TE Bvwg Erkenntnis 2024/6/13 W285 2271954-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.06.2024
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Entscheidungsdatum

13.06.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W285 2271954-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX Staatsangehörigkeit: Somalia, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.04.2023, Zahl: XXXX , betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.02.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch XXXX , geboren am römisch XXXX Staatsangehörigkeit: Somalia, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.04.2023, Zahl: römisch XXXX , betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.02.2024, zu Recht:

A)

I.       Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX geboren am XXXX , gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.römisch eins.       Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch XXXX geboren am römisch XXXX , gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

II.      Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX geboren am XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.römisch II.      Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch XXXX geboren am römisch XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nichtzulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nichtzulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Somalias, stellte am 05.03.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 06.03.2022 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers zu seinem Antrag auf internationalen Schutz statt.

Am 24.03.2022 wurde an die griechischen Behörden ein Informationsersuchen nach der Dublin-III-VO gestellt. Der Beantwortung durch das griechische Ministerium für Migration und Asyl ist zu entnehmen, dass der Antrag des Beschwerdeführers in erster Instanz am 26.02.2022 abgelehnt wurde.

Vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion , wurde der Beschwerdeführer am 16.02.2023 niederschriftlich einvernommen und das im Zuge der Erstbefragung nicht korrekt erfasste Geburtsdatum in der Verfahrensidentität richtiggestellt.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.04.2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Fluchtgrund – eine Verfolgung durch Al Shabaab oder durch Familienangehörige des getöteten Mannes – nicht glaubhaft sei und auch keine anderen Anhaltspunkte für eine Verfolgungsgefahr hervorgekommen seien. Aufgrund der instabilen Sicherheitslage sowie der schlechten Versorgungslage in Somalia bestehe im Falle einer Rückkehr jedoch die reale Gefahr einer ausweglosen Situation und sei dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mogadischu nicht zumutbar, weshalb ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen sei. Der Bescheid wurde durch Hinterlegung am 12.04.2023 rechtswirksam zugestellt.Mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.04.2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte ihm gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt römisch III.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Fluchtgrund – eine Verfolgung durch Al Shabaab oder durch Familienangehörige des getöteten Mannes – nicht glaubhaft sei und auch keine anderen Anhaltspunkte für eine Verfolgungsgefahr hervorgekommen seien. Aufgrund der instabilen Sicherheitslage sowie der schlechten Versorgungslage in Somalia bestehe im Falle einer Rückkehr jedoch die reale Gefahr einer ausweglosen Situation und sei dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mogadischu nicht zumutbar, weshalb ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen sei. Der Bescheid wurde durch Hinterlegung am 12.04.2023 rechtswirksam zugestellt.

Mit dem am 08.05.2023 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingebrachten Schriftsatz vom selben Tag erhob der Beschwerdeführer durch seine gewillkürte Rechtsvertretung gegen den dargestellten Bescheid das Rechtsmittel der Beschwerde. Es wurde beantragt, den angefochtenen Spruchpunkt I. – allenfalls nach Verfahrensergänzung – zu beheben und dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen; eine mündliche Beschwerdeverhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG anzuberaumen; in eventu den hier angefochtenen Bescheid hinsichtlich des ersten Spruchpunktes zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurückzuverweisen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer als Angehöriger einer Minderheit nicht nur benachteiligt, sondern auch einer erhöhten Gefahr der Bedrohung durch Al Shabaab ausgesetzt sei. Im Fall des Beschwerdeführers hätten staatliche Behörden (das Militär) die Verfolgung durch Al Shabaab erst verursacht, da der Beschwerdeführer nicht freiwillig an die Tür jenes Al Shabaab-Mitgliedes geklopft habe, dass daraufhin von den Soldaten erschossen worden sei. Der Beschwerdeführer werde für die Tötung verantwortlich gemacht, seine Brüder seien bereits aus Vergeltungsgründen umgebracht worden. Der Beschwerdeführer habe sein Vorbringen überdies detailliert und lebensnah dargelegt und somit glaubhaft vorgebracht, von Al Shabaab verfolgt zu werden und sei ihm daher der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen.Mit dem am 08.05.2023 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingebrachten Schriftsatz vom selben Tag erhob der Beschwerdeführer durch seine gewillkürte Rechtsvertretung gegen den dargestellten Bescheid das Rechtsmittel der Beschwerde. Es wurde beantragt, den angefochtenen Spruchpunkt römisch eins. – allenfalls nach Verfahrensergänzung – zu beheben und dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG zuzuerkennen; eine mündliche Beschwerdeverhandlung gemäß Paragraph 24, Absatz eins, VwGVG anzuberaumen; in eventu den hier angefochtenen Bescheid hinsichtlich des ersten Spruchpunktes zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurückzuverweisen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer als Angehöriger einer Minderheit nicht nur benachteiligt, sondern auch einer erhöhten Gefahr der Bedrohung durch Al Shabaab ausgesetzt sei. Im Fall des Beschwerdeführers hätten staatliche Behörden (das Militär) die Verfolgung durch Al Shabaab erst verursacht, da der Beschwerdeführer nicht freiwillig an die Tür jenes Al Shabaab-Mitgliedes geklopft habe, dass daraufhin von den Soldaten erschossen worden sei. Der Beschwerdeführer werde für die Tötung verantwortlich gemacht, seine Brüder seien bereits aus Vergeltungsgründen umgebracht worden. Der Beschwerdeführer habe sein Vorbringen überdies detailliert und lebensnah dargelegt und somit glaubhaft vorgebracht, von Al Shabaab verfolgt zu werden und sei ihm daher der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen.

Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden vom Bundesamt vorgelegt und sind am 15.05.2023 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 31.05.2023 wurde die gegenständliche Rechtssache der Geschäftsabteilung W222 abgenommen und der Geschäftsabteilung W285 am 06.06.2023 zugewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 15.02.2024 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer, seine Rechtsvertretung sowie eine Dolmetscherin für die Sprache Somali teilnahmen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte im Vorfeld schriftlich mitgeteilt, auf die Teilnahme an der Verhandlung zu verzichten. Im Zuge der Verhandlung wurden dem Beschwerdeführer die im Verfahren herangezogenen Berichte zur Beurteilung der Lage in seinem Herkunftsstaat (aktuelle Länderberichte der Staatendokumentation zu Somalia, von UNHCR und EUAA, sowie der EASO-Bericht Information Somalia Targeted Profiles vom September 2021) zur Kenntnis gebracht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Das Bundesverwaltungsgericht geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgebenden Sachverhalt aus:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer heißt XXXX , er ist am XXXX geboren. Er ist Staatsangehöriger Somalias. Seine Identität steht nicht fest. Seine Erstsprache ist Somali, er beherrscht diese in Wort und Schrift. Er bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben und gehört dem Clan der Jareer (auch: Bantu) an. Der Beschwerdeführer ist verheiratet und kinderlos. (vgl. Erstbefragung 06.03.2022, AS 17 f; Einvernahme BFA 16.02.2023, AS 50; Verhandlungsprotokoll 15.02.2024, S 3 f)Der Beschwerdeführer heißt römisch XXXX , er ist am römisch XXXX geboren. Er ist Staatsangehöriger Somalias. Seine Identität steht nicht fest. Seine Erstsprache ist Somali, er beherrscht diese in Wort und Schrift. Er bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben und gehört dem Clan der Jareer (auch: Bantu) an. Der Beschwerdeführer ist verheiratet und kinderlos. vergleiche Erstbefragung 06.03.2022, AS 17 f; Einvernahme BFA 16.02.2023, AS 50; Verhandlungsprotokoll 15.02.2024, S 3 f)

