TE Lvwg Erkenntnis 2024/7/1 LVwG-2024/17/1183-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.07.2024
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Entscheidungsdatum

01.07.2024

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §13 Abs3
AVG §38
  1. AVG § 13 heute
  2. AVG § 13 gültig ab 15.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018
  3. AVG § 13 gültig von 01.01.2012 bis 14.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2011
  4. AVG § 13 gültig von 01.01.2011 bis 31.12.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  5. AVG § 13 gültig von 01.01.2008 bis 31.12.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  6. AVG § 13 gültig von 01.07.2004 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  7. AVG § 13 gültig von 01.03.2004 bis 30.06.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  8. AVG § 13 gültig von 20.04.2002 bis 29.02.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002
  9. AVG § 13 gültig von 01.01.2002 bis 19.04.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001
  10. AVG § 13 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  11. AVG § 13 gültig von 01.02.1991 bis 31.12.1998

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Gschnitzer über die Beschwerde der AA, whft. Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Stadt Z vom 15.03.2024, Zl. ***, betreffend eine Angelegenheit nach der Tiroler Bauordnung 2022,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Eingabe vom 24.03.2023, eingelangt bei Stadt Z am 27.03.2023, beantragte AA, wohnhaft Adresse 1, **** Z, die baurechtliche Bewilligung zur Errichtung eines Zubaus auf dem bestehenden Wohnhaus an der Adresse 1, **** Z. In der Baubeschreibung dieses Ansuchens wurde ausgeführt, dass das bestehende Wohnhaus Adresse 1 vor 16 Jahren saniert worden sei. Es solle jetzt, nach Errichtung eines Zubaus, mit einer Aufstockung des Westflügels entsprechend erweitert werden.

Mit Bescheid der Stadt Z vom 15.03.2024, Zl ***, wurde das Bauansuchen vom 24.03.2023 gemäß § 34 Abs 2 Tiroler Bauordnung (TBO) 2022 iVm § 13 Abs 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) 1991 zurückgewiesen. Begründend wurde von der belangten Behörde zusammengefasst ausgeführt, dass Bauansuchen gemäß § 34 Abs 2 TBO 2022 zurückzuweisen seien, wenn einem Mängelbehebungsauftrag nach § 13 Abs 3 AVG 1991 oder einem Auftrag nach § 32 Abs 11 TBO 2022 nicht entsprochen werde. Die Baubehörde habe eine Stellungnahme eines Amtssachverständigen der Bau- und Feuerpolizei eingeholt, aus welcher sich der fehlende baurechtliche Konsens des Baubestandes ergebe. Diese Stellungnahme sei der Bauwerberin am 18.10.2023 zur Kenntnis gebracht und ihr dabei aufgetragen worden, binnen einer Frist von drei Wochen einen Nachweis des baurechtlichen Konsenses nachzureichen, das Bauansuchen entsprechend abzuändern oder zurückzuziehen. Die Bauwerberin habe mit Schreiben vom 19.10.2023 keine tauglichen Nachweise für das Vorliegen eines baurechtlichen Konsenses für das Gebäude Adresse 1 vorgelegt. Auch habe die Bauwerberin während laufender Frist keine Abänderung des vorliegenden Bauansuchens vorgenommen. Sämtliche eingereichten Bauunterlagen hätten unverändert das gesamte Gebäude mit Ausnahme des geplanten Zubaus am Westflügel als genehmigten Bestand ausgewiesen. Die im Schreiben vom 16.10.2023 gesetzte Frist sei somit gemäß § 13 Abs 3 AVG 1991 fruchtlos verstrichen. Mit Bescheid der Stadt Z vom 15.03.2024, Zl ***, wurde das Bauansuchen vom 24.03.2023 gemäß Paragraph 34, Absatz 2, Tiroler Bauordnung (TBO) 2022 in Verbindung mit Paragraph 13, Absatz 3, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) 1991 zurückgewiesen. Begründend wurde von der belangten Behörde zusammengefasst ausgeführt, dass Bauansuchen gemäß Paragraph 34, Absatz 2, TBO 2022 zurückzuweisen seien, wenn einem Mängelbehebungsauftrag nach Paragraph 13, Absatz 3, AVG 1991 oder einem Auftrag nach Paragraph 32, Absatz 11, TBO 2022 nicht entsprochen werde. Die Baubehörde habe eine Stellungnahme eines Amtssachverständigen der Bau- und Feuerpolizei eingeholt, aus welcher sich der fehlende baurechtliche Konsens des Baubestandes ergebe. Diese Stellungnahme sei der Bauwerberin am 18.10.2023 zur Kenntnis gebracht und ihr dabei aufgetragen worden, binnen einer Frist von drei Wochen einen Nachweis des baurechtlichen Konsenses nachzureichen, das Bauansuchen entsprechend abzuändern oder zurückzuziehen. Die Bauwerberin habe mit Schreiben vom 19.10.2023 keine tauglichen Nachweise für das Vorliegen eines baurechtlichen Konsenses für das Gebäude Adresse 1 vorgelegt. Auch habe die Bauwerberin während laufender Frist keine Abänderung des vorliegenden Bauansuchens vorgenommen. Sämtliche eingereichten Bauunterlagen hätten unverändert das gesamte Gebäude mit Ausnahme des geplanten Zubaus am Westflügel als genehmigten Bestand ausgewiesen. Die im Schreiben vom 16.10.2023 gesetzte Frist sei somit gemäß Paragraph 13, Absatz 3, AVG 1991 fruchtlos verstrichen.

Gegen diesen ihr Bauansuchen zurückweisenden Bescheid vom 15.03.2024, Zl ***, erhob die Antragstellerin fristgerecht Beschwerde und machte als Beschwerdegründe Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Zusammengefasst wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde das Bauansuchen aufgrund fehlender Unterlagen zurückgewiesen habe obwohl die Beschwerdeführerin dem Auftrag der belangten Behörde auf Verbesserung bzw. Ergänzung der Einreichunterlagen vollständig nachgekommen sei. Sie habe mit Eingabe vom 19.10.2023 eine ausführliche Stellungnahme einschließlich der ihr vorliegenden Baubewilligungen und Planunterlagen übermittelt. Der Amtssachverständige habe darauf hingewiesen, dass die Frage, ob eine Baubewilligung vorliegend sei, rechtlich geklärt werden müsse. Eine inhaltliche bzw. rechtliche Prüfung des Sachverhalts sei von der belangten Behörde unterlassen worden, sodass der angefochtene Bescheid auch aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit behaftet sei. Für die Beschwerdeführerin stehe zweifelsfrei fest, dass das errichtete Wohnhaus rechtmäßig bestehe. Dies ergebe sich auch aus dem dokumentierten Ablagevermerk der Behörde, datiert mit 06.08.2009. Die Beschwerdeführerin beantrage daher, das Landesverwaltungsgericht Tirol möge in der Sache selbst entscheiden, der Beschwerde Folge geben, den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben und die beantragte Baubewilligung erteilen.

II.      Sachverhalt:

1. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich, dass die belangte Behörde der nunmehrigen Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 27.03.2006, Zl ***, eine Bewilligung für den Abbruch des bestehenden Gebäudes und die Errichtung eines Wohnhauses auf dem Anwesen Adresse 2 (Gst .**1, KG Y) nach § 26 Abs 7 Tiroler Bauordnung 2001 erteilte. In der Baubeschreibung dieses Bescheides wurde unter anderem angeführt, dass „darüber hinaus […] das südwestlich neben der neuen Garage bestehende Einliegerhaus generalsaniert“ wird. 1. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich, dass die belangte Behörde der nunmehrigen Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 27.03.2006, Zl ***, eine Bewilligung für den Abbruch des bestehenden Gebäudes und die Errichtung eines Wohnhauses auf dem Anwesen Adresse 2 (Gst .**1, KG Y) nach Paragraph 26, Absatz 7, Tiroler Bauordnung 2001 erteilte. In der Baubeschreibung dieses Bescheides wurde unter anderem angeführt, dass „darüber hinaus […] das südwestlich neben der neuen Garage bestehende Einliegerhaus generalsaniert“ wird.

In ihrem an die Baubehörde gerichteten Schreiben vom 12.12.2006 teilte die nunmehrige Beschwerdeführerin unter dem Betreff „Bauanzeige – Adresse 1, Grundrissänderung des bestehenden Wohnhauses“ mit, dass sie im Rahmen des mit Bescheid vom 27.03.2006 bewilligten Bauvorhabens, welches auch die Generalsanierung des Wohnhauses Adresse 1, beinhaltet habe, die Raumaufteilung in den beiden Geschoßen dieses Wohnhauses (Erdgeschoß und Obergeschoß) gemäß beiliegenden Plänen zu ändern beabsichtige. Im Erdgeschoß werde das sanierte bzw. umgebaute Wohnhaus schließlich einen Keller, eine Einzelgarage mit Hauseingang, einen Vorraum mit Stiegenhaus, einen Abstellraum, ein Schlafzimmer und ein Bad mit WC enthalten. Im Obergeschoß werde es einen Gang mit Stiegenhaus, ein WC, einen TV-Raum, einen Fitnessraum und ein Wohnzimmer mit Küche umfassen. Abschließend wurde die Baubehörde um Kenntnisnahme gebeten.

Die Baubehörde nahm diese Bauanzeige mit Schreiben vom 18.12.2006, Zl. ***, nach § 22 Tiroler Bauordnung (2001) zur Kenntnis und übermittelte der Anzeigenden „die mit dem entsprechenden Vermerk versehenen Einreichunterlagen“. In diesem Schreiben an die Bauwerberin wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass die Baumaßnahmen binnen zwei Jahren zu vollenden seien, da ansonsten die Bauanzeige ihre Wirksamkeit verlieren werde. Auch sei die Vollendung der Baumaßnahmen der Bau- und Feuerpolizei unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Die Baubehörde nahm diese Bauanzeige mit Schreiben vom 18.12.2006, Zl. ***, nach Paragraph 22, Tiroler Bauordnung (2001) zur Kenntnis und übermittelte der Anzeigenden „die mit dem entsprechenden Vermerk versehenen Einreichunterlagen“. In diesem Schreiben an die Bauwerberin wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass die Baumaßnahmen binnen zwei Jahren zu vollenden seien, da ansonsten die Bauanzeige ihre Wirksamkeit verlieren werde. Auch sei die Vollendung der Baumaßnahmen der Bau- und Feuerpolizei unverzüglich schriftlich anzuzeigen.

Eine schriftliche Anzeige der Bauwerberin über die Vollendung jener Baumaßnahmen, die mit Schreiben der Baubehörde vom 18.12.2006 zur Kenntnis genommen worden waren, ist dem von der belangten Behörde dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorgelegten Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

2. Mit Eingabe der Beschwerdeführerin an den Stadt Z vom 24.03.2023 wurde der bereits eingangs dargestellte Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung für einen Zubau (Aufstockung) am Gebäude Adresse 1 eingebracht.

Die belangte Behörde übermittelte dieses Bauansuchen an einen Amtssachverständigen der Bau- und Feuerpolizei zur Prüfung der Einreichunterlagen sowie zur Erstellung einer hochbau- und brandschutztechnischen Stellungnahme. Weiter wurde zum Bauansuchen eine stadtplanerische Stellungnahme eines Amtssachverständigen in Auftrag gegeben.

Der hochbautechnische Amtssachverständige erhob im Zuge der Gutachtenserstellung, dass bei Überprüfung des Bestandsgebäudes weder ein Baukonsens für das Gebäude an sich noch für die Nutzung dieses Gebäudes als Wohngebäude feststellbar sei, und teilte dies mit Stellungnahme vom 26.09.2023 der Baubehörde mit.

Folglich wurde die Bauwerberin mit Schreiben vom 16.10.2023 unter Fristsetzung aufgefordert eine schriftliche Stellungnahme zu diesem Verfahrensergebnis abzugeben, entsprechende Unterlagen nachzureichen oder das Ansuchen abzuändern bzw. zurückzuziehen. Unter einem wurde darauf hingewiesen, dass andernfalls das Ansuchen gemäß § 13 Abs 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz zurückzuweisen bzw. gemäß § 34 Abs 3 bzw 4 Tiroler Bauordnung 2022 abzuweisen sei. Folglich wurde die Bauwerberin mit Schreiben vom 16.10.2023 unter Fristsetzung aufgefordert eine schriftliche Stellungnahme zu diesem Verfahrensergebnis abzugeben, entsprechende Unterlagen nachzureichen oder das Ansuchen abzuändern bzw. zurückzuziehen. Unter einem wurde darauf hingewiesen, dass andernfalls das Ansuchen gemäß Paragraph 13, Absatz 3, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz zurückzuweisen bzw. gemäß Paragraph 34, Absatz 3, bzw 4 Tiroler Bauordnung 2022 abzuweisen sei.

Die Bauwerberin vertrat dazu in ihrer Stellungnahme vom 19.10.2023 den Standpunkt, dass der gegebene bauliche Bestand aufgrund des Baubewilligungsbescheides vom 27.03.2006 bzw. aufgrund der Bauanzeige vom 18.12.2006 über einen baurechtlichen Konsens verfüge. Eine Antragsänderung, die Vorlage von Unterlagen oder auch die Zurückziehung des Bauansuchens erfolgten nicht.

Die belangte Behörde unterließ weitere Erhebungen hinsichtlich des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens des entsprechenden baurechtlichen Konsenses für das antragsgegenständliche Gebäude Adresse 1 in Z-Y und erließ den nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 15.03.2024, mit welchem sie das Ansuchen der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Baubewilligung für einen Zubau im Anwesen Adresse 1 auf Gst **2, KG **** Y, gestützt auf § 34 Abs 2 TBO 2022 in Verbindung mit § 13 Abs 3 AVG 1991 zurückwies. Die belangte Behörde unterließ weitere Erhebungen hinsichtlich des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens des entsprechenden baurechtlichen Konsenses für das antragsgegenständliche Gebäude Adresse 1 in Z-Y und erließ den nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 15.03.2024, mit welchem sie das Ansuchen der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Baubewilligung für einen Zubau im Anwesen Adresse 1 auf Gst **2, KG **** Y, gestützt auf Paragraph 34, Absatz 2, TBO 2022 in Verbindung mit Paragraph 13, Absatz 3, AVG 1991 zurückwies.

III.     Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem von der belangten Behörde dem Landesverwaltungsgericht Tirol mit der Beschwerde vorgelegten Verwaltungsakt.

IV.      Rechtslage.

Die im gegenständlichen Verfahren entscheidungsrelevanten Gesetzesbestimmungen lauten auszugsweise wie folgt:

1.   Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr 51/1991 in der geltenden Fassung BGBl. I Nr. 88/2023:

„§ 13
Anbringen


(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

„§ 38

Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.“

2.    Tiroler Bauordnung 2022 - TBO, LGBl. Nr. 44/2022 (WV) in der geltenden Fassung LGBl. Nr. 85/2023:

„§ 34
Baubewilligung

(2) Das Bauansuchen ist zurückzuweisen, wenn einem Mängelbehebungsauftrag nach § 13 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 oder einem Auftrag nach § 32 Abs. 11 nicht entsprochen wird.(2) Das Bauansuchen ist zurückzuweisen, wenn einem Mängelbehebungsauftrag nach Paragraph 13, Absatz 3, des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 oder einem Auftrag nach Paragraph 32, Absatz 11, nicht entsprochen wird.

V.       Erwägungen:

1. Zunächst ist zum Begehren der Beschwerdeführerin, das Landesverwaltungsgericht möge in der Sache selbst entscheiden und ihr die beantragte Baubewilligung erteilen, festzuhalten, dass der Umfang der Entscheidungsbefugnis des Landesverwaltungsgerichts durch den Umfang der angefochtenen behördlichen Entscheidung beschränkt ist.

Da die belangte Behörde hinsichtlich des Bauansuchens der Beschwerdeführerin eine Formalentscheidung dahingehend getroffen hat, dass sie deren Bauansuchen zurückwies, beschränkt sich der Prüfungsumfang des Landesverwaltungsgerichtes darauf, ob die Zurückweisung dieses Ansuchens zu Recht erfolgte (VwGH 23.02.2011, 2008/11/0033). Eine Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts über die Genehmigungsfähigkeit des Bauansuchens würde den Umfang des Beschwerdeverfahrens in unzulässiger Weise überschreiten.

2. Wie oben bereits festgehalten, stützt sich die gegenständlich angefochtene Zurückweisung des Bauansuchens der Beschwerdeführerin in Anwendung des § 13 Abs 3 AVG 1991 darauf, dass diese trotz entsprechender Aufforderung unter Fristsetzung keinen Nachweis des Baukonsenses des vom Zubau betroffenen Baubestandes erbringen konnte. Der fehlende Nachweis des Baukonsenses durch die Bauwerberin wurde von der belangen Behörde als verbesserungsfähiger - aber nicht verbesserter – Mangel des Bauansuchens im Sinn des § 13 Abs 3 AVG 1991 angesehen.2. Wie oben bereits festgehalten, stützt sich die gegenständlich angefochtene Zurückweisung des Bauansuchens der Beschwerdeführerin in Anwendung des Paragraph 13, Absatz 3, AVG 1991 darauf, dass diese trotz entsprechender Aufforderung unter Fristsetzung keinen Nachweis des Baukonsenses des vom Zubau betroffenen Baubestandes erbringen konnte. Der fehlende Nachweis des Baukonsenses durch die Bauwerberin wurde von der belangen Behörde als verbesserungsfähiger - aber nicht verbesserter – Mangel des Bauansuchens im Sinn des Paragraph 13, Absatz 3, AVG 1991 angesehen.

3. Beim Vorliegen von Unklarheit darüber ob ein Bauwerk, welches einem Umbau oder Zubau unterzogen werden soll, rechtmäßig besteht bzw. über den entsprechenden Baukonsens verfügt, handelt es sich jedoch nicht um einen Mangel eines schriftlichen Anbringens im Sinne des § 13 Abs 3 AVG 1991. Von Mängeln eines Anbringens im Sinn des § 13 Abs 3 AVG 1991 sind Umstände, die die Erfolgsaussichten eines Ansuchens betreffen zu unterscheiden (VwGH 23.02.2011, 2008/11/0033, mit weiteren Hinweisen auf die Literatur). Der Umstand, ob der beantragte Zubau ein rechtmäßig bestehendes Gebäude betrifft, ist für die Erfolgsaussichten des Ansuchens entscheidend, nicht aber für die Frage, ob das Bauansuchen vollständig ist. 3. Beim Vorliegen von Unklarheit darüber ob ein Bauwerk, welches einem Umbau oder Zubau unterzogen werden soll, rechtmäßig besteht bzw. über den entsprechenden Baukonsens verfügt, handelt es sich jedoch nicht um einen Mangel eines schriftlichen Anbringens im Sinne des Paragraph 13, Absatz 3, AVG 1991. Von Mängeln eines Anbringens im Sinn des Paragraph 13, Absatz 3, AVG 1991 sind Umstände, die die Erfolgsaussichten eines Ansuchens betreffen zu unterscheiden (VwGH 23.02.2011, 2008/11/0033, mit weiteren Hinweisen auf die Literatur). Der Umstand, ob der beantragte Zubau ein rechtmäßig bestehendes Gebäude betrifft, ist für die Erfolgsaussichten des Ansuchens entscheidend, nicht aber für die Frage, ob das Bauansuchen vollständig ist.

4. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist Voraussetzung jedes Zu- bzw. Umbaus, dass der Bestand der baulichen Anlage ein rechtmäßiger ist. Ob ein konsentierter bzw. rechtmäßiger Bestand vorliegt, ist jedoch bei der Erteilung der Baubewilligung für einen Zubau als Vorfrage zu beurteilen. Sollte sich daher ergeben, dass der in den Plänen eingezeichnete Bestand kein rechtmäßiger ist, stünde dieser Umstand der baurechtlichen Bewilligung des gegenständlichen Um- und Zubaus entgegen (VwGH 23.05.2023, 2022/06/0031, RN 33, mit weiteren Nachweisen).

5. Die Beurteilung von Vorfragen obliegt nach § 38 AVG 1991 in der Regel der Behörde und kann ohne anderslautende gesetzliche Sondervorschrift nicht einem Antragsteller überbunden werden, wie dies jedoch durch den Auftrag der belangten Behörde im Schreiben vom 16.10.2023 gem. § 13 Abs 3 AVG 1991 erfolgte. Die Frage des Vorliegens eines baurechtlichen Konsenses beim gegebenen Baubestand ist Vorfrage im Sinn des § 38 AVG 1991, deren Klärung zur Beurteilung der Hauptfrage der Bewilligungsfähigkeit des beantragten Zubaus erforderlich ist.5. Die Beurteilung von Vorfragen obliegt nach Paragraph 38, AVG 1991 in der Regel der Behörde und kann ohne anderslautende gesetzliche Sondervorschrift nicht einem Antragsteller überbunden werden, wie dies jedoch durch den Auftrag der belangten Behörde im Schreiben vom 16.10.2023 gem. Paragraph 13, Absatz 3, AVG 1991 erfolgte. Die Frage des Vorliegens eines baurechtlichen Konsenses beim gegebenen Baubestand ist Vorfrage im Sinn des Paragraph 38, AVG 1991, deren Klärung zur Beurteilung der Hauptfrage der Bewilligungsfähigkeit des beantragten Zubaus erforderlich ist.

Die Baubehörde hätte sohin selbst unter Berücksichtigung des Baubescheides vom 27.03.2006 und der mit Schreiben vom 18.12.2006 zur Kenntnis genommenen Bauanzeige vom 13.12.2006 sowie allfälliger sonstiger aktenkundiger Umstände die für das gegenständliche Bauverfahren wesentliche Vorfrage beurteilen müssen, ob das vom beantragten Zubau betroffene Bauwerk rechtmäßig besteht.

Der angefochtene Bescheid der Stadt Z vom 15.03.2024, Zl ***, war daher als rechtswidrig aufzuheben.

Da bereits aufgrund der Aktenlage festzustellen war, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte eine mündliche Verhandlung in Anwendung des § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen. Da bereits aufgrund der Aktenlage festzustellen war, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte eine mündliche Verhandlung in Anwendung des Paragraph 24, Absatz 2, Ziffer eins, VwGVG entfallen.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wie sich aus der obzitierten Judikatur zu VwGH 23.05.2023, 2022/06/0031, ergibt. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Artikel 133, Absatz 4, B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wie sich aus der obzitierten Judikatur zu VwGH 23.05.2023, 2022/06/0031, ergibt. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Gschnitzer

(Richter)

 

Schlagworte

Baukonsens
Zubau
Vorfrage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2024:LVwG.2024.17.1183.1

Zuletzt aktualisiert am

15.07.2024
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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