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21/03 GesmbH-Recht;Norm
GewO 1994 §13 Abs7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag.Dr. Balthasar, über die Beschwerde der U-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch den bestellten Verfahrenshelfer Dr. F, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 17. Oktober 1994, Zl. 315.514/2-III/5a/94, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 25. Jänner 1974 die Konzession für das Baumeistergewerbe im Standort Wien, M-Straße 5, und die Genehmigung zur Ausübung dieses Gewerbes durch Dipl.-Ing. DDr. J als Geschäftsführer erteilt. Seit Eintragung der Beschwerdeführerin in das Handelsregister (nunmehr Firmenbuch) am 28. September 1973 - mit Ausnahme in der Zeit vom 25. September 1989 bis 16. Oktober 1989 - ist Dipl.-Ing. DDr. J handelsrechtlicher Geschäftsführer derselben mit selbständiger Vertretungsbefugnis. Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 16. Oktober 1989, GZ. 6 Nc nn1/89-8, wurde ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Dipl.-Ing. DDr. J mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen. Mit Verfahrensanordnung des Landeshauptmannes von Wien vom 3. Juni 1992 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1973 aufgefordert, Dipl.-Ing. DDr. J binnen einer Frist von zwei Monaten "auch als Person mit maßgebendem Einfluß auf den Betrieb ihrer Geschäfte (somit auch als eventuellen Mehrheitsgesellschafter) zu entfernen" und dies der Behörde durch die Vorlage eines Firmenbuchregisterauszuges und einer Gesellschafterliste nachzuweisen, widrigenfalls die Gewerbeberechtigung entzogen werden müßte. Die Beschwerdeführerin ist dieser Aufforderung nicht nachgekommen.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 17. Oktober 1994 entzog die belangte Behörde der Beschwerdeführerin gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 i.V.m. den §§ 87 Abs. 1 Z. 2 und 13 Abs. 3 GewO 1994 die Gewerbeberechtigung für das Baumeistergewerbe im Standort Wien, M-Straße 5. In der Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung der Gesetzeslage unter Zugrundelegung des eingangs geschilderten Sachverhaltes aus, Dipl.-Ing. DDr. J sei gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 von der Ausübung des Gewerbes ausgeschlossen. Im Hinblick darauf, daß die Beschwerdeführerin der Aufforderung der Gewerbebehörde erster Instanz auf Entfernung ihres handelsrechtlichen Geschäftsführers innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgekommen sei, sei das Gewerbe gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 i.V.m. § 87 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. zu entziehen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Nichtentziehung der in Rede stehenden Gewerbeberechtigung verletzt. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes trägt sie vor, die belangte Behörde habe über ihre Berufung gegen den "Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom 10. Mai 1994" entschieden, obwohl von Amts wegen wahrzunehmen gewesen wäre, daß gemäß § 361 GewO 1994 zur Entziehung des Rechtes zur Ausübung des Gewerbes bei bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerben (§ 127 GewO 1994) der Landeshauptmann und nicht das Amt der Wiener Landesregierung zuständig sei. Die belangte Behörde beziehe sich sowohl in der Einleitung des Bescheidspruches als auch in der gesamten Begründung auf einen Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung. Auch im Bescheidspruch des erstinstanzlichen Bescheides vom 10. Mai 1994 und in der Rechtsmittelbelehrung werde als bescheiderlassende Behörde das Amt der Wiener Landesregierung zitiert. Die Unterfertigung dieses Bescheides sei so gestaltet, daß im Zusammenhang mit den vorhin erwähnten Tatsachen jedenfalls angenommen werden müsse, daß der erstinstanzliche Bescheid vom Amt der Wiener Landesregierung und nicht vom Landeshauptmann ausgestellt worden sei. Zu dieser Feststellung gelange man eben deswegen, weil auf Seite 3 (richtig wohl: Seite 2) des erstinstanzlichen Bescheides auf jenem Teil, wo die Unterfertigung vorgenommen worden sei, einerseits "Für den Landeshauptmann" angeführt, andererseits aber das Siegel des Amtes der Wiener Landesregierung angebracht sei. Sogar die Berufungsbehörde ordne dem Bescheid ausdrücklich dem Amt der Wiener Landesregierung zu. Der erstinstanzliche Bescheid sei somit dem hier unzuständigen Amt der Wiener Landesregierung zuzurechnen. Die belangte Behörde hätte daher von Amts wegen den erstinstanzlichen Bescheid wegen Unzuständigkeit aufheben müssen. Aus § 91 Abs. 2 GewO 1994 ergebe sich, daß der "gesamte" § 87 GewO 1994, also sämtliche Absätze dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden seien. Dies spiele deshalb eine entscheidungswesentliche Rolle, da Univ.Prof. Dipl.