Entscheidungsdatum
07.03.2024Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W168 2268649-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag.Dr. Bernhard MACALKA über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. staatenlos, vertreten durchdie BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.01.2023, Zl. 1290322401/211839076, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.10.2023 zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag.Dr. Bernhard MACALKA über die Beschwerde von römisch XXXX , geb. römisch XXXX , StA. staatenlos, vertreten durchdie BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.01.2023, Zl. 1290322401/211839076, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.10.2023 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß Art. 12 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 (Status-RL) der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch XXXX gemäß Artikel 12, Absatz eins, Litera a, der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 (Status-RL) der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass römisch XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG) idgF, nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, Bundes-Verfassungsgesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 1 aus 1930, (B-VG) idgF, nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) gehört der arabischen Volksgruppe an, ist sunnitischer Moslem und als Palästinenser staatenlos. Er stellte am 28.11.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
In einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 29.11.2021 sowie einer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 17.11.2022 brachte der BF zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen vor, dass er als palästinensischer Flüchtling einen syrischen Reisepass für Palestinenser (blauer Flüchtlingspass AS 67-73 in arabischer, englischer bzw. französischer Sprache) besitze. Er wäre ein in Syrien bei UNRWA registrierter palestinensicher Flüchtling. Er sei in Saudi-Arabien geboren, habe dort die Schule besucht und die Matura erlangt. Wegen entsprechender Verbote in Saudi-Arabien habe er von 1995 bis 2000 sein Studium in Syrien in Damaskus, Latakia und Aleppo absolvieren müssen. Nach dem vorgelegten syrischen Wehrbuch wurden ihm damals mehrmals Aufschübe infolge des Studiums bzw. infolge von Freikauf erteilt. Ab 2001 sei er bis 2017 wieder in Saudi-Arabien gewesen und habe bis 2011 in Syrien nur Urlaube verbracht. Am 05.12.2017 habe er Saudi-Arabien verlassen und sei bis 27.02.2020 in die Türkei gegangen, danach bis 07.10.2021 in die VAE. Seine Mutter und mehrere Geschwister seien noch in Saudi-Arabien, sein Vater sei bereits verstorben. Seine Frau und seine vier Kinder befänden sich in der Türkei und würden finanziell von den Verwandten unterstützt. Die VAE habe er vor Ablauf seines bis August 2022 gütligen Visums verlassen müssen, weil er nach der konkursbedingten Kündigung infolge Covid-19 am 10.09.2021 keine Anstellung mehr habe finden können. Er sei palästinensicher Syrer. Die meiste Zeit habe er in Saudi-Arabien verbracht, wo auch seine Kinder geboren seien. Als Fluchtgrund brachte er vor, dass er sein ganzes Leben lang überall Flüchtling gewesen sei. Er habe in Saudi-Arabien nicht studieren dürfen und deshalb nach Syrien gehen müssen. Dort herrsche aber Krieg. Weder wolle er selbst Flüchtling sein, noch wolle der das für seine Kinder. In der Türkei habe seine Tochter zunächst keine Aufenthaltsbewilligung bekommen. Er wolle für sich und seine Kinder eine Heimat haben. Saudi-Arabien habe er verlassen müssen, weil sein Arbeitsvertrag ausgelaufen sei und er leider keine neue Firma habe finden können und daher kein Aufenthaltsrecht mehr habe. Er habe nie Probleme mit den Behörden gehabt, gehöre keiner politischen Partei an und sei nie wegen seiner Religion oder Volksgruppenzugehörigkeit etc. persönlich verfolgt worden, weder seitens staatlicher Behörden noch von privater Seite. Die Türkei habe er nach 3 Jahren verlassen, weil er sein Diplom nicht habe nostrifizieren können, man dort rassistisch behandelt werde bzw. er keine fixe Anstellung erlangen habe können sowie um eine bessere Zukunft zu haben. Seine Heimat sei Palästina, dorthin könne er nicht zurück. Er könne nirgendwo hin. Die Türkei habe er verlassen, um ein besseres Leben zu haben und in Saudi-Arabien bekomme er als Palästinenser kein Visum. Bei einer Rückkehr nach Syrien würde er Probleme haben, weil er 2011 ausgereist sei und (zudem) in der Türkei gewesen sei.
Der BF legte mehrere Unterlagen und Dokumente (Reisepässe, Personalausweis, Führerschein sowie eine UNRWA-Familienregistrierung in Damaskus-Yarmouk für den BF samt seiner Familie, gedruckt 2018 in der Türkei, Refugee-Date: 01.06.1948 - AS 247-251) vor, wobei die Dokumente nach Überprüfung als echt erachtet wurden.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 25.01.2023 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 3 Z 2 iVm § 2 Z 13 und § 6 Abs. 1 Asylgesetz 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wurde der Antrag hinsichtlich subsidiären Schutzes in Bezug auf seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Türkei bzw. Saudi-Arabien abgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer gem. § 57 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen (Spruchpunkt IV.), seine Abschiebung in die Türkei bzw. Saudi-Arabien für zulässig erklärt (Spruchpunkt V.) und die Frist für die freiwililige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 25.01.2023 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz 3, Ziffer 2, in Verbindung mit Paragraph 2, Ziffer 13 und Paragraph 6, Absatz eins, Asylgesetz 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 wurde der Antrag hinsichtlich subsidiären Schutzes in Bezug auf seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Türkei bzw. Saudi-Arabien abgewiesen (Spruchpunkt römisch II.). Dem Beschwerdeführer gem. Paragraph 57, AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.), eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen (Spruchpunkt römisch IV.), seine Abschiebung in die Türkei bzw. Saudi-Arabien für zulässig erklärt (Spruchpunkt römisch fünf.) und die Frist für die freiwililige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt römisch VI.).
