Entscheidungsdatum
30.04.2024Norm
AsylG 2005 §34 Abs2Spruch
W161 2251603-2/4E
Im namen der republik!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch XXXX , Rechtsanwältin in 1030 Wien, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 01.08.2023, Zahl XXXX , zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN über die Beschwerde von römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch römisch XXXX , Rechtsanwältin in 1030 Wien, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 01.08.2023, Zahl römisch XXXX , zu Recht:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben. Das beantragte Visum ist zu erteilen.A) Der Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben. Das beantragte Visum ist zu erteilen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: „BF“) ist Staatsangehörige von Afghanistan und stellte am 14.12.2020 bei der Österreichischen Botschaft Islamabad (im Folgenden: „ÖB Islamabad“) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Begründend führte sie aus, ihrem Ehemann, XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, sei mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden. 1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: „BF“) ist Staatsangehörige von Afghanistan und stellte am 14.12.2020 bei der Österreichischen Botschaft Islamabad (im Folgenden: „ÖB Islamabad“) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß Paragraph 35, Absatz eins, AsylG 2005. Begründend führte sie aus, ihrem Ehemann, römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, sei mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom römisch XXXX der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden.
Im Befragungsformular vom 04.05.2021 wurde angegeben, dass die Ehe am XXXX in XXXX (Afghanistan) geschlossen worden sei. Es habe ein gemeinsames Familienleben mit der Bezugsperson im Herkunftsland existiert und ein gemeinsamer Haushalt vor der Flucht der Bezugsperson bestanden. Es bestehe ein aufrechtes Familienverhältnis mit der Bezugsperson, dieses werde durch regelmäßige Telefonate sowie mittels Kontakt über das Internet im Ausmaß von 1 bis 2 Mal pro Woche aufrecht erhalten. Das Familienleben solle mit der Bezugsperson in Österreich fortgesetzt werden. Im Befragungsformular vom 04.05.2021 wurde angegeben, dass die Ehe am römisch XXXX in römisch XXXX (Afghanistan) geschlossen worden sei. Es habe ein gemeinsames Familienleben mit der Bezugsperson im Herkunftsland existiert und ein gemeinsamer Haushalt vor der Flucht der Bezugsperson bestanden. Es bestehe ein aufrechtes Familienverhältnis mit der Bezugsperson, dieses werde durch regelmäßige Telefonate sowie mittels Kontakt über das Internet im Ausmaß von 1 bis 2 Mal pro Woche aufrecht erhalten. Das Familienleben solle mit der Bezugsperson in Österreich fortgesetzt werden.
Im Zuge der Antragstellung wurde ein afghanischer Zivilregisterauszug vom 07.12.2020 vorgelegt, der den Familienstand der BF als verheiratet ausweist. Ein „Marriage Certificate“ vom 01.12.2020 weist als Eheschließungsdatum den XXXX auf; die Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson sei laut den ageführten Zeugen in XXXX (Afghanistan) geschlossen worden. Im Zuge der Antragstellung wurde ein afghanischer Zivilregisterauszug vom 07.12.2020 vorgelegt, der den Familienstand der BF als verheiratet ausweist. Ein „Marriage Certificate“ vom 01.12.2020 weist als Eheschließungsdatum den römisch XXXX auf; die Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson sei laut den ageführten Zeugen in römisch XXXX (Afghanistan) geschlossen worden.
2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: „BFA“) teilte in seiner Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 06.09.2021 mit, dass die Gewährung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten im vorliegenden Fall nicht wahrscheinlich sei. Die behauptete Ehe widerspreche dem ordre public.2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: „BFA“) teilte in seiner Mitteilung gemäß Paragraph 35, Absatz 4, AsylG 2005 vom 06.09.2021 mit, dass die Gewährung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten im vorliegenden Fall nicht wahrscheinlich sei. Die behauptete Ehe widerspreche dem ordre public.
In der Stellungnahme des BFA wurde dazu näher ausgeführt, dass die Ehe laut Heiratsurkunde am XXXX geschlossen worden sei. Der Bräutigam sei zum Zeitpunkt der Eheschließung XXXX Jahre alt und die Braut XXXX Jahre alt gewesen. Beide Ehepartner seien daher zum Zeitpunkt der Eheschließung minderjährig gewesen. Eine Heirat zweier Minderjähriger sei in Österreich verboten. Es handle sich um eine dem ordre-public widerstreitende Kinderehe. Die Bezugsperson sei damit kein Familienangehöriger im Sinne des Asylgesetzes. Eine Einreise im Hinblick auf den Art. 8 EMRK sei nicht geboten. In der Stellungnahme des BFA wurde dazu näher ausgeführt, dass die Ehe laut Heiratsurkunde am römisch XXXX geschlossen worden sei. Der Bräutigam sei zum Zeitpunkt der Eheschließung römisch XXXX Jahre alt und die Braut römisch XXXX Jahre alt gewesen. Beide Ehepartner seien daher zum Zeitpunkt der Eheschließung minderjährig gewesen. Eine Heirat zweier Minderjähriger sei in Österreich verboten. Es handle sich um eine dem ordre-public widerstreitende Kinderehe. Die Bezugsperson sei damit kein Familienangehöriger im Sinne des Asylgesetzes. Eine Einreise im Hinblick auf den Artikel 8, EMRK sei nicht geboten.
im vorliegenden Fall hätten sich gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten (im Sinn von § 35 Abs. 5 AsylG) Familienverhältnisses ergeben. Beide Ehepartner seien zum Zeitpunkt der Eheschließung minderjährig gewesen und liege eine Kinderehe vor. Die behauptete Gültigkeit der Ehe liege nicht vor, da diese gegen den ordre-public-Grundsatz verstoße (Doppelehen, Zwangsehen, Kinderehen, Stellvertreter- bzw. Telefonehen).im vorliegenden Fall hätten sich gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten (im Sinn von Paragraph 35, Absatz 5, AsylG) Familienverhältnisses ergeben. Beide Ehepartner seien zum Zeitpunkt der Eheschließung minderjährig gewesen und liege eine Kinderehe vor. Die behauptete Gültigkeit der Ehe liege nicht vor, da diese gegen den ordre-public-Grundsatz verstoße (Doppelehen, Zwangsehen, Kinderehen, Stellvertreter- bzw. Telefonehen).
