Schilling anzubringen. Von einer Vollmacht können wir allerdings absehen, wenn Sie durch Familienmitglieder (Haushaltsangehörige, Angestellte oder Funktionäre von Organisationen), die uns bekannt sind, vertreten werden und kein Zweifel an deren Vertretungsbefugnis besteht.
Es steht Ihnen auch frei, gemeinsam mit Ihrem Vertreter zu kommen."
Es folgt die Angabe des Ortes und der Zeit der Amtshandlung. Für den Fall des ungerechtfertigten Nichterscheinens wird dem Beschwerdeführer die zwangsweise Vorführung angedroht. Als Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides werden die §§ 19 AVG sowie 40 und 41 VStG genannt.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend; er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das Beschwerdevorbringen, es sei nicht ersichtlich, in welcher Eigenschaft der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde erscheinen solle, ist angesichts des (oben wiedergegebenen) Inhaltes des angefochtenen Ladungsbescheides unverständlich, ergibt sich daraus doch unmißverständlich, daß er als Beschuldigter in dem gegen ihn anhängigen Strafverfahren vorgeladen wird.
Auch das Vorbringen, sein Erscheinen vor der belangten Behörde sei nicht iSd § 19 Abs. 1 AVG erforderlich, zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Berechtigung der belangten Behörde zur Vorladung des Beschwerdeführers ergibt sich aus § 40 Abs. 2 erster Satz VStG, wonach die Behörde den Beschuldigten zwecks Gelegenheit zur Rechtfertigung zur Vernehmung laden oder ihn auffordern kann, nach seiner Wahl entweder zu einem bestimmten Zeitpunkt zu seiner Vernehmung zu erscheinen oder sich bis zu diesem Zeitpunkt schriftlich zu rechtfertigen. Nach ihrem Vorbringen in der Gegenschrift hatte die belangte Behörde die Absicht, von der erstgenannten Möglichkeit Gebrauch zu machen. Dies begegnet keinen Bedenken, konnte sie doch, wie sie anhand der Aktenlage nachvollziehbar darlegt, davon ausgehen, daß das Erscheinen des Beschwerdeführers im Sinne des § 19 Abs. 1 AVG erforderlich sei, um seine Verantwortung für die ihm zur Last gelegten Taten und die strittige Tatortfrage anhand der im Akt befindlichen Unterlagen mit ihm zu klären.
Allerdings ist es der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid nicht gelungen, die besagte Absicht zu verwirklichen, da sie dem Beschwerdeführer (offenbar versehentlich) die Entsendung eines informierten Vertreters freigestellt hat. Die in der Gegenschrift vertretene Ansicht, letzteres sei nicht der Fall gewesen, da diese Möglichkeit "einwandfrei nicht angekreuzt oder angemerkt" worden sei, findet im angefochtenen Bescheid keine Deckung. Dieser enthält auch einen Absatz, in dem ausdrücklich von der Möglichkeit der Entsendung eines Vertreters die Rede ist. Dieser Absatz wurde weder gestrichen noch wurde auf eine andere Weise unmißverständlich klargestellt, daß ihm keine Geltung zukomme. Damit war dem Beschwerdeführer die Möglichkeit der Entsendung eines Vertreters freigestellt; eines gesonderten Ankreuzens (Hervorhebens) dieses Absatzes bedurfte es nicht.
Die belangte Behörde hat somit einerseits ausgesprochen, daß das persönliche Erscheinen des Beschwerdeführers notwendig sei, ihm andererseits aber die Entsendung eines informierten Vertreters freigestellt. Gleichzeitig hat sie dem Beschwerdeführer für den Fall, daß er die Ladung nicht befolge, die zwangsweise Vorführung angedroht. Da der Ausspruch der Notwendigkeit des persönlichen Erscheinens des Beschwerdeführers unvereinbar ist mit jenem betreffend die Möglichkeit der Entsendung eines Vertreters, ist der angefochtene Bescheid in sich widersprüchlich. Für den Beschwerdeführer war damit insbesondere unklar, ob er nun persönlich zu erscheinen und im Falle des Nichterscheinens seine zwangsweise Vorführung zu gewärtigen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt.
Aus diesem Grund ist der angefochten Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren für nicht erforderliche Beilagen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993100098.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
08.03.2010