TE Vwgh Erkenntnis 1995/6/27 92/11/0041

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Veröffentlicht am 27.06.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/08 Sonstiges allgemeines Dienstrecht und Besoldungsrecht;
86/02 Tierärzte;

Norm

AVG §58 Abs2;
DP §127;
EGVG Art2 Abs6 litc;
EGVG Art2 Abs6 Z3;
TierärzteG 1975 §53 Abs1;
TierärzteG 1975 §58;
VStG §44a Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des Dr. P in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission bei der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs vom 10. April 1991, Zl. Ds 6/89, betreffend ein Disziplinarvergehen nach § 53 Abs. 1 Tierärztegesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeskammer der Tierärzte hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Spruch des angefochtenen Bescheides lautet wie folgt:

"Dr. P ist schuldig, er hat in den Monaten Jänner und Feber 1985 zur Durchführung einer vom Oberösterreichischen Landesjagdverband eingeleiteten Aktion zur Rehwildentwurmung bei der Firma J mindestens 2000 Stück Dosen des Entwurmungsmittels "Mebenvet" bestellt und aus seiner tierärztlichen Hausapotheke an Letztverbraucher abgegeben, ohne daß dieses Arzneimittel zur Behandlung von Tieren der eigenen Praxis verwendet wurde; er hat dabei die jeweils benötigten Mengen des genannten Arzneimittels direkt an die einzelnen Verteilungsstellen des Oberösterreichischen Landesjagdverbandes ausliefern lassen, den Jagdleitern darüber Rechnung gelegt und die Zahlung an den Oberösterreichischen Landesjagdverband vornehmen lassen; er hat dabei einen Preis verrechnet, der unter dem Apothekenverkaufspreis abzüglich des zulässigen 10%-igen Rabattes lag:

Er hat durch diese Vorgangsweise gegen § 34 Abs. 1 Apothekengesetz, gegen § 18 Abs. 1 der Apothekenbetriebsordnung sowie gegen die Bestimmungen der Arzneimitteltaxe verstoßen und damit seine Berufspflichten zur gewissenhaften Berufsausübung (§ 20 Abs. 1 und § 21 Abs. 1 TG), zur Einhaltung geltender Rechtsvorschriften (§ 21 Abs. 2 TG) und zur Vermeidung von Verhaltensweisen, die das Ansehen des Standes herabzusetzen geeignet sind (§ 20 Abs. 2 TG), verletzt, sich sohin eines des tierärztlichen Berufsstandes unwürdigen Verhaltens schuldig gemacht und damit ein Disziplinarvergehen nach § 53 Abs. 1 TG begangen.

Gemäß § 59 Abs. 1 Z. 2 TG wird er hiefür zu einer GELDSTRAFE IN HÖHE VON S 50.000,--

(SCHILLING FÜNFZIGTAUSEND)

verurteilt.

Gemäß § 59 Abs. 2 Satz 2 TG wird auf Veröffentlichung dieses Erkenntnisses in der Österreichischen Tierärztezeitung erkannt.

Gemäß § 60 TG hat der Verurteilte die mit S 28.326,77 bestimmten Kosten des Disziplinarverfahrens zu tragen."

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei Tierarzt in S und seit 1964 Funktionär des Oberösterreichischen Landesjagdverbandes. Er habe in Zusammenarbeit mit diesem und der Firma J im Winter 1984/85 in ganz Österreich als Großversuch eine Rehwildentwurmung mit dem Präparat "Mebenvet" organisiert. Er beschäftige sich seit langem praktisch und wissenschaftlich mit Fragen der Wildtierhaltung. Als Wildseuchenreferent des Oberösterreichischen Landesjagdverbandes habe er den Vorschlag gemacht, eine Rehwildentwurmung als Großversuch durchzuführen; dies sei bei der Landesjagdausschußsitzung im März 1984 beschlossen worden.

