Entscheidungsdatum
25.06.2024Norm
AVG §38Spruch
I414 2258058-2/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX alias XXXX ), geb. XXXX (alias XXXX ), StA. Syrien, vertreten durch die Diakonie-Flüchtlingsdienst gem. GmbH, XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX vom 06.11.2023, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.02.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch XXXX (alias römisch XXXX alias römisch XXXX ), geb. römisch XXXX (alias römisch XXXX ), StA. Syrien, vertreten durch die Diakonie-Flüchtlingsdienst gem. GmbH, römisch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion römisch XXXX vom 06.11.2023, Zl. römisch XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.02.2024, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 11.03.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid vom 26.06.2022, Zl. XXXX wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge als Bundesamt bezeichnet) den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Syrien (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Syrien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Mit Bescheid vom 26.06.2022, Zl. römisch XXXX wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge als Bundesamt bezeichnet) den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Syrien (Spruchpunkt römisch II.) als unbegründet ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt römisch IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Syrien zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt römisch VI.).
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.03.2023 zur Zl. XXXX wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde im Hinblick auf Spruchpunkt I. als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des Bescheides wurde stattgegeben, die Spruchpunkte III. bis VI. ersatzlos behoben, dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für die Dauer von einem Jahr erteilt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.03.2023 zur Zl. römisch XXXX wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde im Hinblick auf Spruchpunkt römisch eins. als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. des Bescheides wurde stattgegeben, die Spruchpunkte römisch III. bis römisch VI. ersatzlos behoben, dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für die Dauer von einem Jahr erteilt.
In der Folge buchte der Beschwerdeführer für den 29.09.2023 einen Termin beim Bundesamt, Regionaldirektion XXXX , zwecks Beantragung und Ausstellung eines Fremdenpasses. Mit Schreiben vom 07.09.2023 wurde dem Beschwerdeführer vom Bundesamt mitgeteilt, dass der Termin storniert werde, zumal derzeit kein Fremdenpass ausgestellt werden könne und für die Ausstellung eines Reisepasses die syrische Botschaft in XXXX zuständig sei. Es könne erst dann ein Fremdenpass ausgestellt werden, wenn eine Bestätigung über die Nichtausstellung seitens der syrischen Botschaft vorläge. In der Folge buchte der Beschwerdeführer für den 29.09.2023 einen Termin beim Bundesamt, Regionaldirektion römisch XXXX , zwecks Beantragung und Ausstellung eines Fremdenpasses. Mit Schreiben vom 07.09.2023 wurde dem Beschwerdeführer vom Bundesamt mitgeteilt, dass der Termin storniert werde, zumal derzeit kein Fremdenpass ausgestellt werden könne und für die Ausstellung eines Reisepasses die syrische Botschaft in römisch XXXX zuständig sei. Es könne erst dann ein Fremdenpass ausgestellt werden, wenn eine Bestätigung über die Nichtausstellung seitens der syrischen Botschaft vorläge.
Am 20.09.2023 langte beim Bundesamt via E-Mailnachricht ein Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte nach § 88 Abs. 2a FPG ein, woraufhin der Beschwerdeführer seitens des Bundesamtes darauf hingewiesen wurde, dass zwecks Identitätsfeststellung eine persönliche Antragstellung erforderlich sei und noch biometrische Daten benötigt werden würden. Daraufhin brachte der Beschwerdeführer am 02.10.2023 persönlich einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2a FPG ein, den er allerdings nicht näher begründete. Am 20.09.2023 langte beim Bundesamt via E-Mailnachricht ein Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte nach Paragraph 88, Absatz 2 a, FPG ein, woraufhin der Beschwerdeführer seitens des Bundesamtes darauf hingewiesen wurde, dass zwecks Identitätsfeststellung eine persönliche Antragstellung erforderlich sei und noch biometrische Daten benötigt werden würden. Daraufhin brachte der Beschwerdeführer am 02.10.2023 persönlich einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß Paragraph 88, Absatz 2 a, FPG ein, den er allerdings nicht näher begründete.
Mit dem als „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ bezeichneten Schreiben des Bundesamtes vom 06.10.2023 wurde der Beschwerdeführer von der beabsichtigten Abweisung seines Antrages auf Ausstellung eines Fremdenpasses in Kenntnis gesetzt, ihm die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Syrien: „Reisedokumente für syrische Staatsangehörige“ vom 12.12.2022 übermittelt und ihm die Möglichkeit eingeräumt hierzu sowie zur beabsichtigten Abweisung seines Antrages binnen einer Frist von zwei Wochen schriftlich Stellung zu beziehen.
In der am 24.10.2023 beim Bundesamt eingebrachten Stellungnahme führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass für ihn keine zumutbare und damit konkrete Möglichkeit iSd § 88 Abs. 2a FPG bestünde, sich ein Reisedokument seines Herkunftsstaates Syrien zu beschaffen. Er stamme aus einer Region, die derzeit nicht von der syrischen Regierung kontrolliert werde und würden den Länderinformationen zufolge Bewohner aus solchen Regionen pauschal als illoyal gelten. Der Beschwerdeführer müsse im Falle einer Kontaktaufnahme mit den syrischen Vertretungsbehörden Informationen über seine Person, seinen Aufenthaltsort, seinen Aufenthaltsstatus in Österreich, sein aktuelles Aussehen und seinen Familienstand liefern. Aus seinem Aufenthaltsstatus und dem Umstand, dass der Antrag auf Ausstellung eines Reisepasses eine Sicherheitsüberprüfung in Syrien auslösen würde, ergäbe sich, dass er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und könne nicht ausgeschlossen werden, dass dies von den Behörden als Schädigung des Ansehens Syriens im Ausland gewertet werde. Seine illegale Ausreise, die Asylantragstellung in Österreich, seine Herkunft aus einem nicht unter Regierungskontrolle befindlichen Gebiet seien allesamt Gefährdungsfaktoren für den Beschwerdeführer und stelle die Kontaktaufnahme mit den syrischen Vertretungsbehörden ein Sicherheitsrisiko für ihn sowie für seine in Syrien verbliebenen Angehörigen dar. Außerdem sei der Beschwerdeführer ein Regimegegner und wolle das syrische Unrechtsregime nicht mit hunderten von Euro für die Passgebühren finanziell unterstützen. In der am 24.10.2023 beim Bundesamt eingebrachten Stellungnahme führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass für ihn keine zumutbare und damit konkrete Möglichkeit iSd Paragraph 88, Absatz 2 a, FPG bestünde, sich ein Reisedokument seines Herkunftsstaates Syrien zu beschaffen. Er stamme aus einer Region, die derzeit nicht von der syrischen Regierung kontrolliert werde und würden den Länderinformationen zufolge Bewohner aus solchen Regionen pauschal als illoyal gelten. Der Beschwerdeführer müsse im Falle einer Kontaktaufnahme mit den syrischen Vertretungsbehörden Informationen über seine Person, seinen Aufenthaltsort, seinen Aufenthaltsstatus in Österreich, sein aktuelles Aussehen und seinen Familienstand liefern. Aus seinem Aufenthaltsstatus und dem Umstand, dass der Antrag auf Ausstellung eines Reisepasses eine Sicherheitsüberprüfung in Syrien auslösen würde, ergäbe sich, dass er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und könne nicht ausgeschlossen werden, dass dies von den Behörden als Schädigung des Ansehens Syriens im Ausland gewertet werde. Seine illegale Ausreise, die Asylantragstellung in Österreich, seine Herkunft aus einem nicht unter Regierungskontrolle befindlichen Gebiet seien allesamt Gefährdungsfaktoren für den Beschwerdeführer und stelle die Kontaktaufnahme mit den syrischen Vertretungsbehörden ein Sicherheitsrisiko für ihn sowie für seine in Syrien verbliebenen Angehörigen dar. Außerdem sei der Beschwerdeführer ein Regimegegner und wolle das syrische Unrechtsregime nicht mit hunderten von Euro für die Passgebühren finanziell unterstützen.
Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des Bundesamtes vom 06.11.2023 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2a FPG abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in der Lage sei, sich ein Reisedokument bei der syrischen Vertretungsbehörde zu verschaffen. Laut Aktenlage sei er im Besitz eines gültigen syrischen Personalausweises und Reisepasses und sei bereits im Asylverfahren festgestellt worden, dass keinerlei Verfolgung seiner Person durch den syrischen Staat vorliege. Dem Beschwerdeführer sei daher eine Vorsprache bei der syrischen Botschaft zumutbar und sei die Erlangung eines Reisedokumentes jedenfalls auch möglich. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des Bundesamtes vom 06.11.2023 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß Paragraph 88, Absatz 2 a, FPG abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in der Lage sei, sich ein Reisedokument bei der syrischen Vertretungsbehörde zu verschaffen. Laut Aktenlage sei er im Besitz eines gültigen syrischen Personalausweises und Reisepasses und sei bereits im Asylverfahren festgestellt worden, dass keinerlei Verfolgung seiner Person durch den syrischen Staat vorliege. Dem Beschwerdeführer sei daher eine Vorsprache bei der syrischen Botschaft zumutbar und sei die Erlangung eines Reisedokumentes jedenfalls auch möglich.
Mit dem am 03.01.2024 beim Bundesamt eingebrachten Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen diesen Bescheid. Dabei wurde insbesondere moniert, dass es dem Beschwerdeführer nicht zumutbar sei, sich an die syrischen Vertretungsbehörden zu wenden und einen Reisepass zu beantragen, zumal er damit seine in Syrien verbliebenen Angehörigen gefährde und ihm selbst Verfolgung durch die syrischen Behörden drohe. Die Passgebühren würden dazu dienen, das syrische Unrechtsregime zu finanzieren, was er ablehne und keinesfalls unterstützen wolle. Das Vorgehen des Bundesamtes hinsichtlich der Terminstornierung ohne weitere Prüfung des Vorbringens sei mit dem rechtsstaatlichen Prinzip und dem Recht des Beschwerdeführers auf ein faires und unvoreingenommenes Verfahren nicht vereinbar. Das Bundesamt übersehe, dass sich die Frage der Zumutbarkeit der Beantragung eines Reisepasses inhaltlich von der Prüfung im Asylverfahren, ob sich der Beschwerdeführer aus wohlbegründeter Furcht vor den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen außerhalb seines Herkunftsstaates befindet, unterscheide. Der Beschwerdeführer stamme aus einer nicht von der syrischen Regierung kontrollierten Region und lasse sich den Länderberichten entnehmen, dass Bewohner aus solchen Regionen pauschal als illoyal angesehen werden. Der Beschwerdeführer müsse durch seine Antragstellung bei der syrischen Botschaft Informationen über seine Person, seinen Aufenthaltsort, seinen Aufenthaltsstatus in Österreich und sein aktuelles Aussehen liefern und würde sein Antrag eine Sicherheitsüberprüfung in Syrien auslösen, wodurch das syrische Regime Informationen über seine illegale Ausreise, seinen Aufenthalt in Österreich, seine Reisebewegungen und seinen regelmäßigen Kontakt zu seinen in regierungsfeindlichen Gebieten aufhältigen Familienangehörigen erhalten würde. Zudem wäre ersichtlich, dass der Sohn des Beschwerdeführers bald 17 Jahre alt und damit wehrdienstpflichtig sei, die Ableistung eines solchen sei jedoch aus politischen Gründen ausgeschlossen und drohe seinem Sohn im Falle einer Verweigerung Verfolgung. Im Zuge einer Kontaktaufnahme mit der syrischen Botschaft würde der Beschwerdeführer somit Gefahr laufen seine Familie und insbesondere seinen Sohn ins Blickfeld des syrischen Regimes zu rücken. Ferner würde die Abweisung des Antrags auf Ausstellung eines Fremdenpasses das Grundrecht des Beschwerdeführers auf Bewegungsfreiheit/Freizügigkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 und 2 4. ZP EMRK verletzen. Mit dem am 03.01.2024 beim Bundesamt eingebrachten Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen diesen Bescheid. Dabei wurde insbesondere moniert, dass es dem Beschwerdeführer nicht zumutbar sei, sich an die syrischen Vertretungsbehörden zu wenden und einen Reisepass zu beantragen, zumal er damit seine in Syrien verbliebenen Angehörigen gefährde und ihm selbst Verfolgung durch die syrischen Behörden drohe. Die Passgebühren würden dazu dienen, das syrische Unrechtsregime zu finanzieren, was er ablehne und keinesfalls unterstützen wolle. Das Vorgehen des Bundesamtes hinsichtlich der Terminstornierung ohne weitere Prüfung des Vorbringens sei mit dem rechtsstaatlichen Prinzip und dem Recht des Beschwerdeführers auf ein faires und unvoreingenommenes Verfahren nicht vereinbar. Das Bundesamt übersehe, dass sich die Frage der Zumutbarkeit der Beantragung eines Reisepasses inhaltlich von der Prüfung im Asylverfahren, ob sich der Beschwerdeführer aus wohlbegründeter Furcht vor den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen außerhalb seines Herkunftsstaates befindet, unterscheide. Der Beschwerdeführer stamme aus einer nicht von der syrischen Regierung kontrollierten Region und lasse sich den Länderberichten entnehmen, dass Bewohner aus solchen Regionen pauschal als illoyal angesehen werden. Der Beschwerdeführer müsse durch seine Antragstellung bei der syrischen Botschaft Informationen über seine Person, seinen Aufenthaltsort, seinen Aufenthaltsstatus in Österreich und sein aktuelles Aussehen liefern und würde sein Antrag eine Sicherheitsüberprüfung in Syrien auslösen, wodurch das syrische Regime Informationen über seine illegale Ausreise, seinen Aufenthalt in Österreich, seine Reisebewegungen und seinen regelmäßigen Kontakt zu seinen in regierungsfeindlichen Gebieten aufhältigen Familienangehörigen erhalten würde. Zudem wäre ersichtlich, dass der Sohn des Beschwerdeführers bald 17 Jahre alt und damit wehrdienstpflichtig sei, die Ableistung eines solchen sei jedoch aus politischen Gründen ausgeschlossen und drohe seinem Sohn im Falle einer Verweigerung Verfolgung. Im Zuge einer Kontaktaufnahme mit der syrischen Botschaft würde der Beschwerdeführer somit Gefahr laufen seine Familie und insbesondere seinen Sohn ins Blickfeld des syrischen Regimes zu rücken. Ferner würde die Abweisung des Antrags auf Ausstellung eines Fremdenpasses das Grundrecht des Beschwerdeführers auf Bewegungsfreiheit/Freizügigkeit gemäß Artikel 2, Absatz eins und 2 4. ZP EMRK verletzen.
Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden in weiterer Folge vom Bundesamt vorgelegt und sind am 10.01.2024 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
Am 28.02.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner Rechtsvertretung und eines Dolmetschers für die arabische Sprache, statt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:Die unter Punkt römisch eins. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Syrien, bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam und gehört der Volksgruppe der Araber an. Seine Identität steht fest und ist er ferner gesund und arbeitsfähig.
Der Beschwerdeführer verfügt über eine fünfjährige Schulbildung und hat in Syrien in der Ortschaft XXXX im östlichen Teil des Gouvernements XXXX gelebt, welche aktuell unter kurdischer Kontrolle steht. In der Heimatregion halten sich zumindest seine Gattin samt Kinder, sein Vater, ein Bruder sowie drei Schwestern auf. Drei Brüder leben im Ausland.Der Beschwerdeführer verfügt über eine fünfjährige Schulbildung und hat in Syrien in der Ortschaft römisch XXXX im östlichen Teil des Gouvernements römisch XXXX gelebt, welche aktuell unter kurdischer Kontrolle steht. In der Heimatregion halten sich zumindest seine Gattin samt Kinder, sein Vater, ein Bruder sowie drei Schwestern auf. Drei Brüder leben im Ausland.
Im September 2021 verließ der Beschwerdeführer Syrien auf illegalem Wege und reiste unter anderem über die Türkei nach Österreich, wo er am 11.03.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Mit Bescheid vom 26.06.2022 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Syrien (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Syrien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Mit Bescheid vom 26.06.2022 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Syrien (Spruchpunkt römisch II.) als unbegründet ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt römisch IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Syrien zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt römisch VI.).
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.03.2023 zur Zl. XXXX wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde im Hinblick auf Spruchpunkt I. als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des Bescheides wurde stattgegeben, die Spruchpunkte III. bis VI. ersatzlos behoben, dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für die Dauer von einem Jahr erteilt. Festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer seinen Grundwehrdienst in der syrischen Armee zwischen 1995 und 1997 abgeleistet hat und er über keine Spezialausbildung verfügt und im Wesentlichen für Wachdienste eingesetzt wurde. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, persönlich vom IS bedroht worden zu sein, hat sich als nicht glaubhaft erwiesen und kam das Bundesverwaltungsgericht ferner zu dem Schluss, dass keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für den Beschwerdeführer besteht, gegen seinen Willen zum Militärdienst in der syrischen Armee oder (pro-)kurdischen Einheiten herangezogen oder sonst einer Verfolgung – auch durch den IS – wegen exilpolitischer Tätigkeit oder sonst wegen der Unterstellung einer oppositionellen politischen Gesinnung oder der Zugehörigkeit zu seinem Stamm ausgesetzt zu sein. Auch eine reale Gefahr, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Syrien allein wegen seiner illegalen Ausreise und einer ihm damit unterstellten oppositionellen Gesinnung einer Verfolgung unterworfen ist, konnte nicht festgestellt werden. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.03.2023 zur Zl. römisch XXXX wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde im Hinblick auf Spruchpunkt römisch eins. als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. des Bescheides wurde stattgegeben, die Spruchpunkte römisch III. bis römisch VI. ersatzlos behoben, dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für die Dauer von einem Jahr erteilt. Festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer seinen Grundwehrdienst in der syrischen Armee zwischen 1995 und 1997 abgeleistet hat und er über keine Spezialausbildung verfügt und im Wesentlichen für Wachdienste eingesetzt wurde. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, persönlich vom IS bedroht worden zu sein, hat sich als nicht glaubhaft erwiesen und kam das Bundesverwaltungsgericht ferner zu dem Schluss, dass keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für den Beschwerdeführer besteht, gegen seinen Willen zum Militärdienst in der syrischen Armee oder (pro-)kurdischen Einheiten herangezogen oder sonst einer Verfolgung – auch durch den IS – wegen exilpolitischer Tätigkeit oder sonst wegen der Unterstellung einer oppositionellen politischen Gesinnung oder der Zugehörigkeit zu seinem Stamm ausgesetzt zu sein. Auch eine reale Gefahr, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Syrien allein wegen seiner illegalen Ausreise und einer ihm damit unterstellten oppositionellen Gesinnung einer Verfolgung unterworfen ist, konnte nicht festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer verfügt über einen befristeten Aufenthaltstitel für subsidiär Schutzberechtigte.
Der Beschwerdeführer hat sich weder in Syrien noch in Österreich politisch betätigt oder war/ ist politisch aktiv.
Für im Ausland lebende Syrer besteht die Möglichkeit, einen Reisepass in einer Auslandsvertretungsbehörde zu beantragen. Durch Vorlage seines syrischen Personalausweises sowie seiner Aufenthaltskarte für subsidiär Schutzberechtigte zusammen mit zwei Passfotos und der persönlichen Antragstellung in der syrischen Botschaft, kann der Beschwerdeführer ein syrisches Reisedokument erlangen. Auch eine Antragstellung über ein Online-Portal des syrischen Innenministeriums ist dem Beschwerdeführer möglich.
Der Beschwerdeführer hat die Ausstellung eines syrischen Reisedokumentes bei der syrischen Botschaft in Wien bislang nicht beantragt und damit keinen Versuch unternommen, auf diesem Wege einen gültigen nationalen Reisepass zu erhalten. Ein substantiierter Grund dafür, dass dem Beschwerdeführer die Kontaktaufnahme mit der syrischen Botschaft unzumutbar ist, liegt nicht vor. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass aufgrund einer Vorsprache des Beschwerdeführers bei der syrischen Botschaft in Wien Angehörige des Beschwerdeführers in Syrien bzw. der Beschwerdeführer selbst in Syrien verfolgt werden würde(n) oder sie Repressalien ausgesetzt wären. Es ist auch nicht von einer dem Beschwerdeführer seitens des syrischen Regimes unterstellten oppositionellen Gesinnung auszugehen. Die Antragstellung bei der syrischen Botschaft ist dem Beschwerdeführer sohin möglich und zumutbar.
Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu den im hier zu entscheidenden Beschwerdefall relevanten Anfragebeantwortungen:
1.2.1. Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Syrien: „Reisedokumente für syrische Staatsangehörige“ vom 12.12.2022:
(…)
1. Welche Voraussetzungen gelten für das Erlangen eines syrischen Reisedokuments über die syrische Botschaftsvertretung in Österreich?
Quellenlage/Quellenbeschreibung:
Aufgrund der informationsspezifischen Art der Fragestellungen wurde die Anfrage an die syrische Botschaft Wien zur Beantwortung übermittelt. Die Antwort der syrischen Botschaft und die von dieser übermittelten Dokumente sind im Folgenden angeführt.
Anmerkung: Es darf darauf hingewiesen werden, dass von Seiten der Staatendokumentation keine Aussage darüber getroffen werden kann, ob ein syrischer Staatsbürger tatsächlich einen syrischen Reisepass ausgestellt bekommt, oder nicht. Des Weiteren ist zu beachten, dass ein syrischer Staatsbürger mit einem solchen Antrag den syrischen Staat über den eigenen Aufenthalt in Österreich in Kenntnis setzen würde, was unterschiedliche Konsequenzen nach sich ziehen kann und somit nicht für jeden in Österreich aufhältigen Syrer eine Option darstellt.
Siehe außerdem unter Frage 3 Informationen zum Thema staatliche Willkür in den syrischen Auslandsvertretungen.
Zusammenfassung
Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass als Voraussetzung für die Ausstellung eines Reisepasses durch die syrische Botschaft in Wien das Vorweisen diverser Dokumente notwendig ist (Details hierzu: siehe Einzelquellen). Für die Beantragung ist ein persönliches Erscheinen in der Konsularabteilung erforderlich, eine Terminvereinbarung ist nicht notwendig.
Einzelquellen:
Die syrische Botschaft Wien schreibt zu den Voraussetzungen für das Erlangen eines syrischen Reisedokuments Folgendes:
- Besitz eines syrischen Reisepass (Gültig, Abgelaufen, Alt oder etc..) oder syrische ID Karte, Personalausweis, Geburtsurkunde.
- 2x Passfoto.
Alle erforderlichen Unterlagen finden im Anhang (Leider nur auf Arabisch). Für die Beantragung ist persönliche Erscheinung in der Konsular Abteilung erforderlich und OHNE Termin.
Syrische Botschaft Wien (30.11.2022): Auskunft der Syrischen Botschaft Wien, per E-Mail
Anmerkung: Ein von der syrischen Botschaft Wien übermitteltes Dokument listet die zur Ausstellung eines Reisepasses nötigen Dokumente auf [automatische Übersetzung]:
Erforderliche Papiere, um einen neuen Reisepass zu erhalten.
- aktuelle farbige Personalfotos für den Pass (4x4 cm groß, weißer Hintergrund, dunkle Kleidung, keine Brille)
- Eine ausgedruckte Papierkopie des Personalausweises oder eine individuelle Personenstandsurkunde
- Die aktuelle Aufenthaltskarte im Auslandsland
Für die erstmalige Beantragung eines Reisepasses: der Personalausweis oder die Ausstellung eines Zivilstandsregisters mit einem daran angebrachten gestempelten und vom syrischen Außenministerium beglaubigten Personenstandsregister, dessen Ausstellungsdatum nicht länger als ein Jahr zurückliegt.
Gebühren:
- Die reguläre Bearbeitungsgebühr beträgt 265 Euro (zu zahlen bei der Antragstellung bei der Botschaft; die Ausstellung dauert etwa drei Wochen)
- Die Bearbeitungsgebühr im Expressverfahren beträgt 705 Euro (zu entrichten bei der Einreichung des Antrages bei der Botschaft; die Ausstellung dauert maximal zwei bis vier Tage)
(…)
2. Stellt die syrische Botschaft in Österreich auch Reisedokumente für syrische Staatsangehörige aus, die ihr Land illegal/ohne gültiges Reisedokument verlassen haben?
Quellenlage/Quellenbeschreibung:
s.o.
Zusammenfassung:
Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass die syrische Botschaft in Wien Reisedokumente für alle syrischen Staatsbürger, ohne Einschränkungen, ausstellt.
Einzelquellen:
Die syrische Botschaft Wien schreibt zu der Angelegenheit Folgendes:
- Ja OHNE welche Einschränkungen.
- Für Erstmalige Beantragung ist eine der folgende Dokumente erforderlich: Syrische ID Karte, Personalausweis, oder Geburtsurkunde.
Syrische Botschaft Wien (30.11.2022): Auskunft der Syrischen Botschaft Wien, per E-Mail
3. Müssen syrische Staatsangehörige mit staatlicher Willkür durch die syrische Botschaft in Österreich rechnen?
Quellenlage/Quellenbeschreibung:
In öffentlich zugänglichen Quellen wurden im Rahmen der zeitlich begrenzten Recherche auf Deutsch, Englisch und Arabisch keine Informationen zu den expliziten Fragestellungen bezüglich der Situation in der syrischen Botschaft in Österreich gefunden. Gesucht wurde auf google.com, bing.com, ecoi.net, duckduckgo.com mit einschließlich, aber nicht ausschließlich folgenden Suchwörtern „syrische Botschaft“ „syrische Auslandsvertretung“, „Wien“, „Österreich“, „willkürlich“, „staatliche Willkür“, „Zugang zu Dokumenten“ „Reisepass“, „staatliche Dokumente“, „Assad-Regime“ „syrische Staatsbürger“, „Botschaftsbesuch“, „Korruption“, „Ausstellung von Pässen“ und fremdsprachigen Äquivalenten. Im Folgenden werden daher allgemeinere Informationen bezüglich willkürlichen Verhaltens seitens der syrischen Auslandsvertretungen zur Verfügung gestellt.