-Ing. DDr. J gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. April 1994 eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde eingebracht habe und dieses "präjudizielle" Verfahren über die Entziehung der ihn als natürliche Person betreffenden Gewerbeberechtigungen noch anhängig sei. In diesem Verfahren sei aber § 87 Abs. 2 bis 6 GewO 1994 jedenfalls zu berücksichtigen. Darauf habe die Beschwerdeführerin im erstinstanzlichen Verfahren mehrmals hingewiesen. Hätte die belangte Behörde auch die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 bis 6 GewO 1994 geprüft, hätte sie von einer Entziehung der Gewerbeberechtigung Abstand nehmen müssen. Die belangte Behörde habe § 87 Abs. 2 GewO 1994 unrichtig angewendet und bei Univ. Prof. Dipl.-Ing. DDr. J bestehende Nachsichtsvoraussetzungen unrichtig verneint. Darüberhinaus sei die belangte Behörde offenbar davon ausgegangen, daß Univ.Prof. Dipl.-Ing. DDr. J alleiniger vertretungsbefugter Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sei, habe jedoch übersehen, daß Frau I seit 2. Dezember 1991 ebenfalls allein vertretungsbefugte Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin sei. Einziger Gesellschafter der Beschwerdeführerin sei die S-Gesellschaft m.b.H. und nicht Dipl.-Ing. DDr. J, weshalb nicht von einem maßgeblichen Einfluß desselben ausgegangen werden könne. Bei Beurteilung des Tatbestandsmerkmales "Zustehen eines maßgebenden Einflusses auf den Betrieb der Geschäfte" sei nicht nur auf die rechtliche Gestaltungsform des Gewerbetreibenden, sondern auch auf tatsächliche Gesichtspunkte Bedacht zu nehmen. Der Beschwerdeführerin und Dipl.-Ing. DDr. J sei keine Gelegenheit gegeben worden, ein diesbezügliches Vorbringen zu erstatten. Hätte die belangte Behörde Parteiengehör gewährt und von Amts wegen in das Firmenbuch betreffend die Beschwerdeführerin Einsicht genommen, hätte sie feststellen können, daß einziger Gesellschafter der Beschwerdeführerin die S-Gesellschaft m.b.H. sei und als weiterer Geschäftsführer I seit 2. Dezember 1991 selbständig vertretungsbefugt sei. Weiters wäre aufgefallen, daß die Beschwerdeführerin im Firmenbuch des Landesgerichtes Klagenfurt unter der Geschäftsanschrift P 25, K registriert sei. Die belangte Behörde hätte somit auch erheben müssen, ob nach wie vor das gegenständliche Baumeistergewerbe im Standort Wien, M-Straße 5, betrieben werde oder ob der Betrieb neuerlich verlegt worden sei.
Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu:
Der Behauptung der Beschwerdeführerin, der erstinstanzliche Bescheid stamme nicht vom Landeshauptmann sondern vom Amt der Landesregierung, ist zu erwidern, daß unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens und dem nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten dokumentierten Verwaltungsgeschehen übereinstimmend davon auszugehen ist, daß der Bescheid der Behörde erster Instanz die Fertigungsklausel "Für den Landeshauptmann" enthalten hat. Aufgrund dieser Fertigungsklausel kann aber kein Zweifel daran bestehen, daß bescheiderlassende Behörde in der den Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bildenden Angelegenheit - wobei erkennbar in einem Verfahren gemäß § 361 GewO 1994 über die Entziehung der Gewerbeberechtigung eines bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbes (Baumeistergewerbe) abgesprochen wurde - der Landeshauptmann von Wien war und daher diesem die (von seinem Hilfsapparat ausgefertigte) Erledigung als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung zuzurechnen ist (§ 133 WStV idF LGBl. Nr. 33/1976; VfSlg 5171; Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht2, 409).
Gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 hat die Behörde (§ 361), sofern der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes ist und sich die in § 87 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, beziehen, wenn der Gewerbetreibende diese Person nicht innerhalb einer von der Behörde zu setzenden Frist entfernt, im Falle, daß der Gewerbetreibende der Gewerbeinhaber ist, die Gewerbeberechtigung zu entziehen, und im Falle, daß der Gewerbetreibende der Pächter ist, die Übertragung der Ausübung des Gewerbes an den Pächter zu widerrufen.
Nach § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 ist von der Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt.
Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 sind von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) Rechtsträger ausgeschlossen, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde. Nach § 13 Abs. 5 GewO 1994 ist eine natürliche Person von der Ausübung des Gewerbes als Gewerbetreibender ausgeschlossen, wenn ihr ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte eines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person zusteht oder zugestanden ist, auf die der Abs. 3 anzuwenden ist oder anzuwenden war.
Im Hinblick auf die Befugnisse, die dem Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H. nach dem Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RGBl. 58/1906, zustehen, ist bei einem alleinvertretungsbefugten Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H. das Vorliegen eines maßgebenden Einflusses auf den Betrieb der Geschäfte jedenfalls anzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1993, Zl. 93/04/0078). Dies ist bei Univ.Prof. Dipl.-Ing. DDr. J als - unbestritten - allein vertretungsbefugten Geschäftsführer der Beschwerdeführerin der Fall. Daran ändert auch nichts, daß - wie in der Beschwerde behauptet - seit Dezember 1991 eine weitere alleinvertretungsbefugte handelsrechtliche Geschäftsführerin für die Beschwerdeführerin bestellt worden ist und Univ.Prof. Dipl.-Ing. DDr. J nicht Gesellschafter der Beschwerdeführerin ist.
Bei Anwendung des § 91 Abs. 2 GewO 1994 hat die Behörde nur zu prüfen, ob einer der in § 87 Abs. 1 leg. cit. genannten Tatbestände auf die natürliche Person, der ein maßgeblicher Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, sinngemäß zutrifft. Sie hat jedoch nicht zu prüfen, ob - bezogen auf diese Person - auch Tatbestände des § 87 Abs. 2 bis 6 leg. cit. bzw. des § 26 GewO 1994 gegeben sind, weil die Bestimmung des § 91 Abs. 2 GewO 1994 eine den vorgenannten Bestimmungen vergleichbare Regelung nicht kennt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 1994, Zl. 94/04/0017). Von dieser Rechtsprechung abzugehen, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch im Lichte der Beschwerdeausführungen nicht veranlaßt, zumal § 91 Abs. 2 GewO 1994 bezüglich des Verweises auf § 87 GewO 1994 von den dort "angeführten Entziehungsgründen" spricht.
Insoweit - abweichend von dem in der Berufung eingenommenen Standpunkt, wonach der Abberufung des Geschäftsführers Dipl.-Ing. DDr. J vor Abschluß des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht nachgekommen werde - in der Beschwerde erstmals behauptet wird, die Verfahrensanordnung der Gewerbebehörde erster Instanz vom 3. Juni 1992 sei "niemals zugestellt worden", entfernt sich die Beschwerdeführerin mit diesem Vorbringen vom Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten (die Zustellung der in Rede stehenden Verfahrensanordnung ist danach am 26. Juni 1992 von der Geschäftsführerin I übernommen worden.
Ob die Beschwerdeführerin nunmehr im Firmenbuch des Landesgerichtes Klagenfurt registriert und ihre "Geschäftsanschrift" in Kärnten ist, ist für die Entziehung des gegenständlichen Gewerbes ebensowenig wie der Betrieb derselben von Belang. Unstrittig steht fest, daß der Standort des die Entziehung betreffenden Baumeistergewerbes Wien, M-Straße 5, ist.
Der belangten Behörde kann somit weder eine rechtswidrige Gesetzesanwendung noch ein Verfahrensmangel angelastet werden, wenn sie die Tatbestandsvoraussetzungen des § 91 Abs. 2 GewO 1994 für erfüllt angesehen hat. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Unter Berücksichtigung der geltend gemachten Beschwerdegründe kann im Sinne dieser Gesetzesstelle angesichts des aufgezeigten Sachverhaltes nicht davon ausgegangen werden, daß eine mündliche Verhandlung geeignet gewesen wäre, eine Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage (weitere Klärung der Rechtssache) herbeizuführen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Im Hinblick auf die Beendigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den zu hg.
Zl. AW 95/04/0013 protokollierten Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995040046.X00Im RIS seit
20.11.2000