Der Beschwerdeführer wurde im Dorf XXXX (alternative Schreibweise im Akt: XXXX ) geboren. Er wuchs in XXXX (alternative Schreibweise im Akt: XXXX ) in der Region Lower Shabelle auf und lebte dort bis zu seiner Ausreise, dies ist auch sein Herkunftsort. Der Beschwerdeführer hat Somalia mit einem gefälschten Reisepass auf dem Luftweg in die Türkei verlassen. Dort blieb er etwa einen Monat, bevor er nach Griechenland weiterreiste, wo er auch einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, der am 26.02.2022 erstinstanzlich abgelehnt wurde. Nach einem knapp zweijährigen Aufenthalt reiste der Beschwerdeführer schlepperunterstützt über Nordmazedonien, Serbien und Ungarn schließlich unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein. (vgl. Erstbefragung 06.03.2022, AS 19 und 20 f; Einvernahme BFA 16.02.2023, AS 49 und 52; Verhandlungsprotokoll 15.02.2024, S 3)Der Beschwerdeführer wurde im Dorf römisch XXXX (alternative Schreibweise im Akt: römisch XXXX ) geboren. Er wuchs in römisch XXXX (alternative Schreibweise im Akt: römisch XXXX ) in der Region Lower Shabelle auf und lebte dort bis zu seiner Ausreise, dies ist auch sein Herkunftsort. Der Beschwerdeführer hat Somalia mit einem gefälschten Reisepass auf dem Luftweg in die Türkei verlassen. Dort blieb er etwa einen Monat, bevor er nach Griechenland weiterreiste, wo er auch einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, der am 26.02.2022 erstinstanzlich abgelehnt wurde. Nach einem knapp zweijährigen Aufenthalt reiste der Beschwerdeführer schlepperunterstützt über Nordmazedonien, Serbien und Ungarn schließlich unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein. vergleiche Erstbefragung 06.03.2022, AS 19 und 20 f; Einvernahme BFA 16.02.2023, AS 49 und 52; Verhandlungsprotokoll 15.02.2024, S 3)

Der Beschwerdeführer hat in Somalia insgesamt sechs Jahre eine Koranschule und eine Grundschule besucht. Danach hat er bis zur Ausreise verschiedene Hilfstätigkeiten ausgeübt, er hat unter anderem seinen Bruder bei den Fahrten mit dem Bus begleitet, mit dem Personen und Waren transportiert wurden. (vgl. Erstbefragung 06.03.2022, AS 18; Einvernahme BFA 16.02.2023, AS 52; Verhandlungsprotokoll 15.02.2024, S 3 und 8)Der Beschwerdeführer hat in Somalia insgesamt sechs Jahre eine Koranschule und eine Grundschule besucht. Danach hat er bis zur Ausreise verschiedene Hilfstätigkeiten ausgeübt, er hat unter anderem seinen Bruder bei den Fahrten mit dem Bus begleitet, mit dem Personen und Waren transportiert wurden. vergleiche Erstbefragung 06.03.2022, AS 18; Einvernahme BFA 16.02.2023, AS 52; Verhandlungsprotokoll 15.02.2024, S 3 und 8)

Die Eltern des Beschwerdeführers, ein Bruder und vier Schwestern sowie seine Ehefrau leben in XXXX . Seine Eltern betrieben eine Landwirtschaft. Der Beschwerdeführer hat Kontakt zu seinen Familienangehörigen in Somalia. Drei Brüder des Beschwerdeführers wurden getötet. (vgl. Erstbefragung 06.03.2022, AS 19; Einvernahme BFA 16.02.2023, AS 52 f; Verhandlungsprotokoll 15.02.2024, S 4 und 7)Die Eltern des Beschwerdeführers, ein Bruder und vier Schwestern sowie seine Ehefrau leben in römisch XXXX . Seine Eltern betrieben eine Landwirtschaft. Der Beschwerdeführer hat Kontakt zu seinen Familienangehörigen in Somalia. Drei Brüder des Beschwerdeführers wurden getötet. vergleiche Erstbefragung 06.03.2022, AS 19; Einvernahme BFA 16.02.2023, AS 52 f; Verhandlungsprotokoll 15.02.2024, S 4 und 7)

Der Beschwerdeführer hat keine Familienangehörigen in Österreich. (vgl. Erstbefragung 06.03.2022, AS 19)Der Beschwerdeführer hat keine Familienangehörigen in Österreich. vergleiche Erstbefragung 06.03.2022, AS 19)

Der Beschwerdeführer ist gesund und benötigt keine Medikamente. (vgl. Einvernahme BFA 16.02.2023, AS 48)Der Beschwerdeführer ist gesund und benötigt keine Medikamente. vergleiche Einvernahme BFA 16.02.2023, AS 48)

Der Beschwerdeführer geht seit Juni 2023 einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nach, er ist demnach arbeitsfähig (vgl. AJ-Web-Auszug vom 04.12.2023).Der Beschwerdeführer geht seit Juni 2023 einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nach, er ist demnach arbeitsfähig vergleiche AJ-Web-Auszug vom 04.12.2023).

