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90/01 Straßenverkehrsordnung 1960Norm
B-VG Art116 Abs2Leitsatz
Abweisung der Gerichtsanträge auf Aufhebung von Bestimmungen der StVO 1960 betreffend straßenpolizeiliche Angelegenheiten, die über den Bereich einer Gemeinde hinauswirken; Erteilung von Ausnahmegenehmigungen von der höchstzulässigen Parkdauer in Kurzparkzonen für im Gemeindegebiet liegende – Landesstraßen gleichzuhaltende – Straßen ist keine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde; Kurzparkzonenverordnungen für Straßen von überörtlichem Interesse liegen nicht im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der Gemeinde; Regelung des ruhenden Verkehrs keine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereichs der GemeindeRechtssatz
Die Anträge des Verwaltungsgerichts Wien (VGW) auf Aufhebung des §45 Abs2 StVO 1960 idF BGBl I 6/2017 und der Wortfolge "noch diesen Straßen gleichzuhalten sind" im Einleitungssatz des §94d StVO 1960 idF BGBl I 2019/37 werden abgewiesen.Die Anträge des Verwaltungsgerichts Wien (VGW) auf Aufhebung des §45 Abs2 StVO 1960 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 6 aus 2017, und der Wortfolge "noch diesen Straßen gleichzuhalten sind" im Einleitungssatz des §94d StVO 1960 in der Fassung BGBl römisch eins 2019/37 werden abgewiesen.
Der Formulierung des §25 StVO 1060 lässt sich keine Gewichtung des Gesetzgebers dahingehend entnehmen, dass die Erlassung einer Kurzparkzonenverordnung "insbesondere von ortsbedingten Gründen im Interesse der Wohnbevölkerung getragen sei", welche in jedem Fall die Annahme eines spezifischen (ausschließlichen oder überwiegenden) örtlichen Interesses iSd Art118 Abs2 B-VG rechtfertigen würde. Die Bestimmung von Kurzparkzonen ist gemäß §94d Z1b StVO 1960 vielmehr nur dann von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen, wenn der Akt der Vollziehung nur für das Gebiet der betreffenden Gemeinde wirksam werden und sich auf Straßen beziehen soll, die nach den Rechtsvorschriften weder als Autobahnen, Autostraßen, Bundesstraßen oder Landesstraßen gelten noch diesen Straßen gleichzuhalten sind. Dasselbe gilt gemäß §94d Z6 StVO 1960 für die Bewilligung von Ausnahmen nach §45 StVO 1960 von den mittels einer solchen Kurzparkzonenverordnung erlassenen Beschränkungen und Verboten.
Bei den in der Verordnung betreffend Feststellung von Hauptstraßen und Nebenstraßen genannten "Hauptstraßen B" handelt es sich um Landesstraßen gleichzuhaltende Straßen iSd §94d StVO 1960. Die im vorliegenden Antrag geäußerten Bedenken treffen jedoch nicht zu.
Durch die angefochtene Formulierung im Einleitungssatz des §94d StVO 1960 hat der Gesetzgeber der Straßenverkehrsordnung 1960 ausdrücklich darauf Bedacht genommen, dass jene straßenpolizeilichen Angelegenheiten, die über den Bereich der Gemeinde hinauswirken, nicht in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallen dürfen. Örtliche und überörtliche Interessen greifen hinsichtlich der Regelung des fließenden Verkehrs vielfach ineinander und die Regelung des fließenden Verkehrs kann daher nicht in isolierter Betrachtung der Verkehrsbedeutung einer einzelnen Straße getroffen werden.
Diese Überlegungen sind im Zusammenhang mit der Erlassung von Kurzparkzonenverordnungen auf Straßen von überörtlichem Interesse auf die Regelung des ruhenden Verkehrs übertragbar. Eine isolierte Betrachtung des ruhenden Verkehrs ist im Hinblick auf die möglichen Auswirkungen des ruhenden auf den fließenden Verkehr - etwa durch in Kurzparkzonen vermehrt auftretende Ein-, Aus- und Umparkvorgänge - nicht ausreichend. Vielmehr hat im Bereich von Landesstraßen gleichzuhaltenden Straßen bei der Regelung (auch) des ruhenden Verkehrs eine Beurteilung der Verhältnisse in ihrer Gesamtheit zu erfolgen, welche im Bereich von Landesstraßen gleichzuhaltenden Straßen nicht im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der Gemeinde gelegen und daher auch nicht geeignet ist, durch diese besorgt zu werden. Dasselbe gilt für Ausnahmen von solchen Kurzparkzonenverordnungen, deren Erteilung gemäß §45 Abs2 StVO 1960 ua unter der Voraussetzung steht, dass eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht zu erwarten ist.
Die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen von Beschränkungen und Verboten, welche auf Landesstraßen gleichzuhaltenden Straßen verordnet sind, wurde daher zu Recht nicht als Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde bezeichnet.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Kurzparkzone, Kompetenz Bund - Länder Straßenverwaltung, Wirkungsbereich eigener, Gemeinderecht, Bundeshauptstadt Wien, VfGH / Gerichtsantrag, Kompetenz Bund - Länder Verkehrswesen, Verkehrsflächen, Verkehrsbeschränkungen, Ausnahmebewilligung, Straßenpolizei, Straßenpolizei örtliche, BehördenzuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2023:G322.2023Zuletzt aktualisiert am
17.07.2024