Entscheidungsdatum
07.06.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W278 2285263-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HABITZL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit SYRIEN, gesetzlich vertreten durch die BH XXXX , Kinder- und Jugendhilfe, diese vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.12.2023, Zahl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.04.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HABITZL als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , Staatsangehörigkeit SYRIEN, gesetzlich vertreten durch die BH römisch XXXX , Kinder- und Jugendhilfe, diese vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.12.2023, Zahl römisch XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.04.2024, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der minderjährige Beschwerdeführer (in der Folge: BF), ein syrischer Staatsangehöriger reiste im Jahr 2022 unter Umgehung der Einreisebestimmungen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 20.09.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 10.10.2022 erfolgte die Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der BF gab im Wesentlichen an, dass seine Eltern und Geschwister (ein Bruder, eine Schwester) in der Türkei aufhältig seien. Er habe Syrien bereits 3 Jahre zuvor mit seiner Familie verlassen und lebte danach in der Türkei, bis seine Eltern vor 4 Monaten den Entschluss gefasst haben, dass der BF die Türkei wegen des Rassismus verlassen solle. Zu seinem Fluchtgrund führte er aus, dass sein Vater sowohl von der kurdischen Armee als auch von der syrischen Regulärarmee gesucht werde. Sie wollen seinen Vater rekrutieren, um auf ihrer Seite zu kämpfen, aber sein Vater habe verweigert. Die kurdische Armee habe auch Kinder gezwungen, um auf ihrer Seite zu kämpfen. In XXXX werden auch Kinder entführt und man handle mit ihren Organen. Deswegen habe sein Vater Syrien damals verlassen und sei mit der Familie in die Türkei geflüchtet. Im Falle einer Rückkehr habe der BF keine Familie und Angst vor dem Krieg, dem Tod und vor Entführungen.Am 10.10.2022 erfolgte die Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der BF gab im Wesentlichen an, dass seine Eltern und Geschwister (ein Bruder, eine Schwester) in der Türkei aufhältig seien. Er habe Syrien bereits 3 Jahre zuvor mit seiner Familie verlassen und lebte danach in der Türkei, bis seine Eltern vor 4 Monaten den Entschluss gefasst haben, dass der BF die Türkei wegen des Rassismus verlassen solle. Zu seinem Fluchtgrund führte er aus, dass sein Vater sowohl von der kurdischen Armee als auch von der syrischen Regulärarmee gesucht werde. Sie wollen seinen Vater rekrutieren, um auf ihrer Seite zu kämpfen, aber sein Vater habe verweigert. Die kurdische Armee habe auch Kinder gezwungen, um auf ihrer Seite zu kämpfen. In römisch XXXX werden auch Kinder entführt und man handle mit ihren Organen. Deswegen habe sein Vater Syrien damals verlassen und sei mit der Familie in die Türkei geflüchtet. Im Falle einer Rückkehr habe der BF keine Familie und Angst vor dem Krieg, dem Tod und vor Entführungen.
Mit Verfügung der BH XXXX wurde die volle Erziehung in Form der Unterbringung in der sozialpädagogischen Wohngemeinschaft XXXX ab 19.12.2022 gewährt.Mit Verfügung der BH römisch XXXX wurde die volle Erziehung in Form der Unterbringung in der sozialpädagogischen Wohngemeinschaft römisch XXXX ab 19.12.2022 gewährt.
Mit Wirksamkeit vom 01.01.2023 wurde vom Inhaber der Obsorge des minderjährigen BF im Bereich „Vertretung im asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren“ die gesetzliche Vertretung (Vollmacht) auf die Diakonie Flüchtlingsdienst übertragen.