Anmerkungen: Das Risiko der Willkür unter dem Assad-Regime ist immer gegeben. In Berichten über das Vorgehen des syrischen Machtapparats wird Willkür immer wieder als Instrument der Machtausübung thematisiert [wie auch in den entsprechenden Kapiteln im COI-CMS Syrien dargelegt; vgl.: z.B. „Befreiung, Aufschub, Befreiungsgebühren, Strafen bei Erreichung des 43. Lebensjahrs ohne Ableistung des Wehrdiensts“ im Kapitel „Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen“ oder „Politische Lage“; siehe u.a. auch: Global Centre for the Responsibility to Protect (1.12.2022): Syria, https://www.globalr2p.org/countries/syria/, Zugriff 5.12.2022; HRW – Human Rights Watch (20.10.2021): “Our Lives Are Like Death” Syrian Refugee Returns from Lebanon and Jordan, https://www.hrw.org/report/2021/10/20/our-lives-are-death/syrian-refugee-returns-lebanon-and-jordan, Zugriff 9.12.2022; SNHR – Syrian Network for Human Rights (5.7.2022): At Least 1,024 Arbitrary Arrests/Detentions Documented in Syria in the First Half of 2022, Including 49 Children and 29 Women, with 164 of These Cases Documented in June, https://snhr.org/wp-content/uploads/2022/07/M220702E.pdf, Zugriff 9,12.2022).Anmerkungen: Das Risiko der Willkür unter dem Assad-Regime ist immer gegeben. In Berichten über das Vorgehen des syrischen Machtapparats wird Willkür immer wieder als Instrument der Machtausübung thematisiert [wie auch in den entsprechenden Kapiteln im COI-CMS Syrien dargelegt; vergleiche, z.B. „Befreiung, Aufschub, Befreiungsgebühren, Strafen bei Erreichung des 43. Lebensjahrs ohne Ableistung des Wehrdiensts“ im Kapitel „Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen“ oder „Politische Lage“; siehe u.a. auch: Global Centre for the Responsibility to Protect (1.12.2022): Syria, https://www.globalr2p.org/countries/syria/, Zugriff 5.12.2022; HRW – Human Rights Watch (20.10.2021): “Our Lives Are Like Death” Syrian Refugee Returns from Lebanon and Jordan, https://www.hrw.org/report/2021/10/20/our-lives-are-death/syrian-refugee-returns-lebanon-and-jordan, Zugriff 9.12.2022; SNHR – Syrian Network for Human Rights (5.7.2022): At Least 1,024 Arbitrary Arrests/Detentions Documented in Syria in the First Half of 2022, Including 49 Children and 29 Women, with 164 of These Cases Documented in June, https://snhr.org/wp-content/uploads/2022/07/M220702E.pdf, Zugriff 9,12.2022).
Der UN-Menschenrechtsausschuss hat klargestellt, dass der Begriff „willkürlich“ in Artikel 9 Absatz 1 des von Österreich mit Vorbehalten ratifizierten Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) weit auszulegen ist und Elemente der Unangemessenheit, Ungerechtigkeit und fehlenden Vorhersehbarkeit und des ordnungsgemäßen Verfahrens sowie Elemente der Angemessenheit, Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit umfasst. Festnahmen, für die es keine Rechtsgrundlage gibt, sind ebenfalls willkürlich.
Zum Thema Ausstellung von Dokumenten durch die syrische Botschaft in Istanbul und Fällen von Verhaftungen an der Botschaft siehe auch eine Anfragebeantwortung von ACCORD vom 12.8.2020:
ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin & Asylum Research and Documentation (12.8.2020): Anfragebeantwortung zu Syrien: Ausstellung von Dokumenten durch die syrische Botschaft in Istanbul, Fälle von Verhaftungen an der Botschaft; Folgen für Familienangehörige in Syrien, wenn sich Personen (z.B. Militärdeserteure) an syrische Vertretungen im Ausland wenden [a-11293], https://www.ecoi.net/de/dokument/2035658.html, Zugriff 9.12.2022
Zusammenfassung:
Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass es zu Verstößen gegen syrische Bürger kommt, die versuchen, Pässe zu erhalten. Die materiellen Kosten, die das syrische Regime für die Ausstellung oder Erneuerung von Pässen verlangt, gehören zu den höchsten weltweit. Das Sicherheitsproblem, nach dem Passantragsstellern nach einer durchgeführten Hintergrundprüfung durch die staatlichen Sicherheitsbehörden eine Passausstellung verweigert wird, hat sich nach dem Gesetzesdekret Nr. 17 aus dem Jahr 2015 verringert. Das Gesetzesdekret sieht die Ausstellung von Pässen für alle Syrer innerhalb und außerhalb des Landes vor, ohne jegliche Diskriminierung zwischen Regimegegnern und Regimebefürwortern, wobei die gleichen Regeln für diejenigen gelten sollen, die das Land illegal verlassen haben. Dennoch ist ein deutlicher Unterschied festzustellen in der Art und Weise, wie die Konsulate des syrischen Regimes Anträge und andere Angelegenheiten je nach der politischen und rechtlichen Position des jeweiligen Landes, in dem sich die Auslandsvertretung befindet, und dessen Einstellung zum syrischen Regime, behandeln. Es gibt weitere Berichte darüber, dass bspw. die syrische Botschaft in Berlin eng mit dem syrischen Geheimdienst zusammen arbeitet und kontinuierlich bei Anträgen in der Botschaft eine Sicherheitsüberprüfung in Damaskus durchführt. Darüber hinaus hat die syrische Regierung eine Möglichkeit zur Passbeantragung über ein Online-Portal geschaffen, das auch von Österreich aus genutzt werden kann. Das Online-Portal soll Syrern die Möglichkeit bieten, Bestechung und Korruption zu umgehen und unerwünschte oder sogar riskante Kontakte mit Regierungsbeamten einzuschränken Die syrische Regierung hofft außerdem auf steigende Einnahmen, wenn mehr Syrer in der Lage sind, ihre Dokumente ohne Bestechungsgelder und zusätzliche Zahlungen an sogenannte Fixer zu beschaffen. [Anm.: zur Umsetzung des Portals in der Praxis konnten im Rahmen einer zeitlich begrenzten Recherche nur wenige Informationen gefunden werden].
Einzelquellen:
Das Syrian Human Rights Network (SNHR) hat in einem am 28.1.2019 veröffentlichten Bericht aufgedeckt, dass das syrische Regime die Ausstellung von Pässen als Mittel zur Finanzierung seines Krieges gegen das syrische Volk und zur Demütigung von Dissidenten einsetzt. Der Bericht dokumentiert die Verstöße gegen syrische Bürgerinnen und Bürger, die versuchen, Pässe zu erhalten, und zeigt die im Vergleich zu allen anderen Ländern der Welt exorbitant hohen und unangemessenen finanziellen Kosten dafür auf.
Der 10-seitige Bericht stellt fest, dass das syrische Regime bei seinen Bemühungen, den im März 2011 begonnenen Volksaufstand zu unterdrücken und niederzuschlagen, verschiedene syrische Staatsorgane eingesetzt hat. Der Bericht fügt hinzu, dass das Assad-Regime nicht nur die Macht der staatlichen Sicherheits- und Militärapparate genutzt hat, um den eigenen Interessen zu dienen und seine brutale Machtausübung zu zementieren, sondern auch alle staatlichen Institutionen Syriens instrumentalisiert hat, einschließlich der Einwanderungs- und Passbehörde, deren Rolle zusammen mit einer großen Anzahl anderer Institutionen bis zu dem Punkt erweitert wurde, an dem sie eine zentrale Rolle in Sicherheits- und politischen Fragen spielt. Die Korruption der Aufgaben und Praktiken all dieser staatlichen Institutionen im Dienste der Interessen des Assad-Regimes hat dazu geführt, dass diese Einrichtungen faktisch zu einem Netzwerk von Unternehmen der Assad-Familie geworden sind.
Dem Bericht zufolge verfolgte das syrische Regime bei der Ausstellung von Pässen eine doppelte Politik: Einerseits mussten alle Antragsteller, ob innerhalb oder außerhalb Syriens, seit Beginn des Volksaufstands bis April 2015 eine Genehmigung von Zweigstellen der Sicherheitsabteilungen des Regimes einholen, was bedeutete, dass allen Teilnehmern am Volksaufstand und allen Regimegegnern außerhalb Syriens die Möglichkeit verwehrt wurde, Pässe zu erhalten.
Trotz dieser offiziellen Haltung betrieb das Regime jedoch auch einen inoffiziellen, mafiösen Schwarzmarkt, auf dem diese Bürger gegen hohe Zahlungen von bis zu 5.000 US-Dollar pro Person Pässe erhalten konnten.
Der Bericht fügt hinzu, dass der zweite Zeitraum begann, nachdem das syrische Regime das Gesetzesdekret Nr. 17 aus dem Jahr 2015 erlassen hatte, das die Ausstellung von Pässen für alle Syrer innerhalb und außerhalb des Landes ohne jegliche Diskriminierung zwischen Regimegegnern und Regimebefürwortern erlaubte, wobei die gleichen Regeln für diejenigen galten, die das Land illegal verlassen hatten. Dieses Dekret wurde später durch das Dekret Nr. 18 aus dem Jahr 2017 geändert, mit dem ein Schnellpasssystem eingeführt wurde, das die Konsulargebühr für die sofortige und zügige Ausstellung oder Erneuerung eines Passes oder Reisedokuments für syrische Staatsangehörige und Personen mit gleichwertigem Status, die sich außerhalb der Arabischen Republik Syrien aufhalten, innerhalb von drei Arbeitstagen auf 800 US-Dollar festlegt, während diejenigen, die das normale Warteschlangensystem nutzen, das zwischen 10 und 21 Arbeitstagen dauert, eine Gebühr von 300 US-Dollar zahlen. Dem Bericht zufolge sind diese hohen materiellen Kosten, die das syrische Regime für die Ausstellung oder Erneuerung von Pässen verlangt, exorbitant hoch, ja sogar die höchsten weltweit. In dem Bericht wird ferner erläutert, dass die Gültigkeitsdauer der Pässe von Regimegegnern, die von den Sicherheitsdiensten des Regimes gesucht werden, höchstens zwei Jahre beträgt. Bekanntlich verlangen viele Länder und Fluggesellschaften von ihren Passagieren Pässe, die mindestens sechs Monate vor dem Reisedatum gültig sind; für syrische Dissidenten beträgt die tatsächliche Gültigkeitsdauer des Passes also 18 Monate. Darüber hinaus leben viele Syrer in Städten oder Ländern, in denen es kein syrisches Konsulat gibt, so dass sie gezwungen sind, Reisevorbereitungen zu treffen und für Flüge und Unterkunft zu bezahlen, nur um ihren Pass zu erneuern, und ihnen keine andere Wahl bleibt, als 800 US-Dollar für einen Eilpass zu bezahlen.
Darüber hinaus zeigt der Bericht, dass syrische Bürger bei der Ausstellung von Pässen zusätzlich zu den hohen materiellen Kosten mit weiteren Verstößen konfrontiert sind, da die Sicherheitsdienste des Regimes nach wie vor von allen syrischen Bürgern eine Genehmigung der staatlichen Sicherheitsbehörden verlangen, um Pässe zu erhalten. Jeder Passantragsteller wird einer Hintergrundprüfung unterzogen, bei der sein Name mit den Listen der gesuchten Personen abgeglichen wird, bei denen es sich im Wesentlichen um eine Liste aller Personen handelt, die am Volksaufstand für Demokratie beteiligt waren.
Zusätzlich zur Genehmigung durch die Sicherheitsdienste muss jeder männliche Bürger zwischen 20 und 42 Jahren, der nicht von der staatlichen Wehrpflicht befreit ist, die Genehmigung des Rekrutierungszentrums seiner Militärdivision einholen, was dem Bericht zufolge ein Hindernis für Hunderttausende von Syrern darstellt, die sich geweigert haben, den militärischen Einrichtungen beizutreten, die vom syrischen Regime mobilisiert wurden, um eine Vielzahl von Verbrechen zu begehen, die Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen, einschließlich der Ermordung von Hunderttausenden anderer syrischer Bürger.
SNHR hat auch einen deutlichen Unterschied in der Art und Weise festgestellt, wie die Konsulate des syrischen Regimes Anträge und andere Angelegenheiten je nach der politischen und rechtlichen Position des Landes zum syrischen Regime behandeln. Das syrische Konsulat in Genf, Schweiz, wickelt beispielsweise Angelegenheiten routinemäßig ab, während Syrer im syrischen Konsulat in der türkischen Stadt Istanbul unter einem traurig vorhersehbaren Muster von Demütigung und Erpressung leiden. SNHR hat mehrere Fälle registriert, in denen syrischen Staatsbürgern die Pässe entzogen wurden und ihnen keine alternativen Pässe ausgestellt wurden, oder in denen ihre Pässe beschlagnahmt wurden und ihnen alternative Pässe mit der Begründung verweigert wurden, dass die betreffenden Bürger von den Sicherheitsbehörden in Syrien gesucht würden. Dieses Sicherheitsproblem hat nach dem Erlass des Gesetzesdekrets Nr. 17 deutlich abgenommen; es scheint, dass der Bedarf des syrischen Regimes an US-Dollar-Währung der Hauptgrund für diese Maßnahmen war. SNHR hat auch Fälle registriert, in denen Bürgern keine Quittung oder Dokumentation ausgestellt wurde, um zu beweisen, dass sie für ihre Pässe bezahlt oder sie von Mitarbeitern erhalten haben, was zusätzliche Verstöße über den Katalog anderer in diesem Prozess dokumentierter Verstöße hinaus sind.
(…)
Anmerkung: Im Rahmen der Recherche wurde eine Internetseite des syrischen Innenministeriums gefunden, die es syrischen Staatsbürgern ermöglichen soll, online staatliche Dokumente zu beantragen (https://ecsc-expat.sy/). Im Rahmen der Anfrage an die syrische Botschaft Wien, wurden ebenfalls Fragen zu dieser Internetseite gestellt. Die Antwort wird im folgenden zur Verfügung gestellt:
Frage der Staatendokumentation: Handelt es sich bei der Internetseite https://ecsc-expat.sy/ um eine offizielle Internetseite zur Passbeantragung? Kann dieser Service von jeder/jedem in Österreich lebenden syrischen Staatsbürger genutzt werden? Entstehen zusätzliche Kosten oder sind zusätzliche Voraussetzungen notwendig, um über die Internetseite einen Reisepass zu beantragen?
Ja, Es handelt sich um offizielle Internetseite von syrische Innenministerium und kann dieser Service von Österreich sowie Weltweit aus genutzt werden und OHNE zusätzliche Kosten.
Syrische Botschaft Wien (30.11.2022): Auskunft der Syrischen Botschaft Wien, per E-Mail
Das Center for Operational Analysis and Research (COAR), ein internationales Beratungsunternehmen für Politik und Entwicklung, berichtete am 13.12.2021 ebenfalls von der Einführung des „Online-Portals für syrische Auslandsdienste“. Bei dem Portal handle es sich praktisch um ein Online-Konsulat, über das im Ausland lebende Syrer konsularische Dienste in Anspruch nehmen und Dokumente, einschließlich Pässe, beantragen können. Diese neuen Dienstleistungen sollten vor dem Hintergrund der laufenden Anpassung der syrischen Regierung an die neue Realität nach einem Jahrzehnt des Konflikts gesehen werden, in dem die staatlichen Stellen weitgehend als gewinnbringende Instrumente eingesetzt werden. Das "Online-Konsulat" kann Syrern die Möglichkeit bieten, Bestechung und Korruption zu umge