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten und subsidiär schutzberechtigt. Eine befristete Aufenthaltsberechtigung wurde ihm zuletzt mit Gültigkeit von 02.04.2024 bis 11.04.2026 erteilt. (vgl. Auszug Strafregister vom 14.02.2024, Auszug Zentrales Fremdenregister vom 03.05.2024; angefochtener Bescheid vom 07.04.2023, AS 69 ff)Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten und subsidiär schutzberechtigt. Eine befristete Aufenthaltsberechtigung wurde ihm zuletzt mit Gültigkeit von 02.04.2024 bis 11.04.2026 erteilt. vergleiche Auszug Strafregister vom 14.02.2024, Auszug Zentrales Fremdenregister vom 03.05.2024; angefochtener Bescheid vom 07.04.2023, AS 69 ff)

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer wurde in Somalia am XXXX von Soldaten, die Uniformen der somalischen Regierung trugen, gezwungen, bei einer ihm bekannten Familie an die Haustür zu klopfen. Der Vater der Familie wurde von den Soldaten hingerichtet, weil er ein Mitglied von Al Shabaab gewesen ist, der Beschwerdeführer musste die Erschießung mitansehen. Infolge wurde er von Angehörigen der Familie verfolgt, es wurde versucht, ihn zu töten. Drei seiner Brüder wurden von Clanangehörigen, die demselben Clan wie diese Familie angehörten, getötet. Dem Beschwerdeführer droht daher bei einer Rückkehr nach Somalia konkret und individuell die Gefahr, erneut von Angehörigen dieser Familie oder des Clans bzw. von Al Shabaab verfolgt zu werden, da er aufgrund seiner Rolle und Anwesenheit bei der Erschießung als für den Tod des Mannes verantwortlich angesehen wird. Der Beschwerdeführer wurde in Somalia am römisch XXXX von Soldaten, die Uniformen der somalischen Regierung trugen, gezwungen, bei einer ihm bekannten Familie an die Haustür zu klopfen. Der Vater der Familie wurde von den Soldaten hingerichtet, weil er ein Mitglied von Al Shabaab gewesen ist, der Beschwerdeführer musste die Erschießung mitansehen. Infolge wurde er von Angehörigen der Familie verfolgt, es wurde versucht, ihn zu töten. Drei seiner Brüder wurden von Clanangehörigen, die demselben Clan wie diese Familie angehörten, getötet. Dem Beschwerdeführer droht daher bei einer Rückkehr nach Somalia konkret und individuell die Gefahr, erneut von Angehörigen dieser Familie oder des Clans bzw. von Al Shabaab verfolgt zu werden, da er aufgrund seiner Rolle und Anwesenheit bei der Erschießung als für den Tod des Mannes verantwortlich angesehen wird.

Das Vorliegen anderer Verfolgungsgründe aufgrund von Religion, Nationalität, politischer Einstellung, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder ethnischer Zugehörigkeit wurde nicht konkret vorgebracht und sind auch keine Hinweise für eine solche Verfolgung im Verfahren hervorgekommen. Die vorgebrachten Diskriminierungen aufgrund der Zugehörigkeit zur Minderheit der Jareer erreichen für sich gesehen nicht die maßgebliche Schwelle, um eine asylrelevante Verfolgung zu begründen.


1.3. Zur für den gegenständlichen Fall maßgeblichen Situation in Somalia:

1.3.1. Auszug aus den Länderinformationen der Staatendokumentation (LI, Stand 08.01.2024):

4 Politische Lage

Letzte Änderung 2024-01-03 09:48

Hinsichtlich der meisten Tatsachen ist das Gebiet von Somalia faktisch zweigeteilt, nämlich in: a) die somalischen Bundesstaaten; und b) Somaliland, einen 1991 selbst ausgerufenen unabhängigen Staat, der international nicht anerkannt wird (AA 15.5.2023). Während Süd-/Zentralsomalia seit dem Zusammenbruch des Staates 1991 immer wieder von gewaltsamen Konflikten betroffen war und ist, hat sich der Norden des Landes unterschiedlich entwickelt (BS 2022a).

Quellen: […]

4.1 Süd-/Zentralsomalia, Puntland

Letzte Änderung 2024-01-03 09:48

Staatlichkeit: Somalia wird als der am meisten gescheiterte Staat der Welt beschrieben, das Land verfügt über keine einheitliche Regierung. Seit dem Zusammenbruch des autoritären Regimes von Mohamed Siad Barre im Jahr 1991 kämpft Somalia darum, eine Regierung zu bilden (Rollins/HIR 27.3.2023). Nach anderen Angaben ist Somalia zwar kein failed state mehr, bleibt aber ein fragiler Staat. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind demnach sehr schwach, wesentliche Staatsfunktionen können von ihnen nicht ausgeübt werden. Es gibt jedenfalls keine flächendeckende effektive Staatsgewalt (AA 15.5.2023). Denn obwohl das Land nominell von Präsident Hassan Sheikh Mohamud regiert wird, steht ein Großteil des Landes nicht unter staatlicher Kontrolle. Al Shabaab kontrolliert fast 70 % von Süd-/Zentralsomalia (Rollins/HIR 27.3.2023).

Die Bundesregierung ist nicht in der Lage, ihren Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag (nach westlicher Konzeption des Nationalstaates) in und um Mogadischu auch nur teilweise nachzukommen, geschweige denn ein landesweites Gewaltmonopol zu errichten. Sie bietet ihren Bürgern derzeit nur wenige wesentliche Dienstleistungen an. Die ständige Instabilität bleibt ein prägendes Merkmal des Lebens. Viele Menschen verlassen sich hinsichtlich grundlegender Dienstleistungen und Schutz weiterhin auf bestehende traditionelle, informelle Institutionen (Sahan/SWT 5.6.2023). Denn der Staat leidet an gescheiterten Institutionen, vom Gesundheitswesen bis zu den Sicherheitskräften. Persönlichkeitsorientierter Politik wird Vorrang gewährt. Informelle politische und Clanbeziehungen dominieren einen fragilen Staat. Und die immer noch offene institutionelle Lücke wird durch eine Reihe anderer Akteure – darunter al Shabaab – aufgefüllt (Sahan/Awad 28.8.2023).

Die Bundesregierung verfügt kaum über eine Möglichkeit, ihre Politik und von ihr beschlossene Gesetze im Land durch- bzw. umzusetzen (FH 2023a), da sie nur wenige Gebiete kontrolliert (BS 2022a). Gleichzeitig gilt Somalia als eines der korruptesten Länder der Welt und die Regierung ist zum Überleben stark auf internationale Hilfe angewiesen (Rollins/HIR 27.3.2023). Die Unfähigkeit, gegen die endemische Korruption vorzugehen, behindert den Staatsbildungsprozess und den Aufbau von Institutionen; der politische Machtkampf hat das Vertrauen der Bevölkerung in bestehende staatliche Institutionen weiter geschwächt, die politischen Konflikte haben die Kluft zwischen den Fraktionen vergrößert (BS 2022a).

Eigentlich sollte die Bundesregierung auch die Übergangsverfassung noch einmal überarbeiten, novellieren und darüber ein Referendum abhalten (USDOS 12.4.2022). Seit 2016 und 2017 die fünf Bundesstaaten gegründet wurden, stockt der Verfassungsprozess. Grundlegende Fragen des Staatsaufbaus sind nicht geklärt. Dies lähmt staatliches Handeln und fördert politische Spannungen zwischen Mogadischu und den föderalen Gliedstaaten, weil eben die Verfassungsgebung und Kompetenzverteilung noch immer nicht abgeschlossen sind (AA 15.5.2023).

Regierung: Unter der bestehenden Übergangsverfassung aus dem Jahr 2012 wird der Präsident für eine Amtszeit von vier Jahren von einer Zweidrittelmehrheit des Parlaments gewählt. Der Präsident teilt sich seine exekutive Macht mit dem Premierminister, der wiederum nur mit Unterstützung des Parlaments arbeiten kann (FH 2023a).

2017 wurde Farmaajo als Präsident gewählt, sein Mandat endete eigentlich Anfang 2021 (FH 2023a), er regierte aber bis Mai 2022 weiter (AA 15.5.2023). Somalia stürzte in eine schwere Verfassungs- und politische Krise (Sahan/Bryden 9.2.2021), in deren Folge es in Mogadischu zwischen Kräften der Regierung und Kräften der Opposition auch zu Kampfhandlungen kam (UNSC 19.5.2021). Mit der erneuten Wahl des ehemaligen Präsidenten Hassan Sheikh Mohamud (2012-2017) am 15.5.2022 wurde der Wahlprozess mit großer Verzögerung abgeschlossen. Trotz aller Bekundungen konnten die - eigentlich für Ende 2020 geplanten - Parlamentswahlen nicht demokratisch gestaltet werden. Stattdessen wurde wieder auf einen Selektionsprozess ähnlich wie bei den Wahlen 2016 zurückgegriffen (AA 15.5.2023; vgl. ÖBN 11.2022). Es gab 33 Kandidaten für das Präsidentenamt, darunter eine Frau. Die Präsidentschaftswahlen selbst wurden als friedlich und transparent bezeichnet (UNSC 1.9.2022a). In der letzten Wahlrunde erhielt Farmaajo 110 Stimmen, Hassan Sheikh Mohamud 214 Stimmen (FH 2023a). Der Wahlsieg wurde allgemein akzeptiert (AA 15.5.2023; vgl. UNSC 1.9.2022a). Am 9.6.2022 wurde der neue Präsident ins Amt eingeführt (UNSC 1.9.2022a). Hamza Abdi Barre trat im Juni 2022 sein Amt als Premierminister an. Im August 2022 wurde ein neues Kabinett bestehend aus 75 Ministern, stellvertretenden Ministern und Staatsministern ernannt (FH 2023a). Gleichzeitig arbeitet die Regierung vermehrt mit Sonderbeauftragten. Damit sollen mitunter Akteure der vormaligen Regierung umgangen werden (Sahan/STDOK/SEM 4.2023). Zudem musste Hassan Sheikh viele seiner Unterstützer inkludieren, damit diese nicht zur Opposition wechseln. Insgesamt ist die Regierung laut einer Quelle ausgewogen (DIPL-X/STDOK/SEM 4.2023).2017 wurde Farmaajo als Präsident gewählt, sein Mandat endete eigentlich Anfang 2021 (FH 2023a), er regierte aber bis Mai 2022 weiter (AA 15.5.2023). Somalia stürzte in eine schwere Verfassungs- und politische Krise (Sahan/Bryden 9.2.2021), in deren Folge es in Mogadischu zwischen Kräften der Regierung und Kräften der Opposition auch zu Kampfhandlungen kam (UNSC 19.5.2021). Mit der erneuten Wahl des ehemaligen Präsidenten Hassan Sheikh Mohamud (2012-2017) am 15.5.2022 wurde der Wahlprozess mit großer Verzögerung abgeschlossen. Trotz aller Bekundungen konnten die - eigentlich für Ende 2020 geplanten - Parlamentswahlen nicht demokratisch gestaltet werden. Stattdessen wurde wieder auf einen Selektionsprozess ähnlich wie bei den Wahlen 2016 zurückgegriffen (AA 15.5.2023; vergleiche ÖBN 11.2022). Es gab 33 Kandidaten für das Präsidentenamt, darunter eine Frau. Die Präsidentschaftswahlen selbst wurden als friedlich und transparent bezeichnet (UNSC 1.9.2022a). In der letzten Wahlrunde erhielt Farmaajo 110 Stimmen, Hassan Sheikh Mohamud 214 Stimmen (FH 2023a). Der Wahlsieg wurde allgemein akzeptiert (AA 15.5.2023; vergleiche UNSC 1.9.2022a). Am 9.6.2022 wurde der neue Präsident ins Amt eingeführt (UNSC 1.9.2022a). Hamza Abdi Barre trat im Juni 2022 sein Amt als Premierminister an. Im August 2022 wurde ein neues Kabinett bestehend aus 75 Ministern, stellvertretenden Ministern und Staatsministern ernannt (FH 2023a). Gleichzeitig arbeitet die Regierung vermehrt mit Sonderbeauftragten. Damit sollen mitunter Akteure der vormaligen Regierung umgangen werden (Sahan/STDOK/SEM 4.2023). Zudem musste Hassan Sheikh viele seiner Unterstützer inkludieren, damit diese nicht zur Opposition wechseln. Insgesamt ist die Regierung laut einer Quelle ausgewogen (DIPL-X/STDOK/SEM 4.2023).

Parlament, Wahlen und Demokratie: Die provisorische Verfassung sieht ein Zweikammernparlament mit einem 275-köpfigen Unterhaus und einem 54 Senatoren umfassenden Oberhaus vor (HIPS 1.11.2021). Die Mitglieder zum Oberhaus werden von den Parlamenten der Bundesstaaten gewählt. Die Wahlen zum Oberhaus begannen im Juli 2021 und konnten nach Monaten der Streitigkeiten im November 2021 abgeschlossen werden (FH 2023a). Sie wurden auf voller Breite manipuliert, nur um 15 der 54 Sitze gab es tatsächlich einen Wettstreit. Die meisten Senatoren sind nunmehr de facto von den Präsidenten der Bundesstaaten nominierte (HIPS 8.2.2022) Alliierte, Freunde und manchmal auch Familienangehörige. Insgesamt hat es sich nicht um einen glaubwürdigen Wahlbewerb gehandelt, der Vorgang kann kaum als "Wahl" bezeichnet werden (HIPS 1.11.2021).

Bei der Wahl zum Unterhaus wählen Älteste und Gruppen der Zivilgesellschaft eines bestimmten Subclans Wahlmänner, welche als Delegierte dann wiederum einen Abgeordneten küren. Senatoren und Abgeordnete wählen schlussendlich den Präsidenten. Der Manipulation sind Tür und Tor geöffnet (FP 22.9.2021). Eigentlich war für die Wahlen vorgesehen, dass jeder einzelne Unterhausabgeordnete von 101 Wahldelegierten seines Clans gewählt wird (2017 waren es 51 Delegierte pro Sitz). Später wurde die Zahl auf 67 Delegierte pro Sitz gesenkt (HIPS 1.11.2021). Insgesamt wurden die Wahlen durch innenpolitische Streitigkeiten für mehr als ein Jahr verzögert. Die Abgeordneten wurden in indirekter Wahl von Delegierten gewählt (AA 15.5.2023; vgl. UNSC 13.5.2022). In diesem Wahlsystem spielt eine begrenzte Anzahl an Volksvertretern eine sehr eingeschränkt demokratische Rolle (BS 2022a). Es musste eine allseits akzeptierte Repräsentation der verschiedenen Clans sowie der Gliedstaaten sichergestellt werden, was den Prozess der Delegiertenbestimmung sehr langwierig und intransparent machte. Die Legitimität der letzten Wahlprozesse war noch weitestgehend akzeptiert. Der derzeitige Prozess wird von verschiedenen nationalen und internationalen Politikern und Beobachtern hinsichtlich seiner Legitimität in Frage gestellt (AA 15.5.2023). Tatsächlich ist es auf breiter Front zu Wahlmanipulationen gekommen (HIPS 8.2.2022; vgl. ÖBN 11.2022) bzw. gab es zahlreiche Vorwürfe über Unregelmäßigkeiten und einen Mangel an Transparenz (UNSC 8.2.2022) sowie hinsichtlich Bestechung (AA 15.5.2023; vgl. Sahan/SWT 18.8.2023). Der Wahlvorgang wird von einer Quelle als die korrupteste, intransparenteste und teuerste Wahl in der jüngeren Geschichte Somalias bezeichnet. Viele der Abgeordneten haben demnach ihre Stimme an den Höchstbietenden verkauft (Sahan/SWT 18.7.2022; vgl. FH 2023a).Bei der Wahl zum Unterhaus wählen Älteste und Gruppen der Zivilgesellschaft eines bestimmten Subclans Wahlmänner, welche als Delegierte dann wiederum einen Abgeordneten küren. Senatoren und Abgeordnete wählen schlussendlich den Präsidenten. Der Manipulation sind Tür und Tor geöffnet (FP 22.9.2021). Eigentlich war für die Wahlen vorgesehen, dass jeder einzelne Unterhausabgeordnete von 101 Wahldelegierten seines Clans gewählt wird (2017 waren es 51 Delegierte pro Sitz). Später wurde die Zahl auf 67 Delegierte pro Sitz gesenkt (HIPS 1.11.2021). Insgesamt wurden die Wahlen durch innenpolitische Streitigkeiten für mehr als ein Jahr verzögert. Die Abgeordneten wurden in indirekter Wahl von Delegierten gewählt (AA 15.5.2023; vergleiche UNSC 13.5.2022). In diesem Wahlsystem spielt eine begrenzte Anzahl an Volksvertretern eine sehr eingeschränkt demokratische Rolle (BS 2022a). Es musste eine allseits akzeptierte Repräsentation der verschiedenen Clans sowie der Gliedstaaten sichergestellt werden, was den Prozess der Delegiertenbestimmung sehr langwierig und intransparent machte. Die Legitimität der letzten Wahlprozesse war noch weitestgehend akzeptiert. Der derzeitige Prozess wird von verschiedenen nationalen und internationalen Politikern und Beobachtern hinsichtlich seiner Legitimität in Frage gestellt (AA 15.5.2023). Tatsächlich ist es auf breiter Front zu Wahlmanipulationen gekommen (HIPS 8.2.2022; vergleiche ÖBN 11.2022) bzw. gab es zahlreiche Vorwürfe über Unregelmäßigkeiten und einen Mangel an Transparenz (UNSC 8.2.2022) sowie hinsichtlich Bestechung (AA 15.5.2023; vergleiche Sahan/SWT 18.8.2023). Der Wahlvorgang wird von einer Quelle als die korrupteste, intransparenteste und teuerste Wahl in der jüngeren Geschichte Somalias bezeichnet. Viele der Abgeordneten haben demnach ihre Stimme an den Höchstbietenden verkauft (Sahan/SWT 18.7.2022; vergleiche FH 2023a).

Am 28.4.2022 wurde der Wahlprozess der am 29.7.2021 begonnenen Parlamentswahlen abgeschlossen (AA 15.5.2023). Alle 275 Abgeordneten zum Unterhaus waren gewählt, 20 % davon sind Frauen (UNSC 13.5.2022). Insgesamt erfolgte die Zusammensetzung des Unterhauses entlang der 4.5-Formel, wonach den vier Hauptclans jeweils ein Teil der Sitze zusteht, den [sogenannten] kleineren Clans und Minderheiten zusammen ein halber Teil (USDOS 20.3.2023; vgl. AA 15.5.2023; ÖBN 11.2022; BS 2022a). Seit dem Jahr 2000 gilt diese 4.5-Formel, die eigentlich dazu bestimmt war, Somalia vorübergehend Stabilität zu verleihen. Allerdings hat sie sich bezüglich der Entwicklung des Landes als kontraproduktiv erwiesen. Denn mit ihr sind Clanzugehörigkeit und -Loyalität wieder wichtiger geworden als die Loyalität zum Staat (Sahan/SWT 28.3.2022). Zudem sind im Rahmen der 4.5-Formel die Toppositionen der Bundesregierung für Darod und Hawiye reserviert (ACLED 28.7.2023). Trotzdem sorgt dieses System dafür, dass viele Clans repräsentiert werden (Sahan/SWT 16.6.2023). Nach Angabe eines Experten ist das 4.5-System zwar in vielerlei Hinsicht unfair; doch es ist gegenwärtig jenes System, das wenigstens ein Minimum an Stabilität garantiert (AQ21 11.2023). Am 28.4.2022 wurde der Wahlprozess der am 29.7.2021 begonnenen Parlamentswahlen abgeschlossen (AA 15.5.2023). Alle 275 Abgeordneten zum Unterhaus waren gewählt, 20 % davon sind Frauen (UNSC 13.5.2022). Insgesamt erfolgte die Zusammensetzung des Unterhauses entlang der 4.5-Formel, wonach den vier Hauptclans jeweils ein Teil der Sitze zusteht, den [sogenannten] kleineren Clans und Minderheiten zusammen ein halber Teil (USDOS 20.3.2023; vergleiche AA 15.5.2023; ÖBN 11.2022; BS 2022a). Seit dem Jahr 2000 gilt diese 4.5-Formel, die eigentlich dazu bestimmt war, Somalia vorübergehend Stabilität zu verleihen. Allerdings hat sie sich bezüglich der Entwicklung des Landes als kontraproduktiv erwiesen. Denn mit ihr sind Clanzugehörigkeit und -Loyalität wieder wichtiger geworden als die Loyalität zum Staat (Sahan/SWT 28.3.2022). Zudem sind im Rahmen der 4.5-Formel die Toppositionen der Bundesregierung für Darod und Hawiye reserviert (ACLED 28.7.2023). Trotzdem sorgt dieses System dafür, dass viele Clans repräsentiert werden (Sahan/SWT 16.6.2023). Nach Angabe eines Experten ist das 4.5-System zwar in vielerlei Hinsicht unfair; doch es ist gegenwärtig jenes System, das wenigstens ein Minimum an Stabilität garantiert (AQ21 11.2023).

Seit Jahrzehnten hat es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder nationaler Ebene mehr gegeben (AA 15.5.2023; vgl. FH 2023a). In Süd-/Zentralsomalia gibt es keine demokratischen Institutionen. Somalia ist keine Wahldemokratie und hat auch keine strikte Gewaltenteilung, auch wenn die Übergangsverfassung eine Mehrparteiendemokratie und Gewaltenteilung vorsieht (BS 2022a). Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft hilfsweise unter Einbeziehung demokratisch nicht legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clanstrukturen) vergeben (AA 15.5.2023). Eine andere Quelle gibt zu bedenken: Auch wenn sie nicht wirklich frei und fair waren, so haben die in den letzten zwei Jahrzehnten in Somalia durchgeführten indirekten Wahlen zu Ergebnissen geführt, die im Allgemeinen von den politischen Akteuren und der Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert wurden. So wurden durch einen - gewaltfreien - Wahlprozess jeweils schwache, aber akzeptierte Institutionen geschaffen (HIPS 1.11.2021). Generell sind zwar immer wieder progressive Bemühungen zu beobachten, jedoch scheint der Druck der konservativen Eliten im Land oftmals größer zu sein als das tatsächliche Bewusstsein in Bezug auf Demokratie und Menschenrechte (ÖBN 11.2022).Seit Jahrzehnten hat es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder nationaler Ebene mehr gegeben (AA 15.5.2023; vergleiche FH 2023a). In Süd-/Zentralsomalia gibt es keine demokratischen Institutionen. Somalia ist keine Wahldemokratie und hat auch keine strikte Gewaltenteilung, auch wenn die Übergangsverfassung eine Mehrparteiendemokratie und Gewaltenteilung vorsieht (BS 2022a). Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft hilfsweise unter Einbeziehung demokratisch nicht legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clanstrukturen) vergeben (AA 15.5.2023). Eine andere Quelle gibt zu bedenken: Auch wenn sie nicht wirklich frei und fair waren, so haben die in den letzten zwei Jahrzehnten in Somalia durchgeführten indirekten Wahlen zu Ergebnissen geführt, die im Allgemeinen von den politischen Akteuren und der Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert wurden. So wurden durch einen - gewaltfreien - Wahlprozess jeweils schwache, aber akzeptierte Institutionen geschaffen (HIPS 1.11.2021). Generell sind zwar immer wieder progressive Bemühungen zu beobachten, jedoch scheint der Druck der konservativen Eliten im Land oftmals größer zu sein als das tatsächliche Bewusstsein in Bezug auf Demokratie und Menschenrechte (ÖBN 11.2022).

Im Mai 2023 wurde beschlossen, dass am 30.6.2024 Kommunalwahlen und am 30.11.2024 Wahlen auf Bundesstaatsebene stattfinden sollen. Beide Wahlen sollen als allgemeine Wahlen durchgeführt werden (UNSC 15.6.2023; vgl. Sahan/SWT 9.6.2023). Dies scheint allerdings unrealistisch (Sahan/SWT 9.6.2023).Im Mai 2023 wurde beschlossen, dass am 30.6.2024 Kommunalwahlen und am 30.11.2024 Wahlen auf Bundesstaatsebene stattfinden sollen. Beide Wahlen sollen als allgemeine Wahlen durchgeführt werden (UNSC 15.6.2023; vergleiche Sahan/SWT 9.6.2023). Dies scheint allerdings unrealistisch (Sahan/SWT 9.6.2023).

Aktuelle politische Lage: Der Präsident setzt auf ein klares und geregeltes Verhältnis zwischen der Bundesregierung und den Bundesstaaten - auch wenn dabei noch ein weiter Weg zu gehen sein wird. Hassan Sheikh versucht zudem, Versäumnisse der Vorgängerregierung aufzuholen. Er hat in den ersten sechs Monaten seiner Amtszeit mehr Gesetzesvorschläge (z.B. zum Nachrichtendienst, zur Stromversorgung, zur Fischerei) im Parlament zur Abstimmung gebracht als sein Vorgänger in fünf Jahren (BMLV 1.12.2023). Seine moderat-islamische politische Ausrichtung (BMLV 1.12.2023; vgl. Sahan/SWT 28.6.2022) entspricht de facto der Ausrichtung der Muslimbruderschaft (BMLV 1.12.2023). Der Präsident stützt sich dabei auf die von ihm gegründete politische Partei, Union for Peace and Development (AQ13 6.2023; vgl. BMLV 1.12.2023), der fast alle vom Präsidenten ernannten Personen angehören und über deren Inhalte wenig bekannt ist (AQ13 6.2023), und die islamische Gruppierung Damul Jadiid (Neues Blut) (BMLV 1.12.2023).Aktuelle politische Lage: Der Präsident setzt auf ein klares und geregeltes Verhältnis zwischen der Bundesregierung und den Bundesstaaten - auch wenn dabei noch ein weiter Weg zu gehen sein wird. Hassan Sheikh versucht zudem, Versäumnisse der Vorgängerregierung aufzuholen. Er hat in den ersten sechs Monaten seiner Amtszeit mehr Gesetzesvorschläge (z.B. zum Nachrichtendienst, zur Stromversorgung, zur Fischerei) im Parlament zur Abstimmung gebracht als sein Vorgänger in fünf Jahren (BMLV 1.12.2023). Seine moderat-islamische politische Ausrichtung (BMLV 1.12.2023; vergleiche Sahan/SWT 28.6.2022) entspricht de facto der Ausrichtung der Muslimbruderschaft (BMLV 1.12.2023). Der Präsident stützt sich dabei auf die von ihm gegründete politische Partei, Union for Peace and Development (AQ13 6.2023; vergleiche BMLV 1.12.2023), der fast alle vom Präsidenten ernannten Personen angehören und über deren Inhalte wenig bekannt ist (AQ13 6.2023), und die islamische Gruppierung Damul Jadiid (Neues Blut) (BMLV 1.12.2023).

Präsident Hassan Sheikh hat von seinem Vorgänger eine politisierte, parteiische und unfähige Bürokratie geerbt. Die Nabad iyo Nolol (N&N, Friede und Leben), die Partei von Ex-Präsident Farmaajo, hat fünf Jahre damit verbracht, die Verwaltung zu zentralisieren (Sahan/SWT 17.6.2022). Zudem hatte die salafistische al I'tisaam unter Präsident Farmaajo an Macht gewonnen. Die Gruppe erachtet die Demokratie als Verletzung der Scharia (Sahan/SWT 5.9.2022) und gilt als ideologischer Bruder von al Shabaab (Sahan/Bacon/Guiditta 7.8.2023). Al I'tisaam verfolgt de facto die gleichen Ziele wie al Shabaab – aber ohne Gewalt. Dafür versucht die Gruppe die Wirtschaft zu beeinflussen. Gleichzeitig gibt es zwischen beiden Gruppen einen Dialog (Sahan/STDOK/SEM 4.2023). Mit dieser Nähe ist unter Farmaajo die Grenze zwischen Regierung und Rebellen verschwommen. Al Shabaab hat damals mitunter auch Gegner des Präsidenten angegriffen und getötet. Präsident Hassan Sheikh ist eindeutig gegen al Shabaab eingestellt (IO-D/STDOK/SEM 4.2023), die Bundesregierung dem Kampf gegen die Gruppe verpflichtet (Researcher/STDOK/SEM 4.2023). Der Präsident hat die internationale Gemeinschaft und Clanmilizen mobilisiert und war damit relativ erfolgreich. Größerer Teile von Galmudug und HirShabelle konnten so eingenommen werden (IO-D/STDOK/SEM 4.2023).

Um den Einfluss von N&N zu tilgen und eine inklusive Politik umzusetzen, wird es Zeit brauchen. Gleichzeitig wird N&N alles daran setzen, von Hassan Sheikh vorangetriebene Reformen zu sabotieren (Sahan/SWT 17.6.2022). Folglich ist das Machtzentrum Somalias nach der Machtübernahme durch den neuen Präsidenten paralysiert. Eine Elite im Wettstreit stehender islamistischer Fraktionen, die allesamt dem Föderalismus abgeneigt sind, versucht, Reformen zu hintertreiben oder rückgängig zu machen. Präsident Hassan Sheikh möchte eine eigene Fraktion, Damul Jadiid, stärken. Insgesamt ist die Politik in Somalia zunehmend in der Hand von Eliten und fraktioniert (Sahan/SWT 28.6.2022). Ex-Präsident Farmaajo nutzt massiv die Sozialen Medien, um gegen Präsident Hassan Sheikh zu agieren (AQ14 8.2023; vgl. DIPL-X/STDOK/SEM 4.2023). Andererseits besteht der Verdacht, dass jene Personen, die zuletzt wegen Korruption verfolgt worden sind, aufgrund politischer Rivalitäten verfolgt werden. Die Vorgangsweise bedeutet, dass die NISA nach wie vor politisch agiert (AQ14 8.2023).Um den Einfluss von N&N zu tilgen und eine inklusive Politik umzusetzen, wird es Zeit brauchen. Gleichzeitig wird N&N alles daran setzen, von Hassan Sheikh vorangetriebene Reformen zu sabotieren (Sahan/SWT 17.6.2022). Folglich ist das Machtzentrum Somalias nach der Machtübernahme durch den neuen Präsidenten paralysiert. Eine Elite im Wettstreit stehender islamistischer Fraktionen, die allesamt dem Föderalismus abgeneigt sind, versucht, Reformen zu hintertreiben oder rückgängig zu machen. Präsident Hassan Sheikh möchte eine eigene Fraktion, Damul Jadiid, stärken. Insgesamt ist die Politik in Somalia zunehmend in der Hand von Eliten und fraktioniert (Sahan/SWT 28.6.2022). Ex-Präsident Farmaajo nutzt massiv die Sozialen Medien, um gegen Präsident Hassan Sheikh zu agieren (AQ14 8.2023; vergleiche DIPL-X/STDOK/SEM 4.2023). Andererseits besteht der Verdacht, dass jene Personen, die zuletzt wegen Korruption verfolgt worden sind, aufgrund politischer Rivalitäten verfolgt werden. Die Vorgangsweise bedeutet, dass die NISA nach wie vor politisch agiert (AQ14 8.2023).

Es läuft ein verzweifelter Kampf um die Macht zwischen Damul Jadiid und der Gegenseite (Daljir) (Sahan/STDOK/SEM 4.2023). Vierzehn Monate nach Beginn der Amtszeit von Hassan Sheikh deutet alles auf Zwietracht hin. Grundlegende Brüche beginnen wieder zum Vorschein zu kommen (Sahan/SWT 7.7.2023). Eine direkte, ernste Konfrontation ist demnach nicht auszuschließen, und die Regierung wankt (Sahan/STDOK/SEM 4.2023). Der Präsident steht am Rand; er muss die Offensive gegen al Shabaab gewinnen, sonst gewinnt die Gegenseite an Stärke. V.a. Abgaal sind dabei, die Pläne des Präsidenten zu manipulieren (IO-D/STDOK/SEM 4.2023). Und es ist nicht auszuschließen, dass Farmaajo nur deshalb friedlich sein Amt geräumt hat, um nach Hassan Sheikh wieder an die Macht zurückzukehren (DIPL-X/STDOK/SEM 4.2023).Es läuft ein verzweifelter Kampf um die Macht zwischen Damul Jadiid und der Gegenseite (Daljir) (Sahan/STDOK/SEM 4.2023). Vierzehn Monate nach Beginn der Amtszeit von Hassan Sheikh deutet alles auf Zwietracht hin. Grundlegende Brüche beginnen wieder zum Vorschein zu kommen (Sahan/SWT 7.7.2023). Eine direkte, ernste Konfrontation ist demnach nicht auszuschließen, und die Regierung wankt (Sahan/STDOK/SEM 4.2023). Der Präsident steht am Rand; er muss die Offensive gegen al Shabaab gewinnen, sonst gewinnt die Gegenseite an Stärke. römisch fünf.a. Abgaal sind dabei, die Pläne des Präsidenten zu manipulieren (IO-D/STDOK/SEM 4.2023). Und es ist nicht auszuschließen, dass Farmaajo nur deshalb friedlich sein Amt geräumt hat, um nach Hassan Sheikh wieder an die Macht zurückzukehren (DIPL-X/STDOK/SEM 4.2023).

Generell ist die politische Landschaft durch ein komplexes Zusammenspiel von Clandynamiken, regionalen Rivalitäten und Machtkämpfen auf oberen Ebenen gekennzeichnet. Clanbasierte Politik und Identitäten haben die Bildung politischer Allianzen und Konflikte im ganzen Land erheblich beeinflusst. Verschiedene Fraktionen und regionale Regierungen wetteifern um die Macht, was zu politischer Fragmentierung und einem Mangel an kohärenter Regierungsführung geführt hat. Der erste nennenswerte Ausdruck der Zwietracht in der aktuellen Regierung kam im Jänner 2023, als Puntland sich bis zur Verabschiedung der endgültigen somalischen Verfassung für unabhängig von der Bundesregierung erklärt hatte. Im Juni 2023 verkündete der ehemalige Gouverneur Ali Jeyte Osman einseitig die Trennung der Region Hiiraan vom Bundesstaat HirShabelle. Im Bundesstaat SWS kam es zu Spannungen in Baraawe, und auch in der zum Bundesstaat Jubaland gehörenden Region Gedo sind erneut Spannungen aufgetreten (Sahan/SWT 7.7.2023).

Föderalisierung: Die Übergangsverfassung sieht föderale Strukturen mit zwei Regierungsebenen vor: Die Bundesregierung (Federal Government) sowie die Bundesstaaten (Federal Member States), welche auch Lokalregierungen umfassen (SIDRA/Salim 1.12.2022). Seit damals sind sechs Entitäten durch die Bundesregierung als Bundesstaaten anerkannt worden: Puntland, Galmudug, Jubaland, South West State (SWS) und HirShabelle. Jeder dieser Bundesstaaten hat eine eigene Verfassung. Somaliland wird als sechster Bundesstaat erachtet (UNHCR 22.12.2021). Die Hauptstadtregion Benadir (Mogadischu) verbleibt als Banadir Regional Administration/BRA unter direkter Kontrolle der Bundesregierung (HIPS 8.2.2022). Die Bildung der Bundesstaaten erfolgte im Lichte der Clanbalance: Galmudug und HirShabelle für die Hawiye; Puntland und Jubaland für die Darod; der SWS für die Rahanweyn; Somaliland für die Dir. Allerdings finden sich in jedem Bundesstaat Clans, die mit der Zusammensetzung ihres Bundesstaates unzufrieden sind, weil sie plötzlich zur Minderheit wurden (STDOK 8.2017).

Ein Jahrzehnt nach Einführung der föderalen Verfassung gibt es nur geringe Fortschritte hinsichtlich der Implementierung funktionierender Beziehungen zwischen den Regierungsebenen. Die Judicial Service Commission sowie das Verfassungsgericht wurden immer noch nicht eingerichtet, es gibt keine Möglichkeit, Konflikte zwischen den Regierungsebenen geregelt zu lösen. Die Verfassungen der Bundesstaaten widersprechen teilweise der Bundesverfassung, was wiederum zu Spannungen in den Beziehungen zwischen den Regierungsebenen führt. So sieht z.B. die puntländische Verfassung diplomatische Beziehungen des Bundesstaates vor, obgleich die Außenpolitik laut Bundesverfassung bei der Bundesregierung liegt (SIDRA/Salim 1.12.2022). Gleichzeitig wurden zahlreiche Befugnisse nicht geklärt. Das betrifft die Verteidigung, welche militärischen Truppen und Polizeieinheiten vor Ort eingesetzt werden können, die Frage der Ressourcenverteilung, die Verteilung von internationalen Hilfsgeldern. Auch Entwicklungszusammenarbeitsprojekte werden über die Zentralregierung in Mogadischu abgewickelt, und die Verteilung auf die Regionen ist strittig, ebenso die Fragen, wer welche Hoheiten über welche Verträge hat (ACCORD 31.5.2021).

Präsident Farmaajo hatte versucht, die Macht wieder zu zentralisieren (TNYT 14.4.2021). Unter der neuen Regierung sind die Spannungen zwischen den Bundesstaaten und der Regierung vorerst weitestgehend abgeflaut (BMLV 1.12.2023; vgl. ÖBN 11.2022). Eine Ausnahme bildet Puntland, das die Zusammenarbeit mit der Bundesregierung aufgekündigt hat (BMLV 1.12.2023). Trotzalledem hat sich der National Consultative Council (NCC) im Jahr 2023 bereits zweimal getroffen. Dieser umfasst die Führungen von Bundesregierung und Bundesstaaten (UNSC 15.6.2023). Bei den NCCs war Puntland nicht vertreten (UNSC 15.6.2023; vgl. DIPL-X/STDOK/SEM 4.2023).Präsident Farmaajo hatte versucht, die Macht wieder zu zentralisieren (TNYT 14.4.2021). Unter der neuen Regierung sind die Spannungen zwischen den Bundesstaaten und der Regierung vorerst weitestgehend abgeflaut (BMLV 1.12.2023; vergleiche ÖBN 11.2022). Eine Ausnahme bildet Puntland, das die Zusammenarbeit mit der Bundesregierung aufgekündigt hat (BMLV 1.12.2023). Trotzalledem hat sich der National Consultative Council (NCC) im Jahr 2023 bereits zweimal getroffen. Dieser umfasst die Führungen von Bundesregierung und Bundesstaaten (UNSC 15.6.2023). Bei den NCCs war Puntland nicht vertreten (UNSC 15.6.2023; vergleiche DIPL-X/STDOK/SEM 4.2023).

Demokratie - Bundesstaaten: Die Bundesstaaten nutzen bei der Bildung ihrer Legislative ebenfalls Clan-basierte Machtteilungssysteme statt direkter Wahlen (FH 2023a). Abgesehen von Puntland werden sich die Wahlen in den Bundesstaaten Galmudug, HirShabelle, Jubaland und dem SWS verzögern. Die Parlamente dieser Bundesstaaten haben letztes Jahr beschlossen, die Amtszeit der jeweiligen Präsidenten auf fünf Jahre zu verlängern (ACLED 28.7.2023). Sowohl in Jubaland als auch im SWS gibt es diesbezüglich Widerstand der Opposition. Fast jeder Bundesstaat erlebt derzeit irgendeine Form von politischem Aufruhr aufgrund von Meinungsverschiedenheiten im Wahlzeitplan. Galmudug bereitet sich auf Wahlen vor und wartet gleichzeitig auf die Möglichkeit einer verlängerten Amtszeit des Präsidenten, und die Verfassungskrisen in Puntland gehen weiter (Sahan/SWT 22.9.2023).

Quellen: […]

[…]

4.1.2 South West State (SWS; Bay, Bakool, Lower Shabelle)

Letzte Änderung 2024-01-03 09:48

Der SWS wurde in den Jahren 2014/2015 etabliert (HIPS 2021). Abdulaziz Hassan Mohamed 'Laftagareen' wurde 2018 ins Amt gewählt, nachdem sein Konkurrent im Wahlkampf, der ehemalige hohe Funktionär der al Shabaab und nunmehrige Bundesreligionsminister, Mukhtar Robow, in Haft gesetzt worden war. Der Rat der Präsidentschaftskandidaten des SWS stellte sich gegen die Ambition Laftagareens. Zudem ist in Baidoa eine Miliz namens Salvation Army of South West aufgetreten, die der Opposition zuzurechnen ist. Die Amtszeit von Laftagareen war im April 2020 vom Parlament verlängert worden (TEA 25.12.2022) - und zwar bis 2024

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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