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L10014 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht GemeindehaushaltNorm
AVG §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Mag. K in L, vertreten durch Dr. W in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. Juli 1993, Zl. Bi - 070673/1 - 1993 -Ge, betreffend Bewilligung des sprengelfremden Schulbesuches, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 18. Juni 1993 ersuchte der Beschwerdeführer um Aufnahme seines am 1. Jänner 1986 geborenen Sohnes M in die ("sprengelfremde") Volksschule in H-N mit der Begründung, dort werde nach der Montessori-Methode unterrichtet. Die Leiter der sprengelmäßig zuständigen Schule und der um die Aufnahme ersuchten Schule erklärten, keinen Einwand zu erheben. Der Bürgermeister der Stadtgemeinde N erklärte, die Zustimmung zur Aufnahme des Schulpflichtigen zu verweigern.
Mit Bescheid vom 23. Juni 1993 wies der Magistrat der Landeshauptstadt Linz den Antrag des Beschwerdeführers ab. Begründend wurde dargelegt, der gesetzliche Schulerhalter der um die Aufnahme ersuchten sprengelfremden Schule habe die Aufnahme des Schulpflichtigen verweigert. Gemäß § 47 Abs. 4 Z. 1 des Oberösterreichischen
Pflichtschulorganisationsgesetzes 1992, LGBl. Nr. 35 (POG), sei die Bewilligung zu versagen.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er machte geltend, es bestehe kein Grund, seinem Antrag nicht stattzugeben.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Begründend wurde nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage die Auffassung vertreten, der Versagungsgrund des § 47 Abs. 4 Z. 1 POG sei zwingend. Im Hinblick auf die Erklärung der Stadtgemeinde N müsse der Antrag abgewiesen werden. Die vorgeschriebene Anhörung des Bezirksschulrates habe die belangte Behörde fernmündlich nachgeholt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 46 Abs. 2 erster Satz des Oberösterreichischen Pflichtschulorganisationsgesetzes, LGBl. Nr. 35/1992 idF LGBl. Nr. 1/1993 (POG), ist jeder Schulpflichtige in die für ihn nach der Schulart in Betracht kommende Schule, deren Schulsprengel er angehört, aufzunehmen.
Sprengelangehörig sind nach § 46 Abs. 1 erster Satz POG jene Schulpflichtigen, die im Schulsprengel ... wohnen.
Nach § 2 Abs. 2 POG darf die Aufnahme des Schülers in eine öffentliche Pflichtschule nur abgelehnt werden, 1. wenn der Schüler die schulrechtlichen Aufnahmebedingungen nicht erfüllt,
2. wenn der Schüler dem für die Schule vorgesehenen Schulsprengel nicht angehört.
Nach § 47 Abs. 1 POG ist der Besuch einer öffentlichen
Pflichtschule durch einen dem Schulsprengel nicht angehörigen
Schulpflichtigen (sprengelfremder Schulbesuch) ... nur auf
Grund einer ... bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren
Bereich die sprengelmäßig zuständige Schule liegt, zu beantragenden Bewilligung zulässig.
Diese Bewilligung ist nach § 47 Abs. 4 Z. 1 POG zu versagen, wenn der gesetzliche Schulerhalter der um die Aufnahme ersuchten sprengelfremden Schule die Aufnahme des Schulpflichtigen verweigert.
Mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid wurde die Bewilligung nach § 47 Abs. 1 POG unter Berufung auf § 47 Abs. 4 Z. 1 leg. cit. versagt, weil der gesetzliche Schulerhalter der um die Aufnahme ersuchten sprengelfremden Schule die Aufnahme des Schulpflichtigen verweigerte. Die Beschwerde vertritt die Auffassung, es liege "keine verbindliche Äußerung des gesetzlichen Schulerhalters im Sinne des § 47 Abs. 4 Z. 1 POG vor, sondern eine private Erklärung des Herrn X"; die schriftliche Äußerung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde N sei nämlich mit keinem "Dienstsiegel" versehen.
Diese Darlegungen zeigen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist der im Instanzenzug erlassene Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung, mit dem über den Antrag auf Bewilligung des "sprengelfremden Schulbesuches" entschieden wurde. Diese Bewilligung hatte die belangte Behörde in rechtlicher Gebundenheit nach § 47 Abs. 4 Z. 1 POG im Falle der Verweigerung der Aufnahme des Schulpflichtigen durch den gesetzlichen Schulerhalter der um die Aufnahme ersuchten sprengelfremden Schule zu versagen. Die belangte Behörde war im vorliegenden Fall in ihrer Entscheidung daher auf die Prüfung der Frage beschränkt, ob eine solche - dem Schulerhalter zuzurechnende - "Verweigerung der Aufnahme" vorlag. Dies ist jedoch nicht zweifelhaft. Auch die Beschwerde bestreitet nicht, daß die Stadtgemeinde N im Beschwerdefall der Schulerhalter der um die Aufnahme ersuchten sprengelfremden Schule ist (vgl. §§ 4 Abs. 1, 40 Abs. 1 POG); ebensowenig ist strittig, daß der Bürgermeister zur Abgabe der Erklärung im Sinne des § 47 Abs. 4 Z. 1 POG berufen war (vgl. § 6 Abs. 2 POG, § 58 Abs. 1 und 2 der Oberösterreichischen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 119/1979) und die entsprechende Erklärung - des Inhaltes, daß die Aufnahme verweigert werde - auch tatsächlich abgegeben hat. Davon ausgehend hatte die belangte Behörde nach der Vorschrift des § 47 Abs. 4 Z. 1 POG zwingend die Bewilligung zu versagen.
Eine Vorschrift des Inhaltes, daß die Wirksamkeit der Erklärung oder ihre Zurechnung zum Schulerhalter vom Abdruck eines "Dienstsiegels" abhängig wäre, ist nicht ersichtlich; auch die Beschwerde nennt eine solche Vorschrift nicht. Auch sonst sind Formvorschriften im Zusammenhang mit der nach § 47 Abs. 4 Z. 1 POG gegenüber der Bezirksverwaltungsbehörde abzugebenden Erklärung des Schulerhalters nicht ersichtlich; insbesondere handelt es sich dabei nicht um eine in einem behördlichen Verfahren ergangene Erledigung im Sinne des § 18 AVG, sondern um die Erklärung eines Verfahrensbeteiligten, dem in § 6 Abs. 1 POG für den dort umschriebenen Bereich Parteistellung eingeräumt ist.
Es ist (daher) auch der Beschwerdevorwurf, die Stellungnahme des gesetzlichen Schulerhalters sei objektiv unrichtig, weil in Wahrheit kein Platzmangel im Schulzentrum bestehe, nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die belangte Behörde hatte auf die Gründe, die den Schulerhalter veranlaßten, die Aufnahme zu verweigern, nicht einzugehen, sondern im Sinne des § 47 Abs. 4 Z. 1 POG lediglich zu prüfen, ob eine "Verweigerung der Aufnahme" vorlag; auch in diesem Zusammenhang ist ausschlaggebend, daß die belangte Behörde eine Entscheidung nach § 47 Abs. 1 POG zu treffen hatte, die (insbesondere) vom Tatbestandsmerkmal der "Verweigerung der Aufnahme" durch den Schulerhalter nach § 47 Abs. 4 Z. 1 POG abhängt.
Nach § 47 Abs. 6 erster Halbsatz POG hat die zuständige Behörde im Verfahren über den Antrag (Abs. 1 bzw. 3) vor ihrer Entscheidung den Bezirksschulrat zu hören.
Die Beschwerde macht einen Verstoß gegen diese Vorschrift mit folgender Begründung geltend: Es sei nicht nachvollziehbar, wer den Vermerk vom 4. Juli 1993 über die Anhörung des Bezirksschulrates angelegt habe. Darin sei auch nicht festgehalten, welche Erklärung der Bezirksschulrat abgegeben habe; das Verfahrensergebnis sei dem Beschwerdeführer auch nicht zur Kenntnis gebracht worden.
Diese Darlegungen sind - unabhängig von der Frage, ob der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Anhörung einer beteiligten Stelle in Rechten verletzt sein kann - nicht in der Lage, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Daß der Bezirksschulrat angehört wurde, ist nicht strittig; es ist daher nicht von Bedeutung, wer den entsprechenden Aktenvermerk angelegt hat. Auf die Mitteilung des Inhaltes der vom Bezirksschulrat abgegebenen Erklärung hatte der Beschwerdeführer keinen Anspruch. Nach § 37 Abs. 1 AVG ist es Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Nach § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, von dem Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Gegenstand des Parteiengehörs kann somit nur der durch die Behörde auf Grund bestimmter Ergebnisse der Beweisaufnahme als erwiesen angenommene Sachverhalt sein. Die Entscheidung hing im vorliegenden Fall ausschließlich von der Frage der "Verweigerung der Aufnahme" durch den Schulerhalter ab; als Beweismittel lag der belangten Behörde im vorliegenden Fall lediglich die Urkunde vor, die die entsprechende Erklärung des Schulerhalters enthält. Diesen Sachverhalt bzw. dieses Ermittlungsergebnis betreffend liegt keine Verletzung des Parteiengehörs vor; schon unter diesem Gesichtspunkt liegt kein relevanter Verfahrensmangel darin, daß dem Beschwerdeführer eine allfällige Stellungnahme des Bezirksschulrates nicht vorgehalten wurde.
Die behauptete Rechtswidrigkeit liegt daher nicht vor; die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
Abstandnahme vom Parteiengehör Beteiligter Beweismittel Urkunden Parteiengehör Allgemein Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren Parteiengehör Verletzung des Parteiengehörs Verfahrensmangel Sachverhalt SachverhaltsfeststellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993100178.X00Im RIS seit
18.06.2001