Gbk 2023/12/12 GBK I/1105/22-M

JUSLINE Allgemeines Dokument

Veröffentlicht am 12.12.2023
beobachten
merken

Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Text

Senat I der GleichbehandlungskommissionSenat römisch eins der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-GesetzPrüfungsergebnis gemäß Paragraph 12, GBK/GAW-Gesetz

(BGBl Nr 108/1979 idgF)Bundesgesetzblatt Nr 108 aus 1979, idgF)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 12. Dezember 2023 über den am 20. September 2022 eingelangten Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) für Mag.a A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG (BGBl I Nr 66/2004 idgF) durch die Z GmbH (Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl II Nr 396/2004 idgF), zu GZ GBK I/1105/22-M, zu folgendemDer Senat römisch eins der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 12. Dezember 2023 über den am 20. September 2022 eingelangten Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) für Mag.a A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß Paragraph 3, Ziffer 7, GlBG Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 66 aus 2004, idgF) durch die Z GmbH (Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß Paragraph 12, GBK/GAW-Gesetz in Verbindung mit Paragraph 11, der Gleichbehandlungskommissions-GO Bundesgesetzblatt Teil 2, Nr 396 aus 2004, idgF), zu GZ GBK I/1105/22-M, zu folgendem

PRÜFUNGSERGEBNIS:

Der Senat gelangte von Amts wegen zu der Ansicht, dass der vorliegende Fall unter dem Aspekt der intersektionellen Diskriminierung – Geschlecht und Alter – zu überprüfen war. Diese bezieht sich auf eine Situation, in der mehrere Diskriminierungsgründe greifen und gleichzeitig miteinander so interagieren, dass sie nicht voneinander zu trennen sind.1

Mag.a A ist aufgrund des Geschlechtes und des Alters bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß §§ 3 Z 7 und 17 Abs 1 Z 7 GlBG durch die Z GmbH diskriminiert worden.Mag.a A ist aufgrund des Geschlechtes und des Alters bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß Paragraphen 3, Ziffer 7 und 17 Absatz eins, Ziffer 7, GlBG durch die Z GmbH diskriminiert worden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes2 nicht um einen Bescheid.

VORBRINGEN

Im Antrag wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Die Antragstellerin, geboren am 00.00. 1960, sei seit 6. Juni 2011 bei der Antragsgegnerin im … Zentrum für psychosoziale Gesundheit als Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin in Teilzeit tätig gewesen. Das Dienstverhältnis sei durch schriftliche Dienstgeberkündigung datiert mit 21. März 2022 zum 30. Juni 2022 beendet worden.

Bereits zuvor sei immer wieder vom kaufmännischen Leiter des ... Zentrums Mag. Y, BSc der mögliche Pensionsantritt der Antragstellerin thematisiert und sie auch aufgefordert worden, das Arbeitsverhältnis von sich aus zu beenden. Die Antragstellerin habe sich dadurch zunehmend unter Druck gesetzt gefühlt. Sie habe nach Erreichung des 60. Lebensjahres stets befürchtet, gekündigt zu werden. Sie habe wiederholt bekanntgegeben, bis zum 65. Lebensjahr arbeiten zu wollen und sei daher nicht bereit gewesen, vor diesem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis von sich aus beenden.

Daraufhin habe sich das Arbeitsklima zunehmend verschlechtert.

Krankheitsbedingte Abwesenheiten seien problematisiert und der Antragstellerin das Gefühl vermittelt worden, dass sie für ihre Kollegen und Kolleginnen eine Belastung wäre, obwohl sie mit diesen im besten Einvernehmen zusammengearbeitet habe. Bei einem Gespräch am 19. Jänner 2022 sei in diesem Zusammenhang seitens der ärztlichen Leiterin Primaria Dr.in X auch die Aussage gefallen, dass es eine Belastung für alle sei, wenn Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht mehr die geforderte Leistung brächten und man solle doch mit denen, die das Alter für den „wohlverdienten Ruhestand“ erreicht hätten, beginnen, sich zu trennen. Weiters sei der Antragstellerin zu verstehen gegeben worden, dass sie für das Haus ein „Klotz am Bein“ wäre, ein zu hoher Kostenfaktor und keine Unterstützung wäre.Krankheitsbedingte Abwesenheiten seien problematisiert und der Antragstellerin das Gefühl vermittelt worden, dass sie für ihre Kollegen und Kolleginnen eine Belastung wäre, obwohl sie mit diesen im besten Einvernehmen zusammengearbeitet habe. Bei einem Gespräch am 19. Jänner 2022 sei in diesem Zusammenhang seitens der ärztlichen Leiterin Primaria Dr.in römisch zehn auch die Aussage gefallen, dass es eine Belastung für alle sei, wenn Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht mehr die geforderte Leistung brächten und man solle doch mit denen, die das Alter für den „wohlverdienten Ruhestand“ erreicht hätten, beginnen, sich zu trennen. Weiters sei der Antragstellerin zu verstehen gegeben worden, dass sie für das Haus ein „Klotz am Bein“ wäre, ein zu hoher Kostenfaktor und keine Unterstützung wäre.

Die Antragstellerin habe nicht den Eindruck, dass ihr die mangelnde Arbeitsleistung oder ein übermäßiges Fernbleiben zu Recht vorgeworfen worden sei, da sie von ihren Kollegen und Kolleginnen durchaus geschätzt worden sei und ihre krankheitsbedingten Abwesenheiten kein übermäßiges Ausmaß erreicht haben. Hinsichtlich des Vorwurfes, sie hätte während eines Krankenstandes wegen einer akuten Perikarditis in einer (genehmigten) Nebenbeschäftigung (Lehrtätigkeit) gearbeitet, habe sie stets betont, dass sie nur ein einziges E-Mail mit einem bereits im Vorjahr angefertigten Arbeitsauftrag an die Studierenden geschickt habe und dies nicht mehr vorkommen würde. Dennoch sei sie diesbezüglich verwarnt worden.

Entgegen dieser schriftlichen Verwarnung vom 17. Jänner 2022, welche arbeitsrechtliche Schritte erst im Wiederholungsfall angedroht habe, sei die Antragstellerin ohne weitere Vorfälle zwei Monate später gekündigt worden.

Sowohl die Arbeiterkammer …, als auch die GAW haben bei der Antragsgegnerin interveniert.

Die Antragsgegnerin verweise in ihren Stellungnahmen an die Arbeiterkammer … und an die GAW auf „persönliche Gründe, die in der Person der Mitarbeiterin liegen“ und Vertrauensverlust, ohne diese Gründe oder die Ursache für den Vertrauensverlust ausreichend plausibel zu machen.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der rechtsfreundlichen Vertretung der Antragsgegnerin übermittelten Stellungnahme vom 30. März 2023 bestritt diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:In der auf Ersuchen des Senates römisch eins der GBK von der rechtsfreundlichen Vertretung der Antragsgegnerin übermittelten Stellungnahme vom 30. März 2023 bestritt diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Die Beendigung des gegenständlichen Dienstverhältnisses mit der Antragstellerin sei ausschließlich sachlich gerechtfertigten Gründen geschuldet, die in der Person der Antragstellerin gelegen seien. Der konstruierte Zusammenhang zwischen dem Geschlecht der Antragstellerin und der Beendigung des Dienstverhältnisses bestehe nicht.

Hinsichtlich der Tätigkeit der Antragsgegnerin bzw. der bisherigen Argumentation werde auf die Stellungnahme der Antragsgegnerin an die GAW vom 19. September 2022 verwiesen.

Richtig sei, dass die Antragstellerin, geboren am 00.00. 1960, zuletzt als diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin mit Eintragung ins Gesundheitsberuferegister bei der Antragsgegnerin beschäftigt gewesen sei. Die Antragstellerin habe zuletzt 22 Wochenstunden geleistet. Das Dienstverhältnis sei durch Kündigung der Antragsgegnerin am 21. März 2022 zum 30. Juni 2022 ordentlich beendet worden.

Mit sämtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Antragsgegnerin werden vor Erreichen des Regelpensionsalters Gespräche hinsichtlich einer anstehenden Beendigung des Dienstverhältnisses geführt. Diese Gespräche seien allein dem Umstand geschuldet, als die weitaus überwiegende Anzahl der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Antragsgegnerin bei Erreichen des Regelpensionsalters ihr Dienstverhältnis aus eigenem beenden wollen und die Antragsgegnerin auch aus diesem Grund ihre Personalplanung vorzunehmen habe. Ein Unter-Druck-Setzen oder eine Aufforderung aus eigenem das Arbeitsverhältnis zwingend bei Erreichen des Regelpensionsalters zu beenden gebe es nicht.

Sollte es diese behauptete „allgemeine Kündigungspolitik“ bei der Antragsgegnerin geben, wonach grundsätzlich vor Erreichen des Regelpensionsalters Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gekündigt werden, so dürfe allein auf den Umstand hingewiesen werden, dass die Antragstellerin zum Zeitpunkt ihrer Kündigung bereits im 62. Lebensjahr gewesen sei. Von einer „automatischen“ Kündigung vor Antritt des Erreichens eines Regelpensionsalters könne sohin selbst im konkreten Einzelfall keine Rede sein.

Hinzu komme, dass die Antragsgegnerin zahlreiche Mitarbeiterinnen beschäftige, die bereits das 60. Lebensjahr vollendet haben. Bei der Antragsgegnerin betrage das durchschnittliche Alter der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen 46 Jahre. Zwölf Mitarbeiterinnen werden beschäftigt, die bereits das 60. Lebensjahr vollendet haben. Acht Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen werden bei der Antragsgegnerin beschäftigt, die bereits das 65. Lebensjahr vollendet haben.

Jede Beendigung eines Dienstverhältnisses mit Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Antragsgegnerin sei einzig und allein betrieblichen, sozialen und/oder individuellen Grundlagen geschuldet. Eine Beendigung eines Dienstverhältnisses werde unter Berücksichtigung der sozialen Gestaltungspflicht im Arbeitsverhältnis im Allgemeinen sowie im Konkreten einer Prüfung unterzogen und dies sei auch bei der Antragstellerin – wie noch zu zeigen sein werde – so durchgeführt worden.

Die behauptete Verschlechterung des Arbeitsklimas bei der Antragsgegnerin sei allein dem Verhalten der Antragstellerin in den letzten Jahren geschuldet. Die Antragstellerin habe sich teilweise dadurch ausgezeichnet, die Betriebsordnung im Unternehmen der Antragsgegnerin zu ignorieren, indem sie aufgrund der Ausübung einer Nebenbeschäftigung durch vermehrte Freiwünsche, die bei der Dienstplanung weitestgehend berücksichtigt worden seien, in die Dienstplangestaltung zum Nachteil von Kollegen und Kolleginnen eingegriffen habe.

Sofern den Dienstfreiwünschen der Antragstellerin im Vorhinein aus betrieblichen Gründen nicht nachgekommen werden habe können, sei von der Antragstellerin teilweise ohne vorherige Rücksprache mit den unmittelbaren Vorgesetzten der Dienst einfach getauscht worden, was Kollegen und Kolleginnen der Antragstellerin auch als unkollegiales Verhalten bewertet haben. Die Dienstplangestaltung sei durch diese Vorgehensweisen der Antragstellerin über Jahre hinweg stark beeinträchtigt worden.

Des Weiteren habe sich die Antragstellerin nachhaltig und über Jahre hinweg geweigert, Nachtdienste zu verrichten, was ihr aufgrund der Dienstplaneinteilung und Möglichkeiten bei der Antragsgegnerin auch weitgehend gestattet werden habe können. Dies obwohl es der Stellenbeschreibung der Antragstellerin und den betrieblichen Notwendigkeiten bei der Antragsgegnerin widersprochen habe. Auch dies habe zu entsprechenden Problemstellungen bei der Dienstplaneinteilung und im Kreise der Kollegen und Kolleginnen geführt.

Ferner sei es immer wieder zu nachweislichen Irritationen bei Patienten und Patientinnen der Antragsgegnerin gekommen, da sich diese in ihren Anliegen von der Antragstellerin nicht unterstützt gefühlt bzw. die Anliegen der Patienten und Patientinnen von ihr teilweise nicht ernst genommen worden seien. In diesem Zusammenhang habe es immer wieder Gespräche zwischen der Antragstellerin sowie Vertretern/Vertreterinnen der Antragsgegnerin gegeben, da es auch zu überwiegend mündlichen Beschwerden von Patienten und Patientinnen, eine davon sogar in Schriftform, die der Antragstellerin zugeordnet werden habe können, gekommen sei.

Krankheitsbedingte Abwesenheiten der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Antragsgegnerin werden nicht problematisiert. Zu Problemstellungen sowie zu Belastungen der Belegschaft bzw. der Betriebsordnung selbst haben diese Abwesenheiten der Antragstellerin nur dann geführt, wenn diese offensichtlich mit der Nebenbeschäftigung der Antragstellerin im Zusammenhang gestanden seien.

Bereits im Jahr 2019 habe es Hinweise darauf gegeben, dass die Antragstellerin zwischen offiziellen Krankenständen einer nicht gemeldeten und nicht genehmigten Nebenbeschäftigung in Form einer Lehrtätigkeit im … Zentrum2 nachgegangen sei. Seitens der Antragstellerin sei im Jahr 2019 nach Vorhalt auch bestätigt worden, dass diese sehr wohl zwischen Krankenständen bei der Antragsgegnerin gearbeitet habe. Die Abfolge sei dergestalt gewesen, dass die Antragstellerin Krankenstand bei der Antragsgegnerin gemeldet habe, nach einer Gesundmeldung einer Lehrtätigkeit im Zentrum2 nachgekommen und sodann bevor eine Tätigkeit wiederum bei der Antragsgegnerin zu entfalten gewesen sei, wiederum einen Krankenstand gemeldet habe.

Ende des Jahres 2021 habe seitens der Antragsgegnerin festgestellt werden müssen, dass die Antragstellerin während eines aufrechten Krankenstandes bei der Antragsgegnerin wiederum einer nicht gemeldeten und nicht genehmigten Nebenbeschäftigung bei … Zentrum2 nachgegangen sei. In diesem Zusammenhang sei auch eine Verwarnung mit 17. Jänner 2022 ausgesprochen worden, da derartige Vorgehensweisen bei der Antragsgegnerin keinesfalls geduldet werden können. Die Antragstellerin habe diese Verdachtslage keinesfalls entkräften können, sondern diese sei von ihr sogar bestätigt worden.

Hinzu komme, dass die Antragstellerin der Antragsgegnerin hinsichtlich ihrer (formell nicht genehmigten) Nebenbeschäftigung trotz entsprechender Nachfragen keine Informationen erteilt und sohin keine Aufklärungen zu liefern vermocht/gewünscht habe.

Seitens der Vertreter/Vertreterinnen der Antragsgegnerin werde deutlich gemacht, dass die Formulierungen ein „Klotz am Bein“ oder ein „zu hoher Kostenfaktor“ oder eine „unzureichende Unterstützung“ selbstverständlich nicht erfolgt seien, da dies absolut nicht der Unternehmenskultur entspreche, weshalb dieser Vorwurf aufs Schärfste zurückgewiesen werde. Es seien lediglich die Problemstellungen bei der Antragsgegnerin thematisiert worden, um die Betriebsordnung bei der Antragsgegnerin trotz des Verhaltens der Antragstellerin aufrecht zu erhalten bzw. die anstehenden Problemstellungen einer bestmöglichen Lösung zuzuführen.

Ob die Antragstellerin bei ihren Kollegen und Kolleginnen durchaus geschätzt worden sei, sei dahingestellt. Faktum sei, dass bei einer Gesamtbetrachtung die Vorgehensweise der Antragstellerin zu Problemstellungen mit Kollegen und Kolleginnen geführt habe, die diese gegenüber den Vertretern/Vertreterinnen der Antragsgegnerin auch verbalisiert haben. Faktum sei in einer Nachbetrachtung auch, dass die krankheitsbedingten Abwesenheiten der Antragstellerin überdurchschnittlich bzw. die produktive Zeit der Antragstellerin im Unternehmen der Antragsgegnerin unterdurchschnittlich gewesen seien. Dies auch unter Berücksichtigung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Antragsgegnerin, die ebenfalls bereits das Regelpensionsalter erreicht haben. Wie bereits ausgeführt, sei jedoch nicht das Erreichen des Regelpensionsalters oder das Geschlecht der Grund für die ordentliche Kündigung der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin, sondern die bereits geschilderten Umstände.

Um der Antragstellerin eine Entlastung zu ermöglichen bzw. ihrer Nebenbeschäftigung weiterhin nachgehen zu können, sei ihr von der Antragsgegnerin angeboten worden, das Wochenstundenausmaß von 22 auf 10 zu reduzieren, um weiterhin bei der Antragsgegnerin mitarbeiten zu können. Dieses Angebot, welches wiederum gegen den Vorwurf der Geschlechterdiskriminierung der Antragstellerin spreche, sei seitens der Antragstellerin abgelehnt worden.

In diesem Zusammenhang erscheine der Vorwurf der Antragstellerin, die Antragsgegnerin würde aufgrund des Geschlechts diskriminieren und/oder der Antragstellerin einen Schaden verursachen, umso konstruierter, wenn selbst durch das Verhalten der Antragstellerin ein Angebot der Antragsgegnerin zur Fortsetzung des Dienstverhältnisses abgelehnt werde.

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin und von Geschäftsführerin Dr.in W (informierte Vertreterin der Antragsgegnerin) vom 22. November 2023. Als weitere Auskunftspersonen wurden MMag.a V, U, Mag. Y, BSc und T, MA am 22.  November 2023 befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat in seiner Entscheidungsfindung auf den Antrag auf Bewilligung einer Nebenbeschäftigung vom 19. Juni 2011 und 1. April 2020, den Dienstvertrag der Antragstellerin vom 24. Oktober 2019, die schriftliche Patienten-/Patientinnenbeschwerde vom 12. Dezember 2020, eine Auflistung der Krankenstände der Antragstellerin in den Jahren 2016 bis 2021, die Verwarnung vom 17. Jänner 2022, das Besprechungsprotokoll der Betriebsratsvorsitzenden vom 17. Februar 2022, das Kündigungsschreiben vom 21. März 2022, die Stellungnahme der Antragsgegnerin an die GAW vom 19. September 2022, die Gedächtnisprotokolle von Mag. Y, BSc, S, Dr.in Mag.a R und Q sowie eine Aufstellung der Altersstruktur mit Stand 31. Oktober 2023.Der Senat römisch eins der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin und von Geschäftsführerin Dr.in W (informierte Vertreterin der Antragsgegnerin) vom 22. November 2023. Als weitere Auskunftspersonen wurden MMag.a römisch fünf, U, Mag. Y, BSc und T, MA am 22.  November 2023 befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat in seiner Entscheidungsfindung auf den Antrag auf Bewilligung einer Nebenbeschäftigung vom 19. Juni 2011 und 1. April 2020, den Dienstvertrag der Antragstellerin vom 24. Oktober 2019, die schriftliche Patienten-/Patientinnenbeschwerde vom 12. Dezember 2020, eine Auflistung der Krankenstände der Antragstellerin in den Jahren 2016 bis 2021, die Verwarnung vom 17. Jänner 2022, das Besprechungsprotokoll der Betriebsratsvorsitzenden vom 17. Februar 2022, das Kündigungsschreiben vom 21. März 2022, die Stellungnahme der Antragsgegnerin an die GAW vom 19. September 2022, die Gedächtnisprotokolle von Mag. Y, BSc, S, Dr.in Mag.a R und Q sowie eine Aufstellung der Altersstruktur mit Stand 31. Oktober 2023.

BEGRÜNDUNG3

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl I Nr 66/2004 idgF, lauten: Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 66 aus 2004, idgF, lauten:

§ 3. Auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat darf im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

[…]

7.   bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses“

§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

[…]

7.   bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.“

Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren anzumerken, dass eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne des GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist.

Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des Antragstellers/der Antragstellerin sprechen als dagegen.4

Dem Antragsgegner/der Antragsgegnerin obliegt dann zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von ihm/ihr glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung des Vorwurfes, die Antragstellerin sei aufgrund ihres Pensionsanspruches im 62. Lebensjahr gekündigt worden, obwohl sie ihrer Arbeitgeberin mehrmals bekanntgegeben habe, bis zum 65. Lebensjahres arbeiten zu wollen, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch und geht von folgendem Sachverhalt aus:Der Senat römisch eins der GBK führte zwecks Überprüfung des Vorwurfes, die Antragstellerin sei aufgrund ihres Pensionsanspruches im 62. Lebensjahr gekündigt worden, obwohl sie ihrer Arbeitgeberin mehrmals bekanntgegeben habe, bis zum 65. Lebensjahres arbeiten zu wollen, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch und geht von folgendem Sachverhalt aus:

Die Antragstellerin, geboren am 00.00. 1960, war seit 6. Juni 2011 – vorerst befristet, ab 1. Oktober 2019 unbefristet – als Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin mit Eintragung im Gesundheitsberuferegister bei der Antragsgegnerin im ... Zentrum für psychosoziale Gesundheit im Ausmaß von 22 Wochenstunden beschäftigt.

Die Antragstellerin beantragte am 19. Juni 2011 die Bewilligung einer Nebenbeschäftigung in Form einer Lehrtätigkeit im Zentrum2 im Ausmaß von 40 Stunden pro Monat für den Zeitraum Juni 2011 bis Juni 2013. Der Antrag wurde durch die Standortleitung und die Personalleitung bewilligt. Die Antragstellerin übte auch im weiteren Verlauf ihrer Beschäftigung die Nebentätigkeit im Zentrum2 aus, die im Unternehmen bekannt war. Sie brachte keinen weiteren Antrag auf Bewilligung einer Nebenbeschäftigung ein, da es im Unternehmen keine Praxis gab, die Meldungen zu erneuern. Auch wurde seitens der Antragsgegnerin kein neuerlicher Antrag gefordert.

Am 30. März 2020 wurde die Belegschaft aufgefordert Nebenbeschäftigungen während der Kurzarbeit zu melden. Die Antragstellerin stellte am 1. April 2020 einen Antrag auf Bewilligung von Nebenbeschäftigungen im Zentrum2 für den Zeitraum April bis Juni 2020 im Ausmaß von 12 Stunden pro Monat und an der FH … für den Zeitraum Mai bis Juni 2020 im Ausmaß von 8 Stunden pro Monat.

Die Antragstellerin wurde mehrmals, u.a. im Jahr 2019 und 2021 nach längeren Krankenständen, auf ihre Pensionierung angesprochen.

Die Krankenstände der Antragstellerin im Zeitraum 2016 bis 2022 stellten sich wie folgt dar: 2016: 16 Tage; 2017: 26 Tage, davon 20 Tage Kur; 2018: 4 Tage; 2019: 34 Tage, davon 24 Tage bedingt durch eine Operation; 2020: 3 Tage; 2021: 48 Tage, teilweise bedingt durch eine Perikarditis nach der COVID-19-Impfung; 2022: 3 Tage.

Am 12. Dezember 2020 vormittags kam es zu einer anonymen schriftlichen Patienten-/Patientinnenbeschwerde mit folgendem Wortlaut: „Mitarbeiterin am Stützpunkt leider sehr unhöflich! Nicht gerade fördernd für psychisch kranke Menschen! Werde keine Hilfe mehr annehmen.“ An diesem Tag hatte die Antragstellerin Dienst.

Am 17. Jänner 2022 wurde die Antragstellerin schriftlich verwarnt, da seitens der Antragsgegnerin ein begründeter Verdacht bestand, dass die Antragstellerin in ihrem Krankenstand freiberuflich für das Zentrum2 Arbeitsleistung vollbracht und abgerechnet hat. Die Antragsgegnerin behielt sich vor, bei Wiederholung weiterreichende arbeitsrechtliche Schritte einzuleiten.

Am 17. Februar 2022 fand ein Gespräch zwischen der ärztlichen Leiterin X, dem kaufmännischen Leiter Y und der Antragstellerin im Beisein der Betriebsratsvorsitzenden U statt. Die erfolgte Verwarnung war bei diesem Termin kein Thema mehr, sondern die Definition eines Austrittszenarios. Zu diesem Zweck wurden der Antragstellerin drei Angebote unterbreitet. Variante 1 sah eine Reduktion der Anstellung auf 10 Wochenstunden ab 1. April 2022 bis Ende August, wenn gewünscht/benötigt vielleicht mit einer Verlängerung um ein bis zwei Monate, vor. Variante 2, die von der Antragsgegnerin bevorzugt wurde, wäre eine Kündigung zum 31. März 2022 und die Beantragung der Pension mit anschließender Anstellung mit 10 Wochenstunden bis Ende 2022 gewesen. Variante 3 sah für den Fall, dass keine der ersten beiden Varianten möglich sein sollte, entweder eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit Ende Juni 2022 mit Abbau des Resturlaubes ab 1. April 2022 oder eine arbeitgeberseitige Kündigung zum 30. Juni 2022 vor. Die Antragstellerin erbat sich Bedenkzeit, die ihr bis zur ersten Märzwoche eingeräumt wurde.Am 17. Februar 2022 fand ein Gespräch zwischen der ärztlichen Leiterin römisch zehn, dem kaufmännischen Leiter Y und der Antragstellerin im Beisein der Betriebsratsvorsitzenden U statt. Die erfolgte Verwarnung war bei diesem Termin kein Thema mehr, sondern die Definition eines Austrittszenarios. Zu diesem Zweck wurden der Antragstellerin drei Angebote unterbreitet. Variante 1 sah eine Reduktion der Anstellung auf 10 Wochenstunden ab 1. April 2022 bis Ende August, wenn gewünscht/benötigt vielleicht mit einer Verlängerung um ein bis zwei Monate, vor. Variante 2, die von der Antragsgegnerin bevorzugt wurde, wäre eine Kündigung zum 31. März 2022 und die Beantragung der Pension mit anschließender Anstellung mit 10 Wochenstunden bis Ende 2022 gewesen. Variante 3 sah für den Fall, dass keine der ersten beiden Varianten möglich sein sollte, entweder eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit Ende Juni 2022 mit Abbau des Resturlaubes ab 1. April 2022 oder eine arbeitgeberseitige Kündigung zum 30. Juni 2022 vor. Die Antragstellerin erbat sich Bedenkzeit, die ihr bis zur ersten Märzwoche eingeräumt wurde.

Die Angebote wurden von der Antragstellerin in weitere Folge abgelehnt.

Mit Schreiben vom 21. März 2022 wurde der Antragstellerin die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 2022 mitgeteilt.

Mit Stand 31. Oktober 2023 schieden drei Mitarbeiterinnen aus dem Unternehmen aufgrund ihrer Pensionierung im Alter von 60 Jahren aus. Zu diesem Stichtag waren über das gesetzliche Pensionsantrittsalter hinaus elf Mitarbeiterinnen im Alter von 60 bis 64 Jahren und zwei Mitarbeiterinnen im Alter von 65 bis 70 Jahren bei der Antragsgegnerin beschäftigt.

In rechtlicher Hinsicht ist der Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

Es liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes und des Alters bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß §§ 3 Z 7 und 17 Abs 1 Z 7 GlBG vor.Es liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes und des Alters bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß Paragraphen 3, Ziffer 7 und 17 Absatz eins, Ziffer 7, GlBG vor.

Der Begriff der „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ in den §§ 3 Z 7 und 17 Abs 1 Z 7 GlBG ist nicht auf eine bestimmte Art des Arbeitsverhältnisses oder eine bestimmte Art der Beendigung beschränkt und daher weit zu verstehen.5Der Begriff der „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ in den Paragraphen 3, Ziffer 7, und 17 Absatz eins, Ziffer 7, GlBG ist nicht auf eine bestimmte Art des Arbeitsverhältnisses oder eine bestimmte Art der Beendigung beschränkt und daher weit zu verstehen.5

Die Antragstellerin legte in ihrem Antrag und in der mündlichen Befragung für den Senat glaubhaft dar, dass ihre Pensionierung sowohl vor als auch nach dem Erreichen ihres 60. Lebensjahres – und somit des damaligen Regelpensionsantrittsalters für Frauen – thematisiert worden sei, wobei ihr Wunsch, bis zum 65. Lebensjahr zu arbeiten, bekannt gewesen sei. Die Antragstellerin konnte somit nach Ansicht des Senates durch ihre Ausführungen glaubhaft den Anschein einer Diskriminierung darlegen. So ließ ihre Schilderung darauf schließen, dass die Antragstellerin aufgrund ihres Geschlechtes und ihres Alters bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Antragsgegnerin benachteiligt wurde.

Der Senat weist in diesem Zusammenhang auf die Judikatur des EuGH, wonach eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes vorliegt, wenn das Arbeitsverhältnis durch Erreichen des Pensionsantrittsalters endet, das nach dem Geschlecht des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin unterschiedlich festgesetzt ist.6 Weiters sieht der EuGH eine Diskriminierung aufgrund des Alters gegeben, wenn das Arbeitsverhältnis bei Erreichen eines bestimmten Alters des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin durch den Arbeitgeber/die Arbeitgeberin beendet wird. Es besteht die Möglichkeit, eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbots von Diskriminierungen aus Gründen des Alters vorzusehen, jedoch nur für Maßnahmen, die durch rechtmäßige sozialpolitische Ziele wie solche aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung gerechtfertigt sind.7

Damit verlagerte sich die Beweislast auf die Antragsgegnerin.

Die Antragsgegnerin brachte vor, dass die Kündigung der Antragstellerin kurz vor Erreichen des 63. Lebensjahres aus rein sachlichen Erwägungen ausgesprochen worden sei und führte als Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses u.a. überdurchschnittliche krankheitsbedingte Abwesenheiten, das Nachgehen einer Nebenbeschäftigung zwischen Krankenständen bzw. während eines Krankenstandes sowie zahlreiche Beschwerden der Vorgesetzten, Mitarbeitenden und Patienten/Patientinnen an.

Der Umstand, dass es Frauen gibt, die über das Regelpensionsantrittsalter hinaus im Unternehmen weiterbeschäftigt werden, wird zur Kenntnis genommen. Da sich die Argumentation der Antragsgegnerin hinsichtlich der Kündigung der Antragstellerin vor dem 65. Lebensjahr auf in der Person der Antragstellerin gelegene Gründe stützt, sind die vorgelegten Daten für die Überprüfung des gegenständlichen Sachverhaltes grundsätzlich irrelevant. Allerdings greift vor diesem Hintergrund der von der Antragsgegnerin in der Stellungnahme unter Punkt 3.3. ins Spiel gebrachte Hinweis auf die EuGH Judikatur nicht. Die Auskunftsperson Y führte in der mündlichen Befragung aus, dass nach der Kündigung der Antragstellerin kein neuer Arbeitnehmer/keine neue Arbeitnehmerin eingestellt worden sei, sondern die bestehenden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die mehr Stunden gewollt haben, die Stunden der Antragstellerin bekommen haben. Es ist folglich keines der beiden genannten legitimen Ziele – jüngeren Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen den Eintritt in das Berufsleben erleichtern, ausgewogene Altersstruktur im Unternehmen – erreicht worden.

Zu der an die Antragstellerin gerichteten Frage, wann sie gedenke, in Pension zu gehen, hält der Senat weiters fest, dass dies per se noch kein Hinweis auf ein diskriminierendes Verhalten der Antragsgegnerin ist. Es ist für den Senat nachvollziehbar, dass ein Arbeitgeber/eine Arbeitgeberin generell rechtzeitig wissen möchte, wann Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus dem Unternehmen pensionsbedingt ausscheiden werden, um rechtzeitig die Nachfolge planen zu können. Im Hinblick darauf, dass es sich bei der Antragsgegnerin den Angaben der Geschäftsführerin nach um eine gemeinnützige Organisation handelt, ist diese Vorgehensweise umso erklärlicher.

Die Argumentation der Antragsgegnerin, wonach die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Antragstellerin ausschließlich aus sachlichen Erwägungen erfolgt sei, konnte den Senat jedoch aus folgenden Gründen nicht überzeugen:

Zu den Krankenständen hielt die Auskunftsperson U, die in der Verwaltung für Personal zuständig war, in der mündlichen Befragung fest, dass die Antragstellerin nicht mehr im Krankenstand gewesen sei als die anderen Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen. Die Aussage ist für den Senat glaubhaft, da aus der Aufstellung der Antragsgegnerin – bis auf drei lange, durch eine Kur, eine Operation bzw. als Folge einer Impfung erklärbare Krankenstände – keine überproportionalen Abwesenheiten erkennbar waren.

Das Vorbringen der Antragsgegnerin, die Antragstellerin sei bereits 2019 zwischen offiziellen Krankenständen einer nicht gemeldeten und nicht genehmigten Nebenbeschäftigung in Form einer Lehrtätigkeit im Zentrum2 nachgegangen, relativiert sich ebenfalls mit Blick auf die Auflistung der Krankenstände. Im Jahr 2019 war die Antragstellerin von 19. bis 21. Jänner, von 29. Jänner bis 4. Februar und von 21. Februar bis 16. März krankgemeldet. Bei letzterem Datum handelt es sich um die drei Wochen Abwesenheit aufgrund einer Operation. Der Versuch der Antragsgegnerin in der Stellungnahme einen Zusammenhang zwischen den Abwesenheiten (Mehrzahl!) der Antragstellerin und ihrer Nebenbeschäftigung zu konstruieren, geht für den Senat somit ins Leere.

Das weitere Vorbringen, die Antragstellerin sei 2021 während eines aufrechten Krankenstandes abermals einer nicht gemeldeten und nicht genehmigten Nebenbeschäftigung beim Zentrum2 nachgegangen, konnte von der Antragstellerin entkräftet werden. Ihre Schilderung, es habe sich lediglich um die Versendung eines E-Mails, das sie bereits vorbereitet gehabt habe, gehandelt, war für den Senat glaubhaft, zumal von der Antragsgegnerin im Verfahren nichts Gegenteiliges bewiesen wurde. Vielmehr bestätigte die Auskunftsperson Y: „Also das haben wir hier ganz klar ausgelegt, dass wenn eine Tätigkeit im Krankenstand nicht der Genesung zuwiderläuft, dann ist es erlaubt.“

Zur Meldung von Nebenbeschäftigungen generell hielt die Auskunftsperson U in der mündlichen Befragung fest, dass es in der Antragsgegnerin keine Praxis gab, dass die Meldungen hinsichtlich einer Änderung oder Verlängerung überprüft wurden. Die schriftlichen Ausführungen von Y und S vermittelten dem Senat den Eindruck, dass die über das Jahr 2013 hinaus ausgeübte Nebenbeschäftigung der Antragstellerin bekannt war. Die nicht erfolgte Verlängerung der Meldung – zu der die Antragstellerin trotz offensichtlicher Kenntnis der Vorgesetzten nicht aufgefordert wurde – Jahre später als Fehlverhalten der Antragstellerin aufzugreifen, ist für den Senat daher nicht gerechtfertigt.