Der Beschwerdeführer habe die Verbindung mit der Firma J. hergestellt. Zur Durchführung dieser Aktion habe diese Firma auf Bestellung des Beschwerdeführers 2.912 Dosen des genannten Arzneimittels zu je 600 g geliefert, wobei die Auslieferung etwa am 22. November 1984 direkt an etwa 16 Abgabestellen bei den Bezirksjägermeistern erfolgt sei. Der Beschwerdeführer habe beabsichtigt gehabt, allein die Abgabestellen zu überwachen. Auch eine nur teilweise Überwachung habe sich wegen eines Unwetters und wegen eines unvorhergesehenen Einsatzes des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit Impfungen beim Bundesheer als unmöglich erwiesen. Eine Überwachung aller Abgabestellen wäre keinesfalls möglich gewesen. Da sich die Firma J. aus wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Gründen an dem Großversuch beteiligt habe, habe sie nur 2.080 Stück in Rechnung gestellt. 64 Stück seien als Naturalrabatt und 768 Stück als klinische Prüfmuster ausgeliefert worden. Erst nach Durchführung der Auslieferung habe der Beschwerdeführer Erkundigungen eingezogen, welche Art der Rechnungslegung auf Grund der gegebenen rechtlichen Situation zulässig sei. Über seinen Wunsch habe die Firma J. zunächst die Rechnung vom

12. und 21. Dezember 1984 auf die von der Ehefrau des Beschwerdeführers betriebene Apotheke ausgestellt. Er habe später den Wunsch geäußert, daß die Rechnung auf ihn als Rechnungsempfänger umgeschrieben werde. Diesem Wunsch sei die Firma J. mit der Rechnung vom 23. Jänner 1985 nachgekommen.

Der Beschwerdeführer habe direkt den Jagdleitern Rechnung mit Zahlschein zur Überweisung an den Oberösterreichischen Landesjagdverband gelegt. Der verrechnete Preis liege unter dem Apothekenverkaufspreis abzüglich eines (zulässigen) 10%-igen Rabattes. Dem Oberösterreichischen Landesjagdverband habe der Beschwerdeführer am 4. Februar 1985 Rechnung gelegt.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer hätte auch im Rahmen des Großversuches die gesetzlichen Bestimmungen einhalten müssen. Er habe das genannte Arzneimittel in ganz Oberösterreich an Jagdleiter verkauft. Gemäß § 59 Abs. 1 Arzneimittelgesetz dürften jedoch Arzneimittel im Kleinverkauf - zu denen die zahlreichen Wiederverkäufe des Beschwerdeführers zu rechnen seien - nur in Apotheken abgegeben werden, soferne das Gesetz keine Ausnahmen anordne. Der Beschwerdeführer sei wohl als freiberuflich tätiger Tierarzt mit eigener Ordination zur Führung einer Hausapotheke für den Bedarf der eigenen tierärztlichen Praxis berechtigt (§ 13 Tierärztegesetz, § 34 Abs. 1 Apothekengesetz). In diesem Umfang habe er sich auch bei Herstellern, Depositeuren oder Arzneimittelgroßhändlern unmittelbar mit den benötigten Arzneimitteln eindecken dürfen. Die von ihm durchgeführten Medikamentenverkäufe seien jedoch über die mit der Führung einer Hausapotheke verbundenen Berechtigungen hinausgegangen. Das Recht zur Führung einer Hausapotheke solle sicherstellen, daß der Tierarzt den Bedarf an Medikamenten für die Behandlung von Tieren in der eigenen tierärztlichen Praxis zur Verfügung habe und den Tierhaltern, die ihn mit der Behandlung eines kranken Tieres betrauen, beistellen könne. Der Beschwerdeführer habe die gekauften Medikamente nicht in seine Hausapotheke eingestellt, sondern über den Oberösterreichischen Landesjagdverband sofort an die einzelnen Käufer liefern lassen. Der Beschwerdeführer sei bei dieser Aktion in erster Linie nicht als behandelnder Tierarzt, sondern als Funktionär des Oberösterreichischen Landesjagdverbandes und in Verfolgung seiner wissenschaftlichen Ambitionen bei der Bekämpfung der Wurmseuche des Rehwildes tätig geworden. Die vom Beschwerdeführer durchgeführte Aktion sei weit über den Bedarf der eigenen tierärztlichen Praxis hinausgegangen. Bei gegenteiliger Beurteilung komme man zu dem Ergebnis, daß der gesamte Rehbestand Oberösterreichs zu den vom Beschwerdeführer im Rahmen seiner Praxis behandelten Tieren gehöre, was mit dem Grundsatz der persönlichen und unmittelbaren Berufsausübung (§ 24 Abs. 1 Tierärztegesetz) unvereinbar wäre. Schon wegen der Größenordnung, in der er ein einzelnes Medikament angeschafft habe, hätte er nicht mit gutem Grund der Auffassung sein dürfen, daß seine Vorgangsweise durch die Vorschrift des § 13 Tierärztegesetz oder des § 34 Apothekengesetz gedeckt sei. Nach § 18 Abs. 1 der Apothekenbetriebsordnung sei die Abgabe von Arzneien aus tierärztlichen Hausapotheken für andere als tierärztliche Zwecke verboten.

Die Frage, ob in der Folge die Rechnung an den Beschwerdeführer selbst oder an die von seiner Ehefrau geführte Apotheke adressiert worden sei, sei bedeutungslos. Die nachträglichen Umschreibungen der Rechnungen könnten an der aufgezeigten Gesetzwidrigkeit der Vorgangsweise des Beschwerdeführers bei der Bestellung der Medikamente im Rahmen der Aktion nichts ändern. Es sei daher auch ohne Bedeutung, in welcher Weise der Beschwerdeführer nach bereits erfolgter Bestellung und Auslieferung Erkundigungen eingezogen habe. Bei der Berechnung der Arzneimittelpreise habe der Beschwerdeführer gegen Punkt I.6b der Arzneitaxe (Anlage A) verstoßen.

Der Beschwerdeführer habe somit seine Berufspflichten zur gewissenhaften Berufsausübung (§ 20 Abs. 1, § 21 Abs. 2 Tierärztegesetz), zur Einhaltung geltender Rechtsvorschriften (§ 21 Abs. 2 leg. cit.) und zur Vermeidung von Verhaltensweisen, die das Ansehen des Standes herabzusetzen geeignet seien (§ 20 Abs. 2 leg. cit.), verletzt. Er habe ein des tierärztlichen Standes unwürdiges Verhalten gezeigt. Das Ansehen des Standes der Tierärzte sei auch dadurch besonders geschädigt worden, daß die Durchführung dieser Aktion eine besonders große Publizität erlangt habe. Durch diese Vorgangsweise sei in objektiver und subjektiver Hinsicht ein Disziplinarvergehen nach § 53 Abs. 1 Tierärztegesetz verwirklicht.

Bei der Strafbemessung wurden als mildernd die bisherige disziplinäre Unbescholtenheit und als erschwerend der Umstand gewertet, daß ein ganz besonders gravierender Verstoß gegen die zitierten Gesetzesbestimmungen vorliege und daß es der Beschwerdeführer unterlassen habe, bereits vor Durchführung einer derartigen Aktion in diesem Umfang das Einvernehmen mit den maßgeblichen Stellen herzustellen.

Da durch das Verhalten des Beschwerdeführers das Ansehen der Tierärzteschaft besonders geschädigt worden sei, sei auf Veröffentlichung der Entscheidung in der Österreichischen Tierärztezeitung zu erkennen gewesen (§ 59 Abs. 2 Tierärztegesetz).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1. Der Beschwerdeführer weist auf einen wesentlichen Widerspruch zwischen Spruch und Begründung des angefochtenen Bescheides hin. Während nämlich im Spruch davon die Rede ist, daß der Beschwerdeführer in den Monaten Jänner und Februar 1985 das genannte Arzneimittel bestellt und aus seiner Hausapotheke an Letztverbraucher abgegeben habe, wird in der Begründung ausgeführt, daß über Bestellung des Beschwerdeführers das Arzneimittel bereits etwa am 22. November 1984 durch die Firma J. direkt an etwa 16 Abgabestellen bei den Bezirksjägermeistern ausgeliefert worden sei.

Gemäß § 58 Tierärztegesetz sind, soweit sich aus den Vorschriften dieses Bundesgesetzes nichts anderes ergibt, für die Durchführung des Disziplinarverfahrens die Vorschriften der Dienstpragmatik, RGBl. Nr. 14/1914, sinngemäß anzuwenden. Auf Grund dieser Verweisungsnorm ist für den Bereich des Disziplinarrechtes der Tierärzte die Dienstpragmatik weiterhin (sinngemäß) anwendbar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1992, Zl. 92/11/0111).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechnung zur Dienstpragmatik (insbesondere zu § 127) ausgeführt hat, obliegt es den Disziplinarbehörden unter anderem im Falle eines Schuldspruches im Erkenntnis die als Pflichtverletzung gewertete Tat zu umschreiben. Teil des Schuldspruches ist also - im Ergebnis nicht anders, als dies § 44a Z. 1 VStG anordnet - die als erwiesen angenommene Tat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1980, Zl. 1956/77).

Wenn auch die Vorschriften des AVG in einem Disziplinarverfahren nach der Dienstpragmatik nicht anzuwenden waren und auch im vorliegenden Disziplinarverfahren nicht anzuwenden sind (siehe Art. II Abs. 6 Z. 3 EGVG), sind doch auch in einem solchen Verfahren alle Grundsätze zu beachten, die einem rechtsstaatlichen Verfahren immanent sind. Dazu gehört unter anderem - nicht zuletzt auch im Hinblick auf das Erfordernis der Überprüfbarkeit der Entscheidung durch die Gerichtshöhe des öffentlichen Rechts - die Verpflichtung, das Disziplinarerkenntnis zu begründen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 7. Oktober 1975, Zl. 1932/74, und vom 14. April 1978, Zl. 2521/77).

Was die Tatzeit betrifft, besteht im vorliegenden Fall - wie oben beschrieben - ein wesentlicher Widerspruch zwischen dem Spruch und der Begründung des angefochtenen Bescheides. Dies hat die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zur Folge (siehe die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens4, unter E.Nr. 19 und 20 zu § 58 Abs. 1 AVG und unter E.Nr. 197 zu § 66 Abs. 4 AVG zitierten Entscheidungen; siehe weiters das hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1992, Zl. 90/04/0157).

2. Gemäß § 53 Abs. 5 Tierärztegesetz erlischt die Verfolgbarkeit von Disziplinarvergehen durch Verjährung, wenn der Disziplinaranwalt nicht innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der zu verfolgenden Handlung oder Unterlassung Anzeige erstattet hat.

Die dem gegenständlichen Disziplinarverfahren zugrundeliegende Anzeige des Disziplinaranwaltes langte am 21. Dezember 1989 bei der Disziplinarkommission der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs ein. In dieser Anzeige wird auf den wesentlichen Inhalt des § 13 Tierärztegesetz, des § 34 Apothekengesetz, des § 57 Abs. 1 Z. 1 Arzneimittelgesetz und der §§ 20 Abs. 1 und 2, 21 Abs. 1 und 2 und 24 Abs. 1 Tierärztegesetz hingewiesen und konkret folgendes ausgeführt:

"Tierarzt Dr. P wurde vom Österr. Apothekerverband, 1090 Wien, Spitalgasse 31 bei Gericht angezeigt, er hätte Arzneimitteln und Spezialitäten insbesondere 2800 Dosen "MEBENVET 5%" a 600 Gramm an Letztverbraucher abgegeben, die nicht zur Behandlung von Tieren der eigenen Praxis gehörten. In dem Zeitraum vom 2. Jänner 1985 bis 16. Febr. 1985 wurde über seinen Auftrag vom Hersteller der Firma J das Arzneimittel MEBENVET direkt an den Endverbraucher abgegeben. Dr. P begründete diese gesetzwidrige Vorgangsweise, er hätte keine Lagermöglichkeit für so eine große Menge (2800 Dosen a 600 Gramm betragen 1.680 kg). Bei Mitbeteiligung von Nachbarkollegen gemäß § 24 Abs. 1 TG wäre auch dieses Problem gesetzeskonform zu lösen gewesen. Dr. P gibt an, er hätte aus wissenschaftlichen Gründen das Medikament direkt an die Jagdleiter senden lassen. Laut Gerichtsakt (OLG Linz vom 25.5.1988) Seite 6 wurde Herrn A ein Nettopreis je Dose von S 267,86 (321,40 einschließlich 20 % MWST) in Rechnung gestellt. Sein Nettogewinn aus dieser Aktion betrug etwa S 100.000,--.

Der Apothekerverkaufspreis wird vom BM f.G.u.U. in der Spezialitätenpreisliste festgehalten und beträgt pro Dose inkl. 20 % MWST 517,20. Bei 2800 Stück sind dies S 1.448.160,--. Ein Preisnachlaß von 10 % d.s. S 144.816,-- steht noch ein Betrag von S 1.303.344,-- zur Verfügung. Der Tierarzteinkaufspreis wäre bei 2800 Dosen S 716.800,--. Der Gewinn wäre somit für den Tierarzt S 586.544,--. Da 800 Dosen als Ärztemuster der Firma J nicht in Rechnung gestellt wurden, müßte sich der Gewinn noch um 204.800.-- S erhöhen. Aus dieser Berechnung ist ersichtlich, daß Herr Dr. P die Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes (Arzneitaxe) und Apothekengesetz verletzt hat.

Dr. P hat durch diese Vorgangsweise sich eines des Tierarztstandes unwürdiges Verhalten schuldig gemacht und ein Disziplinarvergehen gemäß § 53 Abs. 1 TG begangen.

Ich beantrage Bestrafung nach § 59 TG 1974 BGBl. 16/1975."

Nach den - unbekämpft gebliebenen und unbedenklichen - Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid ist die Bestellung des Beschwerdeführers bei der Firma J. erfolgt und wurden in der Folge etwa am 22. November 1984 die bestellten Arzneimittel direkt an 16 Abgabestellen ausgeliefert.

Daraus folgt, daß die Vereinbarungen des Beschwerdeführers mit der Firma J und dem Oberösterreichischen Landesjagdverband und deren Ausführung, in welchem Verhalten allenfalls ein Verstoß gegen § 34 Abs. 1 Apothekengesetz und § 18 Abs. 1 Apothekenbetriebsordnung gelegen ist, bereits vor Ende November 1984 erfolgt waren, sodaß die Anzeige des Disziplinaranwaltes erst nach Eintritt der Verjährung erstattet wurde. Die Verfolgbarkeit des behaupteten Disziplinarvergehens ist daher durch Verjährung erloschen. Die der Anzeige zugrundeliegende Sachverhaltsannahme, der Beschwerdeführer habe die inkriminierten Verhaltensweisen in den Monaten Jänner und Februar 1985 gesetzt, hat sich als unrichtig herausgestellt. Sie ist offensichtlich auf die im Urteil des Oberlandesgerichtes Linz, AZ 2 R 401/87, - eine Ablichtung dieses die Unterlassungsklage des Österreichischen Apothekerverbandes gegen den Beschwerdeführer betreffenden Urteils war der Anzeige angeschlossen - enthaltene Sachverhaltsfeststellung zurückzuführen, wonach der Großversuch in den Jagdregionen Oberösterreichs am 2. Jänner 1985 und am 16. Februar 1985 durchgeführt wurde. Nicht die Durchführung des Großversuches, sondern die Abgabe von Arzneimitteln an Letztverbraucher wurde jedoch dem Beschwerdeführer angelastet.

Was die in der Begründung des angefochtenen Bescheides erwähnte Umschreibung von Rechnungen betrifft, hat die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides zutreffend die Auffassung vertreten, daß dieses Verhalten bedeutungslos sei und es nicht darauf ankomme, in welcher Weise der Beschwerdeführer nach bereits erfolgter Bestellung und Auslieferung Erkundigungen eingezogen habe. Warum in der Gegenschrift nunmehr in Erwiderung auf den Verjährungseinwand des Beschwerdeführers die gegenteilige Auffassung vertreten und ausgeführt wird, erst mit der Rechnungslegung des Beschwerdeführers an den Oberösterreichischen Landesjagdverband am 4. Februar 1985 sei das "tatbildmäßige Verhalten" des Beschwerdeführers abgeschlossen, wird nicht näher begründet und ist im Hinblick auf das für das Disziplinarrecht charakteristische Fehlen eines Typenstrafrechtes mit bestimmten im Gesetz umschriebenen Tatbildern auch nicht nachvollziehbar. Im übrigen ist zu berücksichtigen, daß selbst dann, wenn in der Art der Rechnungslegung durch den Beschwerdeführer an den Oberösterreichischen Landesjagdverband ein disziplinär zu ahndendes Verhalten des Beschwerdeführers erblickt worden wäre, dieses in der Anzeige konkret hätte umschrieben werden müssen. Da dies nicht geschehen ist, ist jedenfalls auch diesbezüglich Verjährung eingetreten.

3. Aus den unter Punkt 1 und 2 genannten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens erfolgte, weil Ersatz für Schriftsatzaufwand gemäß § 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A 1 der genannten Verordnung nur für die Einbringung der Beschwerde zuerkannt werden kann. An Stempelgebühren konnten nur S 420,-- (S 360,-- Eingabengebühr für die Beschwerde und S 60,-- Beilagengebühr für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides) zugesprochen werden. Die darüber hinaus erstatteten Stempelgebühren waren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig.

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)Mängel im SpruchBegründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1992110041.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

22.07.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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