TE Vwgh Erkenntnis 1995/6/27 95/04/0056

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Veröffentlicht am 27.06.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §367 Z15 idF 1993/029;
GewO 1973 §52 Abs4;
VStG §44a Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des G in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 13. Jänner 1995, Zl. VwSen-220784/2/Schi/Ka, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land erließ gegenüber dem Beschwerdeführer das mit 3. November 1993 datierte Straferkenntnis, dessen Spruch in seinem dem § 44a Z. 1 bis 3 VStG entsprechenden Teil folgenden Wortlaut hat:

"Sie haben als verantwortlicher Gewerbeinhaber für das Handelsgewerbe im Standort S zu vertreten, daß, wie von Organen des Gendarmeriepostens Kronstorf am 16.12.1992 festgestellt wurde, das Gewerbe "Handel mit Süßigkeiten und Kleinspielwaren" entgegen § 1 der "Verordnung des Bürgermeisters der Marktgemeinde Kronstorf vom 7. April 1983 über das Verbot der Ausübung gewerblicher Tätigkeiten mittels Automaten" ausgeübt wurde, indem an folgend angeführten Plätzen Automaten zur Abgabe von Süßigkeiten und Kleinspielwaren angebracht und diese auch von Volksschulkindern in Anspruch genommen wurden

-

an der Hausmauer des Gasthauses Steinleitner in Kronstorf, Hauptstraße 54, (Entfernung zur Volksschule ca. 100 m, Entfernung zur Bushaltestelle ca. 100 m)

-

bei der Bushaltestelle Schmieding an der B 115 bei Strkm 7,3 an der Haltestellentafel und weiters

-

bei der Bushaltestelle Mühlrading an der B 115 bei Strkm 9,0 an der Haltestellentafel

obwohl gemäß der o.a. Verordnung zum Schutz von unmündigen Minderjährigen vor unüberlegten Geldausgaben, die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten mittels Automaten zur Abgabe von Süßigkeiten, wie Zuckerl, Kaugummi, u.a. und zur Abgabe von Kleinspielwaren, wie Ringe, Tierzeichen, Kugeln u.a. an den Standorten

a)

in einem Umkries von 200 m vom Standort der Volksschule Kronstorf

b)

u.a. bei den Haltestellen Mühlrading und Schmieding

c)

bei allen Schulbushaltestellen im Gemeindegebiet

d)

in einem Umkreis von 200 m von Sport- und Spielplätzen, Kirchenplätzen usw.

untersagt ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 367 Ziff. 15 i.V.m. § 52 Abs. 4 Gewerbeordnung 1973, BGBl. Nr. 50/1974 i.d.F. BGBl. Nr. 450/1992 und in Verbindung mit der o. a. Verordnung des Bürgermeisters der Marktgemeinde Kronstorf

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie gemäß § 367 Einleitung Gewerbeordnung 1973 eine Geldstrafe von S 3.000,-- verhängt, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden."

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit dem Bescheid vom 13. Jänner 1995 keine Folge und bestätigte dieses Straferkenntnis vollinhaltlich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes macht der Beschwerdeführer u.a. geltend, der angefochtene Bescheid sei hinsichtlich der anzuwendenden Verwaltungsvorschrift und der angewendeten Gesetzesbestimmungen nicht ausreichend präzisiert. Abgesehen von den Hinweisen auf die §§ 367 Z. 15 und 52 Abs. 4 GewO 1973 werde lediglich pauschal die Verordnung des Bürgermeisters der Marktgemeinde Kronstorf angeführt. Für einen entsprechenden Tatvorwurf sei es aber erforderlich, daß im einzelnen darauf hingewiesen werde, welcher Teil der Verordnung des Bürgermeisters der Marktgemeinde Kronstorf durch die Tat "erfüllt" worden sei.

Schon mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht.

Gemäß § 367 Z. 15 GewO 1973 in der im Hinblick auf den Tatzeitpunkt hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe mittels Automaten entgegen § 52 Abs. 2 oder entgegen den Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 52 Abs. 3 oder 4 ausübt, wenn nicht einer der Tatbestände des § 366 Abs. 1 Z. 1 und 2 gegeben ist.

Nach § 52 Abs. 4 GewO 1973 - die Tatbestände des § 52 Abs. 2 und 3 leg. cit. kommen hier sachverhaltsmäßig nicht in Betracht - kann die Gemeinde, soweit dies zum Schutz von unmündigen Minderjährigen vor unüberlegten Geldausgaben erforderlich ist, durch Verordnung die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten mittels Automaten, die erfahrungsgemäß besonders auf die Inanspruchnahme durch unmündige Minderjährige ausgerichtet sind, in näher bezeichneten Bereichen untersagen.

Nach der Aktenlage erging unter Bezugnahme auf § 52 Abs. 4 GewO 1973 die Verordnung des Bürgermeisters der Marktgemeinde Kronstorf vom 7. April 1983, deren § 1 wie folgt lautet:

"Zum Schutz von unmündigen Minderjährigen vor unüberlegten Geldausgaben, wird die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten mittels Automaten zur Abgabe von Süßigkeiten, wie Zuckerl, Kaugummi u.a. und zur Abgabe von Kleinspielwaren, wie Ringe, Tierzeichen, Kugeln u.a. an folgenden Standorten untersagt:

1.

in einem Umkreis von 200 m vom Standort der Volksschule Kronstorf

2.

bei den Haltestellen des öffentlichen Verkehrs: Pühring, Plaik, Mühlrading, Kronstorf, Schmieding, Unterhaus und Thaling

3.

bei allen Schulbushaltestellen im Gemeindegebiet

4.

in einem Umkreis von 200 m von Sport- und Spielplätzen, Kirchenplätzen usw."

Gemäß § 44a Z. 2 VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten. Diese Verwaltungsvorschrift bestimmt sich bei Übertretungen der in Rede stehenden Art aus der Bestimmung des § 367 Z. 15 GewO 1973 im Zusammenhang mit der fallbezogen in Betracht kommenden - konkreten - Bestimmung der auf Grund des § 52 Abs. 4 GewO 1973 ergangenen Verordnung (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 1985, Zl. 84/04/0195).

Enthält diese Verordnung mehrere Untergliederungen, so ist dem Erfordernis der konkreten Bezeichnung der angewendeten Verordnungsbestimmung nur entsprochen, wenn auch die im Einzelfall angewendete Untergliederung dieser Verordnung bestimmt bezeichnet ist.

Dieser Rechtslage entspricht der Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses, dessen Inhalt im Wege der Bestätigung durch die belangte Behörde auch zum Inhalt des angefochtenen Bescheides erhoben wurde, deshalb nicht, weil - obwohl die Verordnung des Bürgermeisters der Marktgemeinde Kronstorf eine Untergliederung nach Paragraphen und Ziffern enthält - in dem § 44 Z. 2 VStG entsprechenden Teil als Übertretungsnorm neben § 367 Z. 15 und § 52 Abs. 4 GewO 1973 lediglich die Verordnung des Bürgermeisters der Marktgemeinde Kronstorf schlechthin bezeichnet wird.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastet sie den angefochtenen Bescheid schon im Hinblick darauf mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung zu führen hatte. Es war daher eine Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens entbehrlich.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

Schlagworte

Mängel im Spruch unvollständige Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995040056.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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