TE Vwgh Beschluss 1995/6/27 95/20/0188

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Veröffentlicht am 27.06.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §34 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über den Antrag des M in W, vertreten durch den bestellten Verfahrenshelfer Dr. E, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Februar 1994, Zl. 4.336.482/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit Beschluß vom 24. Jänner 1995, Zl. 94/20/0890-3, wies der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde des (nunmehrigen) Antragstellers gegen den obgenannten Bescheid des Bundesministers für Inneres wegen Versäumung der Einbringungsfrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurück.

Im vorliegenden, am 7. April 1995 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist behauptet der Antragsteller, er bzw. sein bestellter Verfahrenshelfer habe am 27. März 1995 von dieser Versäumung der Beschwerdefrist Kenntnis erlangt. Nach Darlegung der Umstände, die als Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht werden, wird zur Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages (unter Punkt 3.) folgendes vorgebracht:

"Der Beschwerdeführer (bzw. dessen Verfahrenshelfer) hat am 27.3.1995 von der Versäumung der Frist Kenntnis erlangt. Da die 14-tägige Frist des § 148 Abs. 2 ZPO ab Wegfall des Hindernisses läuft und sohin am 10.4.1995 endet, erweist sich der vorliegende Antrag als rechtzeitig eingebracht."

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof eine Frist versäumt hat und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Ein Wiedereinsetzungsantrag ist gemäß § 46 Abs. 3 VwGG in den Fällen des Abs. 1 (Fristversäumung aufgrund eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses) binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses beim Verwaltungsgerichtshof zu stellen.

Besteht dieses Ereignis in einem Tatsachenirrtum über den Ablauf der Beschwerdefrist, so hört das Hindernis im Sinne des § 46 Abs. 3 leg. cit. auf, sobald der Beschwerdeführer bzw. dessen Vertreter den Tatsachenirrtum als solchen erkennen konnte und mußte, nicht aber erst in dem Zeitpunkt, in dem der Beschluß über die Zurückweisung der verspätet erhobenen Beschwerde zugestellt worden ist. Von einem Beschwerdeführer bzw. seinem Vertreter muß im Hinblick auf die aus § 34 Abs. 1 VwGG sich ergebende Bedeutung der Wahrung der Beschwerdefrist nämlich erwartet werden, daß er anläßlich der Unterfertigung der Beschwerde sein Augenmerk auch darauf richtet, welcher Zeitraum bis zum Ablauf der Beschwerdefrist noch zur Verfügung steht. Konnte er bei Einhaltung dieser gehörigen Aufmerksamkeit im Zeitpunkt der Unterfertigung der Beschwerde erkennen, daß die Beschwerdefrist bereits abgelaufen ist, dann hat jedenfalls damit das Hindernis im Sinne des § 46 Abs. 3 VwGG aufgehört (vgl. die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Jänner 1986, Zl. 85/11/0304, und vom 12. Dezember 1984, Zlen. 84/13/0223, 0224).

Der Antragsteller hat in seiner am 28. Dezember 1994 zur Post gegebenen und zur hg. Zl. 94/20/0890 protokollierten Beschwerde zur "Rechtzeitigkeit der Beschwerde" ausdrücklich folgendes vorgebracht:

"Der bekämpfte Bescheid wurde dem bestellten Verfahrenshelfer gleichzeitig mit dem Bescheid über die Bestellung zur Verfahrenshilfe am 10. November 1994 zugestellt. Die Frist zur Erhebung der Beschwerde beginnt laut § 26 Abs. 3 VwGG mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwaltes an diesen. Die Beschwerdefrist endet somit am 29. Dezember 1994."

Im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag wird behauptet, daß diese Beschwerde am 27. Dezember 1994 "verfaßt wurde".

Hingegen wird im Wiedereinsetzungsantrag kein taugliches Vorbringen darüber erstattet, warum das als Wiedereinsetzungsgrund geltend gemachte Hindernis der unrichtigen Fristvormerkung im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung (27. bzw. 28. Dezember 1994) nicht aufgehört und bis zum 27. März 1995 weiter bestanden haben sollte (bei dem im Wiedereinsetzungsantrag ohne nähere Begründung behaupteten Datum 27. März 1995 dürfte es sich offenbar um den Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses über die Zurückweisung der verspäteten Beschwerde handeln). Daß der Beschwerdevertreter anläßlich der Beschwerdeabfassung (bzw. der Unterfertigung und Postaufgabe dieser Beschwerde) in einem Irrtum über den bereits eingetretenen Fristablauf befangen gewesen war, behauptet er zwar selbst nicht, dies ist aber dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag bzw. dem eingesehenen Beschwerdeakt gerade noch entnehmbar. Ein derartiger Irrtum kann aber für sich alleine nicht als ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG) gewertet werden (vgl. dazu den hg. Beschluß vom 5. November 1991, Zl. 91/04/0226, mit weiteren Judikaturnachweisen). Auch der (auf Seite 4 des Antrages) ins Treffen geführte Umstand, die "Nachkontrolle der Einbringungsfrist" sei infolge des in der Kanzlei des Beschwerdevertreters vor dem Jahreswechsel aufgetretenen verstärkten Arbeitsanfalles unterblieben, kann dem Wiedereinsetzungsantrag nicht zum Erfolg verhelfen, da insoweit nicht ein lediglich minderer Grad des Versehens vorliegt. Bei dem gegebenen Sachverhalt kommt der unrichtigen Fristvormerkung keine Bedeutung zu. Im Hinblick darauf muß daher davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführervertreter bei gehöriger Aufmerksamkeit die Versäumung der Beschwerdefrist schon bei Abfassung der Beschwerde hätte erkennen können und müssen.

Dem Antrag konnte daher nicht stattgegeben werden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995200188.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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