Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des F in V, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 23. September 1992, Zl. 8W-En-75/I/4/91, betreffend Anpassungsmaßnahmen an wasserrechtliche Verhältnisse (mP: 1) J in B, und 2) Gemeinde K, vertreten durch den Bgm, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.160,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die zweitmitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (2.-MP) ist Eigentümerin des R.-Sees. Von diesem See fließt der S.-Bach zum T.-Teich und in der Folge weiter nach V. Zwischen dem R.-See und dem T.-Teich liegt am S.-Bach die Liegenschaft des Beschwerdeführers, für den zu Postzahl 827 (alt) des Wasserbuches für den betroffenen Verwaltungsbezirk das Recht zum Betrieb einer hydroelektrischen Eigenanlage und wahlweise eines Mahlstocks und eines Walzenstuhls und zu Postzahl 828 das Recht zum Betrieb einer Säge und einer hydroelektrischen Eigenanlage, jeweils am S.-Bach, eingetragen ist. Zu Postzahl 826 des nämlichen Wasserbuches ist für die erstmitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (1.-MP) am R.-See das Recht eingetragen, diesen See als Staubecken für den Betrieb der S. und V. Tuchfabrik zu benützen. Dieses Benützungsrecht umfaßt nach dem Inhalt der Wasserbucheintragungen auch die Befugnis, die Höhe des Seespiegels des R.-Sees zum Zwecke der Nutzung des daraus in den S.-Bach abfließenden Wassers innerhalb bestimmter Grenzen zu beeinflussen.
Wie dem Inhalt der in den Akten der belangten Behörde einliegenden Ausfertigungen im Verfahren ergangener Bescheide entnommen werden kann, stellte der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers in einer Eingabe vom 17. März 1964 einen Antrag, den er in der Folge dahin modifizierte, daß die Rechtsvorgänger der 1. MP dazu verpflichtet werden mögen, ständig eine Mindestwassermenge von 30 l/sec durch die Schleusen des R.-Sees fließen zu lassen. Diesen Antrag wies die Bezirkshauptmannschaft K. (BH) mit Bescheid vom 4. August 1965 mit der Begründung ab, daß es den Rechtsvorgängern der 1.-MP nach dem Inhalt der Wasserbucheintragungen freistehe, den Schwellbetrieb am R.-See nach Belieben zu regeln, und daß im übrigen ein vorangehender gleichlautender Antrag des Rechtsvorgängers des nunmehrigen Antragstellers schon mit Bescheid der BH vom 20. Oktober 1930 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Die belangte Behörde gab mit ihrem Bescheid vom 20. Dezember 1965 der dagegen erhobenen Berufung nicht Folge, änderte den Bescheid der BH vom 4. August 1965 aber in Richtung der Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener Sache ab. In Erledigung einer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung hob der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft mit seinem Bescheid vom 3. September 1966 die Bescheide der Vorinstanzen auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die BH mit der Begründung zurück, daß die erst mit der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1959 geschaffene Möglichkeit der Anpassung an wasserwirtschaftliche Verhältnisse durch die Bestimmung des § 52 WRG 1959 die Zurückweisung des Antrages aus dem Grunde entschiedener Sache nicht erlaube, daß bei Beurteilung des Sachverhaltes im Hinblick auf § 52 WRG 1959 das bisher durchgeführte Ermittlungsverfahren sich jedoch als mangelhaft erweise. Es werde im ergänzenden Ermittlungsverfahren zu prüfen sein, ob und inwieweit den Rechtsvorgängern der 1.-MP eine Änderung des Schwellbetriebes am R.-See gegen angemessene Entschädigung ohne wesentliche Beeinträchtigung zumutbar sei.
Mit Bescheid vom 19. Jänner 1976 wies die BH den Antrag des Rechtsvorgängers des Beschwerdeführers, den Betrieb der Wasserbenutzungsanlage des Rechtsvorgängers der 1.-MP am R.-See, welche unter Wasserbuch-Postzahl 826 im Wasserbuch ... eingetragen ist, so abzustimmen, daß ein jederzeitiger Durchfluß von 30 l/sec beim Auslaufbauwerk (Schleusenhaus) am R.-See zugunsten seiner Wasserbenutzungsanlage, Postzahl 827 und 828, gegeben ist, gemäß § 52 WRG 1959 neuerlich ab. Begründend verwies die BH auf das Gutachten ihres Amtssachverständigen für Wasserbautechnik, welcher ausgeführt habe, daß für die Abflußspende des R.-Sees keine genauen Messungen vorhanden seien. Es gäbe lediglich Messungen einer Quelle aus dem Jahre 1926, 1927 und 1940, wonach die minimale Schüttung dieser Quelle, die den wesentlichsten Zufluß zum R.-See darstelle, mit 38 l/sec im August des Jahres 1940 festgestellt worden sei. Der R.-See sei für die Wasserkraftanlage des Rechtsvorgängers der 1.-MP der wesentliche Speicherraum für einen Schwellbetrieb. Dieser Schwellbetrieb habe für die Nutzung des Wasserrechtes in Zeiten niedriger Wasserführung eine entscheidende Bedeutung. Bei Stattgebung des Begehrens des Rechtsvorgängers des Beschwerdeführers würde dieser Schwellbetrieb zu Zeiten niedrigsten Wasserstandes unmöglich gemacht, sodaß daher für die Wasserkraftanlage des Rechtsvorgängers der 1.-MP in diesem Extremfall eine wesentliche Beeinträchtigung gegeben wäre. Für den Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers würde der garantierte Abfluß einer Mindestwassermenge zu einer Verbesserung führen. Ausgehend von diesen Bekundungen des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik erachtete die BH in rechtlicher Hinsicht den Antrag des Rechtsvorgängers des Beschwerdeführers für unberechtigt. Die aus der Erfüllung des Begehrens des Rechtsvorgängers des Beschwerdeführers resultierende Verbesserung seiner Wassernutzungsmöglichkeit bedeute noch keine Verbesserung wasserwirtschaftlicher Verhältnisse, weil eine Verbesserung der Nutzung für eine von zwei konkurrierenden Wassernutzungsanlagen noch nicht unbedingt eine Verbesserung der Nutzung des gesamten Wasserdargebots darstelle. Würden durch die begehrte Anordnung einer Mindestabflußmenge zwar die Betriebsbedingungen für die Wasserkraftanlagen des Rechtsvorgängers des Beschwerdeführers verbessert, für die Anlagen des Rechtsvorgängers der 1.-MP jedoch derart verschlechtert, wie sich dies aus dem Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik ergebe, dann liege eine fühlbare Verbesserung wasserwirtschaftlicher Verhältnisse nicht vor. Zudem ergebe sich gleichzeitig, daß die begehrte Anpassung nach § 52 Abs. 1 WRG 1959 die berührten Rechte des Rechtsvorgängers der 1.-MP in einer Weise beeinträchtigen würde, welche nicht zumutbar erscheine. Schließlich reiche auch sachbezogen jenes Ausmaß an Entschädigung nicht aus, welches der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers dem Rechtsvorgänger der 1.-MP für den Fall der Erfüllung seines Begehrens angeboten habe. Im übrigen habe der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers mehrfach angegeben, daß es seit Übernahme der Schleusenanlagen durch den letzten Rechtsvorgänger der 1.-MP keine Schwierigkeiten gegeben habe, woraus sich ergebe, daß eine Verbesserung gegenüber dem derzeitigen Zustand ohne gravierende Nachteile kaum möglich sei.
In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers geltend, daß sämtliche Voraussetzungen des § 52 WRG 1959 vorlägen. Wenn der Rechtsvorgänger der 1.-MP sein Wasserrecht nach Willkür so nützen dürfe, daß er den Zufluß zur Wasseranlage des Beschwerdeführers sperren und deren Betrieb unterbrechen könne, dann bedeute es eine fühlbare Verbesserung, wenn dies unterbunden und der Bestand und Betrieb zweier Wasseranlagen gewährleistet werde. Dem Rechtsvorgänger der 1.-MP könne ohne weiteres zugemutet werden, das zu tun, was er in der Vergangenheit ohnehin schon beschwerdelos getan habe, nämlich den Abfluß des R.-Sees nicht zu unterbrechen. Der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers strebe ein Recht auf die Erhaltung des gegenwärtigen Zustandes an und wolle nicht der allfälligen Willkür des Rechtsvorgängers der 1.-MP ausgeliefert sein. Daß durch eine kontinulierliche Abflußmenge von 30 l/sec der Schwellbetrieb gefährdet wäre, sei im Ermittlungsverfahren in Wahrheit nicht hervorgekommen. Über eine solche Gefährdung könnten so lange keine aussagekräftigen Feststellungen getroffen werden, als die Zuflußmengen des R.-Sees nicht gemessen worden seien. Die Ausführungen der von der BH beigezogenen Amtssachverständigen gingen nicht von verläßlichen und überprüfbaren Anhaltspunkten aus. Auf die den Annahmen der Amtssachverständigen entgegenstehenden Aussagen eines vom Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers vorgelegten Gutachtens werde verwiesen.
In der am 28. April 1976 vor der belangten Behörde stattgefundenen Verhandlung äußerte der von ihr beigezogene Amtssachverständige für Wasserbautechnik, daß die Berufungsausführungen nicht durch neue technische Überlegungen untermauert seien, weshalb er kein Gutachten erstatten könne. Unter Hinweis auf die Ausführungen des Bescheides der BH vom 19. Jänner 1976 halte er für die beantragte Änderung "ein genaues Studium der Materie durch einen Fachkundigen für unbedingt erforderlich", nach Vorliegen einer solchen Studie erst könne von technischer Seite zu diesem Problem Stellung bezogen werden. Nachdem der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers darauf verwiesen hatte, daß die Rechtsvorgänger der 1.-MP seit Menschengedenken den kontinuierlichen Abfluß des S.-Baches in der von ihm gewünschten Weise jedenfalls tatsächlich gewährt hätten, ohne daß ihnen daraus jemals Nachteile entstanden wären, und daß die Feststellung der zur Beurteilung seines Antrages nach § 52 WRG 1959 erforderlichen Tatsachen von Amtssachverständigen gutachterlich zu erfolgen habe, ohne daß man ihn dazu verhalten dürfe, in einer dem Verfahrensrecht fremden Weise ein Privatgutachten vorzulegen, erklärte der von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige für Wasserbautechnik, daß er sich, sollte die Studie der belangten Behörde nicht vorgelegt werden, diesfalls den Auführungen der Amtssachverständigen im erstinstanzlichen Verfahren anschließen würde.
Mit Schreiben vom 23. Juni 1976 forderte die belangte Behörde den Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers unter Androhung der Rechtsfolgen des § 13 Abs. 3 AVG dazu auf, binnen einer gesetzten Frist eine von einem Fachkundigen zu erstellende Studie darüber vorzulegen, ob sich einerseits durch eine konstante Abflußmenge von 30 l/sec eine fühlbare Verbesserung der wasserwirtschaftlichen Verhältnisse der beiden konkurrierenden Wasserbenutzungsanlagen erzielen lasse, und andererseits, ob dem Rechtsvorgänger der 1.-MP diese Änderung des Wasserbenutzungsrechtes des Rechtsvorgängers des Beschwerdeführers zumutbar sei. Der gestellte Antrag stelle inhaltlich nämlich eine Änderung der dem Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers erteilten wasserrechtlichen Bewilligung dar; ein derartiges Begehren habe jedoch gemäß § 103 WRG 1959 die für die Beurteilung dieses Ansuchens von einem Fachkundigen erstellten Unterlagen zu enthalten.
Über entsprechende Anfrage der belangten Behörde teilte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers dieser mit Schreiben vom 13. Juli 1981 mit, daß der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers am 19. August 1979 verstorben sei, daß noch nicht feststehe, wer seine Erben seien und daß von einer Zurückziehung der Berufung nicht ausgegangen werden könne. Mit 27. Juli 1981 teilte die belangte Behörde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers daraufhin mit, daß das Verfahren auf unbestimmte Zeit ausgesetzt werde und die Entscheidung über seine Fortsetzung bei den Erben des Rechtsvorgängers des Beschwerdeführers liege.
Nachdem der Beschwerdeführer als Erbe seines Vaters in das Verfahren eingetreten war, mehrfach um Verlängerung der Frist zur Vorlage der aufgetragenen Studie ersucht und gegenüber der belangten Behörde auch geäußert hatte, daß weder ihm noch dem mit der Erstellung der verlangten Studie Beauftragten klar sei, welche Daten diese Studie enthalten solle, wurde nach stattgefundenen Gesprächen zwischen dem vom Beschwerdeführer beauftragten Sachverständigen und Organwaltern der belangten Behörde die mit 29. Mai 1985 datierte "wasserwirtschaftliche Studie" mit Schreiben des Beschwerdeführers vom 14. Juni 1985 der belangten Behörde vorgelegt. Diese Studie enthält als Ergebnis ihrer Untersuchungen einen Lösungsvorschlag für die vom Beschwerdeführer begehrte Anpassung der Wasserbenutzungen an die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse.
Der von der belangten Behörde mit der Prüfung dieser Studie beauftrage Amtssachverständige äußerte in seiner Stellungnahme vom 9. Oktober 1985, daß die in der vorgelegten Studie angestellten Berechnungen ebenso zuträfen wie die dort gegebene Darstellung der "Problemursache", und daß mit dem nunmehrigen Begehren des Beschwerdeführers auf Bewirtschaftung des R.-Sees unter den gegenwärtigen Bedingungen eine Anpassung an die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse im Sinne des § 52 WRG 1959 erreicht und auch gerechtfertigt sei.
In der am 17. Dezember 1985 vor der belangten Behörde stattgefundenen Verhandlung kam es zum Abschluß eines zeitlich befristeten Übereinkommens zwischen dem Beschwerdeführer und dem Rechtsvorgänger der 1.-MP, wonach dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt wurde, innerhalb des vereinbarten Zeitraumes den R.-See so zu bewirtschaften, daß an einem bestimmt bezeichneten Pegel eine Durchflußmenge von mindestens 60 l/sec gewährleistet sein würde. Dieses Abkommen verlor seinem Inhalt nach seine Wirksamkeit jedenfalls mit Ablauf des 31. Dezember 1986.
Weitere von der belangten Behörde gesetzte Verfahrensschritte sind mit Ausnahme einer am 18. Oktober 1991 an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers gerichteten Anfrage, ob die Berufung nicht zurückgezogen werden könnte, den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen. Der Beschwerdeführer teilte mit Schreiben vom 17. Juni 1992 der belangten Behörde mit, daß eine Zurücknahme der Berufung nicht in Betracht komme. Zwischenzeitig habe die 2.-MP mit wasserrechtlichem Übereinkommen von 24. Jänner und 10. Februar 1992 der 1.-MP das Staurecht am R.-See abgelöst und die Uferstreifen und einen Teil des Seeauslaufes käuflich erworben. Daß die 1.-MP als Wasserberechtigte nur das Staurecht veräußere, im übrigen aber Eigentümer der Betriebsanlage bleibe, halte der Beschwerdeführer für rechtlich ausgeschlossen; an einer Regelung des Schwellbetriebes, welche er mit seiner Berufung verfolge, sei er unverändert interessiert.
Mit Schreiben vom 19. August 1992 legte der Beschwerdeführer eine Abschrift eines zwischen den beiden MP geschlossenen Übereinkommens vor. In Punkt 1. dieses Übereinkommens wird festgestellt, daß die 1.-MP gemäß Postzahl 826 des Wasserbuches ... allein berechtigt sei, den R.-See als Staubecken für seine Wasserkraftanlage in V. zu benützen und den Seespiegel des R.-Sees mit Hilfe seines an dessen Ostufer gelegenen Auslaufbauwerkes innerhalb einer Schwankungsbreite von 1,23 m zu nutzen. Nach Punkt 2. dieses Übereinkommens verzichtet die 1.-MP hiemit zugunsten der 2.-MP auf das bisher nur ihr zugestandene, oben näher angeführte Recht, den R.-See innerhalb einer Schwankungsbreite von 1,23 m als Staubecken für ihre Wasserkraftanlage im V. zu nutzen und verkauft und übergibt der 2.-MP ab dem Tag der Vertragsunterfertigung das Auslaufbauwerk in ihr Eigentum, damit diese künftighin die Höhe des Seespiegels des R.-Sees nach eigenem Ermessen unter Beachtung aller wasserrechtlichen Vorschriften regeln könne. Für den Betrieb ihrer Wasserkraftanlage in V. begnüge sich die 1.-MP fortan mit dem natürlichen Überlauf des Sees. Kommentierend verwies der Beschwerdeführer darauf, daß für den Fall einer Feststellung des Erlöschens des Wasserbenutzungsrechtes der 1.-MP die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen seien, damit das Recht des Beschwerdeführers auf Benutzung des Abflusses des R.-Sees zur Ausnützung der motorischen Kraft erhalten bleibe.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der BH vom 19. Jänner 1976 ab. In der Begründung des angefochtenen Bescheides verwies die belangte Behörde auf den Bescheid der BH vom 19. Jänner 1976, welcher die Abweisung "ausführlich" begründe und zu dem Ergebnis komme, "daß mit dem Antrag auf Durchflußgarantie von 30 l/s eine wesentliche Beeinträchtigung des Wasserrechtes unter PZ 826 gegeben wäre und nicht zumutbar erscheint". Die Berufungsbehörde verweise daher vollinhaltlich auf die zutreffende Gründung des bekämpften Bescheides der BH. Ferner führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid unter der Rubrik "darüber hinaus sei angemerkt", noch folgendes aus: Inhaber des Wasserrechtes PZ 826 sei nunmehr die 1.-MP. Daß das Verfahren schon seit 28 Jahren anhängig sei, beruhe nicht auf Säumigkeit der Berufungsbehörde, sondern auf ein von den wasserberechtigten Parteien vereinbartes "Ruhen des Verfahrens". In dieser Zeit sei der Grundablaß sowie der R.-Seeausfluß saniert und wasserrechtlich bewilligt worden. Die Zurückziehung der Berufung sei erwogen worden. Der Angelegenheit betreffend das zwischen den beiden MP abgeschlossenen Übereinkommens werde die Wasserrechtsbehörde erster Instanz nachzugehen haben; für das Berufungsverfahren habe diese Sache keine Relevanz. Die von der 2.-MP angestrebte Lösung werde schon jahrelang praktiziert und komme dem Berufungsbegehren "eigentlich sehr nahe", wenn sie es nicht sogar erfülle. Durch die Gewährleistung eines ständigen Abflusses ohne Stauhaltung werde das gesamte abfließende Wasserdargebot an den Beschwerdeführer weitergereicht, darüber hinaus sei durch die Räumung des Abflußkanales auch der notwendige Durchfluß sichergestellt, wobei das Projekt über die Räumung wasserrechtlich verhandelt und bewilligt worden sei. Eine Beschränkung auf eine Mindestdurchflußmenge, wie im Antrag begehrt, von 30 l/s sei daher entbehrlich, weil ohnehin die gesamte Schüttung zur Verfügung stehe und kein Aufstau erfolgen solle. Wie diese Regelung allerdings endgültig festgelegt werden solle, sei Angelegenheit der zuständigen Wasserrechtsbehörde erster Instanz.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Erklärung beantragt, sich in seinem Recht auf Anpassung des Schwellbetriebes am R.-See gemäß § 52 WRG 1959 als verletzt zu erachten.
Die belangte Behörde hat ihre Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt; die Akten der Wasserrechtsbehörde erster Instanz hat die belangte Behörde entgegen der in der Gegenschrift aufgestellten Behauptung nicht vorgelegt. Die MP stellen in ihrer Gegenschrift den Antrag, die Beschwerde "zufolge Klaglosstellung des Beschwerdeführers zurückzuweisen", allenfalls sie abzuweisen und ihnen Aufwandersatz zuzusprechen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 52 Abs. 1 WRG 1959 kann die Wasserrechtsbehörde, wenn sich eine fühlbare Verbesserung wasserwirtschaftlicher Verhältnisse dadurch erzielen läßt, daß Wasserbenutzungen oder der Betrieb von Wasserbenutzungsanlagen aufeinander abgestimmt werden, auf Antrag eines Wasserberechtigten oder Bewilligungswerbers eine die berührten Rechte nicht wesentlich beeinträchtigende, den Berechtigten zumutbare Änderung der Benutzung oder des Betriebes gegen angemessene Entschädigung (§ 117) verfügen.
Die genannte Bestimmung setzt zur stattgebende Erledigung eines auf sie gestützten Anpassungsantrages somit voraus, daß eine Änderung der Benutzung oder des Betriebes einer fremden Wasserbenutzungsanlage dem Berechtigten zumutbar ist, dessen berührten Rechte nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und daß die mit einer solchen Änderung bewirkte Abstimmung von Wasserbenutzungen oder dem Betrieb von Wasserbenutzungsanlagen aufeinander eine fühlbare Verbesserung wasserwirtschaftlicher Verhältnisse erzielt. Liegen diese Voraussetzungen vor, dann erwächst daraus dem Antragsteller ein Rechtsanspruch auf die begehrte Anpassungsverfügung.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich außerstande, in die Beurteilung der Frage einzutreten, ob die dem Spruch des angefochtenen Bescheides denknotwendig zu entnehmende Auffassung der belangten Behörde, daß es an mindestens einer der drei genannten Tatbestandsvoraussetzungen für eine dem Anpassungsantrag stattgebende Erledigung fehle, der Rechtslage entspricht. Diese dem Verwaltungsgerichtshof obliegende Beurteilung setzt nämlich das Vorliegen eines Bescheides voraus, in dessen Begründung die Ergebnisse eines nach den Bestimmungen des § 39 Abs. 2 AVG unter Bedachtnahme auf § 52 Abs. 1 AVG nach Maßgabe der Vorschrift des § 37 AVG geführten Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefaßt sind. Die gesetzmäßige Begründung eines Bescheides erfordert somit in einem ersten Schritt die Feststellung jenes, in einem nach Maßgabe der Verfahrensgesetze amtswegig geführten Ermittlungsverfahren erhobenen Sachverhaltes, welchen die Behörde ihrer rechtlichen Beurteilung zugrunde legt, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche sie im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung von Recht und Pflicht nach § 45 Abs. 2 AVG dazu bewogen, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnis zum Spruch des Bescheides zu führen hatte.
An einem solcherart im Sinne des § 60 AVG gesetzmäßig begründeten Bescheid fehlt es im Beschwerdefall.
Der Begründung des angefochtenen Bescheides haften folgende Mängel an, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können:
.) Der angefochtene Bescheid läßt nicht eindeutig erkennen, ob die belangte Behörde von der 1.-MP oder der 2.-MP als jenem Wasserberechtigten ausgeht, dessen Rechte im Sinne des § 52 Abs. 1 WRG nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürften.
.) Dem angefochtenen Bescheid ist nicht mit ausreichender Klarheit zu entnehmen, ob die belangte Behörde vom Fortbetrieb des Schwellbetriebes am R.-See ausgeht, den die BH durch die vom Beschwerdeführer begehrte Anpassungsmaßnahme als beeinträchtigt ansah, oder vom Wegfall eines solchen Schwellbetriebs.
.) Dem angefochtenen Bescheid ist, sollte die belangte Behörde vom Fortbetrieb des Schwellbetriebes am R.-See durch die 1.-MP ausgegangen sein (wie dies ihrem Hinweis auf die zutreffende Begründung des Bescheides der BH vom 19. Jänner 1976 im Widerspruch zu den Begründungsausführungen gegen Schluß des angefochtenen Bescheides zu entnehmen wäre), nicht zu entnehmen, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde den in der Berufung erhobenen Vorwurf des Beschwerdeführers für unzutreffend ansieht, die Abflußverhältnisse vom R.-See seien unzureichend ermittelt worden und die Ergebnisse des vom Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Gutachtens seien unberücksichtigt geblieben.
.) Der angefochtene Bescheid erwähnt mit keinem Wort die Ergebnisse der dem Beschwerdeführer im Berufungsverfahren abverlangten wasserwirtschaftlichen Studie.
.) In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird die vom Amtssachverständigen der belangten Behörde erfolgte - positive - Begutachtung der Ergebnisse der abverlangten wasserwirtschaftlichen Studie verschwiegen; daß dem Beschwerdeführer zum Ergebnis dieser Begutachtung gemäß § 45 Abs. 3 AVG Parteiengehör gewährt worden wäre, kann dem Inhalt der vorgelegten Akten im übrigen nicht entnommen werden.
.) Der angefochtene Bescheid läßt schließlich in seiner dem Verweis auf die zutreffende Begründung des Bescheides der BH vom 19. Jänner 1976 widersprechenden Aussage, wonach durch die Gewährleistung eines ständigen Abflusses ohne Stauhaltung das gesamte abfließende Wasserdargebot an den Beschwerdeführer weitergereicht werde und ihm ohnehin die gesamte Schüttung zur Verfügung stehe, nicht erkennen, welche rechtlichen Erwägungen die belangte Behörde diesfalls daran gehindert haben, die vom Beschwerdeführer begehrte Anpassungsmaßnahme einem zum Aufstau nach dem Wasserbuchstand unverändert Berechtigten vorzuschreiben.
Den MP sei in der von ihnen vorgetragenen Auffassung über das Fehlen einer Beschwerdelegitimation des Beschwerdeführers entgegnet, daß aus dem Umstand der tatsächlichen Gewährung der begehrten Mindestwasserabflußmenge angesichts des bestehenden Wasserbuchstandes dem Beschwerdeführer der Rechtsanspruch auf rechtliche Einräumung des Vorteiles seiner Wassernutzung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 WRG 1959 nicht verlorengehen konnte. Der belangten Behörde sei in bezug auf die Ausführung in ihrer Gegenschrift, wonach sämtliche dem Verfahren beigezogenen Amtssachverständigen in ihrem Gutachten auch nach Vorlage der wasserwirtschaftlichen Studie ausgeführt hätten, daß sich bei Festsetzung der beantragten Mindestdurchflußmenge keine fühlbare Verbesserung wasserwirtschaftlicher Verhältnisse erzielen lasse, schließlich noch erwidert, daß diese Behauptung der belangten Behörde im offenen Widerspruch zum Inhalt der dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten steht, denenzufolge der Amtssachverständige in Begutachtung der wasserwirtschaftlichen Studie des Beschwerdeführers das schlichte Gegenteil bekundet hatte.
Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtliche BeurteilungBegründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel AllgemeinSachverhalt SachverhaltsfeststellungBegründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelBeschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH AllgemeinAllgemeinfreie BeweiswürdigungBegründungspflicht Manuduktionspflicht MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1992070184.X00Im RIS seit
03.01.2002Zuletzt aktualisiert am
01.01.2009