2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge Bundesamt oder belangte Behörde) führte am 03.10.2023 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch und einer bevollmächtigten Vertreterin sowie Betreuerin eine niederschriftliche Befragung des minderjährigen BF durch. Der BF gab zusammengefasst an, dass er in Syrien geboren und in XXXX sowie anschließend in der Stadt XXXX mit seiner Mutter, Schwester und Onkel gelebt habe. Sein Vater sei bereits in der Türkei gewesen und habe die Familie finanziell unterstützt und später nachgeholt. Zu seinem Leben in Syrien gab er an, dass er sich an Luftangriffe erinnern kann und die Lage sei dort sehr gefährlich gewesen. Sie haben Angst gehabt und das syrische Regime habe seinen Vater gesucht. Er habe mit seiner Schwester auf der Straße gespielt und man habe dreimal versucht, den BF, seine Schwester und andere Kinder zu entführen. Die Nachbarn haben geholfen, die Entführer seien vermummt gewesen und im Zuge des Krieges habe er seinen Onkel verloren. Sein Vater habe seinen Militärdienst abgeleistet, aber der BF glaube, dass das Regime Leute für die Kämpfe suche und seinen Vater deshalb suche. Das Regime habe vielleicht den BF deshalb zu entführen versucht, um ihn als Druckmittel gegen seinen Vater zu verwenden. Dass der BF aus der Türkei ausreise, habe seine Familie entschlossen, weil die Syrer dort bedroht werden und unbeliebt seien. Die ganze Familie habe die Türkei verlassen wollen, aber aus wirtschaftlichen Gründen sei das nicht gegangen. Er erhoffe sich im Bundesgebiet eine bessere Zukunft und wolle, dass seine Familie auch nach Österreich kommt. Er sei von der Türkei bis nach Österreich mit seinem Onkel unterwegs gewesen.2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge Bundesamt oder belangte Behörde) führte am 03.10.2023 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch und einer bevollmächtigten Vertreterin sowie Betreuerin eine niederschriftliche Befragung des minderjährigen BF durch. Der BF gab zusammengefasst an, dass er in Syrien geboren und in römisch XXXX sowie anschließend in der Stadt römisch XXXX mit seiner Mutter, Schwester und Onkel gelebt habe. Sein Vater sei bereits in der Türkei gewesen und habe die Familie finanziell unterstützt und später nachgeholt. Zu seinem Leben in Syrien gab er an, dass er sich an Luftangriffe erinnern kann und die Lage sei dort sehr gefährlich gewesen. Sie haben Angst gehabt und das syrische Regime habe seinen Vater gesucht. Er habe mit seiner Schwester auf der Straße gespielt und man habe dreimal versucht, den BF, seine Schwester und andere Kinder zu entführen. Die Nachbarn haben geholfen, die Entführer seien vermummt gewesen und im Zuge des Krieges habe er seinen Onkel verloren. Sein Vater habe seinen Militärdienst abgeleistet, aber der BF glaube, dass das Regime Leute für die Kämpfe suche und seinen Vater deshalb suche. Das Regime habe vielleicht den BF deshalb zu entführen versucht, um ihn als Druckmittel gegen seinen Vater zu verwenden. Dass der BF aus der Türkei ausreise, habe seine Familie entschlossen, weil die Syrer dort bedroht werden und unbeliebt seien. Die ganze Familie habe die Türkei verlassen wollen, aber aus wirtschaftlichen Gründen sei das nicht gegangen. Er erhoffe sich im Bundesgebiet eine bessere Zukunft und wolle, dass seine Familie auch nach Österreich kommt. Er sei von der Türkei bis nach Österreich mit seinem Onkel unterwegs gewesen.
Der BF legte im Rahmen der Einvernahme einen Familienregisterauszug vor.
3. Das Bundesamt wies mit Bescheid vom 12.12.2023 (zugestellt am 19.12.2023) den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) ab. Es erkannte dem minderjährigen BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte dem BF eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr (Spruchpunkt III).3. Das Bundesamt wies mit Bescheid vom 12.12.2023 (zugestellt am 19.12.2023) den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 (Spruchpunkt römisch eins.) ab. Es erkannte dem minderjährigen BF gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte dem BF eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr (Spruchpunkt römisch III).
Begründet wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF Syrien im Jahr 2017/18 aufgrund des Krieges und der schlechten Sicherheitslage verlassen habe, aber die dahingehenden Ausführungen von Kindesentführung betroffen gewesen zu sein, seien nicht glaubhaft gewesen. Dem BF drohe derzeit auch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die konkrete Einziehung in den Militärdienst der Regierung oder einer Zwangs- oder Kinderrekrutierung anderer Gruppierungen. Dem BF drohe aktuell keine Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung durch die syrische Regierung oder andere Gruppierungen. Bezüglich dem Vorbringen Angst vor einer Entführung zu haben, merkte das Bundesamt an, dass es während der Kriegslage zu Entführungen oder ähnlichen Verbrechen kommen könne, aber jedoch könne sich daraus keine asylrelevante Verfolgung des BF davon abgeleitet werden und rechtfertige dies die Gewährung von subsidiären Schutz, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass dem BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens drohen könne. Die behaupteten Entführungsversuche erachtete das Bundesamt als nicht glaubhaft. Es gebe zwar in Syrien eine Wehrpflicht, jedoch beginne diese ab einem Alter von 18 Jahren und der BF sei derzeit 13 Jahre alt und von einer Rekrutierung durch das syrische Regime nicht betroffen. Da sich der BF nicht im wehrpflichtigen Alter befinde, sei eine unmittelbare Rekrutierung somit nicht zu befürchten. Schließlich finden sich keine Berichte über die Zwangsrekrutierung von Minderjährigen durch das Regime, daher bestehe auch hier lediglich eine bloße Möglichkeit aber keine hinreichende Wahrscheinlichkeit bzw. kein reales Risiko.
4. Mit Schriftsatz vom 16.01.2024 (eingebracht am 16.01.2024) erhob der minderjährige BF binnen offener Frist durch seine gesetzliche Vertretung das Rechtsmittel der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des vorliegenden Bescheides vom 12.12.2023. Diese wird zusammengefasst damit begründet, dass das Bundesamt sich mangelhaft mit der Identität des BF auseinandergesetzt habe und die Minderjährigkeit des BF nur mangelhaft im Verfahren berücksichtigt habe, obwohl aufgrund der Unmündigkeit des BF die belangte Behörde dazu angehalten sei, bei der Prüfung des Antrages des BF das Kindeswohl als oberste Priorität zu beachten. Bei der Beweiswürdigung sei das Alter des BF oder sein Entwicklungsgrad nicht hinreichend berücksichtigt worden und keine besonders sorgfältige Beweiswürdigung vorgenommen worden. Die belangte Behörde habe der Furcht der drohenden Entführung, welche auf vom BF durchlebten Erlebnisse basiere, eine Asylrelevanz schon im Vorhinein abgesprochen, ohne diese Behauptung genauer auszuführen. Des Weiteren habe das Bundesamt an der Glaubwürdigkeit der bereits erlebten Entführungsversuche gezweifelt, weil nach ihren Berechnungen die Zeitangaben nicht übereingestimmt haben, ohne die Tatsache, dass es sich bei dem BF um einen Minderjährigen handle, zu würdigen. Die belangte Behörde sei willkürlich zu dem Schluss gekommen, dass das Vorbringen des BF nicht unter die Risikoprofile der UNCHR Erwägungen zu subsumieren sei, obwohl der BF über Entführungsversuche aufgrund seiner Familienangehörigkeit zu einem Reservedienstverweigerer berichtet habe. Die Beweiswürdigung habe sich insgesamt als unzureichend und widersprüchlich dargestellt. Den Länderinformationen sei vielmehr zu entnehmen, dass in Syrien weiterhin Zwangsrekrutierungen von Minderjährigen stattfinden und dem BF auch eine Zwangsrekrutierung zum syrischen Militärdienst drohe.4. Mit Schriftsatz vom 16.01.2024 (eingebracht am 16.01.2024) erhob der minderjährige BF binnen offener Frist durch seine gesetzliche Vertretung das Rechtsmittel der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des vorliegenden Bescheides vom 12.12.2023. Diese wird zusammengefasst damit begründet, dass das Bundesamt sich mangelhaft mit der Identität des BF auseinandergesetzt habe und die Minderjährigkeit des BF nur mangelhaft im Verfahren berücksichtigt habe, obwohl aufgrund der Unmündigkeit des BF die belangte Behörde dazu angehalten sei, bei der Prüfung des Antrages des BF das Kindeswohl als oberste Priorität zu beachten. Bei der Beweiswürdigung sei das Alter des BF oder sein Entwicklungsgrad nicht hinreichend berücksichtigt worden und keine besonders sorgfältige Beweiswürdigung vorgenommen worden. Die belangte Behörde habe der Furcht der drohenden Entführung, welche auf vom BF durchlebten Erlebnisse basiere, eine Asylrelevanz schon im Vorhinein abgesprochen, ohne diese Behauptung genauer auszuführen. Des Weiteren habe das Bundesamt an der Glaubwürdigkeit der bereits erlebten Entführungsversuche gezweifelt, weil nach ihren Berechnungen die Zeitangaben nicht übereingestimmt haben, ohne die Tatsache, dass es sich bei dem BF um einen Minderjährigen handle, zu würdigen. Die belangte Behörde sei willkürlich zu dem Schluss gekommen, dass das Vorbringen des BF nicht unter die Risikoprofile der UNCHR Erwägungen zu subsumieren sei, obwohl der BF über Entführungsversuche aufgrund seiner Familienangehörigkeit zu einem Reservedienstverweigerer berichtet habe. Die Beweiswürdigung habe sich insgesamt als unzureichend und widersprüchlich dargestellt. Den Länderinformationen sei vielmehr zu entnehmen, dass in Syrien weiterhin Zwangsrekrutierungen von Minderjährigen stattfinden und dem BF auch eine Zwangsrekrutierung zum syrischen Militärdienst drohe.
5. Das Bundesamt legte die Beschwerde und den Akt des Verwaltungsverfahrens am 26.01.2024 dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge: BVwG) zur Entscheidung vor.
6. Am 29.04.2024 fand vor dem BVwG in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch und der gesetzlichen Vertretung des minderjährigen BF eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in welcher der BF ausführlich und unter Berücksichtigung seines Alters zu seinen persönlichen Lebensumständen und seinen Fluchtgründen befragt wurde. Die belangte Behörde nahm entschuldigt nicht an der mündlichen Verhandlung teil (OZ 4). Ergänzend brachte der erkennende Richter die aktuellen Länderinformationen zu Syrien in das Verfahren ein und gewährte eine Frist zur Stellungnahme von 14 Tagen zu den Länderberichten und zur Vorlage der angeforderten Dokumente der Familie aus der Türkei und aus Syrien zumindest in Kopie.
Diese Stellungnahme langte am 13.05.2024 beim BVwG ein. Die vom Gericht angeforderten Dokumente wurden unvollständig und kaum leserlich vorgelegt. Den Unterlagen ist zudem zu entnehmen, dass eine weibliche Person, wohl die Mutter des BF über einen syrischen Reisepass verfügt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person und zum Verfahrensgang des BF:
Der minderjährige BF führt den im Spruch genannten Namen und das Geburtsdatum. Er ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der arabischen Volksgruppe an und bekennt sich zum islamischen Glauben. Seine Erstsprache ist Arabisch und außerdem spricht er etwas Türkisch und Deutsch. Er ist ledig und kinderlos.
Der BF stammt aus XXXX , wo er im Familienverband mit den Eltern sowie seiner Schwester (geboren im November 2015) bis zum Alter von 5-6 Jahren aufwuchs und danach in Folge des Bürgerkrieges 2015/16 mit seinen Eltern nach XXXX verzog, wo er zumindest bis zur zweiten Klasse die Schule besuchte und bis zur Ausreise in die Türkei 2017/18 lebte, wobei sein Vater schon früher in die Türkei verzog. In der Türkei kam 2019 sein Bruder zur Welt. Der BF besuchte in der Türkei für ca. drei Jahre die Schule und lebte mit seinen Eltern und Geschwistern in XXXX und sein Vater finanzierte den Lebensunterhalt durch Gelegenheitsjobs u.a. als Arbeiter beim Entladen von Lkws.Der BF stammt aus römisch XXXX , wo er im Familienverband mit den Eltern sowie seiner Schwester (geboren im November 2015) bis zum Alter von 5-6 Jahren aufwuchs und danach in Folge des Bürgerkrieges 2015/16 mit seinen Eltern nach römisch XXXX verzog, wo er zumindest bis zur zweiten Klasse die Schule besuchte und bis zur Ausreise in die Türkei 2017/18 lebte, wobei sein Vater schon früher in die Türkei verzog. In der Türkei kam 2019 sein Bruder zur Welt. Der BF besuchte in der Türkei für ca. drei Jahre die Schule und lebte mit seinen Eltern und Geschwistern in römisch XXXX und sein Vater finanzierte den Lebensunterhalt durch Gelegenheitsjobs u.a. als Arbeiter beim Entladen von Lkws.
Die Herkunftsregion XXXX des BF steht unter Kontrolle kurdischer Einheiten. Sein letzter Aufenthaltsort vor der Ausreise XXXX steht unter Kontrolle des syrischen Regimes.Die Herkunftsregion römisch XXXX des BF steht unter Kontrolle kurdischer Einheiten. Sein letzter Aufenthaltsort vor der Ausreise römisch XXXX steht unter Kontrolle des syrischen Regimes.
Die Eltern und Geschwister des BF leben nach wie vor in der Türkei. In der Heimatstadt XXXX des BF leben noch seine Tanten und Onkeln vs. sowie seine Oma. Seine Familienangehörigen in Syrien arbeiten und es geht ihnen gut. Der BF steht mit seinen Angehörigen in der Türkei und in Syrien in regelmäßigem telefonischen Kontakt. Zumindest ein Onkel des BF als auch Cousins leben in Österreich, als auch Cousins in Holland und Deutschland.Die Eltern und Geschwister des BF leben nach wie vor in der Türkei. In der Heimatstadt römisch XXXX des BF leben noch seine Tanten und Onkeln vs. sowie seine Oma. Seine Familienangehörigen in Syrien arbeiten und es geht ihnen gut. Der BF steht mit seinen Angehörigen in der Türkei und in Syrien in regelmäßigem telefonischen Kontakt. Zumindest ein Onkel des BF als auch Cousins leben in Österreich, als auch Cousins in Holland und Deutschland.
Etwa im Juni/Juli 2022 verließ der minderjährige BF auf Wunsch seiner Familie die Türkei und reiste mit einem Onkel und schlepperunterstützt über mehrere Länder unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich, wo er am 20.09.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Mit gegenständlichen Bescheid vom 12.12.2023 (zugestellt am 19.12.20223) wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.), hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten stattgegeben (Spruchpunkt II.) und dem BF eine Aufenthaltsberechtigung für die Dauer von einem Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). Der BF erhob fristgerecht am 16.01.2024 Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des gegenständlichen Bescheides. Der Status des BF des subsidiär Schutzberechtigten erwuchs in Rechtskraft.Mit gegenständlichen Bescheid vom 12.12.2023 (zugestellt am 19.12.20223) wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.), hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten stattgegeben (Spruchpunkt römisch II.) und dem BF eine Aufenthaltsberechtigung für die Dauer von einem Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.). Der BF erhob fristgerecht am 16.01.2024 Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des gegenständlichen Bescheides. Der Status des BF des subsidiär Schutzberechtigten erwuchs in Rechtskraft.
Der BF ist gesund und leidet an keiner schweren (lebensbedrohenden) psychischen oder physischen Erkrankung.
Er ist mit 13 Jahren noch strafunmündig.
1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:
Der BF befindet sich mit seinen 13 Jahren weder im wehrdienstpflichtigen Alter hinsichtlich des gesetzlich vorgesehenen Militärdienstes beim syrischen Regime im Gebiet noch hinsichtlich der verpflichtenden Selbstverteidigungspflicht im Autonomiegebiet der Kurden.
Der BF und seine Schwester waren in der Vergangenheit keinem Rekrutierungs- oder Entführungsversuch durch die kurdische SDF/YPG oder das syrische Regime ausgesetzt gewesen. Der dreizehnjährige BF ist auch gegenwärtig nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von Zwangsrekrutierung durch die kurdischen Streitkräfte, die syrische Armee oder sonstige Entitäten bedroht.
Der BF hat kein Verhalten gesetzt, aufgrund dessen ihm seitens der kurdischen Autonomiebehörden eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werden würde. Die Autonomiebehörden sehen eine Verweigerung des Militärdienstes in der „Demokratischen Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien“ nicht als Ausdruck einer bestimmten politischen Gesinnung an. Der BF hat auch keine als oppositionell anzusehenden Handlungen gesetzt, die ihn mit ins Blickfeld des syrischen Regimes gebracht haben.
Im Falle einer Rückkehr droht dem BF auch keine Verfolgung aufgrund seiner Eigenschaft als Familienangehöriger. Sein Vater hat seinen Militärdienst beim syrischen Regime abgeleistet. Sein Vater wurde vor seiner Ausreise in die Türkei nicht vom syrischen Regime zum Reservedienst einberufen. Weder der BF noch seine Angehörigen waren in Syrien einer persönlichen Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt. Sie waren nicht politisch tätig, nicht Mitglieder einer oppositionellen Gruppierung und sind auch sonst nicht in das Blickfeld der syrischen Regierung oder der örtlichen Kräfte geraten. Sie haben in Syrien keine Straftaten begangen und wurden nicht verhaftet. Sie haben Syrien aufgrund der Bürgerkriegssituation und der instabilen Sicherheitslage verlassen.
Davon abgesehen hat das syrische Regime im ursprünglichen Herkunftsgebiet XXXX des BF keine Einflussmöglichkeit und ist in diesem Gebiet nicht in der Lage, die Wehrpflicht durchzusetzen oder Oppositionelle zu verhaften, somit auch nicht Familienangehörige von Reservisten, wobei eine Verfolgung des BF aus diesem Grund durch das syrische Regime nicht glaubhaft ist. Dem BF ist die fiktive Einreise in dieses Gebiet ohne Kontakt zum syrischen Regime über den Irak (Grenzübergang Semalka/Fishkhabur) grundsätzlich möglich. Er hätte bei einer Rückkehr in seine Heimatregion keine Gebiete zu durchqueren, die vom syrischen Regime kontrolliert werden.Davon abgesehen hat das syrische Regime im ursprünglichen Herkunftsgebiet römisch XXXX des BF keine Einflussmöglichkeit und ist in diesem Gebiet nicht in der Lage, die Wehrpflicht durchzusetzen oder Oppositionelle zu verhaften, somit auch nicht Familienangehörige von Reservisten, wobei eine Verfolgung des BF aus diesem Grund durch das syrische Regime nicht glaubhaft ist. Dem BF ist die fiktive Einreise in dieses Gebiet ohne Kontakt zum syrischen Regime über den Irak (Grenzübergang Semalka/Fishkhabur) grundsätzlich möglich. Er hätte bei einer Rückkehr in seine Heimatregion keine Gebiete zu durchqueren, die vom syrischen Regime kontrolliert werden.
Ebenso wenig droht dem BF allein aufgrund seiner Ausreise oder der Asylantragstellung die Gefahr der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt.
Es wird festgestellt, dass der BF im Fall einer fiktiven Rückkehr nach Syrien aus Gründen seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Rasse, Religion, Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter keiner konkreten Gefährdung oder Bedrohung ausgesetzt ist.
1.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:
Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationen
- die aktuellen Länderinformationen der Staatendokumentation zu Syrien aus dem COI-CMS (Country of Origin Information-Content Management System), Version 11 vom 27.03.2024;
- der EUAA –Leitfaden April 2024;
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation SYRIEN Zugriff des syrischen Regimes auf Deserteure in der AANES April 2024
- Anfragebeantwortung zu Syrien: Gefälschte Dokumente bzw. echte Dokumente mit wahrheitswidrigem Inhalt (insb. Militär- u. Personalausweise, Strafregister-, Personenstands- und Familienbuchauszüge); Häufigkeit, Erlangung, Vorgehensweise, Preis, Bezahlung, Aushändigung durch Schlepper) [a-12196] 3. August 2023
- Anfragebeantwortung zu Syrien: Möglichkeit der syrischen Behörden, in den kurdisch kontrollierten Gebieten, in denen die Regierung Präsenz hat (Manbij, Ain Al-Arab, Tal Rifaat, Landstreifen entlang der türkischen Grenze) Personen für den Reservedienst einzuziehen; Personenkontrollen in diesen Gebieten, die einen Aufgriff von Regierungskritiker·innen ermöglichen [a-12197] 24.08.2023
- Anfragebeantwortung zu Syrien: Konsequenzen bei Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungskräften; Konsequenzen für Angehörige; Wahrnehmung von Personen, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern; Situation von Arabern; Einsatz von Rekruten im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht an der Front [a-12188] 6. September 2023
- Turkey_Syria_Border_Crossing_Status_Update_20230418 _EN (1).pdf OCHA 18.04.2023
- Syrien Grenzübergänge COI CMS Version 1, 25.10.2023 auszugsweise wiedergegeben:
1.3.1. Zur Gebietskontrolle und Sicherheitslage
Auszug aus den Länderinformationen der Staatendokumentation zu Syrien aus dem COI-CMS, Version 11 vom 27.03.2024:
Politische Lage
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).
Syrische Arabische Republik
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).
Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba'ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba'ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).
Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren 'zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel'. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).
Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 2.2.2024).
Institutionen und Wahlen
Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Art. 113 der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Artikel 113, der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).
Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Art. 85 vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein "ehrenrühriges" Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vgl. Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Artikel 85, vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein "ehrenrühriges" Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Ba