Von der Antragsgegnerin wurde eine schriftliche Patienten-/Patientinnenbeschwerde vom 12. Dezember 2020 vorgelegt. Weitere schriftliche Beschwerden über die Antragstellerin gab es laut der Auskunftsperson Y, der seit 2014 Pflegedienstleiter ist, nicht. Dem Senat wurden im weiteren Verlauf des Verfahrens Gedächtnisprotokolle von S und R übermittelt, in denen allgemein von wiederholten Patienten-/Patientinnenbeschwerden geschrieben wurde. Konkrete Daten, wann es zu Beschwerden mit welchem Inhalt gekommen ist, wurden hingegen nicht vorgelegt, weshalb sich der Senat kein konkreteres Bild zu diesem Vorwurf machen konnte, was zum Nachteil der Antragsgegnerin gereicht.

Den schriftlichen Ausführungen von Q über die Zusammenarbeit mit der Antragstellerin konnte diese in der mündlichen Befragung mit einer plausiblen Erklärung zu der geschilderten Situation entgegentreten. Darüber hinaus zeichneten die Auskunftspersonen U und T ein sehr positives Bild der Antragstellerin als kompetente und wertgeschätzte Kollegin.

T sprach in der mündlichen Befragung zudem von ihrem Eindruck eines persönlichen Konflikts von Y und der Antragstellerin. Die Befragungen zeigten, dass Y insofern eine wichtige Rolle bei Personalentscheidungen zukommt als die Geschäftsführerin erst im Februar 2020 die Geschäftsführung übernommen und nur quartalsweise die Standorte besucht habe, somit keine persönlichen Wahrnehmungen zu der Antragstellerin hatte. Die Geschäftsführerin führte in der mündlichen Befragung im Wesentlichen aus, dass ihr von der Standortleitung Vorfälle zur Kenntnis gebracht worden seien. Sie seien übereingekommen, dass die Standortleitung mit der Antragstellerin Gespräche führen und schauen solle, dass man eine gütliche Lösung finde. Nachdem es immer wieder Gespräche am Standort gegeben habe, habe die Standortleitung gemeint, man möge das Dienstverhältnis beenden, weil ja noch dazu die Antragstellerin bereits 62 gewesen sei und das Pensionsalter erreicht hätte. Man habe dann noch einmal Gespräche geführt und so sei es dann zur Auflösung des Dienstverhältnisses gekommen, die sie ausgesprochen habe, weil die Standortleitungen keine Kolleginnen und Kollegen kündigen können.

Zusammengefasst kommt der Senat zu der Ansicht, dass die Antragsgegnerin mit ihrem Vorbringen nicht überzeugen konnte, dass das Verhalten der Antragstellerin eine Kündigung rechtfertigte. Der Umstand, dass die Antragstellerin nach acht Jahren befristeter Tätigkeit im Jahr 2019 einen unbefristeten Vertrag erhielt, spricht für den Senat vielmehr gegen das Vorliegen von Verfehlungen, die einer Weiterbeschäftigung der Antragstellerin abträglich waren.

Der Senat weist darauf hin, dass das Vorliegen anderer, mitausschlaggebender Motive einen Arbeitgeber/eine Arbeitgeberin vom Vorwurf einer diskriminierenden Behandlung nicht entlasten kann, da den Realitäten der Arbeitswelt folgend davon auszugehen ist, dass unter Umständen auch mehrere Motive („Motivbündel“) – darunter auch sachliche – eine Rolle spielen können.8

Im Hinblick auf die Beweislastregeln der §§ 12 Abs 12 und 26 Abs 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es der Antragsgegnerin nicht gelungen ist zu beweisen, dass das bereits erreichte gesetzliche Pensionsantrittsalter der Antragstellerin nicht zumindest mitausschlaggebend für die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses war.Im Hinblick auf die Beweislastregeln der Paragraphen 12, Absatz 12 und 26 Absatz 12, GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es der Antragsgegnerin nicht gelungen ist zu beweisen, dass das bereits erreichte gesetzliche Pensionsantrittsalter der Antragstellerin nicht zumindest mitausschlaggebend für die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses war.

VORSCHLAG

Gemäß § 12 Abs 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen. Gemäß Paragraph 12, Absatz 3, GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Absatz 3, nicht entsprochen, kann gemäß Paragraph 12, Absatz 4, GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.

Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird die Antragsgegnerin, Z GmbH, gemäß § 12 Abs 3 GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und wird folgender Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt: Da der Senat römisch eins der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird die Antragsgegnerin, Z GmbH, gemäß Paragraph 12, Absatz 3, GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und wird folgender Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:

Leistung eines angemessenen Schadenersatzes.

Wien, 12. Dezember 2023

Dr.in Eva Matt

Vorsitzende des Senates I der GBKVorsitzende des Senates römisch eins der GBK

1  Vgl. Europäische Kommission (2007): Bekämpfung von Mehrfachdiskriminierung – Praktiken, Politikstrategien und Rechtsvorschriften, S. 17.

2  Vgl. zB VfSlg. 19.321.

3  Im weiteren Verlauf werden (akademische) Titel nicht weiter angeführt.

4  Vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen.

5  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 3 Rz 137, § 12 Rz 76.

6  Vgl. EuGH 18.11.2010, C-356/09, Kleist; EuGH 12.9.2013, C-614/11, Kuso.

7  Vgl. EuGH 5.3.2009, C-388/07, Age Concern England.

8  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 17 Rz 8.

Zuletzt aktualisiert am

16.07.2024
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten