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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des H in S, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Mai 1994, Zl. 4.339.183/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste am 17. April 1992 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 21. April 1992, ihm Asyl zu gewähren.
Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 6. Juli 1992 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes 1968 sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Die belangte Behörde ging von der Anwendbarkeit des Asylgesetzes 1991 aus und begründete ihre Entscheidung ausschließlich (trotz der Zitierung weiterer Gesetzesstellen) damit, daß sich der Beschwerdeführer vor seiner Einreise in das Bundesgebiet unter anderem in Rumänien aufgehalten und dort Sicherheit vor Verfolgung erlangt habe.
Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und führt hiezu aus, daß Rumänien aus der Sicht Anfang 1992 nicht als sicheres Drittland angesehen werden könne. Des weiteren bekämpft der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wobei er ausführt, daß die belangte Behörde unter Verletzung des Parteiengehörs für ihn vollkommen überraschend nicht auf das bisherige Verfahren eingegangen sei, sondern den abweisenden Bescheid auf "Verfolgungssicherheit" in Rumänien gestützt habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf die Bestimmung des § 25 Abs. 2 erster Satz AsylG 1991, wonach am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängige Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1991 zu Ende zu führen sind, davon ausgegangen, daß von ihr bereits das Asylgesetz 1991 anzuwenden sei, weil das gegenständliche Asylverfahren "am bzw. nach dem 1. Juni 1992 beim Bundesministerium für Inneres anhängig war". Wie der Verwaltungsgerichtshof jedoch im Erkenntnis vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0831, auf welches des näheren gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausführlich dargelegt hat, ist gemäß § 25 Abs. 1 AsylG 1991, wenn das Verfahren in erster Instanz am 1. Juni 1992 anhängig war, im gesamten Asylverfahren das Asylgesetz, BGBl. Nr. 126/1968, anzuwenden. Im vorliegenden Fall wurde - nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten - der erstinstanzliche Bescheid vom 6. Juli 1992 am 16. Juli 1992 erlassen, sodaß die belangte Behörde auf das beschwerdegegenständliche Verfahren, weil dieses am 1. Juni 1992 noch in erster Instanz anhängig war, die Bestimmungen des Asylgesetzes (1968) anzuwenden gehabt hätte.
Zwar bewirkt die Heranziehung einer unzutreffenden Rechtslage nicht jedenfalls eine, notwendigerweise zur Aufhebung des Bescheides führende Rechtswidrigkeit; vielmehr ist dafür entscheidend, inwieweit dieser Fehler geeignet ist, die Rechtsstellung des Beschwerdeführers zu beeinflussen und gegebenenfalls nachteilig zu verändern.
Davon ausgehend ist festzustellen, daß das Asylgesetz (1968) den von der belangten Behörde herangezogenen Asylausschlußgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 in vergleichbarer Weise nicht enthielt, weshalb sich der angefochtene Bescheid, in dem sich die belangte Behörde mit der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers nicht auseinandergesetzt hat, schon aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig erweist.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des Antrages auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Beschwerde nur in zweifacher Ausfertigung einzubringen war und daher die Stempelgebühr nur in der Höhe von S 300,-- zu entrichten waren.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994200442.X00Im RIS seit
20.11.2000