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81/01 Wasserrechtsgesetz;Norm
WRG 1934 §105 Abs1 idF 1947/144;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der E in S, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 4. November 1992, Zl. 8W-En-70/3/1992, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Wasserrechtssache (mitbeteiligte Partei: O-Gesellschaft m.b.H., vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Datum vom 18. April 1958 erging gegenüber dem Rechtsvorgänger der nunmehrigen mitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (MP) ein von der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau (BH) erlassener Bescheid mit folgendem Spruch:
"Die Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau stellt aufgrund der telefonischen Ermächtigung durch das Amt der Kärntner Landesregierung - Abtlg. 10 gemäß §§ 82 Abs. 4 und 108 WRG BGBl. II Nr. 316/34 in der Fassung BGBl. Nr. 144/47 fest, daß die Eintragungen, welche im Einlageblatt PZ.4092 für die Anlage eines Elektrizitätswerkes am L.-Kanal für (Rechtsvorgänger der MP) unvollständig sind und mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmen. Diese Eintragungen sind nunmehr dahingehend zu ergänzen bzw. zu berichtigen, daß die in dieser Eintragung enthaltenen technischen Daten, soweit sie unrichtig sind, abgeändert werden und anstelle dieser die im technischen Bericht genannten zu treten haben.
Anläßlich dieser Überprüfungsverhandlung haben sich auch Mängel ergeben, welche abzustellen sind. Es sind dies:
1.) Vor der Schalttafel und im Schaltraum ist ein isolierender Bodenbelag aufzubringen.
2.) Die Eingangstüre zum Kraftraum ist mit einer Tafel zu versehen, die auf die Gefahrenstelle hinweist.
3.) Die nordseitigen Fenster des Kraftraumes sind mit einem Gitter zu versehen.
Diese vorgeschriebenen Maßnahmen sind gemäß § 94 WRG bis 30.9.1958 fertigzustellen.
(Kostenspruch)"
Die Beschwerdeführerin, welche Eigentümerin jenes Hauses ist, in dessen Erdgeschoß das vom genannten Bescheid betroffene Elektrizitätswerk betrieben wird, ersuchte im Gefolge von ihr unternommener Bestrebungen zur Bekämpfung der von der Anlage ausgehenden Lärmbelästigungen mit Schreiben vom 30. Juli 1991 die BH um Zustellung des Bescheides vom 18. April 1958.
Gegen den der Beschwerdeführerin am 6. August 1991 zugestellten Bescheid vom 18. April 1958 erhob die Beschwerdeführerin am 9. August 1991 Berufung.
Diese Berufung wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid "gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1991 in Verbindung mit § 107 Abs. 2 WRG 1959 in der Fassung BGBl. Nr. 252/1990" als unzulässig mit der Begründung zurück, daß der Bescheid der BH vom 18. April 1958 in Rechtkraft erwachsen sei, weshalb die Einwendungen der Beschwerdeführerin als übergangener Partei im Sinne des § 107 Abs. 2 WRG 1959 unbeachtlich seien; die Angelegenheit werde gemäß § 26 Abs. 3 WRG 1959 auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin unter Geltendmachung der Aufhebungsgründe der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und jener infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde die Bescheidaufhebung begehrt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, welche ihr jedoch mit Berichterverfügung vom 17. März 1993 unter Hinweis auf § 24 Abs. 1 VwGG zur Vorlage in zweifacher Ausfertigung zurückgestellt worden war; von einer Wiedervorlage der zurückgestellten Gegenschrift hat die belangte Behörde indessen Abstand genommen. Die MP beantragt in einer von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin trägt zum Aufhebungsgrund der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde vor, daß nach den im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1934 in der Fassung der Wasserrechtsnovelle 1947 nicht die belangte Behörde, sondern der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft zur Entscheidung über ihre Berufung zuständig war, weil der von ihr mit Berufung bekämpfte Bescheid der BH vom 18. April 1958 im Namen des Landeshauptmannes erlassen worden war. Mit dieser Auffassung ist die Beschwerdeführerin im Recht.
Zutreffend schon ist die rechtliche Beurteilung der Beschwerdeführerin über die im Beschwerdefall anzuwendende Rechtslage. Nach § 143 Abs. 2 WRG 1959 ist eine Angelegenheit, wenn sie am Tage des Inkrafttretens der Wasserrechtsnovelle 1959, BGBl. Nr. 54, in erster Instanz entschieden war, auch im Berufungsverfahren nach den bis dahin geltenden Vorschriften zu beurteilen und zu entscheiden. Die Wasserrechtsnovelle 1959, BGBl. Nr. 54, ist am 1. Mai 1959 in Kraft getreten (Art. III Abs. 2 lit. h der Kundmachung der Bundesregierung vom 8. September 1959, BGBl. Nr. 215/1959). Der dem Rechtsvorgänger der MP am 19. April 1958 zugestellte Bescheid bezog sich damit auf eine Angelegenheit, die nach § 143 Abs. 2 WRG 1959 auch im Berufungsverfahren nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1934, BGBl. II Nr. 316, in der Fassung der Wasserrechtsnovelle 1947, BGBl. Nr. 144, zu beurteilen und zu entscheiden war.
Nach § 105 Abs. 1 zweiter Satz des hienach maßgeblichen Wasserrechtsgesetzes in seiner zur Anwendung gelangenden Fassung geht die Berufung gegen Bescheide, die in erster Instanz der Landeshauptmann oder in seinem Namen die Bezirksverwaltungsbehörde erläßt, an das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft. Der von der Beschwerdeführerin mit Berufung bekämpfte Bescheid der BH vom 18. April 1958 war, wie sich dem in seinem Spruch aufgenommenen Hinweis auf die Bestimmung des § 82 Abs. 4 WRG 1934 in der damals geltenden Fassung entnehmen läßt, von der BH im Namen des Landeshauptmannes erlassen worden. Zur Erledigung der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung war demnach nicht die belangte Behörde, sondern der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft zuständig.
Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1992070210.X00Im RIS seit
12.11.2001