3. Mit Schreiben vom 12.09.2021 wurde der BF die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt und gleichzeitig die negative Stellungnahme des BFA übermittelt.
4. Am 16.09.2021 wurde innerhalb offener Frist eine Stellungnahme eingebracht.
Darin wurde insbesondere ausgeführt, dass die BF zum Zeitpunkt der Eheschließung am XXXX knapp XXXX Jahre alt gewesen sei – die Eheschließung sei einen Tag vor ihrem XXXX Geburtstag erfolgt. Die Bezugsperson sei bei der Eheschließung XXXX Jahre alt gewesen. Diesbezüglich müsse jedoch berücksichtigt werden, dass gemäß der aktuellen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs eine von Minderjährigen geschossene Ehe nicht jedenfalls nur wegen der Minderjährigkeit als ordre-public widrig anzusehen sei. Vielmehr müssten zur Beurteilung, ob eine von Minderjährigen geschlossene Ehe ordre-public-widrig sei, die Umstände des Einzelfalls (wie insbesondere die Intensität der Inlandsbeziehung, Bestand, Dauer und Ausgestaltung der Ehe, der Wille der minderjährigen Eheleute, etc.) berücksichtigt werden. Darin wurde insbesondere ausgeführt, dass die BF zum Zeitpunkt der Eheschließung am römisch XXXX knapp römisch XXXX Jahre alt gewesen sei – die Eheschließung sei einen Tag vor ihrem römisch XXXX Geburtstag erfolgt. Die Bezugsperson sei bei der Eheschließung römisch XXXX Jahre alt gewesen. Diesbezüglich müsse jedoch berücksichtigt werden, dass gemäß der aktuellen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs eine von Minderjährigen geschossene Ehe nicht jedenfalls nur wegen der Minderjährigkeit als ordre-public widrig anzusehen sei. Vielmehr müssten zur Beurteilung, ob eine von Minderjährigen geschlossene Ehe ordre-public-widrig sei, die Umstände des Einzelfalls (wie insbesondere die Intensität der Inlandsbeziehung, Bestand, Dauer und Ausgestaltung der Ehe, der Wille der minderjährigen Eheleute, etc.) berücksichtigt werden.
Im gegenständlichen Fall sei die Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson aus freiem Willen geschlossen worden. Das Ehepaar habe ungefähr fünf Jahre lang in einem gemeinsamen Haushalt gelebt, und sei das gemeinsame Familienleben lediglich durch die Flucht der Bezugsperson unterbrochen worden. Die BF habe von sich aus einen Antrag auf Einreise gestellt, um das gemeinsame Familienleben – das bereits seit zwölf Jahren bestehe – in Österreich fortzusetzen. Beide Eheleute seien nun erwachsen und würden die Beziehung und das Familienleben fortführen wollen. Der Bestand der Ehe sei als intensiv einzuordnen, da sie bereits seit über einem Jahrzehnt bestehe. Beide Eheleute seien bei der Eheschließung minderjährig gewesen und handle es sich daher um eine jugendliche „Teenager-Ehe“, der beide Eheleute aus freiem Willen zugestimmt hätten und nicht etwa um eine dem ordre-public entgegenstehende Zwangsehe Minderjähriger.
Zur Ausgestaltung der Ehe sei anzuführen, dass die Eheleute sich als Jugendliche und schon lange vor der Eheschließung kennengelernt hätten, da sie im selben Ort nahe beieinander aufgewachsen wären. Nach der Eheschließung hätten sie in Afghanistan gemeinsam in einem Haushalt gelebt und mehrere Jahre lang ihr Familienleben geführt. Das Eheleben sei lediglich dadurch unterbrochen worden, dass die Bezugsperson habe flüchten müssen und die BF aufgrund der Gefahren, welche die Flucht geborgen hätte, nicht habe mitkommen können. Das Ehepaar habe seit der Ankunft der Bezugsperson in Österreich, trotz der physischen Distanz, regelmäßigen Kontakt und telefoniere häufig. Die Intensität der Beziehung zeige sich darin, dass wichtige persönliche zwischen den Eheleuten besprochen sowie ausgetauscht werden würden. Das Ehepaar habe auch über den Fluchtgrund der Bezugsperson XXXX gesprochen, und habe die BF stets Kenntnis XXXX der Bezugsperson gehabt und diese akzeptiert. Aktuell lebe die BF bei Familienangehörigen der Bezugsperson. Zur Ausgestaltung der Ehe sei anzuführen, dass die Eheleute sich als Jugendliche und schon lange vor der Eheschließung kennengelernt hätten, da sie im selben Ort nahe beieinander aufgewachsen wären. Nach der Eheschließung hätten sie in Afghanistan gemeinsam in einem Haushalt gelebt und mehrere Jahre lang ihr Familienleben geführt. Das Eheleben sei lediglich dadurch unterbrochen worden, dass die Bezugsperson habe flüchten müssen und die BF aufgrund der Gefahren, welche die Flucht geborgen hätte, nicht habe mitkommen können. Das Ehepaar habe seit der Ankunft der Bezugsperson in Österreich, trotz der physischen Distanz, regelmäßigen Kontakt und telefoniere häufig. Die Intensität der Beziehung zeige sich darin, dass wichtige persönliche zwischen den Eheleuten besprochen sowie ausgetauscht werden würden. Das Ehepaar habe auch über den Fluchtgrund der Bezugsperson römisch XXXX gesprochen, und habe die BF stets Kenntnis römisch XXXX der Bezugsperson gehabt und diese akzeptiert. Aktuell lebe die BF bei Familienangehörigen der Bezugsperson.
Die Bezugsperson habe die BF im gesamten Asylverfahren erwähnt und über das Eheleben berichtet. Die Angaben der Bezugsperson im gesamten Asylverfahren seien vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom XXXX als glaubhaft und sehr überzeugend gewertet worden. Die Bezugsperson habe die BF im gesamten Asylverfahren erwähnt und über das Eheleben berichtet. Die Angaben der Bezugsperson im gesamten Asylverfahren seien vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom römisch XXXX als glaubhaft und sehr überzeugend gewertet worden.
Die Durchführung der Eheschließung stimme im gegenständlichen Fall zudem mit den Vorschriften für eine gültige Ehe(schließung) in Afghanistan überein. Auch nach österreichischem Recht könne die Ehefähigkeit einer Person mit dem 16. Lebensjahr gegeben sein. Die Ehe sei darüber hinaus dadurch, dass die Ehegatten nach Eintritt der Ehefähigkeit zu erkennen gegeben hätten, die Ehe fortsetzen zu wollen, von Anfang an gültig. Ein etwaiger Mangel der Ehemündigkeit sei aufgrund einer Heilung des Mangels gemäß § 22 EheG mittlerweile vernachlässigbar.Die Durchführung der Eheschließung stimme im gegenständlichen Fall zudem mit den Vorschriften für eine gültige Ehe(schließung) in Afghanistan überein. Auch nach österreichischem Recht könne die Ehefähigkeit einer Person mit dem 16. Lebensjahr gegeben sein. Die Ehe sei darüber hinaus dadurch, dass die Ehegatten nach Eintritt der Ehefähigkeit zu erkennen gegeben hätten, die Ehe fortsetzen zu wollen, von Anfang an gültig. Ein etwaiger Mangel der Ehemündigkeit sei aufgrund einer Heilung des Mangels gemäß Paragraph 22, EheG mittlerweile vernachlässigbar.
Der Zweck des Verbots der Kinderehen, Minderjährige vor (sexueller) Ausbeutung zu schützen, sei hier nicht erfüllt, sondern würden vielmehr aus heutiger Sicht zwei erwachsene Personen ihr Familienleben fortführen wollen. Bei der Antragstellerin handle es sich demnach eindeutig um eine Familienangehörige gemäß § 35 Abs. 5 Asylgesetz. Der Zweck des Verbots der Kinderehen, Minderjährige vor (sexueller) Ausbeutung zu schützen, sei hier nicht erfüllt, sondern würden vielmehr aus heutiger Sicht zwei erwachsene Personen ihr Familienleben fortführen wollen. Bei der Antragstellerin handle es sich demnach eindeutig um eine Familienangehörige gemäß Paragraph 35, Absatz 5, Asylgesetz.
5. Nach Übermittlung der von der BF abgegebenen Stellungnahme teilte das BFA am 08.11.2021 mit, dass die bisherige Entscheidung aufrecht bleibe.
6. Mit Bescheid vom 17.11.2021 verweigerte die ÖB Islamabad die Erteilung des beantragten Einreisetitels gemäß § 26 FPG in Verbindung mit § 35 AsylG 2005.6. Mit Bescheid vom 17.11.2021 verweigerte die ÖB Islamabad die Erteilung des beantragten Einreisetitels gemäß Paragraph 26, FPG in Verbindung mit Paragraph 35, AsylG 2005.
Das BFA habe der ÖB Islamabad nach einer Prüfung mitgeteilt, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Daraus ergebe sich, dass der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG in Verbindung mit § 35 Abs. 4 AsylG 2005 abzulehnen gewesen wäre. Das BFA habe auch nach Übermittlung der Stellungnahme der BF mitgeteilt, dass an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festgehalten werde. Es sei somit aufgrund der Aktenlage gemäß § 26 FPG in Verbindung mit § 35 Abs. 4 AsylG 2005 spruchgemäß zu entscheiden und der Antrag abzulehnen.Das BFA habe der ÖB Islamabad nach einer Prüfung mitgeteilt, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Daraus ergebe sich, dass der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß Paragraph 26, FPG in Verbindung mit Paragraph 35, Absatz 4, AsylG 2005 abzulehnen gewesen wäre. Das BFA habe auch nach Übermittlung der Stellungnahme der BF mitgeteilt, dass an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festgehalten werde. Es sei somit aufgrund der Aktenlage gemäß Paragraph 26, FPG in Verbindung mit Paragraph 35, Absatz 4, AsylG 2005 spruchgemäß zu entscheiden und der Antrag abzulehnen.
7. Gegen den Bescheid vom 17.11.2021 wurde am 29.11.2021 fristgerecht Beschwerde erhoben und das in der Stellungnahme vom 16.09.2021 erhobene Vorbringen wiederholt. Die belangte Behörde habe zudem das in der am 16.09.2021 erstattete Vorbringen nicht berücksichtigt.
8. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.05.2022 wurde der Beschwerde vom 29.11.2021 gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid vom 17.11.2021 behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen sowie insbesondere Folgendes ausgeführt:8. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.05.2022 wurde der Beschwerde vom 29.11.2021 gemäß Paragraph 28, Absatz 3, VwGVG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid vom 17.11.2021 behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen sowie insbesondere Folgendes ausgeführt:
„Im vorliegenden Fall hat die ÖB Islamabad jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen. So wurden weder die Antragstellerin noch die Bezugsperson einer persönlichen Befragung unterzogen, obwohl diese Vorgehensweise bei derartigen Fallkonstellationen durchaus üblich und im gegenständlichen Fall auch möglich gewesen wäre.
Die Beschwerde verweist auch zutreffend darauf, dass auf das Vorbringen der nunmehrigen Beschwerdeführerin in der Stellungnahme vom 17.09.2021 nicht eingegangen wurde und greift im vorliegenden Fall die Begründung, die behauptete Ehe widerspreche dem ordre public, im Hinblick auf die jüngst ergangene Judikatur des VwGH zu kurz. (…)
In Ansehung dieser Rechtsprechung hätte die erstinstanzliche Behörde zunächst Feststellungen zur Gültigkeit der behaupteten Ehe in Afghanistan zu treffen gehabt.
Weiters hätte sich die ÖB Islamabad – unter der Voraussetzung, dass es sich um eine nach dem Fremdenrecht gültige Ehe handelt – unter Einbeziehung des Vorbringens der Antragstellerin im Verfahren damit auseinandersetzen müssen, ob im hier vorliegenden konkreten Fall von einem Verstoß gegen den „ordre public“ auszugehen ist.
Dabei wäre insbesondere zu berücksichtigen, ob die in Frage stehende Eheschließung ohne Einschränkung der Willensfreiheit erfolgt ist. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass die zum Entscheidungszeitpunkt XXXX jährige Beschwerdeführerin im Verfahren und in der Beschwerde vorgebracht hat, dass sie die Bezugsperson bereits als Jugendliche und schon lange vor der Eheschließung kennenlernte, da beide im gleichen Ort nahe beieinander aufgewachsen wären und dass die Ehegatten nach der Eheschließung in Afghanistan circa 5 Jahre in einem gemeinsamen Haushalt gelebt und ein Familienleben geführt hätten. Die Beschwerdeführerin hat im Verfahren auch ihren Willen kundgetan, das seit der Eheschließung im Jahr XXXX bestehende Familienleben mit ihrem Ehegatten fortsetzen zu wollen.Dabei wäre insbesondere zu berücksichtigen, ob die in Frage stehende Eheschließung ohne Einschränkung der Willensfreiheit erfolgt ist. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass die zum Entscheidungszeitpunkt römisch XXXX jährige Beschwerdeführerin im Verfahren und in der Beschwerde vorgebracht hat, dass sie die Bezugsperson bereits als Jugendliche und schon lange vor der Eheschließung kennenlernte, da beide im gleichen Ort nahe beieinander aufgewachsen wären und dass die Ehegatten nach der Eheschließung in Afghanistan circa 5 Jahre in einem gemeinsamen Haushalt gelebt und ein Familienleben geführt hätten. Die Beschwerdeführerin hat im Verfahren auch ihren Willen kundgetan, das seit der Eheschließung im Jahr römisch XXXX bestehende Familienleben mit ihrem Ehegatten fortsetzen zu wollen.
Zur Feststellung der näheren Umstände des Zustandekommens der Ehe, des bisherigen Familienlebens und der Tatsache, ob beide Ehegatten tatsächlich gewillt sind, ihr Eheleben fortzusetzen, wird jedoch eine persönliche Befragung der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson notwendig sein.
Im fortgesetzten Verfahren wird die Behörde daher nach Prüfung der Gültigkeit der behaupteten Ehe im Heimatland der Beschwerdeführerin tiefergehende Ermittlungen zum Familienleben der Bezugsperson und der Beschwerdeführerin (im Zeitraum vor der Eheschließung bzw. auch seit der Flucht der Bezugsperson nach Österreich) anzustellen haben, um valide Feststellungen, die über bloße Mutmaßungen hinausgehen, zu treffen. Dies ist erforderlich, um dem Gericht eine geeignete Grundlage für eine Überprüfung der Entscheidung zu ermöglichen.
Dazu wird es erforderlich sein, sowohl die Bezugsperson als auch die Beschwerdeführerin (getrennt) detailliert zu den Umständen der Eheschließung und des daran anschließenden Familienlebens seit dem Jahr XXXX bis heute sowie zu den Ereignissen, die letztlich zur Flucht der Bezugsperson geführt haben, zu befragen, diese im Anschluss mit den Angaben des jeweils anderen zu konfrontieren und bei Bedarf ergänzende Einvernahmen der Bezugsperson in Österreich und der Beschwerdeführerin durchzuführen.“Dazu wird es erforderlich sein, sowohl die Bezugsperson als auch die Beschwerdeführerin (getrennt) detailliert zu den Umständen der Eheschließung und des daran anschließenden Familienlebens seit dem Jahr römisch XXXX bis heute sowie zu den Ereignissen, die letztlich zur Flucht der Bezugsperson geführt haben, zu befragen, diese im Anschluss mit den Angaben des jeweils anderen zu konfrontieren und bei Bedarf ergänzende Einvernahmen der Bezugsperson in Österreich und der Beschwerdeführerin durchzuführen.“
9. Die BF wurde daraufhin am 15.12.2022 im Rahmen einer niederschriftlichen Befragung vor der ÖB Islamabad einvernommen.
Dabei gab sie an, dass sie die Bezugsperson kenne, seit sie beide klein gewesen seien. Sie hätten sich im Dorf kennengelernt, es habe in einer Familie zwei Brüder gegeben und sie seien zwei Schwestern gewesen. Sie würden sich sehr lange kennen. Die BF und die Bezugsperson hätten am XXXX im Haus geheiratet. Die BF sei bei der Eheschließung XXXX und die Bezugsperson XXXX Jahre alt gewesen. Befragt zum Ablauf der Eheschließung gab die BF an, dass 300 Gäste anwesend gewesen seien und es um 12:00 Uhr begonnen habe. Der Anmerkung des einvernehmenden Organs nach, habe die BF – auf auch mehrere Nachfragen hin – keine Details zum Tagesablauf machen können; es scheine, als sei die Antwort, die gegeben worden sei, auswendig gelernt worden. Es seien eine namentlich genannte Person sowie Gäste aus einem Dorf anwesend gewesen. Es gebe keinen Ehevertrag. Dabei gab sie an, dass sie die Bezugsperson kenne, seit sie beide klein gewesen seien. Sie hätten sich im Dorf kennengelernt, es habe in einer Familie zwei Brüder gegeben und sie seien zwei Schwestern gewesen. Sie würden sich sehr lange kennen. Die BF und die Bezugsperson hätten am römisch XXXX im Haus geheiratet. Die BF sei bei der Eheschließung römisch XXXX und die Bezugsperson römisch XXXX Jahre alt gewesen. Befragt zum Ablauf der Eheschließung gab die BF an, dass 300 Gäste anwesend gewesen seien und es um 12:00 Uhr begonnen habe. Der Anmerkung des einvernehmenden Organs nach, habe die BF – auf auch mehrere Nachfragen hin – keine Details zum Tagesablauf machen können; es scheine, als sei die Antwort, die gegeben worden sei, auswendig gelernt worden. Es seien eine namentlich genannte Person sowie Gäste aus einem Dorf anwesend gewesen. Es gebe keinen Ehevertrag.
Die BF habe mit der Bezugsperson vier Jahre lang in XXXX (Afghanistan) im Haus des Ehemannes zusammengelebt. Dort hätten auch der Bruder der Bezugsperson und die Schwester der BF gelebt. Das Haus sei aus Lehm gewesen und habe über zwei Räume verfügt. Die BF wisse nicht mehr, was um das Haus herum gewesen sei. Die genaue Adresse des Hauses laute XXXX .Die BF habe mit der Bezugsperson vier Jahre lang in römisch XXXX (Afghanistan) im Haus des Ehemannes zusammengelebt. Dort hätten auch der Bruder der Bezugsperson und die Schwester der BF gelebt. Das Haus sei aus Lehm gewesen und habe über zwei Räume verfügt. Die BF wisse nicht mehr, was um das Haus herum gewesen sei. Die genaue Adresse des Hauses laute römisch XXXX .
Die Bezugsperson habe in Afghanistan mit Landwirten zusammengearbeitet und das Grundstück des eigenen Vaters bestellt. Die BF konnte dabei keine Angaben zum Gehalt oder zum Arbeitsweg der Bezugsperson tätigen. Wie ein „typischer“ Tag des Ehemanns ausgesehen habe, wisse die BF nicht; er sei Landarbeiter gewesen, sie wisse keine Details, er sei am Morgen aufgebrochen, mehr wisse sie nicht. Die Lebensmitteleinkäufe habe die Bezugsperson beim ungefähr 30 Minuten vom Haus entfernten Basar besorgt. Weiter führte sie aus, dass die Bezugsperson nicht zur Schule gegangen sei. Die BF habe eine „religiöse“ Schule besucht.
Die BF konnte nicht angeben, wann genau der letzte Tag des Zusammenlebens mit der Bezugsperson gewesen sei, sondern nannte lediglich das Jahr XXXX . Den letzten gemeinsamen Tag mit der Bezugsperson konnte sie ebenfalls nicht schildern. Befragt zum Ausreisegrund der Bezugsperson, gab die BF an, dass ihr Ehemann Afghanistan verlassen habe, XXXX . Die Bezugsperson habe Afghanistan XXXX verlassen, sei daraufhin im Iran gewesen und dann in Österreich. Der Bezugsperson sei dann XXXX in Österreich der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden. Die Eheleute hätten nach der Ausreise der Bezugsperson den Kontakt mittels „Whatsapp“ aufrecht erhalten. Befragt zum durchschnittlichen Kontakt in den letzten fünf Jahren, führte die BF aus, dass es einmal pro Monat und „jetzt“ einmal pro Woche sei. Sie hätten letzte Nacht telefoniert und über das Gespräch und die Absicht der BF, nach Österreich zu kommen, geredet.Die BF konnte nicht angeben, wann genau der letzte Tag des Zusammenlebens mit der Bezugsperson gewesen sei, sondern nannte lediglich das Jahr römisch XXXX . Den letzten gemeinsamen Tag mit der Bezugsperson konnte sie ebenfalls nicht schildern. Befragt zum Ausreisegrund der Bezugsperson, gab die BF an, dass ihr Ehemann Afghanistan verlassen habe, römisch XXXX . Die Bezugsperson habe Afghanistan römisch XXXX verlassen, sei daraufhin im Iran gewesen und dann in Österreich. Der Bezugsperson sei dann römisch XXXX in Österreich der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden. Die Eheleute hätten nach der Ausreise der Bezugsperson den Kontakt mittels „Whatsapp“ aufrecht erhalten. Befragt zum durchschnittlichen Kontakt in den letzten fünf Jahren, führte die BF aus, dass es einmal pro Monat und „jetzt“ einmal pro Woche sei. Sie hätten letzte Nacht telefoniert und über das Gespräch und die Absicht der BF, nach Österreich zu kommen, geredet.
Zur Aufforderung, detailliert den Alltag der Bezugsperson in Österreich zu beschreiben, brachte die BF vor, dass die Bezugsperson zur Arbeit gehe sowie am Wochenende Wäsche wasche und mit der BF spreche. Die Bezugsperson arbeite in XXXX . Der Anmerkung des einvernehmenden Organs nach, habe die BF – auf auch mehrere Nachfragen hin – keine Details zur Freizeitgestaltung der Bezugsperson nennen können und dass trotz des Umstands, dass die Bezugsperson und die BF ein bis zwei Stunden telefonieren würden. Die einzigen Antworten, die die BF habe gegeben können, sei, dass die Bezugsperson die Wäsche wasche, einkaufen gehe und mit ihr telefoniere. Zur Aufforderung, detailliert den Alltag der Bezugsperson in Österreich zu beschreiben, brachte die BF vor, dass die Bezugsperson zur Arbeit gehe sowie am Wochenende Wäsche wasche und mit der BF spreche. Die Bezugsperson arbeite in römisch XXXX . Der Anmerkung des einvernehmenden Organs nach, habe die BF – auf auch mehrere Nachfragen hin – keine Details zur Freizeitgestaltung der Bezugsperson nennen können und dass trotz des Umstands, dass die Bezugsperson und die BF ein bis zwei Stunden telefonieren würden. Die einzigen Antworten, die die BF habe gegeben können, sei, dass die Bezugsperson die Wäsche wasche, einkaufen gehe und mit ihr telefoniere.
Die BF lebe seit der Ausreise der Bezugsperson bei einer Freundin namens XXXX . Die Eltern und ein Bruder der Bezugsperson seien bereits verstorben. Die BF nannte die Namen ihrer Eltern und gab an, dass ihre Schwester verstorben sei. Die BF lebe seit der Ausreise der Bezugsperson bei einer Freundin namens römisch XXXX . Die Eltern und ein Bruder der Bezugsperson seien bereits verstorben. Die BF nannte die Namen ihrer Eltern und gab an, dass ihre Schwester verstorben sei.
10. Die Bezugsperson gab bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 15.12.2022 an, gemeinsam mit der BF im selben Ort groß geworden zu sein. Die Bezugsperson und die BF hätten am XXXX im Dorf XXXX (Afghanistan) im Alter von XXXX respektive XXXX Jahren geheiratet. Bei der Eheschließung seien zwei Zeugen, ein Mullah und die Familie der Bezugsperson anwesend gewesen. Zur Eheschließung gebe es ein Schreiben eines Mullahs, später sei die Ehe auch registriert worden. 10. Die Bezugsperson gab bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 15.12.2022 an, gemeinsam mit der BF im selben Ort groß geworden zu sein. Die Bezugsperson und die BF hätten am römisch XXXX im Dorf römisch XXXX (Afghanistan) im Alter von römisch XXXX respektive römisch XXXX Jahren geheiratet. Bei der Eheschließung seien zwei Zeugen, ein Mullah und die Familie der Bezugsperson anwesend gewesen. Zur Eheschließung gebe es ein Schreiben eines Mullahs, später sei die Ehe auch registriert worden.
Die Eheleute hätten vier Jahre lag im Dorf XXXX zusammen gelebt. Das Haus sei aus Lehm gewesen und habe aus zwei Zimmern und einem Hof bestanden. Der Bruder der Bezugsperson habe ebenfalls mit seiner Ehefrau im Haus gelebt. Die Bezugsperson habe selbständig in der Landwirtschaft gearbeitet. Die Bezugsperson habe die Schule bis zur neunten Klasse besucht, die BF sei hingegen von einem Mullah unterrichtet worden. Die Eheleute hätten vier Jahre lag im Dorf römisch XXXX zusammen gelebt. Das Haus sei aus Lehm gewesen und habe aus zwei Zimmern und einem Hof bestanden. Der Bruder der Bezugsperson habe ebenfalls mit seiner Ehefrau im Haus gelebt. Die Bezugsperson habe selbständig in der Landwirtschaft gearbeitet. Die Bezugsperson habe die Schule bis zur neunten Klasse besucht, die BF sei hingegen von einem Mullah unterrichtet worden.
Wann genau der letzte Tag des Zusammenlebens mit der BF gewesen sei, wisse die Bezugsperson nicht mehr. Die Bezugsperson habe Afghanistan verlassen, XXXX . Ein „typischer Tag“ im Leben der Bezugsperson habe daraus bestanden, dass sie auf dem Grundstück gewesen sei, ansonsten auf dem Basar. Nach dem Tod des Vaters habe die Bezugsperson mit der Schule aufgehört und nur mehr auf den Grundstücken mit einem Bauern gearbeitet. Die BF sei zu Hause gewesen und habe auch gemeinsam mit der Bezugsperson auf den Grundstücken gearbeitet, aber meistens sei die BF zuhause gewesen. Die Bezugsperson habe sich um die Lebensmitteleinkäufe gekümmert und diese am Basar gekauft. Wann genau der letzte Tag des Zusammenlebens mit der BF gewesen sei, wisse die Bezugsperson nicht mehr. Die Bezugsperson habe Afghanistan verlassen, römisch XXXX . Ein „typischer Tag“ im Leben der Bezugsperson habe daraus bestanden, dass sie auf dem Grundstück gewesen sei, ansonsten auf dem Basar. Nach dem Tod des Vaters habe die Bezugsperson mit der Schule aufgehört und nur mehr auf den Grundstücken mit einem Bauern gearbeitet. Die BF sei zu Hause gewesen und habe auch gemeinsam mit der Bezugsperson auf den Grundstücken gearbeitet, aber meistens sei die BF zuhause gewesen. Die Bezugsperson habe sich um die Lebensmitteleinkäufe gekümmert und diese am Basar gekauft.
Befragt zum letzten gemeinsamen Tag mit der BF führte die Bezugsperson aus, dass sie an dem Tag in Kabul gewesen und dann in den Iran gegangen sei – wann genau sie aus Afghanistan ausgereist sei, wisse die Bezugsperson nicht mehr. Nach der Flucht sei die Bezugsperson mit der BF über „Viber“ in Kontakt geblieben, da die BF dann in Kabul gelebt habe und es dort Internet gegeben habe. Als die Bezugsperson im Iran gewesen sei, sei sie mit der BF einmal im Monat in Kontakt gestanden, seit die Bezugsperson in Europa sein, habe es einmal wöchentlich Kontakt gegeben.
Die BF sei nach der Ausreise der Bezugsperson gemeinsam mit einer Freundin nach Pakistan gegangen. Dort habe die BF in einem Hotel gelebt. Die Schwägerin der Bezugsperson sei ebenfalls mit der BF nach Pakistan gegangen. Die BF habe sich ihren Aufenthalt mit Geld „von zu Hause“ finanziert, die Bezugsperson habe ihr zudem Geld geschickt.
Die Bezugsperson machte Angaben zu ihren Familienangehörigen und den Familienangehörigen der BF. Die Schwester der BF sei die Ehefrau des Bruders der Bezugsperson. Der Bruder der Bezugsperson sei mittlerweile verstorben, die Frau habe dann jemand anderes geheiratet.
Zuletzt sei die Bezugsperson mit der BF letzte Woche in Kontakt gestanden; die BF lerne derzeit Deutsch und würden sie gemeinsam Deutsch lernen. Die Bezugsperson arbeite als vollzeitbeschäftigter XXXX , habe eine Wohnung gemietet und den Führerschein gemacht. Zuletzt sei die Bezugsperson mit der BF letzte Woche in Kontakt gestanden; die BF lerne derzeit Deutsch und würden sie gemeinsam Deutsch lernen. Die Bezugsperson arbeite als vollzeitbeschäftigter römisch XXXX , habe eine Wohnung gemietet und den Führerschein gemacht.
11. Das BFA teilte in seiner (zweiten) Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 24.04.2023 mit, dass die Gewährung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten im vorliegenden Fall nicht wahrscheinlich sei. Es habe kein Familienleben vor der Einreise bestanden, weshalb die BF keine Familienangehörige im Sinn des 4. Hauptstücks des AsylG 2005 (§ 35 Abs. 5 AsylG 2005) sei. 11. Das BFA teilte in seiner (zweiten) Mitteilung gemäß Paragraph 35, Absatz 4, AsylG 2005 vom 24.04.2023 mit, dass die Gewährung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten im vorliegenden Fall nicht wahrscheinlich sei. Es habe kein Familienleben vor der Einreise bestanden, weshalb die BF keine Familienangehörige im Sinn des 4. Hauptstücks des AsylG 2005 (Paragraph 35, Absatz 5, AsylG 2005) sei.
In der Stellungnahme des BFA wurde dazu näher ausgeführt, dass in den parallel geführten Einvernahmen kein glaubhaftes Familienleben habe dargelegt werden können. Die BF und die Bezugsperson hätten in ihren Einvernahmen angegeben, vier Jahre lang ein Familienleben geführt und sich von klein auf gekannt zu haben. Trotzdem sei es in den Einvernahmen zu mehreren Widersprüchen gekommen:
Laut Heiratsurkunde sei die BF bei der Eheschließung XXXX Jahre alt gewesen. Bei den Einvernahmen hätten die BF und die Bezugsperson hingegen angegeben, dass die BF bei der Eheschließung XXXX Jahre alt gewesen sei. Zum Ablauf der Eheschließung hätten weder die BF noch die Bezugsperson detaillierte Angaben tätigen können. Die ÖB Islamabad habe angemerkt, dass die BF keine Details über den Tagesablauf habe geben können und der Eindruck entstanden sei, als wären die Antworten auswendig gelernt worden. Zu den bei der Eheschließung anwesenden Personen habe die BF zwei Personen sowie Gäste angegeben, die Bezugsperson habe hingegen zwei Gäste sowie einen Mullah genannt. Laut Heiratsurkunde sei die BF bei der Eheschließung römisch XXXX Jahre alt gewesen. Bei den Einvernahmen hätten die BF und die Bezugsperson hingegen angegeben, dass die BF bei der Eheschließung römisch XXXX Jahre alt gewesen sei. Zum Ablauf der Eheschließung hätten weder die BF noch die Bezugsperson detaillierte Angaben tätigen können. Die ÖB Islamabad habe angemerkt, dass die BF keine Details über den Tagesablauf habe geben können und der Eindruck entstanden sei, als wären die Antworten auswendig gelernt worden. Zu den bei der Eheschließung anwesenden Personen habe die BF zwei Personen sowie Gäste angegeben, die Bezugsperson habe hingegen zwei Gäste sowie einen Mullah genannt.
Die Bezugsperson habe zudem angegeben, nicht angestellt gewesen zu sein, sondern selbständig. Die BF sei gefragt worden, bei wem die Bezugsperson angestellt gewesen sei, und habe die BF diese Frage nicht beantworten können. Die BF habe angegeben, dass die Bezugsperson keine Schule besucht habe, während die Bezugsperson hingegen ausgeführt habe, neun Jahre lang die Schule besucht zu haben. Die BF sei aufgefordert worden, den Alltag der Bezugsperson in Österreich zu beschreiben und habe sie laut einer Anmerkung der ÖB Islamabad lediglich angeben können, dass die Bezugsperson die Wäsche wasche, einkaufen gehe und telefoniere. Die obwohl die BF angegeben habe, ein bis zwei Stunden miteinander zu telefonieren. Zum letzten gemeinsamen Tag in Afghanistan befragt, habe die BF eingeräumt, sich nicht mehr daran zu erinnern.
Insgesamt seien sowohl die Antworten der BF als auch der Bezugsperson äußerst vage und detailarm geblieben. Aufgrund der Angaben, wonach die Eheleute vier Jahre lang gemeinsam in Afghanistan gelebt hätten, seien diese vagen Angaben nicht nachvollziehbar. Die Behörde gehe daher von keinem gemeinsamen Familienleben in Afghanistan aus. Zu den vorgelegten Dokumenten führe die Staatendokumentation aus, dass das Personenstands- und Beurkundungswesen in Afghanistan bereits vor der Machtübernahme der Taliban gravierende Mängel aufgewiesen und aufgrund der Infrastruktur, der langen Kriege, der schlecht ausgebildeten Behördenmitarbeiter und weitverbreiteter Korruption ein Problem dargestellt habe. Von der inhaltlichen Richtigkeit formell echter Urkunden habe nicht in jedem Fall ausgegangen werden können. Personenstandsurkunden seien oft erst viele Jahre später, ohne adäquaten Nachweis und sehr häufig auf Basis von Aussagen mitgebrachter Zeugen, nachträglich ausgestellt worden. Gefälligkeitsbescheinigungen und/oder Gefälligkeitsaussagen seien sehr häufig vorgekommen.
Voraussetzung dafür, dass ein Familienverfahren geführt und daher auch die Einreise gewährt werde, sei, dass eine Eigenschaft als Familienangehöriger bestehe. Das behauptete Familienverhältnis müsse nicht nur glaubhaft gemacht werden, sondern als erwiesen anzusehen sein, womit der volle Beweis im Sinne des AVG zu erbringen sei. Im vorliegenden Fall hätten sich gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und im Sinn von § 35 Abs. 5 AsylG 2005 relevanten Familienverhältnisses ergeben. Es werde kein tatsächliches Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK (§ 30 NAG) geführt. Voraussetzung dafür, dass ein Familienverfahren geführt und daher auch die Einreise gewährt werde, sei, dass eine Eigenschaft als Familienangehöriger bestehe. Das behauptete Familienverhältnis müsse nicht nur glaubhaft gemacht werden, sondern als erwiesen anzusehen sein, womit der volle Beweis im Sinne des AVG zu erbringen sei. Im vorliegenden Fall hätten sich gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und im Sinn von Paragraph 35, Absatz 5, AsylG 2005 relevanten Familienverhältnisses ergeben. Es werde kein tatsächliches Familienleben im Sinne des Artikel 8, EMRK (Paragraph 30, NAG) geführt.
12. Mit Schreiben vom 04.05.2023 wurde der BF die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt und gleichzeitig die (zweite) negative Stellungnahme des BFA übermittelt.
13. Am 16.05.2023 wurde innerhalb offener Frist eine Stellungnahme eingebracht und dabei vorgebracht, dass die Eheschließung einen Tag vor dem XXXX Geburtstag der BF stattgefunden habe. Zu dem Widerspruch, wonach die BF gesagt habe, bei der Eheschließung XXXX Jahre alt gewesen sei, ist darauf hinzuweisen, dass man gemäß einer afghanischen Redewendung mit dem XXXX Geburtstag den Fuß in das XXXX Lebensjahr gelegt habe – so sei dieses Missverständnis entstanden. Die BF habe weiters vorgebracht, dass zwei Personen und Gäste bei der Eheschließung anwesend gewesen wären. Die Bezugsperson habe gesagt, dass zwei Gäste und ein Mullah anwesend gewesen wären. Selbstverständlich sei ein Mullah anwesend gewesen, um die Trauung zu vollziehen – deswegen habe die BF den Mullah nicht explizit genannt.13. Am 16.05.2023 wurde innerhalb offener Frist eine Stellungnahme eingebracht und dabei vorgebracht, dass die Eheschließung einen Tag vor dem römisch XXXX Geburtstag der BF stattgefunden habe. Zu dem Widerspruch, wonach die BF gesagt habe, bei der Eheschließung römisch XXXX Jahre alt gewesen sei, ist darauf hinzuweisen, dass man gemäß einer afghanischen Redewendung mit dem römisch XXXX Geburtstag den Fuß in das römisch XXXX Lebensjahr gelegt habe – so sei dieses Missverständnis entstanden. Die BF habe weiters vorgebracht, dass zwei Personen und Gäste bei der Eheschließung anwesend gewesen wären. Die Bezugsperson habe gesagt, dass zwei Gäste und ein Mullah anwesend gewesen wären. Selbstverständlich sei ein Mullah anwesend gewesen, um die Trauung zu vollziehen – deswegen habe die BF den Mullah nicht explizit genannt.
Die Bezugsperson habe angegeben, nicht angestellt, sondern selbständig gewesen zu sein. In Afghanistan würden Ehefrauen nicht nach dem genauen Arbeitsverhältnis ihrer Ehemänner fragen – es werde nicht genau darüber geredet, was der Ehemann arbeite. Die Frau übernehme Haushaltstätigkeiten, der Mann gehe „draußen“ einer Erwerbstätigkeit nach. Es sei daher sehr wohl nachvollziehbar, dass die BF über die Arbeit der Bezugsperson in Grundzügen Bescheid gewusst habe, jedoch keine genauen Angaben zu den Tätigkeitsbereichen habe machen können. Zur Schulbildung habe die Bezugsperson angegeben, neun Jahre lang die Schule besucht zu haben. Die BF habe ausgeführt, dass die Bezugsperson die Schule nicht besucht habe. Hierbei habe sie ausdrücken wollen, dass die Bezugsperson die Schule nicht abgeschlossen habe – die Bezugsperson habe sie Schule sehr wohl besucht, habe jedoch keinen Abschluss.
Die Bezugsperson sei zudem im Jahr XXXX geflüchtet, daher sei es nicht lebensfremd, wenn sich die BF nicht mehr explizit an den Tag der Flucht erinnern könne, da diese bereits XXXX Jahre her sei. Zu den Widersprüchen in Bezug auf Angaben zum Tagesablauf sowie zum Alltag sei auszuführen, dass die BF in Afghanistan und die Bezugsperson in Österreich wohne, und sie nicht über den Tagesablauf sp