Entscheidungsdatum
04.06.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W603 2275566-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MIKULA, MBA über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX .2010, Staatsangehörigkeit: Arabische Republik Syrien, vertreten durch XXXX lt. Beschluss des BG XXXX , XXXX vom XXXX 2023, dieser vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2023, XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.04.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MIKULA, MBA über die Beschwerde des römisch XXXX , geb. römisch XXXX .2010, Staatsangehörigkeit: Arabische Republik Syrien, vertreten durch römisch XXXX lt. Beschluss des BG römisch XXXX , römisch XXXX vom römisch XXXX 2023, dieser vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom römisch XXXX .2023, römisch XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.04.2024, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am XXXX .2022 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am römisch XXXX .2022 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.
Die Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes fand am XXXX .2022 statt. Der Beschwerdeführer gab darin zu seinen Fluchtgründen an, er habe Syrien verlassen, weil die Schulen geschlossen seien und er Angst vor dem Sterben habe. Die Daesh (IS) würden jeden Tag jemanden töten. Die Kinder würden von der Organmafia entführt. Sein Vater solle zum Militär, was dieser nicht wolle. Der Beschwerdeführer wolle seine Familie in Österreich zusammenführen (AS 11). Die Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes fand am römisch XXXX .2022 statt. Der Beschwerdeführer gab darin zu seinen Fluchtgründen an, er habe Syrien verlassen, weil die Schulen geschlossen seien und er Angst vor dem Sterben habe. Die Daesh (IS) würden jeden Tag jemanden töten. Die Kinder würden von der Organmafia entführt. Sein Vater solle zum Militär, was dieser nicht wolle. Der Beschwerdeführer wolle seine Familie in Österreich zusammenführen (AS 11).
Der Beschwerdeführer wurde am XXXX 2023 vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen (AS 59 ff). Darin gab er an, seine Eltern seien vor ca. einem Jahr in den Libanon gegangen. Er sei bei seinem Großvater in Syrien geblieben, da er Syrien damals nicht verlassen habe wollen und es von Syrien aus leichter sei, in die Türkei zu reisen. Seine Eltern hätten ihm gesagt, dass er nach Österreich reisen solle. Als Fruchtgründe gab der Beschwerdeführer an, es herrschte überall in Syrien Krieg und es gäbe dort viele Ermordungen. Wegen des Krieges habe er nicht in die Schule gehen können. Es gebe in Syrien auch böse Menschen, die versuchten, die Kinder zu überzeugen, dass sie am Krieg teilnehmen sollen. Aus diesen Gründen habe er nicht in Syrien bleiben können. Sein Vater und seine Mutter hätten entschieden, dass er in ein anderes Land geschickt werde, weil sein Leben in Syrien gefährdet sei. Seine Eltern seien vor ihm aus Syrien ausgereist. Befragt, was ihm von seinen Eltern über den Plan, ihn wegzuschicken, gesagt worden sei, antwortete der Beschwerdeführer, er sei nach Österreich eingereist, damit er nachher eine Familienzusammenführung mit den Eltern und Geschwistern machen könne. Befragt, ob ihm in Syrien jemals persönlich etwas Unangenehmes zugestoßen sei, antwortete der Beschwerdeführer, es habe mehrere schlechte Ereignisse gegeben, die er erlebt habe, z.B. mehrere Ermordungen, persönlich sei ihm aber nichts zugestoßen. Ein Cousin seiner Mutter namens XXXX sei Ministerpräsident in Syrien gewesen, später aber ein Gegner des Regimes geworden, weshalb das Regime nach ihm und nach seiner Familie gesucht habe. Sein Leben und das Leben seiner Eltern in Syrien sei daher in Gefahr. Seine Mutter und später sein Vater hätten ihm das alles detailliert erzählt. Sein Vater habe ihm erzählt, dass XXXX zur Revolution übergewechselt sei. Über seinen Heimatort in Syrien hätten damals und jetzt die Kurden die Kontrolle. Über Fragen seiner Vertreterin gab der Beschwerdeführer an, sein Vater habe den Militärdienst geleistet, sei aber in den Libanon geflüchtet, weil es bei den Kurden zwangsweise Rekrutierungen gegeben habe und auch weil das Regime wegen des Verwandten nach seinem Vater und seiner Mutter gesucht habe. Alle Kriegsparteien in Syrien würden versuchen, Männer obligatorisch zu rekrutieren. Die Kurden hätten Checkpoints gemacht und von dort mehrere Männer eingezogen, bei der Familie zu Hause seien sie aber nicht gewesen, um den Vater zu rekrutieren (AS 63 ff).Der Beschwerdeführer wurde am römisch XXXX 2023 vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen (AS 59 ff). Darin gab er an, seine Eltern seien vor ca. einem Jahr in den Libanon gegangen. Er sei bei seinem Großvater in Syrien geblieben, da er Syrien damals nicht verlassen habe wollen und es von Syrien aus leichter sei, in die Türkei zu reisen. Seine Eltern hätten ihm gesagt, dass er nach Österreich reisen solle. Als Fruchtgründe gab der Beschwerdeführer an, es herrschte überall in Syrien Krieg und es gäbe dort viele Ermordungen. Wegen des Krieges habe er nicht in die Schule gehen können. Es gebe in Syrien auch böse Menschen, die versuchten, die Kinder zu überzeugen, dass sie am Krieg teilnehmen sollen. Aus diesen Gründen habe er nicht in Syrien bleiben können. Sein Vater und seine Mutter hätten entschieden, dass er in ein anderes Land geschickt werde, weil sein Leben in Syrien gefährdet sei. Seine Eltern seien vor ihm aus Syrien ausgereist. Befragt, was ihm von seinen Eltern über den Plan, ihn wegzuschicken, gesagt worden sei, antwortete der Beschwerdeführer, er sei nach Österreich eingereist, damit er nachher eine Familienzusammenführung mit den Eltern und Geschwistern machen könne. Befragt, ob ihm in Syrien jemals persönlich etwas Unangenehmes zugestoßen sei, antwortete der Beschwerdeführer, es habe mehrere schlechte Ereignisse gegeben, die er erlebt habe, z.B. mehrere Ermordungen, persönlich sei ihm aber nichts zugestoßen. Ein Cousin seiner Mutter namens römisch XXXX sei Ministerpräsident in Syrien gewesen, später aber ein Gegner des Regimes geworden, weshalb das Regime nach ihm und nach seiner Familie gesucht habe. Sein Leben und das Leben seiner Eltern in Syrien sei daher in Gefahr. Seine Mutter und später sein Vater hätten ihm das alles detailliert erzählt. Sein Vater habe ihm erzählt, dass römisch XXXX zur Revolution übergewechselt sei. Über seinen Heimatort in Syrien hätten damals und jetzt die Kurden die Kontrolle. Über Fragen seiner Vertreterin gab der Beschwerdeführer an, sein Vater habe den Militärdienst geleistet, sei aber in den Libanon geflüchtet, weil es bei den Kurden zwangsweise Rekrutierungen gegeben habe und auch weil das Regime wegen des Verwandten nach seinem Vater und seiner Mutter gesucht habe. Alle Kriegsparteien in Syrien würden versuchen, Männer obligatorisch zu rekrutieren. Die Kurden hätten Checkpoints gemacht und von dort mehrere Männer eingezogen, bei der Familie zu Hause seien sie aber nicht gewesen, um den Vater zu rekrutieren (AS 63 ff).
Mit am XXXX 2023 zugestelltem Bescheid vom XXXX .2023, XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte eine Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr (Spruchpunkt III.).Mit am römisch XXXX 2023 zugestelltem Bescheid vom römisch XXXX .2023, römisch XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte eine Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr (Spruchpunkt römisch III.).
Mit Schriftsatz vom XXXX .2023 erhob der Beschwerdeführer binnen offener Frist Beschwerde gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides. Die Beschwerde führt dabei im Wesentlichen aus, der minderjährige Beschwerdeführer gehöre der Volksgruppe der Araber an, bekenne sich zum muslimisch-sunnitischen Glauben und stamme aus einem Dorf namens XXXX in der Region Deir Ez Zor. Er sei im XXXX 2021 gemeinsam mit einem Onkel und einem Cousin in das österreichische Bundesgebiet eingereist und habe am XXXX .2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Mehrere Verwandte des Beschwerdeführers würden in Österreich leben, seine Eltern derzeit im Libanon. Der Beschwerdeführer wiederholt in der Beschwerde zunächst seine Asylgründe aus der Erstbefragung und der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde. Der Vater habe den Militärdienst zwar geleistet, sei jedoch in den Libanon geflüchtet, weil die Kurden ihn zwangsrekrutieren hätten wollen. Als „ergänzendes Vorbringen“ brachte der Beschwerdeführer zudem vor, er sei im Dorf XXXX in der Region Deir Ez Zor geboren und aufgewachsen. Er habe bisher keine richtige Kindheit gehabt. Er habe als Kind Bombardierungen und Erschießungen mit eigenen Augen miterleben müssen. Er habe außerdem miterleben müssen, wie die Wohnung, in der er mit seiner Familie gelebt habe, durch Bombardierungen zerstört worden sei. Besonders grausam sei die Zeit des IS in seiner Heimatregion gewesen, weil dieser sehr viele Menschen aus Gründen der Vergeltung getötet habe. Die Familie sei wegen Kleinigkeiten vom IS drangsaliert worden, beispielsweise seien der Beschwerdeführer und sein Onkel vom IS wegen eines versäumten Gebets mit Schlägen bestraft worden. In der Heimatregion des Beschwerdeführers sei eine Organmafia aktiv, die gezielt nach Kindern suche, um deren Organe zu entnehmen und anschließend zu verkaufen. Konkret sei ein Nachbarkind davon betroffen gewesen, welches entführt worden und anschließend gestorben sei. Bezüglich des bekannten Überläufers, des Ministerpräsidenten XXXX , eines Cousins der Mutter, sei aus Gründen der Rache des Regimes nach der Familie gesucht worden. Das Regime sei dafür bekannt, Verwandte von Überläufern aufzusuchen, um sie zu erniedrigen, zu foltern und umzubringen. Der Beschwerdeführer habe auch große Angst vor den Rekrutierungswellen der kurdischen Milizen, weil diese bereits Kinder für ihren Kampf rekrutierten. Im Fall einer Rückkehr nach Syrien drohe dem Beschwerdeführer, als Rückkehrer sowie aufgrund seiner Familienzugehörigkeit verfolgt zu werden. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer der sozialen Gruppe der Kinder in Syrien zu gehörig und als Minderjähriger besonders vulnerabel. Diesem Vorbringen stehe das Neuerungsverbot nicht entgegen, da es nicht rechtsmissbräuchlich erstattet werde. Die Beschwerde rügt die Verletzung von Verfahrensvorschriften durch ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren und mangelhafte Länderfeststellungen zum Umgang mit Familienangehörigen, zur Gefahr der Zwangsrekrutierungen Jugendlicher, zur Situation von Kindern und zur illegalen Ausreise und Asylantragstellung. Die Beschwerde rügt weiters mangelhafte Feststellungen und mangelhafte Beweiswürdigung sowie inhaltlicher Rechtswidrigkeit des Spruchpunkts I. Der Beschwerdeführer stellt die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem Antrag auf internationalen Schutz Folge gegeben und dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden möge, in eventu den angefochtenen Bescheid im angefochtenen Umfang beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die erste Instanz zurückzuverweisen und jedenfalls eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen (AS 257 ff).Mit Schriftsatz vom römisch XXXX .2023 erhob der Beschwerdeführer binnen offener Frist Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides. Die Beschwerde führt dabei im Wesentlichen aus, der minderjährige Beschwerdeführer gehöre der Volksgruppe der Araber an, bekenne sich zum muslimisch-sunnitischen Glauben und stamme aus einem Dorf namens römisch XXXX in der Region Deir Ez Zor. Er sei im römisch XXXX 2021 gemeinsam mit einem Onkel und einem Cousin in das österreichische Bundesgebiet eingereist und habe am römisch XXXX .2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Mehrere Verwandte des Beschwerdeführers würden in Österreich leben, seine Eltern derzeit im Libanon. Der Beschwerdeführer wiederholt in der Beschwerde zunächst seine Asylgründe aus der Erstbefragung und der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde. Der Vater habe den Militärdienst zwar geleistet, sei jedoch in den Libanon geflüchtet, weil die Kurden ihn zwangsrekrutieren hätten wollen. Als „ergänzendes Vorbringen“ brachte der Beschwerdeführer zudem vor, er sei im Dorf römisch XXXX in der Region Deir Ez Zor geboren und aufgewachsen. Er habe bisher keine richtige Kindheit gehabt. Er habe als Kind Bombardierungen und Erschießungen mit eigenen Augen miterleben müssen. Er habe außerdem miterleben müssen, wie die Wohnung, in der er mit seiner Familie gelebt habe, durch Bombardierungen zerstört worden sei. Besonders grausam sei die Zeit des IS in seiner Heimatregion gewesen, weil dieser sehr viele Menschen aus Gründen der Vergeltung getötet habe. Die Familie sei wegen Kleinigkeiten vom IS drangsaliert worden, beispielsweise seien der Beschwerdeführer und sein Onkel vom IS wegen eines versäumten Gebets mit Schlägen bestraft worden. In der Heimatregion des Beschwerdeführers sei eine Organmafia aktiv, die gezielt nach Kindern suche, um deren Organe zu entnehmen und anschließend zu verkaufen. Konkret sei ein Nachbarkind davon betroffen gewesen, welches entführt worden und anschließend gestorben sei. Bezüglich des bekannten Überläufers, des Ministerpräsidenten römisch XXXX , eines Cousins der Mutter, sei aus Gründen der Rache des Regimes nach der Familie gesucht worden. Das Regime sei dafür bekannt, Verwandte von Überläufern aufzusuchen, um sie zu erniedrigen, zu foltern und umzubringen. Der Beschwerdeführer habe auch große Angst vor den Rekrutierungswellen der kurdischen Milizen, weil diese bereits Kinder für ihren Kampf rekrutierten. Im Fall einer Rückkehr nach Syrien drohe dem Beschwerdeführer, als Rückkehrer sowie aufgrund seiner Familienzugehörigkeit verfolgt zu werden. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer der sozialen Gruppe der Kinder in Syrien zu gehörig und als Minderjähriger besonders vulnerabel. Diesem Vorbringen stehe das Neuerungsverbot nicht entgegen, da es nicht rechtsmissbräuchlich erstattet werde. Die Beschwerde rügt die Verletzung von Verfahrensvorschriften durch ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren und mangelhafte Länderfeststellungen zum Umgang mit Familienangehörigen, zur Gefahr der Zwangsrekrutierungen Jugendlicher, zur Situation von Kindern und zur illegalen Ausreise und Asylantragstellung. Die Beschwerde rügt weiters mangelhafte Feststellungen und mangelhafte Beweiswürdigung sowie inhaltlicher Rechtswidrigkeit des Spruchpunkts römisch eins. Der Beschwerdeführer stellt die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem Antrag auf internationalen Schutz Folge gegeben und dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden möge, in eventu den angefochtenen Bescheid im angefochtenen Umfang beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die erste Instanz zurückzuverweisen und jedenfalls eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen (AS 257 ff).
Am XXXX .2023 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor. Am römisch XXXX .2023 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 26.04.2024 eine mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers und seines obsorgeberechtigten Onkels durch (OZ 9). Die BBU als Rechtsvertretung des Onkels und die belangte Behörde verzichteten auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung (OZ 6; OZ 8). In der mündlichen Verhandlung legte der Beschwerdeführer ein Konvolut verschiedener Dokumente vor, deren wesentlicher Inhalt vom anwesenden Dolmetscher übersetzt wurde, und zwar:
- einen Auszug aus dem Personenregister des Beschwerdeführers
- eine Kopie eines Personalausweises seines Vaters
- Invalidenausweis seines Vaters
- zwei Heiratsurkunden sowie zwei Heiratsbestätigungen
- fünf Auszüge aus dem Personenstandsregister der Geschwister
- Auszug aus dem Familienregister (Mutter mit dem Namen: XXXX ) - Auszug aus dem Familienregister (Mutter mit dem Namen: römisch XXXX )
- Ermittlungseinstellung bezüglich des Vaters ( XXXX ) aufgrund des Wegfalls der Gründe, vom XXXX .2023; ausgestellt vom Justizministerium, Arabische Republik Syrien- Ermittlungseinstellung bezüglich des Vaters ( römisch XXXX ) aufgrund des Wegfalls der Gründe, vom römisch XXXX .2023; ausgestellt vom Justizministerium, Arabische Republik Syrien
- ein weiterer Auszug aus dem Familienregister (Mutter wie oben genannt)
- Auszug aus dem Familienbuch des Vaters, einschließlich 1. bis 6. Kind.
- Vergrößerte Kopie aus dem genannten Familienbuch des Vaters betreffend 3. und 4. Kind sowie eine Seite betreffend das 7 Kind.
- einen der oben genannten Familienregister Auszüge aus dem Personenstandsregister die Kinder betreffend (OZ 9).
Am XXXX .2024 langte eine weitere Stellungnahme des Beschwerdeführers ein, in der dieser zu Zwangsrekrutierungen von Minderjährigen und zu erforderlichen Wahrscheinlichkeit einer asylrelevanten Verfolgung ausführte und auf diesbezügliche Rechtsprechung verwies. Weiters brachte der Beschwerdeführer zur Wehrpflicht des syrischen Regimes und Zahlungen der Befreiungsgebühr und zur Erreichbarkeit der Herkunftsregion des Beschwerdeführers vor. So sei ein Grenzübertritt aus der Türkei in das Gebiet der syrischen Heilsregierung und das Gebiet der syrischen Interimsregierung nur stark eingeschränkt möglich. Der Grenzübergang Semalka sei zwar teilweise wieder geöffnet, allerdings nur für bestimmte Zwecke. Eine Einreise des Beschwerdeführers sei daher nur über eine von der syrischen Regierung kontrollierte Grenzstelle bzw. unter Passieren entsprechender Checkpoint möglich. Im Übrigen verwies der Beschwerdeführer auf sein bisheriges Vorbringen und hielt die gestellten Anträge aufrecht (OZ 11).Am römisch XXXX .2024 langte eine weitere Stellungnahme des Beschwerdeführers ein, in der dieser zu Zwangsrekrutierungen von Minderjährigen und zu erforderlichen Wahrscheinlichkeit einer asylrelevanten Verfolgung ausführte und auf diesbezügliche Rechtsprechung verwies. Weiters brachte der Beschwerdeführer zur Wehrpflicht des syrischen Regimes und Zahlungen der Befreiungsgebühr und zur Erreichbarkeit der Herkunftsregion des Beschwerdeführers vor. So sei ein Grenzübertritt aus der Türkei in das Gebiet der syrischen Heilsregierung und das Gebiet der syrischen Interimsregierung nur stark eingeschränkt möglich. Der Grenzübergang Semalka sei zwar teilweise wieder geöffnet, allerdings nur für bestimmte Zwecke. Eine Einreise des Beschwerdeführers sei daher nur über eine von der syrischen Regierung kontrollierte Grenzstelle bzw. unter Passieren entsprechender Checkpoint möglich. Im Übrigen verwies der Beschwerdeführer auf sein bisheriges Vorbringen und hielt die gestellten Anträge aufrecht (OZ 11).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer heißt XXXX , wurde am XXXX .2010 geboren und ist Staatsangehöriger der Arabischen Republik Syrien. Er ist im Entscheidungszeitpunkt 14 Jahre alt (AS 1, 63, 67, Karte für subsidiär Schutzberechtigte, Nr.: XXXX lt. OZ 9, Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2024 = VP S. 9). Mit Beschluss des BG XXXX vom XXXX .2023, 20 XXXX , wurde dem Onkel des Beschwerdeführers, XXXX , die Obsorge für den Beschwerdeführer zur Gänze übertragen (OZ 8).Der Beschwerdeführer heißt römisch XXXX , wurde am römisch XXXX .2010 geboren und ist Staatsangehöriger der Arabischen Republik Syrien. Er ist im Entscheidungszeitpunkt 14 Jahre alt (AS 1, 63, 67, Karte für subsidiär Schutzberechtigte, Nr.: römisch XXXX lt. OZ 9, Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2024 = VP S. 9). Mit Beschluss des BG römisch XXXX vom römisch XXXX .2023, 20 römisch XXXX , wurde dem Onkel des Beschwerdeführers, römisch XXXX , die Obsorge für den Beschwerdeführer zur Gänze übertragen (OZ 8).
Der Beschwerdeführer gehört der Volksgruppe der Araber und der sunnitisch-muslimischen Religion an (AS 1, VP S. 11).
Der Beschwerdeführer wurde in XXXX im Gouvernement Deir Ez Zor geboren (VP S. 9) und lebte dort bis zu seiner Ausreise aus Syrien, zuletzt, nachdem seine Eltern und Geschwister ca. im Frühjahr 2022 in den Libanon gereist waren, gemeinsam mit seinem inzwischen verstorbenen Großvater und dessen Frau (AS 63, VP S. 11). Die Großmutter des Beschwerdeführers lebt noch mit ihren Kindern und mit einer anderen Ehefrau des Großvaters des Beschwerdeführers in XXXX (AS 67). Die Eltern des Beschwerdeführers entschieden, dass der Beschwerdeführer bei den Großeltern in Syrien bleiben sollte, um in der Folge über die Türkei nach Österreich, wo bereits andere Verwandte von ihm aufhältig waren, auszureisen.Der Beschwerdeführer wurde in römisch XXXX im Gouvernement Deir Ez Zor geboren (VP S. 9) und lebte dort bis zu seiner Ausreise aus Syrien, zuletzt, nachdem seine Eltern und Geschwister ca. im Frühjahr 2022 in den Libanon gereist waren, gemeinsam mit seinem inzwischen verstorbenen Großvater und dessen Frau (AS 63, VP S. 11). Die Großmutter des Beschwerdeführers lebt noch mit ihren Kindern und mit einer anderen Ehefrau des Großvaters des Beschwerdeführers in römisch XXXX (AS 67). Die Eltern des Beschwerdeführers entschieden, dass der Beschwerdeführer bei den Großeltern in Syrien bleiben sollte, um in der Folge über die Türkei nach Österreich, wo bereits andere Verwandte von ihm aufhältig waren, auszureisen.
Der Beschwerdeführer hat in Syrien keine Schule besucht (AS 67, VP S. 11). Der Beschwerdeführer besucht derzeit eine Schule in XXXX in der vierten Klasse (VP S. 14).Der Beschwerdeführer hat in Syrien keine Schule besucht (AS 67, VP S. 11). Der Beschwerdeführer besucht derzeit eine Schule in römisch XXXX in der vierten Klasse (VP S. 14).
Der Beschwerdeführer spricht Arabisch als Muttersprache und lernt derzeit Deutsch (AS 1, 65, VP S. 11).
Der Beschwerdeführer hat XXXX Brüder und XXXX Schwestern, die alle jünger sind als er und bei den Eltern im Libanon leben. Der Beschwerdeführer hat zu seiner Familie telefonischen Kontakt (VP S. 13). Die Mutter des Beschwerdeführers ist eine Verwandte des ehemaligen syrischen Premierministers XXXX , der sich der Opposition anschloss.Der Beschwerdeführer hat römisch XXXX Brüder und römisch XXXX Schwestern, die alle jünger sind als er und bei den Eltern im Libanon leben. Der Beschwerdeführer hat zu seiner Familie telefonischen Kontakt (VP S. 13). Die Mutter des Beschwerdeführers ist eine Verwandte des ehemaligen syrischen Premierministers römisch XXXX , der sich der Opposition anschloss.
Der Herkunftsort des Beschwerdeführers ist der östlich des Euphrat gelegene Ort XXXX im Gouvernement Deir Ez Zor (AS 7, 259, VP S. 12).Der Herkunftsort des Beschwerdeführers ist der östlich des Euphrat gelegene Ort römisch XXXX im Gouvernement Deir Ez Zor (AS 7, 259, VP S. 12).
Der Beschwerdeführer ist gesund (AS 65, VP S. 4, 5).
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (OZ 2).
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer reiste ca. im XXXX 2022 von Syrien schlepperunterstützt in die Türkei aus und nach einem dortigen Aufenthalt von etwa acht Monaten in der Folge weiter nach Österreich (AS 7, 9).Der Beschwerdeführer reiste ca. im römisch XXXX 2022 von Syrien schlepperunterstützt in die Türkei aus und nach einem dortigen Aufenthalt von etwa acht Monaten in der Folge weiter nach Österreich (AS 7, 9).
Der Herkunftsort bzw. die Herkunftsregion des Beschwerdeführers liegen nicht im Einfluss- oder Kontrollgebiet des syrischen Regimes, sie befinden sich unter der Kontrolle der kurdischen Selbstverwaltung (AANES).
Der Beschwerdeführer kann seinen Herkunftsort ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichen. Er kann über den Grenzübergang Semalka-Faysh Khabur einreisen, der von den kurdischen Sicherheitskräften kontrolliert wird. Auch das am Weg vom Grenzübergang in die Herkunftsregion zu durchquerende Gebiet steht unter kurdischer Kontrolle. Dem Beschwerdeführer ist daher eine Weiterreise nach XXXX möglich, ohne mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit dem syrischen Regime bzw. dessen Behörden in Kontakt zu kommen.Der Beschwerdeführer kann seinen Herkunftsort ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichen. Er kann über den Grenzübergang Semalka-Faysh Khabur einreisen, der von den kurdischen Sicherheitskräften kontrolliert wird. Auch das am Weg vom Grenzübergang in die Herkunftsregion zu durchquerende Gebiet steht unter kurdischer Kontrolle. Dem Beschwerdeführer ist daher eine Weiterreise nach römisch XXXX möglich, ohne mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit dem syrischen Regime bzw. dessen Behörden in Kontakt zu kommen.
Der Beschwerdeführer ist in seiner Heimatregion bzw. seinem Herkunftsort nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung durch das syrische Regime, z.B. wegen seiner Verwandtschaft mit dem ehemaligen Premierminister oder wegen Wehrdienstentziehung seines Vaters ausgesetzt, da sein Herkunftsort unter kurdischer Kontrolle steht. Ihm droht aus diesen Gründen keine maßgeblich wahrscheinliche Gefahr einer Bedrohung oder Verfolgung durch das syrische Regime im Herkunftsstaat.
Der Beschwerdeführer hat den Wehrdienst in den Selbstverteidigungseinheiten der AANES nicht geleistet. Der Beschwerdeführer wurde nicht von den kurdischen Selbstverteidigungseinheiten einberufen und wurde von der AANES auch nicht versucht, ihn zu einem Militärdienst zwangsweise einzuziehen (VP S. 15). Durch das am 04.09.2021 erlassene Dekret Nr. 3, ist die Selbstverteidigungspflicht auf Männer beschränkt, die 1998 oder später geboren wurden und ihr 18. Lebensjahr erreicht haben. Im – angesichts des rechtskräftig zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten unwahrscheinlichen – Fall der Rückkehr in seine Herkunftsregion ist der Beschwerdeführer nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer aktuellen Gefahr der Verfolgung durch Einziehung zum Wehrdienst der kurdischen Selbstverwaltung ausgesetzt. Auch der Vater des Beschwerdeführers würde bei einer Rückkehr nach Syrien nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von den Selbstverteidigungseinheiten der AANES eingezogen werden. Im Fall der Rückkehr in seine Herkunftsregion wäre der Beschwerdeführer auch bei einer späteren Einberufung zur Selbstverteidigungspflicht der kurdischen Selbstverwaltung nach Erreichen des wehrpflichtigen Alters nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Gefahr der Verfolgung ausgesetzt. Die AANES unterstellt wegen Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungseinheiten keine oppositionelle oder politische Gesinnung.
Der Beschwerdeführer hat Syrien nicht aus politischen oder oppositionellen Gründen oder aus Gewissensgründen verlassen, sondern wegen der allgemeinen Gefährdungslage, um etwas lernen zu können und aus seinem Leben etwas zu machen. Der Beschwerdeführer ist keiner Gefahr einer Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe der (alleinstehenden) Kinder in Syrien ausgesetzt.
Dem Beschwerdeführer droht nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, von einer Organmafia entführt zu werden.
Dem Beschwerdeführer droht auch keine Verfolgung aufgrund seiner illegalen Ausreise und Asylantragstellung bzw. einer ihm deshalb vom syrischen Regime allfällig unterstellten oppositionellen Haltung.
1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat
1.3.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation 27.03.2024 (Version 11)
Politische Lage
Letzte Änderung 2024-03-08 10:59
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).
Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien
Letzte Änderung 2024-03-08 11:12
2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine 'zweite Front' in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba'ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, 'Ain al-'Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017).
Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für "Westen" (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) (SWP 7.2018). Die von den USA unterstützten SDF (TWI 18.7.2022) sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen (USDOS 20.3.2023), in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist (KAS 4.12.2018). Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des "Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien" (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben (SWP 7.2018). Im März 2018 (KAS 4.12.2018) übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Rebellengruppe (taz 15.10.2022). Im September 2018 beschloss der SDC die Gründung des Selbstverwaltungsgebiets Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) auf dem Gebiet der drei Kantone (abzüglich des von der Türkei besetzten Afrîn). Darüber hinaus wurden auch Gebiete in Deir-ez Zor und Raqqa (K24 6.9.2018) sowie Manbij, Takba und Hassakah, welche die SDF vom Islamischen Staat (IS) befreit hatten, Teil der AANES (SO 27.6.2022).
Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Fluchtwelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet 'belohnt' zu werden, ist bisher ausgeblieben (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung erkennt weder die kurdische Enklave noch die Wahlen in diesem Gebiet an (USDOS 20.3.2023). Türkische Vorstöße auf syrisches Gebiet im Jahr 2019 führten dazu, dass die SDF zur Abschreckung der Türkei syrische Regierungstruppen einlud, in den AANES Stellung zu beziehen (ICG 18.11.2021). Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren (ÖB Damaskus 1.10.2021). Mit Stand Mai 2023 besteht kein entsprechender Vertrag zwischen den AANES und der syrischen Regierung (Alaraby 31.5.2023). Unter anderem wird über die Verteilung von Öl und Weizen verhandelt, wobei ein großer Teil der syrischen Öl- und Weizenvorkommen auf dem Gebiet der AANES liegen (K24 22.1.2023). Normalisierungsversuche der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und der syrischen Regierung wurden in den AANES im Juni 2023 mit Sorge betrachtet (AAA 24.6.2023). Anders als die EU und USA betrachtet die Türkei sowohl die Streitkräfte der YPG als auch die Partei PYD als identisch mit der von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und daher als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (AA 2.2.2024).
Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht