TE Vwgh Beschluss 1995/6/27 95/11/0162

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.06.1995
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

ÄrzteG 1984 §17 Abs1;
ÄrzteG 1984 §17 Abs4;
AVG §8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art131 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, in der Beschwerdesache 1.) der Österreichischen Ärztekammer in Wien und 2.) der Ärztekammer für Steiermark in Graz, beide vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz vom 10. Februar 1995, Zl. 241.671/0-II/B/13/95, betreffend Bewilligung zur freiberuflichen Ausübung des ärztlichen Berufes als Facharzt (mitbeteiligte Partei: Dr. med. dent. A in S), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Mitbeteiligten gemäß § 17 Ärztegesetz 1984 (ÄrzteG) die Bewilligung zur freiberuflichen Ausübung des ärztlichen Berufes als Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde in S erteilt.

2. In der dagegen erhobenen Beschwerde führen die Beschwerdeführer aus, das am 18. Juni 1993 bei der belangten Behörde eingelangte Ansuchen des Mitbeteiligten sei als Antrag auf Bewilligung zur freiberuflichen Ausübung des Ärzteberufes als Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde behandelt worden. Diesem Ansuchen seien neben Belegen über die fachliche Qualifikation und Ausbildung des Mitbeteiligten Schreiben der Gemeinden S und G aus den Jahren 1982 und 1993 beigelegt worden. Mit Schreiben vom 22. Juni 1993 sei dieses Ansuchen der Erstbeschwerdeführerin mit dem Ersuchen um Stellungnahme zur Kenntnis gebracht worden. Nach ablehnenden Stellungnahmen des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse und (nach Einholung einer ablehnenden Stellungnahme der Bezirksärztevertreter der Fachärzte für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde) der Zweitbeschwerdeführerin habe die Erstbeschwerdeführerin mit Schreiben vom 21. Dezember 1994 mitgeteilt, daß mangels Bedarfes die Erteilung der Bewilligung gemäß § 17 ÄrzteG an den Mitbeteiligten nicht befürwortet werde, dies im Einklang mit der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse und der Zweitbeschwerdeführerin. Trotz dieser Stellungnahme sei der angefochtene Bescheid erlassen worden.

3. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde ist vom Inhalt des § 17 ÄrzteG auszugehen, dessen Abs. 1, 2 und 4 wie folgt lauten:

"§ 17. (1) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz kann Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind und im Ausland eine Berechtigung zur selbständigen Ausübung des ärztlichen oder zahnärztlichen Berufes erworben haben und nicht gemäß den §§ 3 a bis 3 c zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes berechtigt sind, unter Voraussetzung einer gleichwertigen Qualifikation sowie ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache eine Bewilligung zur freiberuflichen Ausübung des ärztlichen Berufes als Arzt für Allgemeinmedizin oder als Facharzt erteilen.

(2) Voraussetzung ist weiters, daß diese Bewilligung zur Aufrechterhaltung einer ausreichenden allgemeinärztlichen oder fachärztlichen einschließlich der zahnärztlichen Betreuung der Patienten in dem für den Berufssitz in Aussicht genommenen Ort und dessen Einzugsgebiet erforderlich ist.

(3) ...

(4) Vor Erteilung einer Bewilligung ist die Österreichische Ärztekammer zu hören. Jede Bewilligung ist dem Landeshauptmann, in dessen Bereich die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit beabsichtigt ist, und der Österreichischen Ärztekammer in Abschrift zu Kenntnis zu bringen."

§ 17 Abs. 4 ÄrzteG verpflichtet die Behörde im Verfahren über einen Antrag nach § 17 Abs. 1 leg. cit. nur zur Anhörung der Erstbeschwerdeführerin vor Erteilung der Bewilligung und zur Verständigung von der erteilten Bewilligung. Beides ist nach dem Inhalt der Beschwerde geschehen. Weitergehende Rechte werden durch § 17 Abs. 4 ÄrzteG der Erstbeschwerdeführerin nicht eingeräumt. Durch die oben wiedergegebene gesetzliche Regelung werden den Beschwerdeführern weder Parteistellung im Verwaltungsverfahren noch die Befugnis zur Beschwerdeerhebung gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG eingeräumt.

4. Die Beschwerdeführer leiten ihre Beschwerdelegitimation aus ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Wahrnehmung gemeinsamer beruflicher, sozialer und wirtschaftlicher Belange der Ärzte ab. Damit vermögen sie jedoch nicht darzutun, daß der angefochtene Bescheid in ihre Rechtssphäre eingreift, sodaß die Beschwerdeberechtigung gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG nicht gegeben ist.