Das Bundesamt ging begrünend davon aus, dass sich der BF seinen Angaben zufolge bisher in Saudi-Arabien bzw. (zuletzt) in der Türkei aufgehalten habe, wo er eine ihm drohende Verfolgung weder vorgebracht habe, noch eine solche ersichtlich sei. Er habe zwischen 1995 und 2000 in Syrien lediglich studiert und sei danach bis 2017 nach Saudi-Arabien zurückgekehrt und habe dort eine Familie gegründet. Zur vorgelegten UNRWA-Familienregistrierung, ausgestellt am 12.04.2018, wurde festgehalten, dass darin die Daten seiner Kinder teilweise falsch erfasst seien. Da bereits der BF und auch all seine Kinder in Saudi-Arabien geboren seien, sei davon auszugehen, dass er nicht dazu gezwungen gewesen sei, seinen UNRWA-Schutz in Syrien aufzugeben, sondern dies freiwillig erfolgt sei. Er habe auch nicht darlegen können, dass er angesichts seines langen Aufenthaltes in Saudi-Arabien den „ipso facto“-Schutz durch die Status RL 2011/95/EU genieße. Infolge des Wunsches nach einem besseren Leben habe er die Reise nach Europa angetreten. Da sein bisheriger Lebensmittelpunkt in Saudi-Arabien bzw. der Türkei gelegen sei, seien diese Länder als die seines bisherigen Aufenthalts heranzuziehen gewesen. Hinweise auf eine ihm dort im Fall einer Rückkehr drohende existenzbedrohende Situation lägen nicht vor, zumal in beiden Ländern Angehörige bzw. Verwandte lebten.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende vollumfängliche Beschwerde vom 21.02.2023. Darin wurde vorgebracht, der BF habe bis zum Ausbruch des Krieges als palästinensischer Flüchtling in Syrien gelebt und habe daher von dort flüchten müssen. Er sei in Saudi-Arabien geboren und nach der Schule zwecks Studium nach Syrien gezogen, wo er bei der UNRWA als palästinensischer Flüchtling registriert gewesen sei. Die entsprechende Bestätigung habe er bereits vorgelegt. Auf Grund des ausgebrochenen Bürgerkrieges habe er den Schutz der UNRWA in Syrien nicht mehr in Anspruch nehmen können und sei nach Saudi-Arabien zurückgekehrt. Dort habe er jedoch keine Möglichkeit eine dauernde Niederlassung oder Staatsangehörigkeit zu erlangen. Sein bisheriger Aufenthalt sei ledigich infolge seiner Erwerbstätigkeit legal gewesen. Infolge der Covid-19-Pandemie habe er seinen Job verloren und nach einer Gesetzesänderung auch keinen neuen gefunden, sodass er habe ausreisen müssen und in die Türkei gereist sei, wo er kurze Zeit gelebt habe, jedoch als staatenloser Palästienser dort ebenfalls keine Aufenthaltsgenehmigung bekommen habe. Daher habe er sich über die VAE schlussendlich nach Österreich begeben. Das dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Ermittlungsverfahren sei mangelhaft gewesen. Nach einer auszugsweise zitierten Anfragebeantwortung hätten die in Saudi-Arabien 2017 eingeführten strengeren Regeln zu höheren Gebüren und höhren Kosten für die Arbeit und das Sonsoring von Personen in Saudi-Arabien geführt, weshalb viele Ausländer erwägen würden, das Land zu verlassen. Auch werde berichtet, dass es für Palästinenser sehr schwierig geworden sei, ein Einreisevisum zu erhalten. Dies könne auch Palästinenser treffen, die das Land verlassen hätten und eine Wiedereinreise anstrebten. Palästinenser, welche Saudi-Arabien für länger als 6 Monate verlassen hätten, dürften ohne einen neuen Arbeitgeber nicht zurückkehren und einen solchen zu finden, sei vom Ausland her fast unmöglich. Die Behörde habe diese Berichte außer Acht gelassen, woraus sich ergebe, dass der BF ohne Arbeitgeber keinen gültigen Aufenthaltstitetel bekomme und der Gefahr der Abschiebung ausgesetzt sei. Die Aufenthaltsberechtigung des BF in Saudi-Arabien sei bereits abgelaufen und er verfüge über syrische Reisedokumente für palästinensische Flüchtlinge sowie eine UNRWA-Registrierungsbestätigung als palästinensischer Flüchtling in Syrien. Die Behörde habe eine Prüfung verabsäumt, ob dem BF bei einer Abschiebung nach Syrien eine asylrelevante Verfolgung oder eine Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 und 3 EMRK drohe. Zur Lage von staatenlosen palästinensischen Flüchtlingen in Syrien werde auf das LIB vom 29.12.2022 verwiesen, wonach sowohl das Regime als auch oppositionelle Gruppierungen manche palästinensichen flüchtlingslager belagert oder beschossen hätten (USDOS 12.04.2022). Im Lager Yarmouk sei es zu groß angelegten Plünderungen durch regierungsnahe Milizen und syrische Regierungstruppen gekommen (DIS 10.2021). Darüber hinaus drohe dem BF im Fall der Rückkehr die Einziehung zum Wehrdienst, da nach dem LIB auch palästinensiche Flüchtlinge von der Wehrpflicht erfasst seien. Die Wehrpflicht des BF ergebe sich schon aus dem vorgelegten syrischen Wehrbuch. Bislang habe er den Wehrdienst nicht abgeleistet und der letzte Aufschub sei bereits einige Jahre abgelaufen. Zudem würden dem BF infolge des anhaltenden innertaatlichen Konflikts in Syrien eine Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 und 3 EMRK drohen. Zur Türkei werde auf die Judikatur des VwGH (03.05.2016, Ra 2016/18/0062) verwiesen, wonach bei fehlender Staatsbürgerschaft subsidiär auf sonstige feste Bindungen zu einem Staat in Form eines dauernden (gewöhnlichen) Aufenthaltes zurückzugreifen sei. Der BF habe lediglich zwei Jahre in der Türkei gelebt und seit Anfang 2020 nicht mehr. Im Übrigen habe er dort keinen gesicherten Aufenthaltstitel gehabt. Vielmehr sei er von dort abgeschoben und mit einem Einreise- bzw. Aufenthaltsverbot belegt worden. Auf die Beilagen wurde verwiesen. Im Übrigen seien Geflüchtete bzw. staatenlose Palästinenser in der Türkei Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt. Nach dem auszugsweise wiedergegebenen Bericht von ECRE vom 28.05.2021 seien über ein Drittland einreisende (in der Türkei) vom temporären Schutz ausgeschlossen; dies gelte auch für syrische Staatsangehörige, selbst wenn ihre Familienangehörigen in der Türkei bereist vom temporären Schutzstatus profitieren würden. Die Beweiswürdigung sei unschlüssig gewesen und die Behörde habe es unterlassen, die vorgelegten UNRWA-Registrierungskarte zu würdigen. Auch sei angesichts der Länderberichte nicht nachvollziehbar, dass bzw. wie der BF nach Saudi-Arabien zurückkehren könnte. In der Türkei bestehe eine ähnlich prekäre Lage für palästinensische Flüchtlinge. Rechtlich wurde dargelegt, dass die GFK nach Art. 1 D keine Anwendung auf Personen finde, welche von anderen Organen oder Organisationen der Vereinten Nationen (etwa UNRWA) als dem Hockommissär der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) Schutz und Hilfe erhielten. Sofern dieser Schutz oder diese Hilfe aus irgeneinem Grunde wegfällt, ohne dass die Stellung dieser Person gemäß den bezüglichen Beschlüssen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig geregelt sei, würden diese Personen ipso facto der Vorteile dieses Abkommens teilhaftig. Die Lage der den Beistand der UNRWA genießenden Personen sei bislang nicht endgültig geklärt (Hinweis auf BVwG vom 09.01.2018, W224 2129199-1/7E). Auch der VfGH habe bereits wiederholt betont (29.06.2013, U706/2012, ua.) dass sich die Rechtsstellung von Asylwerbern, welche grunsätzlich dem Schutz einer von Art. 1 Abschnit D GFK erfassten Organisation unterstehen, insofern von anderen Asylwerbern unterscheide, als dieses nach Art. 12 Abs. 1 lit a Status-RL von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen seien. Dies würden dann nach der nicht umgesetzten und daher unmittelbar anwendbaren Bestimmmung des zweiten Satzes des Art. 12 Abs. 1 lit a Status-RL dann „ipso facto“ den Schutz der Status-RL bzw. der GRK genießen, wenn der Schutz oder Beistand einer solchen Organisation „aus irgendeinem Grund“ nicht länger gewährt werde. Nach der REchtssprechung des EUGH in der Rechtssache Bolbol sei die „Registrierung bei der UNRWA ein ausreichender Nachweis der tatsächlichen Inanspruchnahme ihrer Hilfe“ iSd Art.12 Abs 1 lita erster Satz der Status-RL. Die Behörde hätte angesichts der vorgelegten Unterlagen feststellen müssen, dass der BF den Schutz der UNRWA in Syrien nicht mehr in Anspruch habe nehmen können und es der UNRWA derzeit nicht möglich sei, dem BF in Syrien Lebensverhältnisse zu gewährleisten, die mit den ihr obliegenden Aufgaben im Einklang stünden. Im Fall des BF gebe es zudem keine Hinweise auf andere Ausschlussgründe. Dem BF wäre daher bei richtlinienkonformer Auslegung des österreichsichen Asylgesetzes „ipso facto“ Schutz zu gewähren. In eventu komme dem BF als in Syrien wehrpflichtiger Person bzw. als staatenloser Palästinenser daher der Asylstatus zu. Jedenfalls drohe dem BF in Saudi-Arabeien bzw. der Türkei zufolge fehlender Aufenthaltsberechtigungen eine Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK. Außerdem habe die Behörde nicht geprüft, ob die für den BF erforderliche Diabetes-Therapie in diesen drei Ländern gesichert sei, weshalb ihm zumindest subsidiärer Schutz zu erteilen gewesen wäre. Eine mündliche Verhandlung werde beantragt. Beigelegt waren Kopien zweier türkischer Schriftstücke (samt behördlicher Übersetzungen, wonach der BF am 18.09.2019 wegen versuchter illegaler Ausreise mit gefälschten amtlichen Dokumenten aus der Türkei ausgewiesen und mit einem fünjährigen Einreiseverbot belegt wurde), sowie zwei Empfehlungsschreiben.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende vollumfängliche Beschwerde vom 21.02.2023. Darin wurde vorgebracht, der BF habe bis zum Ausbruch des Krieges als palästinensischer Flüchtling in Syrien gelebt und habe daher von dort flüchten müssen. Er sei in Saudi-Arabien geboren und nach der Schule zwecks Studium nach Syrien gezogen, wo er bei der UNRWA als palästinensischer Flüchtling registriert gewesen sei. Die entsprechende Bestätigung habe er bereits vorgelegt. Auf Grund des ausgebrochenen Bürgerkrieges habe er den Schutz der UNRWA in Syrien nicht mehr in Anspruch nehmen können und sei nach Saudi-Arabien zurückgekehrt. Dort habe er jedoch keine Möglichkeit eine dauernde Niederlassung oder Staatsangehörigkeit zu erlangen. Sein bisheriger Aufenthalt sei ledigich infolge seiner Erwerbstätigkeit legal gewesen. Infolge der Covid-19-Pandemie habe er seinen Job verloren und nach einer Gesetzesänderung auch keinen neuen gefunden, sodass er habe ausreisen müssen und in die Türkei gereist sei, wo er kurze Zeit gelebt habe, jedoch als staatenloser Palästienser dort ebenfalls keine Aufenthaltsgenehmigung bekommen habe. Daher habe er sich über die VAE schlussendlich nach Österreich begeben. Das dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Ermittlungsverfahren sei mangelhaft gewesen. Nach einer auszugsweise zitierten Anfragebeantwortung hätten die in Saudi-Arabien 2017 eingeführten strengeren Regeln zu höheren Gebüren und höhren Kosten für die Arbeit und das Sonsoring von Personen in Saudi-Arabien geführt, weshalb viele Ausländer erwägen würden, das Land zu verlassen. Auch werde berichtet, dass es für Palästinenser sehr schwierig geworden sei, ein Einreisevisum zu erhalten. Dies könne auch Palästinenser treffen, die das Land verlassen hätten und eine Wiedereinreise anstrebten. Palästinenser, welche Saudi-Arabien für länger als 6 Monate verlassen hätten, dürften ohne einen neuen Arbeitgeber nicht zurückkehren und einen solchen zu finden, sei vom Ausland her fast unmöglich. Die Behörde habe diese Berichte außer Acht gelassen, woraus sich ergebe, dass der BF ohne Arbeitgeber keinen gültigen Aufenthaltstitetel bekomme und der Gefahr der Abschiebung ausgesetzt sei. Die Aufenthaltsberechtigung des BF in Saudi-Arabien sei bereits abgelaufen und er verfüge über syrische Reisedokumente für palästinensische Flüchtlinge sowie eine UNRWA-Registrierungsbestätigung als palästinensischer Flüchtling in Syrien. Die Behörde habe eine Prüfung verabsäumt, ob dem BF bei einer Abschiebung nach Syrien eine asylrelevante Verfolgung oder eine Verletzung seiner Rechte nach Artikel 2 und 3 EMRK drohe. Zur Lage von staatenlosen palästinensischen Flüchtlingen in Syrien werde auf das LIB vom 29.12.2022 verwiesen, wonach sowohl das Regime als auch oppositionelle Gruppierungen manche palästinensichen flüchtlingslager belagert oder beschossen hätten (USDOS 12.04.2022). Im Lager Yarmouk sei es zu groß angelegten Plünderungen durch regierungsnahe Milizen und syrische Regierungstruppen gekommen (DIS 10.2021). Darüber hinaus drohe dem BF im Fall der Rückkehr die Einziehung zum Wehrdienst, da nach dem LIB auch palästinensiche Flüchtlinge von der Wehrpflicht erfasst seien. Die Wehrpflicht des BF ergebe sich schon aus dem vorgelegten syrischen Wehrbuch. Bislang habe er den Wehrdienst nicht abgeleistet und der letzte Aufschub sei bereits einige Jahre abgelaufen. Zudem würden dem BF infolge des anhaltenden innertaatlichen Konflikts in Syrien eine Verletzung seiner Rechte nach Artikel 2 und 3 EMRK drohen. Zur Türkei werde auf die Judikatur des VwGH (03.05.2016, Ra 2016/18/0062) verwiesen, wonach bei fehlender Staatsbürgerschaft subsidiär auf sonstige feste Bindungen zu einem Staat in Form eines dauernden (gewöhnlichen) Aufenthaltes zurückzugreifen sei. Der BF habe lediglich zwei Jahre in der Türkei gelebt und seit Anfang 2020 nicht mehr. Im Übrigen habe er dort keinen gesicherten Aufenthaltstitel gehabt. Vielmehr sei er von dort abgeschoben und mit einem Einreise- bzw. Aufenthaltsverbot belegt worden. Auf die Beilagen wurde verwiesen. Im Übrigen seien Geflüchtete bzw. staatenlose Palästinenser in der Türkei Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt. Nach dem auszugsweise wiedergegebenen Bericht von ECRE vom 28.05.2021 seien über ein Drittland einreisende (in der Türkei) vom temporären Schutz ausgeschlossen; dies gelte auch für syrische Staatsangehörige, selbst wenn ihre Familienangehörigen in der Türkei bereist vom temporären Schutzstatus profitieren würden. Die Beweiswürdigung sei unschlüssig gewesen und die Behörde habe es unterlassen, die vorgelegten UNRWA-Registrierungskarte zu würdigen. Auch sei angesichts der Länderberichte nicht nachvollziehbar, dass bzw. wie der BF nach Saudi-Arabien zurückkehren könnte. In der Türkei bestehe eine ähnlich prekäre Lage für palästinensische Flüchtlinge. Rechtlich wurde dargelegt, dass die GFK nach Artikel eins, D keine Anwendung auf Personen finde, welche von anderen Organen oder Organisationen der Vereinten Nationen (etwa UNRWA) als dem Hockommissär der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) Schutz und Hilfe erhielten. Sofern dieser Schutz oder diese Hilfe aus irgeneinem Grunde wegfällt, ohne dass die Stellung dieser Person gemäß den bezüglichen Beschlüssen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig geregelt sei, würden diese Personen ipso facto der Vorteile dieses Abkommens teilhaftig. Die Lage der den Beistand der UNRWA genießenden Personen sei bislang nicht endgültig geklärt (Hinweis auf BVwG vom 09.01.2018, W224 2129199-1/7E). Auch der VfGH habe bereits wiederholt betont (29.06.2013, U706/2012, ua.) dass sich die Rechtsstellung von Asylwerbern, welche grunsätzlich dem Schutz einer von Artikel eins, Abschnit D GFK erfassten Organisation unterstehen, insofern von anderen Asylwerbern unterscheide, als dieses nach Artikel 12, Absatz eins, Litera a, Status-RL von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen seien. Dies würden dann nach der nicht umgesetzten und daher unmittelbar anwendbaren Bestimmmung des zweiten Satzes des Artikel 12, Absatz eins, Litera a, Status-RL dann „ipso facto“ den Schutz der Status-RL bzw. der GRK genießen, wenn der Schutz oder Beistand einer solchen Organisation „aus irgendeinem Grund“ nicht länger gewährt werde. Nach der REchtssprechung des EUGH in der Rechtssache Bolbol sei die „Registrierung bei der UNRWA ein ausreichender Nachweis der tatsächlichen Inanspruchnahme ihrer Hilfe“ iSd Artikel , Absatz eins, lita erster Satz der Status-RL. Die Behörde hätte angesichts der vorgelegten Unterlagen feststellen müssen, dass der BF den Schutz der UNRWA in Syrien nicht mehr in Anspruch habe nehmen können und es der UNRWA derzeit nicht möglich sei, dem BF in Syrien Lebensverhältnisse zu gewährleisten, die mit den ihr obliegenden Aufgaben im Einklang stünden. Im Fall des BF gebe es zudem keine Hinweise auf andere Ausschlussgründe. Dem BF wäre daher bei richtlinienkonformer Auslegung des österreichsichen Asylgesetzes „ipso facto“ Schutz zu gewähren. In eventu komme dem BF als in Syrien wehrpflichtiger Person bzw. als staatenloser Palästinenser daher der Asylstatus zu. Jedenfalls drohe dem BF in Saudi-Arabeien bzw. der Türkei zufolge fehlender Aufenthaltsberechtigungen eine Verletzung von Artikel 2 und 3 EMRK. Außerdem habe die Behörde nicht geprüft, ob die für den BF erforderliche Diabetes-Therapie in diesen drei Ländern gesichert sei, weshalb ihm zumindest subsidiärer Schutz zu erteilen gewesen wäre. Eine mündliche Verhandlung werde beantragt. Beigelegt waren Kopien zweier türkischer Schriftstücke (samt behördlicher Übersetzungen, wonach der BF am 18.09.2019 wegen versuchter illegaler Ausreise mit gefälschten amtlichen Dokumenten aus der Türkei ausgewiesen und mit einem fünjährigen Einreiseverbot belegt wurde), sowie zwei Empfehlungsschreiben.
4. Diese Beschwerde langte am 16.03.2023 samt Verwaltungsakt und einer behördlichen Stellungnahme beim BVwG ein.
5. Am 03.10.2023 fand beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG)unter Beiziehung eines Dolmetshcer eine Verhandlung statt, zu welcher der BF in Begleitung seines Vertreters sowie ein Vertreter der Behörde erschienen sind. Dabei wurde dem BF ausreichend Gelegenheit gegeben, alle gegen die angefochtene Entscheidung sprechenden Gründe vorzubringen, sowie Unterlagen vorzulegen. Dabei führte der BF im Wesentlichen aus, dass seine Eltern jeweils 1948 nach ihrer Vertreibung aus Palästina mit ihren Familien bei der UNRWA registriert worden seien. Die Eltern hätten in Syrien geheiratet. Nach dem seine Mutter 1976/1977 in Saudi-Arabien Arbeit bekommen habe, seien seine Eltern dorthin gegangen. Der BF persönlich sei im Flüchtlingslager in Damaskus registriert, bzw. konnte er konkret ein Dokument / eine Karte vorlegen, woraus sich dieser UNRWA-Schutz ergeben würde. Nach Übersetzung der vorgelegten Unterlagen ergibt sich daraus das Flüchtlingslager „Yarmouk“ in Damaskus. Er hätte 2011 aufgrund des zu diesem Zeitpunkt beginnenden Bürgerkrieges zwangsweise Syrien verlassen müssen, bzw. brachte der BF vor, dass er angesichts der aktuellen (Sicherheits- und Versorgungs-) lage nicht dorthin zurückkehren könnte. Der BF führte konkret seine bisherigen Aufenthaltsorte in verschiedenen Staaten aus. Hierzu führte der BF aus, dass er in diesen Staaten kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht bessessen hätte, als auch, dass er dorthin nicht zurückkehren könne, bzw. gab dieser die gegen ihn bestehenden Einreiseverbote von Saudi-Arabien und der Türkei zu Protokoll.
6. Mit Schreiben vom 19.10.2023 erstattete der Vertreter des BF die aufgetragene Stellungnahme. Darin wurde zusammengefasst dargelegt, dass die GFK nicht auf staatenlose Palästinenser anwendbar ist, solange diese tatsächlichen Schutz oder Beistand der UNRWA genießen. Sofern ein solcher Schutz aus irgendeinem Grund nicht länger gewährt wird, genießt dieser ipso facto Schutz der GFK (Art. 1 Abchnitt D Satz 2). Nach § 6 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 sind (daher) alle palästinesischen Flüchtlinge, die bei UNRWA registriert sind, von der Zuerkennung des Status des Asylberchtigten ausgeschlossen. Aus dem nicht in die österreichische Rechtsordnung umgesetzen Art. 12 Abs 1 lit a Satz 2 der Status-RL folgt, dass dieser Ausschluss jedoch nicht mehr greift, wenn dieser Person, welche internationalen Schutz beantragt, „aus irgendeinem Grund“ kein Shutz oder Beistand von UNRWA mehr gewährt wird. Diese Person genießt dann „ipso facto“-Schutz der Status-RL bzw. der GFK, was eine Privilegierung gegenüber den Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bewirke, weil keine Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnit A GFK genannten Gründen glaubhaft zu machen ist. Für die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus nach der geltenden Rechtslage ist somit glaubhaft zu machen, dass die Person 1.) unter dem Schutz des UNRWA gestanden ist und 2.) dieser Beistand aus irgendeinem Grund weggefallen ist: Die UNRWA-Registrierung sei ein stichhaltiger Beweis für das Vorliegen der Berechtigunsvoraussetzungen von Art. 1 Abschnit D Satz 1 GFK. Diese habe deklarativen Charakter. Der BF sei unter der näher angegebenen Nummer bei UNRWA registriert und tatsächlich unter deren Schutz gestanden. Der BF habe beim BVwG glaubhaft dargelegt, dass er in gerader Linie von Palästianflüchtlingen abstammt und dahr „Nachkomme“ im Sinne von Art. III Abschnitt A Z 1 der „Konsolidierten Anweisungen betreffend die Berchtigungsvoraussetzungen und die Registreirung (CERI) von UNRWA vom 1.Januar 2009“ sei. Nach den UNCHR-Richtlinien zum internationalen Schutz Nr. 13 sind auch Nachkommen umfasst, die wie der BF außerhalb der UNRWA-Einsatzgebiet geboren wurden. Der BF habe beim BVwG angegeben, dass seine Eltern 1948 aus Palästina vertrieben wurden. Der BF sei von 1995 bis 2001 unter dem Schutz von UNRWA gestanden und habe sich zuletzt im Jahr 2001 unter diesem Schutz in Syrien aufgehalten. Zum Wegfall des Schutzes durch UNRWA wurde dargelegt, dass die darunterfallende Person gezwungen gewesen sein müsse, das Einsatzgebiet von UNRWA zu verlassen, was dann der Fall sei, wenn sie sich in einer sehr unsicheren persönlichen Lage befunden habe und es UNRWA unmöglich gewesen sei, ihr in diesem Gebiet Lebensbedingungen zu gewährleisten, die mit der ihm übertragenen Aufgabe in Einklang stehen. UNRWA sei es in Syrien erwiesenermaßen nicht möglich, Lebensbedingunen zu gewährleisten, die mit der Aufgabe, Beistand zu leisten, in Einklang stehen. Dadurch sei der BF in eine sehr unsichere Lage versetzt worden, auf Grund derer er gezwungen gewesen sei, Syrien zu verlassen. Das bloße Verlassen des UNRWA-Einsatzgebietes oder die freiwillige Entscheidung, es zu verlassen, könne zwar nicht als Wegfall des Bestandes eingestuft werden, jedoch habe der EuGH entschieden, dass der durch UNRWA geleistete Schutz auch dadurch wegfallen kann, dass es dieser Organisation oder Institution unmöglich geworden ist, ihre Aufgabe zu erfüllen. Es genügt der Nachweis, dass der Beistand des UNRWA aus objektiven oder mit der persönlcihen Situation der besagten Person zusammenhängenden Gründen nicht länger in der Lage ist, ihr die Lebensbedingungen zu gewährleisten, die mit dieser Aufgabe in Einklang stehen. Eine begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne von Art. 2 lit d Status-RL ist nicht notwendigerweise nachzuweisen. Zur Frage, ob ein Staatenloser palästinensischer Herkunft im Stande ist, den Schutz von UNRWA in Anspruch zu nehmen, hängt auch von der konkreten Möglichkeit ab, in das Operationsgebiet einzureisen bzw. zurückzukehren, falls er es verlassen hat. In Bezug auf Syrien sei nach ständiger Rechtssprechung davon auszugehen, dass die Rückkehr dorthin ausgeschlossen ist und die Versorgungslage gegen Art. 3 EMRK verstoße. Dies stelle eine vom BF nicht zu kontrollierenden und von seinem Willen unabhängigen Grund für seien Wegzug dar und sei als Grund für den Wegfall des Schutzes oder Bestandes von UNRWA anzusehen, was zur ipso facto-Zuerkennung von Asyl führen müsse. Dies ergebe sich auch aus den UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, welche aus der Arabischen Republik Syrien fliehen (6.aktualisierte Fassung vom März 2021).6. Mit Schreiben vom 19.10.2023 erstattete der Vertreter des BF die aufgetragene Stellungnahme. Darin wurde zusammengefasst dargelegt, dass die GFK nicht auf staatenlose Palästinenser anwendbar ist, solange diese tatsächlichen Schutz oder Beistand der UNRWA genießen. Sofern ein solcher Schutz aus irgendeinem Grund nicht länger gewährt wird, genießt dieser ipso facto Schutz der GFK (Artikel eins, Abchnitt D Satz 2). Nach Paragraph 6, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 sind (daher) alle palästinesischen Flüchtlinge, die bei UNRWA registriert sind, von der Zuerkennung des Status des Asylberchtigten ausgeschlossen. Aus dem nicht in die österreichische Rechtsordnung umgesetzen Artikel 12, Absatz eins, Litera a, Satz 2 der Status-RL folgt, dass dieser Ausschluss jedoch nicht mehr greift, wenn dieser Person, welche internationalen Schutz beantragt, „aus irgendeinem Grund“ kein Shutz oder Beistand von UNRWA mehr gewährt wird. Diese Person genießt dann „ipso facto“-Schutz der Status-RL bzw. der GFK, was eine Privilegierung gegenüber den Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bewirke, weil keine Verfolgung aus den in Artikel eins, Abschnit A GFK genannten Gründen glaubhaft zu machen ist. Für die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus nach der geltenden Rechtslage ist somit glaubhaft zu machen, dass die Person 1.) unter dem Schutz des UNRWA gestanden ist und 2.) dieser Beistand aus irgendeinem Grund weggefallen ist: Die UNRWA-Registrierung sei ein stichhaltiger Beweis für das Vorliegen der Berechtigunsvoraussetzungen von Artikel eins, Abschnit D Satz 1 GFK. Diese habe deklarativen Charakter. Der BF sei unter der näher angegebenen Nummer bei UNRWA registriert und tatsächlich unter deren Schutz gestanden. Der BF habe beim BVwG glaubhaft dargelegt, dass er in gerader Linie von Palästianflüchtlingen abstammt und dahr „Nachkomme“ im Sinne von Art. römisch III Abschnitt A Ziffer eins, der „Konsolidierten Anweisungen betreffend die Berchtigungsvoraussetzungen und die Registreirung (CERI) von UNRWA vom 1.Januar 2009“ sei. Nach den UNCHR-Richtlinien zum internationalen Schutz Nr. 13 sind auch Nachkommen umfasst, die wie der BF außerhalb der UNRWA-Einsatzgebiet geboren wurden. Der BF habe beim BVwG angegeben, dass seine Eltern 1948 aus Palästina vertrieben wurden. Der BF sei von 1995 bis 2001 unter dem Schutz von UNRWA gestanden und habe sich zuletzt im Jahr 2001 unter diesem Schutz in Syrien aufgehalten. Zum Wegfall des Schutzes durch UNRWA wurde dargelegt, dass die darunterfallende Person gezwungen gewesen sein müsse, das Einsatzgebiet von UNRWA zu verlassen, was dann der Fall sei, wenn sie sich in einer sehr unsicheren persönlichen Lage befunden habe und es UNRWA unmöglich gewesen sei, ihr in diesem Gebiet Lebensbedingungen zu gewährleisten, die mit der ihm übertragenen Aufgabe in Einklang stehen. UNRWA sei es in Syrien erwiesenermaßen nicht möglich, Lebensbedingunen zu gewährleisten, die mit der Aufgabe, Beistand zu leisten, in Einklang stehen. Dadurch sei der BF in eine sehr unsichere Lage versetzt worden, auf Grund derer er gezwungen gewesen sei, Syrien zu verlassen. Das bloße Verlassen des UNRWA-Einsatzgebietes oder die freiwillige Entscheidung, es zu verlassen, könne zwar nicht als Wegfall des Bestandes eingestuft werden, jedoch habe der EuGH entschieden, dass der durch UNRWA geleistete Schutz auch dadurch wegfallen kann, dass es dieser Organisation oder Institution unmöglich geworden ist, ihre Aufgabe zu erfüllen. Es genügt der Nachweis, dass der Beistand des UNRWA aus objektiven oder mit der persönlcihen Situation der besagten Person zusammenhängenden Gründen nicht länger in der Lage ist, ihr die Lebensbedingungen zu gewährleisten, die mit dieser Aufgabe in Einklang stehen. Eine begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne von Artikel 2, Litera d, Status-RL ist nicht notwendigerweise nachzuweisen. Zur Frage, ob ein Staatenloser palästinensischer Herkunft im Stande ist, den Schutz von UNRWA in Anspruch zu nehmen, hängt auch von der konkreten Möglichkeit ab, in das Operationsgebiet einzureisen bzw. zurückzukehren, falls er es verlassen hat. In Bezug auf Syrien sei nach ständiger Rechtssprechung davon auszugehen, dass die Rückkehr dorthin ausgeschlossen ist und die Versorgungslage gegen Artikel 3, EMRK verstoße. Dies stelle eine vom BF nicht zu kontrollierenden und von seinem Willen unabhängigen Grund für seien Wegzug dar und sei als Grund für den Wegfall des Schutzes oder Bestandes von UNRWA anzusehen, was zur ipso facto-Zuerkennung von Asyl führen müsse. Dies ergebe sich auch aus den UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, welche aus der Arabischen Republik Syrien fliehen (6.aktualisierte Fassung vom März 2021).
7. Mit Vorlage vom 18.01.2024 wurde durch den BF und dessen Vertretung die Registrierungsbestätigung der UNRAWA konkret im Qeimar Center in Damaskus, Syrien vom 07.01.2024 den BF selbst, bzw. dessen Familie betreffend, bzw. die hierauf bezogene E – Mail Korrespondenz des BMI, Staatdendokumentation mit UNRAWA zur Durchführung eines „registration verfifikation requests“ als Beweismittel dem BVwG übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist ein in Saudi-Arabien geborener, staatenloser Palästinenser, der in Syrien in Damaskus bei der UNRWA nachweislich registriert ist.
Der BF war gezwungen aufgrund des Bürgerkrieges das Einsatzgebiet der UNRWA in Syrien zu verlassen.
Es ist dem BF aufgrund der in Syrien herrschenden Sicherheits- und Versorgungslage, nicht möglich und zumutbar dorthin zurückzukehren und einen ausreichenden Schutz von UNRWA in Anspruch zu nehmen.
Der BF ist strafrechtlich unbescholten.
Der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang der Entscheidung zugrundgelegt.Der unter Punkt römisch eins. wiedergegebene Verfahrensgang der Entscheidung zugrundgelegt.
1.2. Zur Situation palästinensicher Flüchtlinge in Syrien:
Palästinensische Flüchtlinge
Letzte Änderung 2023-07-13 14:21
Rechtlicher Status der palästinensischen Flüchtlinge in Syrien und das Mandat der UNRWA
Die United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East (UNRWA) ist entsprechend der Resolution 302 IV (1949) der Generalversammlung der Vereinten Nationen mit einem Mandat zur Förderung der menschlichen Entwicklung palästinensischer Flüchtlinge ausgestattet. Per definitionem sind palästinensische Flüchtlinge Personen, deren gewöhnlicher Aufenthaltsort zwischen 1.6.1946 und 15.5.1948 Palästina war, und die sowohl ihr Zuhause wie auch ihre Mittel zur Lebenshaltung aufgrund des Konflikts von 1948 verloren haben. Dienste von UNRWA stehen all jenen Personen offen, die im Einsatzgebiet der Organisation leben, von der Definition umfasst und bei UNRWA registriert sind, sowie Bedarf an Unterstützung haben. Nachkommen männlicher palästinensischer Flüchtlinge können sich ebenfalls bei UNRWA registrieren. Darüber hinaus bietet UNRWA ihre Dienste auch palästinensischen Flüchtlingen und Vertriebenen des Arabisch-Israelischen Konflikts von 1967 und nachfolgender Feindseligkeiten an (STDOK 8.2017). Im Dezember 2022 beschloss die UN-Generalversammlung eine Verlängerung des UNRWA-Mandats bis 30.6.2026 (UN 14.12.2022). Die United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East (UNRWA) ist entsprechend der Resolution 302 römisch IV (1949) der Generalversammlung der Vereinten Nationen mit einem Mandat zur Förderung der menschlichen Entwicklung palästinensischer Flüchtlinge ausgestattet. Per definitionem sind palästinensische Flüchtlinge Personen, deren gewöhnlicher Aufenthaltsort zwischen 1.6.1946 und 15.5.1948 Palästina war, und die sowohl ihr Zuhause wie auch ihre Mittel zur Lebenshaltung aufgrund des Konflikts von 1948 verloren haben. Dienste von UNRWA stehen all jenen Personen offen, die im Einsatzgebiet der Organisation leben, von der Definition umfasst und bei UNRWA registriert sind, sowie Bedarf an Unterstützung haben. Nachkommen männlicher palästinensischer Flüchtlinge können sich ebenfalls bei UNRWA registrieren. Darüber hinaus bietet UNRWA ihre Dienste auch palästinensischen Flüchtlingen und Vertriebenen des Arabisch-Israelischen Konflikts von 1967 und nachfolgender Feindseligkeiten an (STDOK 8.2017). Im Dezember 2022 beschloss die UN-Generalversammlung eine Verlängerung des UNRWA-Mandats bis 30.6.2026 (UN 14.12.2022).
Laut UNO befanden sich mit Stand Juli 2022 noch ungefähr 438.000 palästinensische Flüchtlinge von vormals 575.234 Personen im Land. Mehr als die Hälfte der von den verbliebenen PalästinenserInnen ist mindestens einmal intern vertrieben worden und 95 % benötigten humanitäre Hilfe (USDOS 20.3.2023).
In Syrien lebende Palästinenser werden in Abhängigkeit vom Zeitpunkt ihrer Ankunft in Syrien in verschiedene Kategorien eingeteilt, von denen jeweils auch ihre rechtliche Stellung abhängt. Zu unterscheiden ist zwischen jenen Palästinensern, die als Flüchtlinge in Syrien anerkannt sind, und jenen, die in Syrien keinen Flüchtlingsstatus genießen. Da Syrien nicht Vertragspartei der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 ist, richtet sich der Flüchtlingsstatus nach syrischem Recht. Die Unterteilung in verschiedene Kategorien hat Auswirkungen auf die Art des Reisedokumentes, im Besitz dessen Palästinenser in Syrien sind (ÖB Damaskus 12.2022):
1) Die größte Gruppe (rund 85 % der Palästinenser vor Ausbruch der Krise) bilden Palästinenser, die bis zum oder im Jahr 1956 nach Syrien gekommen waren sowie deren Nachkommen. Diese Palästinenser fallen unter die Anwendung des Gesetzes Nr. 260 aus 1956, welches Palästinenser, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes einen Wohnsitz in Syrien hatten, im Hinblick auf Arbeit, Handel, Militärdienst und Zugang zum öffentlichen Dienst syrischen Staatsbürgern gleichstellt. Ausgeschlossen ist diese Gruppe jedoch vom Wahlrecht, dem Innehaben öffentlicher Ämter sowie vom Erwerb landwirtschaftlicher Nutzflächen. Sie erhalten auch nicht die syrische Staatsbürgerschaft. Unter diese Kategorie fallende Personen sind bei der GAPAR (General Authority for Palestinian Arab Refugees) registriert (ÖB Damaskus 12.2022).
2) Für jene Palästinenser, die sich nach Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 260 noch im Jahr 1956 in Syrien niedergelassen haben, gelten bestimmte Modifikationen und Einschränkungen (v. a. Anstellung im öffentlichen Dienst nur auf Grundlage zeitlich befristeter Verträge; keine Ableistung von Militärdienst). Berichtet wurde, dass Angehörige dieser Gruppe von der PLO rekrutiert werden und sich sonstigen regimetreuen bewaffneten Gruppierungen anschließen. Sie sind aber ebenfalls bei GAPAR registriert (ÖB Damaskus 12.2022).
Diese unter 1) genannten Gruppen von Palästinensern und ihre Nachkommen sind somit als Flüchtlinge in Syrien anerkannt (ÖB Damaskus 12.2022). Die Identitätskarte für staatenlose PalästinenserInnen in Syrien heißt übersetzt 'Temporäre Aufenthaltskarte für PalästinenserInnen', hat aber kein Ablaufdatum. Voraussetzung für den Erhalt dieser Karte ist die Registrierung bei GAPAR - eine Registrierung bei UNRWA reicht nicht (NMFA 5.2022). Diese Identitätskarte ist nötig, um Zugang zu Basisleistungen wie syrische StaatsbürgerInnen zu erhalten (USDOS 20.3.2023). Zu einem Großteil verfügen Personen, die bei GAPAR registriert sind, auch über eine UNRWA-Registrierung und haben dadurch in der Regel Anspruch auf UNRWA-Leistungen. Da UNRWA eine enger gefasste Definition für Registrierungsberechtigte ('Palästina-Flüchtlinge') zugrunde legt, sowie in bestimmten Zeiträumen keine Neuregistrierungen akzeptierte, kann es sich - trotz späterer Möglichkeiten, sich nachträglich zu registrieren sich nachträglich zu registrieren - ergeben, dass palästinensische Flüchtlinge in Syrien zwar bei GAPAR, nicht aber bei UNRWA registriert sind. GAPAR veröffentlicht daher höhere Zahlen der erfassten palästinensischen Flüchtlinge als UNRWA (BAMF 2.2023).
2) Die nach 1956, insbesondere ab 1967 nach Syrien gekommenen Palästinenser und deren Nachkommen umfassen ihrerseits eine Reihe weiterer Untergruppen. Unter anderem fallen darunter Personen, die nach 1970 aus Jordanien, nach 1982 aus dem Libanon und während der letzten beiden Dekaden aus dem Irak gekommen waren. Ihnen ist gemeinsam, dass sie nicht bei GAPAR registriert und nicht von Syrien als palästinensische Flüchtlinge anerkannt sind. In Syrien gelten sie als „Arabs in Syria“ und werden wie Staatsbürger arabischer Staaten (unterschieden wird in Syrien in vielen Bereichen zwischen syrischen Staatsbürgern, Staatsbürgern arabischer Staaten und sonstigen ausländischen Staatsbürgern) behandelt. Sie können ihren Aufenthalt in Syrien alle zehn Jahre beim Innenministerium erneuern lassen und müssen Arbeitsgenehmigungen erhalten (ÖB Damaskus 12.2022). Diese PalästinenserInnen ohne GAPAR-Identitätskarte müssen mit ihrer UNRWA-Registrierung oder anderen Dokumenten das Auslangen finden. PalästinenserInnen ohne gültige Identitätsdokumente können mit einer Reihe von Problemen konfrontiert sein, z. B. bzgl. Bewegungsfreiheit und Zugang zur Gesundheitsversorgung (NMFA 5.2022). Doch auch zwischen einzelnen Profilen in dieser Personengruppe ohne GAPAR-Registrierung finden sich Unterschiede, je nach Zeitpunkt ihrer Migration nach Syrien. Einige, aber nicht alle verfügen über eine Registrierung bei UNRWA. Einige fallen hingegen unter das Mandat des UNHCR, darunter bspw. einige palästinensische Geflüchtete, welche zunächst in den Irak, nach Ägypten, Libyen oder in andere Staaten flohen, die nicht zum UNRWA-Mandatsgebiet zählen (BAMF 2.2023) (Anm.: für nähere Informationen zu weiteren, komplexen Aspekten der verschiedenen Profile in dieser Kategorie siehe BAMF 2.2023).2) Die nach 1956, insbesondere ab 1967 nach Syrien gekommenen Palästinenser und deren Nachkommen umfassen ihrerseits eine Reihe weiterer Untergruppen. Unter anderem fallen darunter Personen, die nach 1970 aus Jordanien, nach 1982 aus dem Libanon und während der letzten beiden Dekaden aus dem Irak gekommen waren. Ihnen ist gemeinsam, dass sie nicht bei GAPAR registriert und nicht von Syrien als palästinensische Flüchtlinge anerkannt sind. In Syrien gelten sie als „Arabs in Syria“ und werden wie Staatsbürger arabischer Staaten (unterschieden wird in Syrien in vielen Bereichen zwischen syrischen Staatsbürgern, Staatsbürgern arabischer Staaten und sonstigen ausländischen Staatsbürgern) behandelt. Sie können ihren Aufenthalt in Syrien alle zehn Jahre beim Innenministerium erneuern lassen und müssen Arbeitsgenehmigungen erhalten (ÖB Damaskus 12.2022). Diese PalästinenserInnen ohne GAPAR-Identitätskarte müssen mit ihrer UNRWA-Registrierung oder anderen Dokumenten das Auslangen finden. PalästinenserInnen ohne gültige Identitätsdokumente können mit einer Reihe von Problemen konfrontiert sein, z. B. bzgl. Bewegungsfreiheit und Zugang zur Gesundheitsversorgung (NMFA 5.2022). Doch auch zwischen einzelnen Profilen in dieser Personengruppe ohne GAPAR-Registrierung finden sich Unterschiede, je nach Zeitpunkt ihrer Migration nach Syrien. Einige, aber nicht alle verfügen über eine Registrierung bei UNRWA. Einige fallen hingegen unter das Mandat des UNHCR, darunter bspw. einige palästinensische Geflüchtete, welche zunächst in den Irak, nach Ägypten, Libyen oder in andere Staaten flohen, die nicht zum UNRWA-Mandatsgebiet zählen (BAMF 2.2023) Anmerkung, für nähere Informationen zu weiteren, komplexen Aspekten der verschiedenen Profile in dieser Kategorie siehe BAMF 2.2023).
Einige Kategorien von PalästinenserInnen erfüllen zwar nicht die Kriterien für eine Registrierung als palästinensische Flüchtlinge bei UNRWA, können sich aber für UNRWA-Leistungen registrieren lassen (UNRWA 5.2022). Syrien kooperiert in gewissem Maß mit UNRWA (USDOS 20.3.2023).
Weiterhin kommt es zu Einschränkungen der Bewegungsfreiheit für palästinensische Flüchtling, die in Flüchtlingslagern leben (USDOS 20.3.2023). Obwohl die syrische Verfassung die Bewegungsfreiheit für syrische Bürger und GAPAR-registrierte PalästinenserInnen garantiert, hat die Regierung seit Beginn des Konflikts Gebiete, darunter auch die Palästinenserlager in der Umgebung von Damaskus, durch die Einrichtung bemannter und unbemannter Kontrollpunkte voneinander getrennt. Die syrische Regierung hat außerdem Militärpersonal und physische Begrenzungen eingesetzt, um die Abgrenzung der Gebiete zu verstärken. Die Zahl der Kontrollpunkte in Damaskus wurde seit 2018 reduziert; es gibt jedoch immer noch Kontrollpunkte in Damaskus und an den Hauptstraßen, die verschiedene Gebiete miteinander verbinden, auch in der Nähe der Lager, sowie an den Hauptstraßen nach Damaskus. Palästinenser müssen viele Kontrollpunkte passieren, wenn sie sich in Gebieten zwischen den dortigen Lagern bewegen. Einige Palästinenser, die nicht bei der GAPAR registriert sind, müssen mit weiteren Bewegungseinschränkungen rechnen, weil die Dokumente in ihrem Besitz nicht an allen Kontrollpunkten akzeptiert werden. Nach Einschätzung einer internationalen Organisation laufen sie Gefahr, inhaftiert zu werden, weil ihr Aufenthalt in Syrien als illegal angesehen werden könnte (DIS 10.2021).
Berichten zufolge müssen PalästinenserInnen z. B. in Damaskus eine Genehmigung der Geheimdienste (Mukhabarat) und der Sicherheitskräfte erhalten, um ihren Wohnsitz verlegen zu können. Diese Registrierungsvorschrift führt dazu, dass manche Personen nicht an palästinensische Flüchtlinge vermieten wollen (STDOK 8.2017).
Bei GAPAR registrierte palästinensische Flüchtlinge unterliegen der Wehrpflicht, Ihren Wehrdienst leisten sie für gewöhnlich in einer Unterabteilung der syrischen Armee, die den Namen Palästinensische Befreiungsarmee (Palestinian Liberation Army, PLA) trägt. Es liegen keine Informationen darüber vor, die besagen, dass wehrdienstpflichtige Palästinenser von Regelungen zum Reservedienst ausgenommen wären (BAMF 2.2023).
Frauen können die syrische Staatsbürgerschaft nicht an ihre Kinder weitergeben. Politiker argumentieren hierbei auch, dass Kinder einer syrischen Mutter und eines palästinensischen Vaters keine Syrer werden, sondern Palästinenser bleiben sollen, um das Recht auf Rückkehr in einen palästinensischen Staat zu behalten (STDOK 8.2017).
Die Sicherheitslage in den palästinensischen Flüchtlingslagern und Wohngebieten
Laut UN-Schätzung aus dem Jahr 2019 wurden seit 2011 mindestens 120.000 PalästinenserInnen aus Syrien vertrieben (USDOS 20.3.2023). Vor Ausbruch des Bürgerkrieges lebten geschätzte 560.000 palästinensische Flüchtlinge in Syrien und davon mehr als 80 % in und um Damaskus (USAID 8.2.2019). Schon vor dem Ausbruch des Konflikts im Jahr 2011 waren diese Personen eine vulnerable Bevölkerungsgruppe (STDOK 8.2017).
Zu Beginn des Konfliktes versuchten die BewohnerInnen der meisten palästinensischen Flüchtlingslager neutral zu bleiben (NOREF 24.1.2017). Mittlerweile sind die PalästinenserInnen zwischen den Konfliktparteien gespalten. Die PalästinenserInnen sind hauptsächlich SunnitInnen und werden vonseiten des Regimes und dessen Verbündeten auch wie solche behandelt - also mit Misstrauen, wobei es Ausnahmen hierzu gibt. Was die Vulnerabilität betrifft, scheint jedoch die Herkunft einer Person aus einem bestimmten Gebiet wichtiger zu sein, als ihre Konfession, und ob sie der palästinensischen Minderheit angehört oder nicht. Dabei determiniert