TE Bvwg Erkenntnis 2024/5/28 W146 2269017-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.05.2024
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Entscheidungsdatum

28.05.2024

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W146 2269017-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen Spruchpunkt l. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.02.2023, 1288618904/211672902 zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch XXXX , geb. römisch XXXX , StA. Syrien, gegen Spruchpunkt l. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.02.2023, 1288618904/211672902 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang römisch eins. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer stellte am 05.11.2021 den dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz.

Anlässlich der Erstbefragung am 06.11.2021 gab dieser zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er wegen des Krieges den Militärdienst leisten müsse, was er nicht möchte. Sein Vater sei am 20.11.2012 vom Regime inhaftiert worden und der Beschwerdeführer wisse nicht, ob der Vater noch lebe oder tot sei. Es gebe keine Sicherheit in Syrien.

Am 16.11.2022 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der Beschwerdeführer an, dass er seine dritte Frau mit den vier Kindern, die er mit seiner zweiten Frau habe, nach Österreich holen wolle. Auf Vorhalt, im vorgelegten Familienbuch würden Seiten fehlen, gab der Beschwerdeführer an, die Seiten seien verbrannt. Auf Vorhalt, wie das möglich sei, dass die vorgelegten Seiten unversehrt seien, die restlichen aber verbrannt, gab er an, das ganze Buch sei verbrannt, die vorgelegten Kopien habe er schon bei sich gehabt. Auf die Frage, was auf den verbrannten Seiten gestanden sei, gab der Beschwerdeführer an, die Einträge seiner ersten und zweiten Ehefrau. Auf den Vorhalt, was sich der Beschwerdeführer davon erhoffe, seine ersten beiden Ehefrauen aus dem Familienbuch zu löschen, meinte er, er werde versuchen, die anderen Seiten zu bringen. Auf den Vorhalt, wie er die verbrannten Seiten nachbringen wolle, gab der Beschwerdeführer an, er mache jetzt ein neues Familienbuch.

Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, dass er keinen Militärdienst leisten habe wollen und Österreich für seine Kinder besser sei als Syrien. Wenn er nach Syrien zurückkehre, werde ihn das Regime von Assad schlachten. Das Militär sei bei ihm zu Hause gewesen und habe ihn gesucht. 2013 habe er zum Militärdienst einrücken müssen, er habe aber keinen Einberufungsbefehl erhalten. Auch sei er nicht bei der Musterung gewesen. Sein Vater sei 2012 festgenommen worden. Seither wisse die Familie nichts von ihm. Seine Familie habe noch ein Haus in seinem Heimatort, wo diese auch lebe.

Der Beschwerdeführer habe keine Strafrechtsdelikte begangen, werde in der Heimat weder von Polizei, Staatsanwaltschaft, Gericht oder einer sonstigen Behörde gesucht, sei auch von den Behörden nie angehalten, festgenommen oder verhaftet worden, habe in der Heimat keine Probleme mit den Behörden, sei kein Mitglied einer politischen Gruppierung, sei auch in seiner Heimat von staatlicher Seite niemals wegen seiner politischen Gesinnung, Rasse, Religion oder Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verfolgt worden, es habe keine Übergriffe gegenüber seiner Person gegeben und habe der Beschwerdeführer auch nicht an Kampfhandlungen teilgenommen.

Auf die Frage, warum der Beschwerdeführer nach Österreich reisen habe wollen, gab er an, weil Österreich zivilisiert sei. Man könne hier studieren. Die Zukunft für seine Kinder sei natürlich hier viel besser. Aber auch weil Österreich der Haupteingang von Europa sei. Er sei während seiner Reise oft erwischt worden, aber kein Land habe von ihm Dokumente verlangt. Nur in Österreich seien ihm Fingerabdrücke abgenommen worden. Deswegen denke er, Österreich sei der Eingang von Europa.

Der Beschwerdeführer legte anlässlich seiner Einvernahme mehrere Auszüge aus Personenregister in Farbkopie, eine ID-Karte einer Frau in Farbkopie und einzelne Seiten eines Familienbuchs in Farbkopie, ausgestellt am 05.04.2021 in XXXX vor.Der Beschwerdeführer legte anlässlich seiner Einvernahme mehrere Auszüge aus Personenregister in Farbkopie, eine ID-Karte einer Frau in Farbkopie und einzelne Seiten eines Familienbuchs in Farbkopie, ausgestellt am 05.04.2021 in römisch XXXX vor.

Am 01.12.2022 übermittelte der Beschwerdeführer eine Eheurkunde, ausgestellt am 30.11.2022 in XXXX und die Seite 1 eines neuen Auszugs aus dem Familienregister, ausgestellt ebenso am 30.11.2022 XXXX .Am 01.12.2022 übermittelte der Beschwerdeführer eine Eheurkunde, ausgestellt am 30.11.2022 in römisch XXXX und die Seite 1 eines neuen Auszugs aus dem Familienregister, ausgestellt ebenso am 30.11.2022 römisch XXXX .

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.02.2023 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.02.2023 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe. Er sei in XXXX , aufgewachsen und im Alter von sechs Jahren in den Nachbarort XXXX übersiedelt, wo er bis zur Ausreise aus Syrien gelebt habe.Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe. Er sei in römisch XXXX , aufgewachsen und im Alter von sechs Jahren in den Nachbarort römisch XXXX übersiedelt, wo er bis zur Ausreise aus Syrien gelebt habe.

Der Beschwerdeführer habe 5 Jahre die Schule besucht und in der familieneigenen Landwirtschaft gearbeitet. Er habe weiters als Elektriker und in einem Restaurant gearbeitet, zuletzt als Bauarbeiter. Der Beschwerdeführer sei verheiratet mit XXXX mit der er 4 Kinder habe: Töchter Samira, Sahar und Samar sowie Sohn Ibrahim. Von dieser Ehefrau würde der Beschwerdeführer getrennt leben. Die Kinder würden bei ihrer Mutter im Heimatort leben. Eine erste Ehe sei bereits geschieden worden. Eine dritte Ehe mit XXXX habe nicht festgestellt werden können. Die Mutter des Beschwerdeführers lebe nach wie vor im Haus im Herkunftsort. Ein Neffe sei in Österreich aufhältig.Der Beschwerdeführer habe 5 Jahre die Schule besucht und in der familieneigenen Landwirtschaft gearbeitet. Er habe weiters als Elektriker und in einem Restaurant gearbeitet, zuletzt als Bauarbeiter. Der Beschwerdeführer sei verheiratet mit römisch XXXX mit der er 4 Kinder habe: Töchter Samira, Sahar und Samar sowie Sohn Ibrahim. Von dieser Ehefrau würde der Beschwerdeführer getrennt leben. Die Kinder würden bei ihrer Mutter im Heimatort leben. Eine erste Ehe sei bereits geschieden worden. Eine dritte Ehe mit römisch XXXX habe nicht festgestellt werden können. Die Mutter des Beschwerdeführers lebe nach wie vor im Haus im Herkunftsort. Ein Neffe sei in Österreich aufhältig.

Es stehe fest, dass er der Beschwerdeführer sein Heimatland aufgrund der allgemein prekären Sicherheitslage aufgrund des herrschenden Bürgerkrieges verlassen habe. Es sei keine ihn betreffende, individuelle Verfolgung in Syrien festgestellt worden. Er sei in Syrien weder aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt worden.

Gegen Spruchpunkt I. dieses am 14.02.2023 rechtswirksam zugestellten Bescheide erhob die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde. Darin wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seinen Militärdienst in Syrien noch nicht abgeleistet habe, obwohl er seit 2013 wehrpflichtig sei. Der Beschwerdeführer wolle niemanden töten und keine Waffe tragen. Er lehne es ab, sich dem syrischen oder einem anderen Militär anzuschließen, weshalb er sich seit der Machtübernahme durch das syrische Regime nur mehr im Herkunftsdorf aufgehalten habe. Der Beschwerdeführer sei zu Hause von Soldaten des Regimes aufgesucht worden, da diese ihn zum Wehrdienst rekrutieren hätten wollen. Der Beschwerdeführer habe sich dieser Rekrutierung durch den Umstand, dass er nicht zu Hause gewesen sei, entziehen können. Der Beschwerdeführer habe daraufhin Syrien illegal verlassen.Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses am 14.02.2023 rechtswirksam zugestellten Bescheide erhob die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde. Darin wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seinen Militärdienst in Syrien noch nicht abgeleistet habe, obwohl er seit 2013 wehrpflichtig sei. Der Beschwerdeführer wolle niemanden töten und keine Waffe tragen. Er lehne es ab, sich dem syrischen oder einem anderen Militär anzuschließen, weshalb er sich seit der Machtübernahme durch das syrische Regime nur mehr im Herkunftsdorf aufgehalten habe. Der Beschwerdeführer sei zu Hause von Soldaten des Regimes aufgesucht worden, da diese ihn zum Wehrdienst rekrutieren hätten wollen. Der Beschwerdeführer habe sich dieser Rekrutierung durch den Umstand, dass er nicht zu Hause gewesen sei, entziehen können. Der Beschwerdeführer habe daraufhin Syrien illegal verlassen.

Weiters sei der Vater des Beschwerdeführers im Jahr 2012 vom Regime inhaftiert worden und wisse der Beschwerdeführer nichts über den Verbleib des Vaters. Auch der älteste (Halb)Bruder des Beschwerdeführers sei 2013 inhaftiert worden, dieser sei mittlerweile verstorben. Ein Bruder des Beschwerdeführers lebe im Libanon. Ein Bruder des Beschwerdeführers und der Sohn seiner Schwester würden sich in Österreich befinden und hätten ebenfalls Anträge auf internationalen Schutz gestellt.

Wehrdienstverweigerern drohe in Syrien asylrelevante Verfolgung. Das syrische Regime unterstelle Personen in bestimmten Fällen eine oppositionelle Gesinnung, insbesondere, wenn diese im Ausland einen Asylantrag gestellt hätten. Auch fürchte der Beschwerdeführer aufgrund seiner Eigenschaft als Angehöriger von Personen, die als regierungsfeindlich wahrgenommen wurden, vom syrischen Regime verfolgt zu werden, da ihm dadurch eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werden würde. Das BFA habe sich nicht mit der Situation des Beschwerdeführers vor dem Hintergrund der Länderberichte auseinandergesetzt.

Am 16.04.2024 führte das Bundesverwaltungsgericht in der gegenständlichen Rechtssache im Beisein des Beschwerdeführers und seiner Vertretung eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nahm an der Verhandlung nicht teil. Anlässlich der Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er in XXXX geboren sei und dort bis zu seinem 6. Lebensjahr gelebt habe. Die Familie sei dann nach XXXX gezogen und hätte dort bis 2013 gelebt, dann seien sie wieder zurück nach XXXX gegangen. Dort sei die Lage ruhiger gewesen. Diese Ortschaft liege im Hoheitsgebiet des syrischen Regimes. In Syrien werde er wegen des Wehrdienstes verfolgt und bedroht. Der Vater und der Halbbruder des Beschwerdeführers seien vom Regime festgenommen worden. Der Beschwerdeführer hätte am 27.03.2013 sein Wehrdienstbuch abholen müssen, er sei aber nicht hingegangen. Dies war deshalb möglich, da die FSA damals regiert habe. Auf Vorhalt, wenn die FSA damals dort regiert habe, wie habe ihn dann das Regime auffordern können, gab der Beschwerdeführer an, der Ortsvorsteher habe mit der Mutter gesprochen und ihr gesagt, dass der Beschwerdeführer sein Wehrdienstbuch abholen müsse. Der Beschwerdeführer möchte nicht unschuldige Menschen töten. Auf die Frage seiner Rechtsvertretung, wie die Einstellung des Beschwerdeführers gegenüber dem Regime sei, gab dieser an, das syrische Regime sei ein Mörder und ein Verbrecher. Es töte Kinder und Frauen. Es bombardiere die eigene Bevölkerung und habe chemische Waffen gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt. Sein Halbbruder sei in Haft unter der Folter getötet worden. Über seinen Vater wisse die Familie bis heute nichts. Er möchte das Assad nicht mehr regiere und aufhöre sie zu töten. Auf die Frage seiner Rechtsvertretung, was dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr drohe, gab er an, er würde sofort festgenommen, eingesperrt, gefoltert und getötet werden. Auch weil er das Land illegal verlassen und hier einen Asylantrag gestellt habe, würde er ebenfalls bestraft werden, weil er als Verräter gelten würde.Am 16.04.2024 führte das Bundesverwaltungsgericht in der gegenständlichen Rechtssache im Beisein des Beschwerdeführers und seiner Vertretung eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nahm an der Verhandlung nicht teil. Anlässlich der Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er in römisch XXXX geboren sei und dort bis zu seinem 6. Lebensjahr gelebt habe. Die Familie sei dann nach römisch XXXX gezogen und hätte dort bis 2013 gelebt, dann seien sie wieder zurück nach römisch XXXX gegangen. Dort sei die Lage ruhiger gewesen. Diese Ortschaft liege im Hoheitsgebiet des syrischen Regimes. In Syrien werde er wegen des Wehrdienstes verfolgt und bedroht. Der Vater und der Halbbruder des Beschwerdeführers seien vom Regime festgenommen worden. Der Beschwerdeführer hätte am 27.03.2013 sein Wehrdienstbuch abholen müssen, er sei aber nicht hingegangen. Dies war deshalb möglich, da die FSA damals regiert habe. Auf Vorhalt, wenn die FSA damals dort regiert habe, wie habe ihn dann das Regime auffordern können, gab der Beschwerdeführer an, der Ortsvorsteher habe mit der Mutter gesprochen und ihr gesagt, dass der Beschwerdeführer sein Wehrdienstbuch abholen müsse. Der Beschwerdeführer möchte nicht unschuldige Menschen töten. Auf die Frage seiner Rechtsvertretung, wie die Einstellung des Beschwerdeführers gegenüber dem Regime sei, gab dieser an, das syrische Regime sei ein Mörder und ein Verbrecher. Es töte Kinder und Frauen. Es bombardiere die eigene Bevölkerung und habe chemische Waffen gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt. Sein Halbbruder sei in Haft unter der Folter getötet worden. Über seinen Vater wisse die Familie bis heute nichts. Er möchte das Assad nicht mehr regiere und aufhöre sie zu töten. Auf die Frage seiner Rechtsvertretung, was dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr drohe, gab er an, er würde sofort festgenommen, eingesperrt, gefoltert und getötet werden. Auch weil er das Land illegal verlassen und hier einen Asylantrag gestellt habe, würde er ebenfalls bestraft werden, weil er als Verräter gelten würde.

Auf Vorhalt, ob der Beschwerdeführer die Beschwerde nur eingebracht habe, um die Familienzusammenführung zu beschleunigen, gab der Beschwerdeführer an, nein, um sich weiter vor dem syrischen Regime zu schützen; was passiere denn, wenn der subsidiäre Schutz nicht verlängert würde. Auf Vorhalt, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerde erstmals vorgebracht habe, dass der Halbbruder tot sei, gab er an, nein das habe er auch schon vor dem BFA gesagt, aber die Referentin habe gemeint, er solle nur auf ihre Fragen antworten.

Auf Vorhalt, wie es denn möglich sein konnte, dass sein Heimatort von der FSA beherrscht worden und gleichzeitig eine Einberufung vom syrischen Regime an ihn ergangen sei, gab der Beschwerdeführer an, er habe keinen Einberufungsbefehl erhalten, aber der Ortsvorsteher sei bei ihnen zu Hause gewesen und habe mit der Mutter gesprochen. Auf Vorhalt, das könne nicht möglich sein, dass ein Ortsvorsteher des syrischen Regimes im Hoheitsgebiet der FSA Leute für das syrische Regime rekrutieren wolle, gab der Beschwerdeführer an, der Ortsvorsteher habe am Telefon mit seiner Mutter gesprochen.

Die Originale der vorgelegten Dokumente würden sich in Syrien befinden. Die Mutter des Beschwerdeführers habe für die Familienzusammenführung Kopien geschickt. Auf Vorhalt des Richters, er gehe davon aus, dass das Innenministerium einem angeblich gesuchten Wehrdienstverweigerer keine Dokumente ausstellen würde, gab der Beschwerdeführer an, die Dokumente seien seiner Mutter ausgestellt worden, weil die nicht gesucht werde. Auf Vorhalt, das Regime werde einen Wehrdienstverweigerer keinen Gefallen tun, gab der Beschwerdeführer an, in Syrien könne man alles mit Geld machen. Auf die Frage, ob sich der Beschwerdeführer von der Wehrpflicht freigekauft habe, gab dieser an, nein, denn dann würde er trotzdem vom Regime gesucht werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Syrien sowie Angehöriger der arabischen Volksgruppe mit moslemischem Religionsbekenntnis (Sunnit) und führt den im Spruch genannten Namen. Der Beschwerdeführer ist mehrmals verheiratet (gewesen). Zur behaupteten ersten Ehefrau können keine Feststellungen getroffen werden. Mit Frau XXXX ist der Beschwerdeführer verheiratet (gewesen) und hat mit ihr drei Töchter und einen Sohn. Eine Scheidung von dieser Ehegattin kann nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer behauptet (auch) mit Frau XXXX verheiratet zu sein, dies kann nicht festgestellt werden.Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Syrien sowie Angehöriger der arabischen Volksgruppe mit moslemischem Religionsbekenntnis (Sunnit) und führt den im Spruch genannten Namen. Der Beschwerdeführer ist mehrmals verheiratet (gewesen). Zur behaupteten ersten Ehefrau können keine Feststellungen getroffen werden. Mit Frau römisch XXXX ist der Beschwerdeführer verheiratet (gewesen) und hat mit ihr drei Töchter und einen Sohn. Eine Scheidung von dieser Ehegattin kann nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer behauptet (auch) mit Frau römisch XXXX verheiratet zu sein, dies kann nicht festgestellt werden.

Die Mutter und die Kinder des Beschwerdeführers leben aktuell im Haus des Beschwerdeführers in XXXX . Der Beschwerdeführer hat einen Bruder und 6 Schwestern, sowie 3 Halbgeschwister. Ein Neffe und der Bruder sollen sich in Österreich befinden. Ein Halbbruder lebt im Libanon und er schickt der Familie in XXXX monatlich Geld.Die Mutter und die Kinder des Beschwerdeführers leben aktuell im Haus des Beschwerdeführers in römisch XXXX . Der Beschwerdeführer hat einen Bruder und 6 Schwestern, sowie 3 Halbgeschwister. Ein Neffe und der Bruder sollen sich in Österreich befinden. Ein Halbbruder lebt im Libanon und er schickt der Familie in römisch XXXX monatlich Geld.

Eine Schwester lebt in der Türkei, die anderen fünf Schwestern leben in XXXX .Eine Schwester lebt in der Türkei, die anderen fünf Schwestern leben in römisch XXXX .

Nicht festgestellt werden kann, ob der Vater und ein Halbbruder im Gefängnis sind bzw. der Halbbruder verstorben ist.

Der Beschwerdeführer wurde in XXXX geboren und übersiedelte im Alter von sechs Jahren nach XXXX . Ob der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise wieder in XXXX lebte, konnte nicht festgestellt werden. XXXX sind Nachbarorte, liegen in XXXX und sind beide seit Dezember 2016 unter Kontrolle des syrischen Regimes.Der Beschwerdeführer wurde in römisch XXXX geboren und übersiedelte im Alter von sechs Jahren nach römisch XXXX . Ob der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise wieder in römisch XXXX lebte, konnte nicht festgestellt werden. römisch XXXX sind Nachbarorte, liegen in römisch XXXX und sind beide seit Dezember 2016 unter Kontrolle des syrischen Regimes.

Der Beschwerdeführer hat im Herkunftsstaat fünf Jahre die Schule besucht. Er war in der familieneigenen Landwirtschaft, vorübergehend als Elektriker, in einem Restaurant und zuletzt als Bauarbeiter erwerbstätig. Vor seiner Ausreise brachte er 4000 syrische Lira am Tag ins Verdienen.

Der Beschwerdeführer verließ Syrien zwischen August 2020 und August 2021. Ein genauerer Ausreisezeitpunkt konnte nicht festgestellt werden. Die Türkei verließ der Beschwerdeführer im September 2021.

Der Beschwerdeführer hatte im Vorfeld seiner Ausreise keine Kontakte zum syrischen Regime.

Dem Beschwerdeführer war es möglich Personenstandsregisterauszüge seiner Kinder, ausgestellt am 01.12.2021, einen Familienbuchauszug, ausgestellt am 05.04.2021 in XXXX einen weiteren Familienbuchauszug vom 30.11.2022 ausgestellt in XXXX sowie eine Eheurkunde, ausgestellt am 30.11.2022 in XXXX , von den syrischen Behörden zu bekommen. Dem Beschwerdeführer war es möglich Personenstandsregisterauszüge seiner Kinder, ausgestellt am 01.12.2021, einen Familienbuchauszug, ausgestellt am 05.04.2021 in römisch XXXX einen weiteren Familienbuchauszug vom 30.11.2022 ausgestellt in römisch XXXX sowie eine Eheurkunde, ausgestellt am 30.11.2022 in römisch XXXX , von den syrischen Behörden zu bekommen.

Der Beschwerdeführer hat den Grundwehrdienst in der syrischen Armee nicht abgeleistet. Es liegt keine aktuelle Einberufung des Beschwerdeführers zu den syrischen Streitkräften vor. Der Beschwerdeführer war bei keiner Stellung und hat kein Wehrbuch. Der Beschwerdeführer hat nicht behauptet, dass er den syrischen Militärdienst verweigern würde. Der Beschwerdeführer weist keine glaubhaft verinnerlichte politische Überzeugung gegen die syrische Regierung oder gegen den Dienst an der Waffe an sich auf.

Ihm droht bei einer Rückkehr insbesondere keine Verfolgung durch das syrische Regime aufgrund einer Desertation bzw. Wehrdienstverweigerung oder einer (ihm seitens des syrischen Regimes unterstellten) oppositionellen Gesinnung. Im Fall seiner Rückkehr nach Syrien ist der Beschwerdeführer nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr ausgesetzt, aus den genannten Gründen von der syrischen Regierung mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.

Der Beschwerdeführer war in Syrien nicht politisch tätig, ist nicht Mitglied einer oppositionellen Gruppierung und auch sonst nicht in das Blickfeld der syrischen Regierung geraten. Er hat in Syrien keine Straftaten begangen und wurde nie verhaftet.

Auch aufgrund seiner Ausreise und seiner Asylantragstellung in Österreich droht dem Beschwerdeführer nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Inhaftierung und Folter aufgrund der Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung.

Auch sonst ist der Beschwerdeführer nicht der Gefahr ausgesetzt, aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Syrien mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden. Dem Beschwerdeführer droht auch nicht aufgrund der Verwandtschaft zu seinem Vater und Halbbruder die Gefahr seitens des syrischen Regimes verfolgt zu werden.

Der Beschwerdeführer ist 30 Jahre alt und hat den Wehrdienst für das syrische Regime noch nicht abgeleistet. Die Wehrdienstverweigerung stellt nicht das einzige Mittel dar, mit dem der Beschwerdeführer einer Ableistung des Wehrdienstes und der damit allenfalls verbundenen Beteiligung an Kriegsverbrechen entgehen kann.

Das syrische Gesetz sieht für männliche syrische Staatsbürger, die – wie der Beschwerdeführer – im Ausland niedergelassen sind, die Möglichkeit vor, sich durch die Zahlung einer Gebühr dauerhaft von der Wehrpflicht zu befreien.

Der Beschwerdeführer besitzt ausreichende finanzielle Mittel, um die Wehrersatzgebühr zu leisten. Ihm steht die Möglichkeit offen, das diesbezügliche Verfahren entweder selbst über eine syrische Botschaft in Europa abzuwickeln, oder im Wege eines Stellvertreters in Syrien erledigen zu lassen. Es war ihm möglich Familienbuchauszüge in den Jahren 2021 und 2022 von den syrischen Behörden zu bekommen. Ihm ist es möglich, über eine syrische Vertretungsbehörde einen syrischen Reisepass zu erlangen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die syrischen Behörden Personen, die sich vom Wehrdienst freigekauft haben (selbst wenn dies nicht zeitnah nach Erreichen des wehrpflichtigen Alters erfolgte), eine oppositionelle Gesinnung unterstellen oder diese trotz der entrichteten Wehrersatzgebühr systematisch bzw. mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit dennoch zum Wehrdienst einziehen. Es liegen auch keine Anhaltspunkte vor, dass dies im Fall des Beschwerdeführers erfolgen würde.

Der Beschwerdeführer lehnt die Leistung einer Wehrersatzgebühr ab, weil er trotzdem vom Regime gesucht werden würde.

Zur Lage im Herkunftsstaat:

Auszug aus den Länderinformationen der Staatendokumentation zu Syrien aus dem COI-CMS, Version 11, 27.03.2024:

Politische Lage

Letzte Änderung: 2024-03-08

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).

Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).

Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).

Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).

Sicherheitslage

Letzte Änderung: 2024-03-08

Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).

Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse

Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden (CFR 24.1.2024). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB Damaskus 1.10.2021). In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023).

Die militärischen Akteure und Syriens militärische Kapazitäten

Die Kämpfe und Gewalt nahmen 2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu (UNHRC 14.9.2021). Der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (VN) für Syrien Geir O. Pedersen wies am 29.11.2022 vor dem Sicherheitsrat insbesondere auf eine langsame Zunahme der Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens auf der einen Seite und der Türkei und bewaffneten Oppositionsgruppen auf der anderen Seite im Norden Syriens hin. Er betonte weiter, dass mehr Gewalt noch mehr Leid für die syrische Zivilbevölkerung bedeutet und die Stabilität in der Region gefährden würde - wobei gelistete terroristische Gruppen die neue Instabilität ausnutzen würden (UNSC 29.11.2022). Im Hinblick auf das Niveau der militärischen Gewalt ist eine Verstetigung festzustellen. Auch das Erdbeben am 6.2.2023 hat zu keiner nachhaltigen Verringerung der Kampfhandlungen geführt. In praktisch allen Landesteilen kam es im Berichtszeitraum zu militärischen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Art und Ausprägung. Dabei bestanden auch teils erhebliche Unterschiede zwischen Regionen mit einer hohen Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen und vergleichsweise ruhigeren Landesteilen (AA 29.3.2023). Für keinen Landesteil Syriens kann insofern von einer nachhaltigen Beruhigung der militärischen Lage ausgegangen werden (AA 2.2.2024).

Die Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic (CoI) der VN stellte im Februar 2022 fest, dass fünf internationale Streitkräfte - darunter Iran, Israel, Russland, die Türkei und die Vereinigten Staaten von Amerika, sowie nicht-staatliche bewaffnete Gruppen und von den VN benannte terroristische Gruppen weiterhin in Syrien aktiv sind (EUAA 9.2022). Im Mai 2023 begannen zusätzlich dazu die jordanischen Streitkräfte Luftangriffe gegen die Drogenschmuggler zu fliegen (SOHR 8.5.2023). Die USA sind mit mindestens 900 Militärpersonen in Syrien, um Anti-Terror-Operationen durchzuführen (CFR 24.1.2024). Seit Ausbruch des Krieges zwischen der Hamas und Israel begannen die USA mehrere Luftangriffe gegen iranische Milizen in Syrien und dem Irak zu fliegen. Anfang Februar 2024 eskalierten die Spannungen zwischen dem Iran und den USA, nachdem iranische Milizen in Jordanien eine militärische Stellung der USA mit einer Drohne angriffen und dabei mehrere US-amerikanische Soldaten töteten und verletzten. Die USA reagierten mit erhöhten und verstärkten Luftangriffen auf Stellungen der iranischen Milizen in Syrien und dem Irak. In Syrien trafen sie Ziele in den Räumen Deir ez-Zor, Al-Bukamal sowie Al-Mayadeen. Die syrische Armee gab an, dass bei den Luftangriffen auch Zivilisten sowie reguläre Soldaten getötet wurden (CNN 3.2.2024).

Seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 intensivierte Israel die Luftangriffe gegen iranische und syrische Militärstellungen CFR 24.1.2024). Infolge der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023, wurde israelisch kontrolliertes Gebiet auch von Syrien aus mindestens dreimal mit Raketen beschossen. Israel habe daraufhin Artilleriefeuer auf die Abschussstellungen gerichtet. Beobachter machten iranisch kontrollierte Milizen für den Raketenbeschuss verantwortlich. Israel soll im selben Zeitraum, am 12.10.2023 und 14.10.2023 jeweils zweimal den Flughafen Aleppo sowie am 12.10.2023 den Flughafen Damaskus mit Luftschlägen angegriffen haben; aufgrund von Schäden an den Start- und Landebahnen mussten beide Flughäfen daraufhin den Betrieb einstellen (AA 2.2.2024).

Die militärische Intervention Russlands und die damit einhergehende Luftunterstützung für Assads Streitkräfte sowie die erheblich ausgeweitete indirekte Bodenintervention Irans in Form eines Einsatzes ausländischer Milizen konnten 2015 den Zusammenbruch des syrischen Regimes abwenden (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung hat derzeit die Kontrolle über ca. zwei Drittel des Landes, inklusive größerer Städte, wie Aleppo und Homs. Unter ihrer Kontrolle sind derzeit die Provinzen Suweida, Daraa, Quneitra, Homs sowie ein Großteil der Provinzen Hama, Tartus, Lattakia und Damaskus. Auch in den Provinzen Aleppo, Raqqa und Deir ez-Zor übt die syrische Regierung über weite Teile die Kontrolle aus (Barron 6.10.2023). Aktuell sind die syrischen Streitkräfte mit Ausnahme von wenigen Eliteeinheiten technisch sowie personell schlecht ausgerüstet und können gerade abseits der großen Konfliktschauplätze nur begrenzt militärische Kontrolle ausüben (AA 2.2.2024). Die Opposition konnte eingeschränkt die Kontrolle über Idlib und entlang der irakisch-syrischen Grenze behalten. Das Erdbeben 2023 in der Türkei und Nordsyrien machte die tatsächliche Regierung fast unmöglich, weil die Opposition Schwierigkeiten hatte, die Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfüllen (CFR 24.1.2024).

Das Regime, Pro-Regime-Milizen wie die Nationalen Verteidigungskräfte (National Defense Forces - NDF), bewaffnete Oppositionsgruppen, die von der Türkei unterstützt werden, die Syrian Democratic Forces (SDF), extremistische Gruppen wie Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) und IS (Islamischer Staat), ausländische Terrorgruppen wie Hizbollah sowie Russland, Türkei und Iran sind in den bewaffneten Konflikt involviert (USDOS 20.3.2023) [Anm.: zu israelischen und amerikanischen Militäraktionen siehe u.a. Unterkapitel Gouvernement Deir ez-Zor / Syrisch-Irakisches Grenzgebiet und Unterkapitel Gebiete unter Regierungskontrolle inkl. Damaskus und Umland, Westsyrien]. Es kann laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amts im gesamten Land jederzeit zu militärischer Gewalt kommen. Gefahr kann dabei einerseits von Kräften des Regimes gemeinsam mit seinen Verbündeten Russland und Iran ausgehen, welches unverändert das gesamte Staatsgebiet militärisch zurückerobern will und als Feinde betrachtete „terroris

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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