Soweit sich die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf die "frühere Rechtslage" im Krankenanstaltenrecht berufen, können sie daraus keine Argumente zur Stützung ihres Standpunktes gewinnen. Ihr Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1963, Slg. Nr. 6059/A, in dem die Parteistellung der Ärztekammer und der Dentistenkammer im Verfahren betreffend die sanitätspolizeiliche Bewilligung zur Verlegung eines von einem Krankenversicherungsträger betriebenen Zahnambulatoriums sowie ihre Berechtigung zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde bejaht wurden, vermag nicht zu überzeugen, weil die Beschwerdeführer die seither eingetretenen Änderungen der Gesetzeslage und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht berücksichtigen. Das zitierte Erkenntnis stützt sich in der Frage der Parteistellung und der Beschwerdelegitimation der genannten Interessenvertretungen im wesentlichen auf § 339 ASVG in der damals geltenden Fassung, wonach den öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen, unter anderem der Ärzte und Dentisten, in behördlichen Verfahren wegen Genehmigung der Neuerrichtung, Erwerbung oder Erweiterung sowie Inbetriebnahme von Einrichtungen der Träger der Krankenversicherung zur Betreuung der Versicherten und ihrer anspruchsberechtigten Angehörigen Parteistellung im Sinne des § 8 AVG eingeräumt wurde.

Nach der Aufhebung von Bestimmungen des § 339 Abs. 3 ASVG durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Jänner 1978, Slg. Nr. 8232, hat der Verwaltungsgerichtshof Beschwerden der Ärztekammern und der Dentistenkammer in derartigen Verfahren mangels subjektiver Rechte dieser Körperschaften auf eine Entscheidung bestimmten Inhaltes zurückgewiesen (siehe die Beschlüsse vom 27. April 1978, Slg. Nr. 9540/A (= KRSlg. Nr. 274), vom 27. April 1978, Zl. 2450/77 (= KRSlg. Nr. 275), vom 2. Mai 1978, Slg. Nr. 9548/A, vom 2. Mai 1978, Slg. Nr. 9549/A (= KRSlg. Nr. 278), vom 2. Mai 1978, Zl. 1601/76 (= KRSlg. Nr. 289), vom 18. Mai 1978, Zl. 2048/76 (= KRSlg. Nr. 290) und vom 18. Mai 1978, Zl. 2142/77 (= KRSlg. Nr. 291).

Auch nach Einräumung der Parteistellung im Sinne des § 8 AVG an die öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen der Ärzte und Dentisten durch § 3 Abs. 6 Krankenanstaltengesetz in der Fassung des Art. I Z. 1 der Krankenanstaltengesetz-Novelle 1979 BGBl. Nr. 106 (und in der Folge in den einzelnen Ausführungsgesetzen der Länder) hat der Verwaltungsgerichtshof Beschwerden von Interessenvertretungen in solchen Verfahren unter Bezugnahme auf den Beschluß eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1981, Slg. Nr. 10.511/A, mangels Wahrnehmung eigener Interessen und infolge Fehlens einer gesetzlichen Ermächtigung zur Beschwerdeführung im Interesse von Mitgliedern zurückgewiesen (siehe den Beschluß vom 19. Februar 1986, Zl. 85/09/0235 (= KRSlg. Nr. 310)).

Im Hinblick auf diese Rechtsprechung wurde durch das Bundesgesetz vom 26. Mai 1988, BGBl. Nr. 282, § 3 Abs. 6 KAG dahin geändert, daß in den dort genannten Verfahren der zuständigen Ärztekammer und der Österreichischen Dentistenkammer neben der Parteistellung im Sinne des § 8 AVG auch das Recht der Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG eingeräumt wurde (siehe dazu auch die Bezugnahme auf die hg. Rechtsprechung in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 546 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des NR XVII. GP). Gleichartige Regelungen wurden in der Folge in die Ausführungsgesetze der Länder aufgenommen. Nur aufgrund dieser gesetzlichen Einräumung eines (objektiven) Beschwerderechtes im Sinne des Art. 131 Abs. 2 B-VG sind die genannten gesetzlichen Interessenvertretungen zur Beschwerdeführung berechtigt.

Dieser aufgrund des Beschwerdevorbringens notwendige Exkurs in das Krankenanstaltenrecht macht deutlich, daß den Beschwerdeführern im Verfahren über einen Antrag gemäß § 17 ÄrzteG im Hinblick auf die oben dargestellte Rechtslage keine Beschwerdeberechtigung zukommt.

5. Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen, wobei diese Entscheidung gemäß § 12 Abs. 3 VwGG im Fünfersenat erging.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995110162.X00

Im RIS seit

22.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten