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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, in der Beschwerdesache des J in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 10. April 1995, Zl. 12-B-9354, betreffend Genehmigung erforderlicher Arbeiten nach § 354 GewO 1994, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 10. April 1995 wurde der St. & Söhne OHG in K. "die Durchführung der erforderlichen Arbeiten (Versuchsbetrieb) im Genehmigungsverfahren für die Änderung der bestehenden Fleischhauerei-Betriebsanlage durch die Errichtung und den Betrieb einer Abwasserreinigungsanlage auf dem Grundstück Nr. 131/1 der KG T., Gemeinde K." nach Maßgabe der eingereichten Projektunterlagen und bei Einhaltung im einzelnen angeführter Auflagen gemäß § 354 GewO 1994 genehmigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im Recht, daß "nicht entgegen den Bestimmungen der Gewerbeordnung auf dem Nachbargrundstück eine Betriebsanlage (versuchsweise) mit entsprechenden Emissionen errichtet und in Betrieb genommen wird" verletzt erachtet.
Die Beschwerde ist nicht zulässig:
Gemäß Art. 131 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer nach Erschöpfung des Instanzenzuges durch diesen Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, wobei nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zumindest die Möglichkeit bestehen muß, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des von ihm geltend gemachten Beschwerdepunktes in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 28. Februar 1995, Zl. 93/04/0231 und die dort zitierte Vorjudikatur).
Davon ausgehend setzt die Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde voraus, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem ihm durch die Gewerbeordnung 1994 eingeräumten subjektiven Recht verletzt wird. Diese Voraussetzung ist jedoch nicht erfüllt.
Gemäß § 354 GewO 1994 kann die Behörde, wenn sich das Ermittlungsverfahren wegen des außergewöhnlichen Umfanges oder der besonderen Beschaffenheit der Anlage voraussichtlich auf einen längeren Zeitraum erstrecken wird und anzunehmen ist, daß die Errichtung und der Betrieb der Anlage bei Vorschreibung bestimmter Auflagen zulässig sein wird, oder wenn zur Ausarbeitung des Projektes einer Anlage Vorarbeiten erforderlich sind oder wenn das Vorliegen des Ergebnisses bestimmter Vorarbeiten für die Entscheidung der Behörde (§§ 333, 334 und 335) von wesentlicher Bedeutung ist, nach Durchführung der Augenscheinsverhandlung (§ 356 Abs. 1) mit Bescheid, erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter Auflagen, schon vor Genehmigung der Errichtung und des Betriebes der Anlage die Durchführung der erforderlichen Arbeiten (z.B. eines Versuchsbetriebes) genehmigen. Gegen diese Genehmigung ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.
Die im § 354 GewO 1994 geregelten Verfahren zählen nicht zu jenen, in welchen durch die Bestimmungen des § 356 Abs. 3 und 4 GewO 1994 Nachbarn Parteistellung eingeräumt ist. Auch folgt aus der Voraussetzung für die Erteilung einer Bewilligung nach § 354 GewO 1994, daß die Augenscheinsverhandlung (§ 356 Abs. 1 GewO 1994) im Genehmigungsverfahren nach § 77 bzw. § 81 GewO 1994 durchgeführt wurde, nicht, daß die Nachbarn, die in diesem Genehmigungsverfahren Parteistellung erlangt haben, auch in dem, aus Anlaß dieses Verfahrens zur Bewilligung einer provisorischen Maßnahme nach § 354 GewO 1994 durchzuführenden Verfahren Parteistellung besitzen (siehe dazu auch die entsprechenden Darlegungen in Stolzlechner-Wendl-Zitta, Die gewerbliche Betriebsanlage, Ergänzungsband 1994 (1994) Rz. 222). Im Verfahren nach § 354 GewO 1994 kommt daher den Nachbarn Parteistellung nicht zu (vgl. z.B. das - zur diesbezüglich somit unverändert gebliebenen Rechtslage nach der GewO 1973 i.d.F. der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399 ergangene - hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1990, Zl. 90/04/0060).
Damit aber kann der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid, mit welchem der St. & Söhne OHG ein derartiger Versuchsbetrieb bewilligt wurde, in einem subjektiv-öffentlichen Recht nicht verletzt sein. Fehlt aber solcherart schon die Möglichkeit der Verletzung des im Rahmen des Beschwerdepunktes geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Rechtes des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid, so mangelt es ihm an der Beschwerdeberechtigung.
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
Schlagworte
Gewerberecht Nachbar Rechtsnachfolger Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Gewerberecht und Eisenbahnrecht Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen RechtspersönlichkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995040114.X00Im RIS seit
20.11.2000