TE Bvwg Erkenntnis 2024/6/10 W185 2287285-1

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Veröffentlicht am 10.06.2024
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Entscheidungsdatum

10.06.2024

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs3 Satz1
B-VG Art133 Abs4
FPG §61
  1. BFA-VG § 21 heute
  2. BFA-VG § 21 gültig von 01.06.2018 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. BFA-VG § 21 gültig ab 01.06.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  5. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  6. BFA-VG § 21 gültig von 20.07.2015 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  7. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  8. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. FPG § 61 heute
  2. FPG § 61 gültig ab 01.10.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 106/2022
  3. FPG § 61 gültig von 01.06.2016 bis 30.09.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2016
  4. FPG § 61 gültig von 20.07.2015 bis 31.05.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  5. FPG § 61 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  6. FPG § 61 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  7. FPG § 61 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2011

Spruch


W185 2287285-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , gebXXXX StA. Elfenbeinküste, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.02.2024, Zl. 1357809000-231203737, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch XXXX , gebXXXX StA. Elfenbeinküste, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.02.2024, Zl. 1357809000-231203737, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-Verfahrensgesetz idgF (BFA-VG) stattgegeben, das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz wird zugelassen und der bekämpfte Bescheid behoben.A) Der Beschwerde wird gemäß Paragraph 21, Absatz 3, erster Satz BFA-Verfahrensgesetz idgF (BFA-VG) stattgegeben, das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz wird zugelassen und der bekämpfte Bescheid behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF), ein Staatsangehöriger der Elfenbeinküste, stellte nach irregulärer Einreise in das Bundesgebiet am 22.06.2023 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz.

Einer EURODAC-Treffermeldung zufolge wurde der BF am 12.11.2022 in Italien erkennungsdienstlich behandelt (IT2…………).

Im Rahmen der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 22.06.2023 gab der BF zusammengefasst an, der Einvernahme ohne gesundheitliche Probleme folgen zu können und keine Medikamente zu benötigen. In Österreich oder einem anderen EU-Staat habe er keine Familienangehörigen. Er sei im Jahr 2022 über Mali (Aufenthalt etwa einen Monat), Mauretanien (Aufenthalt etwa eine Woche), Algerien (Durchreise), Tunesien (Aufenthalt etwa sechs Monate) und Italien (Aufenthalt etwa sieben Monate) nach Österreich gelangt. Er habe in keinem dieser Länder um Asyl angesucht. Italien habe er verlassen, weil der Aufenthalt dort „sehr schwierig“ gewesen sei. Er sei in einem Flüchtlingslager untergebracht gewesen und habe keine Schule besuchen dürfen. Daher wolle er auch nicht nach Italien zurückkehren.

Ein Röntgen zur Bestimmung des Knochenalters brachte als Ergebnis: Schmeling 4, GP 31.

Die durchgeführte multifaktorielle Altersdiagnostik ergab, dass der BF zum Untersuchungszeitpunkt am 01.08.2023 mindestens 19 Jahre alt gewesen sei. Damit sei der BF zum Zeitpunkt des Antrags auf internationalen Schutz (22.06.2023) mindestens 18,89 Jahre alt gewesen.

Mit Verfahrensanordnung vom 16.08.2023 stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) das spätestmögliche Geburtsdatum des BF fest.

Am 16.08.2023 richtete das Bundesamt ein auf Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmeersuchen an Italien. Dies unter Hinweis auf den Eurodac-Treffer der Kategorie "2" zu Italien, den vom BF angegebenen Reiseweg und die von ihm behauptete Minderjährigkeit.Am 16.08.2023 richtete das Bundesamt ein auf Artikel 13, Absatz eins, der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmeersuchen an Italien. Dies unter Hinweis auf den Eurodac-Treffer der Kategorie "2" zu Italien, den vom BF angegebenen Reiseweg und die von ihm behauptete Minderjährigkeit.

Mit Schreiben vom 18.10.2023 wies das Bundesamt die italienischen Behörden auf die Verfristung und die daraus resultierende Zuständigkeit Italiens nach Art 22 Abs. 7 Dublin III-VO, beginnend mit dem 17.10.2023, hin (AS 147).Mit Schreiben vom 18.10.2023 wies das Bundesamt die italienischen Behörden auf die Verfristung und die daraus resultierende Zuständigkeit Italiens nach Artikel 22, Absatz 7, Dublin III-VO, beginnend mit dem 17.10.2023, hin (AS 147).

Im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 27.11.2023 gab der BF zusammengefasst an, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, die Befragung zu absolvieren. Er sei derzeit nicht in ärztlicher Behandlung. Er habe in der EU bzw. im EWR keine Verwandten, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis oder eine besonders enge Beziehung bestünde. Österreich lebe er in keiner Familiengemeinschaft oder familienähnlichen Gemeinschaft. In Italien habe er sich etwa sechs Monate lang aufgehalten. Dort habe er keinen Asylantrag gestellt und auch keine Entscheidung von den italienischen Behörden bekommen. In Italien sei es „nicht leicht“ für ihn gewesen. Er sei zeitweise krank gewesen und es habe keine medizinische Betreuung gegeben. In Italien sei er nicht in einem Lager untergebracht gewesen, sondern in einem Haus mit sechs anderen Personen. Über Vorhalt der Absicht des Bundesamtes, den Asylantrag des BF zurückzuweisen und dessen Außerlandesbringung nach Italien zu veranlassen, erklärte der Genannte, nicht nach Italien zurückkehren zu wollen, weil es dort sehr schwer für ihn gewesen sei. Er wolle gerne in Österreich bleiben. Er habe Italien verlassen, weil er „keine andere Wahl“ gehabt habe.

Am 29.11.2024 legte der BF eine ärztliche Überweisung an ein Krankenhaus, eine eigene Beschreibung seiner Beschwerden und ein Foto sowie seine Geburtsurkunde vor.

Am 19.12.2023 teilte der BF dem Bundesamt einen geplanten Operationstermin mit.

Nach einer Aufforderung des Bundesamtes zur Befundvorlage am 13.02.2024 brachte die BBU GmbH für den BF am selben Tag eine Information zur geplanten stationären Aufnahme im Krankenhaus und eine Ambulanzkarte beim Bundesamt ein.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den BF gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Artikel 13, Absatz eins, Dublin III-VO für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt römisch eins.). Gleichzeitig wurde gegen den BF gemäß Paragraph 61, Absatz eins, Ziffer eins, FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Italien gemäß Paragraph 61, Absatz 2, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch II.).

Gegen den o.a. Bescheid des Bundesamtes richtet sich die, von der BBU GmbH verfasste, fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der BF in Italien weder um Asyl angesucht habe noch ausreichend versorgt worden sei. Er sei in Lampedusa erkennungsdienstlich behandelt und zwei bis drei Tage in einem Lager untergebracht gewesen, in dem die Versorgung dürftig und die Lage schwierig gewesen sei. Anschließend sei er nach Mailand verlegt worden, wo er in einem Haus mit sechs anderen Flüchtlingen untergebracht gewesen sei. Es habe wenig zu essen und keine medizinische Versorgung gegeben; die hygienischen Bedingungen seien schlecht gewesen. Der BF befinde sich psychisch in einer sehr schlechten Verfassung, da ihn die Erlebnisse auf der Flucht und die Zustände in Italien traumatisiert hätten. In Italien sei er nicht behandelt worden und er befürchte, dass er nach einer Rückkehr retraumatisiert werden sowie ohne Behandlung auf der Straße landen würde. Im gegenständlichen Fall stelle eine Abschiebung nach Italien mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verletzung der durch Art. 3 und 8 EMRK bzw. Art. 4 GRC gewährleisteten Rechte des BF dar, daher hätte vom Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO Gebrauch gemacht werden müssen. Gegen den o.a. Bescheid des Bundesamtes richtet sich die, von der BBU GmbH verfasste, fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der BF in Italien weder um Asyl angesucht habe noch ausreichend versorgt worden sei. Er sei in Lampedusa erkennungsdienstlich behandelt und zwei bis drei Tage in einem Lager untergebracht gewesen, in dem die Versorgung dürftig und die Lage schwierig gewesen sei. Anschließend sei er nach Mailand verlegt worden, wo er in einem Haus mit sechs anderen Flüchtlingen untergebracht gewesen sei. Es habe wenig zu essen und keine medizinische Versorgung gegeben; die hygienischen Bedingungen seien schlecht gewesen. Der BF befinde sich psychisch in einer sehr schlechten Verfassung, da ihn die Erlebnisse auf der Flucht und die Zustände in Italien traumatisiert hätten. In Italien sei er nicht behandelt worden und er befürchte, dass er nach einer Rückkehr retraumatisiert werden sowie ohne Behandlung auf der Straße landen würde. Im gegenständlichen Fall stelle eine Abschiebung nach Italien mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verletzung der durch Artikel 3 und 8 EMRK bzw. Artikel 4, GRC gewährleisteten Rechte des BF dar, daher hätte vom Selbsteintrittsrecht gemäß Artikel 17, Absatz eins, Dublin III-VO Gebrauch gemacht werden müssen.

Zuletzt am 06.06.2024 veranlasste das Bundesverwaltungsgericht Abfragen aus dem Zentralen Melderegister, dem Betreuungsinformationssystem GVS sowie dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR). Diese Abfragen haben ergeben, dass der BF nach wie vor in Österreich aufhältig und aufrecht gemeldet ist. Das Bundesamt gab bekannt, dass die Überstellungsfrist am 17.04.2024 ablaufe und derzeit keine Dublin-Überstellungen nach Italien möglich seien (OZ 4).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird zunächst der unter Pkt. I. dargelegte Verfahrensgang.Festgestellt wird zunächst der unter Pkt. römisch eins. dargelegte Verfahrensgang.

Obwohl unzweifelhaft die Zuständigkeit Italiens zur Führung des Asylverfahrens des BF vorlag, erfolgte dessen Überstellung nicht binnen der in Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO festgelegten Frist von sechs Monaten, konkret bis zum Ablauf des 17.04.2024. Das Verfahren wurde nicht ausgesetzt und es kam auch zu keiner Fristverlängerung im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO.Obwohl unzweifelhaft die Zuständigkeit Italiens zur Führung des Asylverfahrens des BF vorlag, erfolgte dessen Überstellung nicht binnen der in Artikel 29, Absatz eins, Dublin III-VO festgelegten Frist von sechs Monaten, konkret bis zum Ablauf des 17.04.2024. Das Verfahren wurde nicht ausgesetzt und es kam auch zu keiner Fristverlängerung im Sinne des Artikel 29, Absatz 2, Dublin III-VO.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem unstrittigen Inhalt des vorliegenden Verwaltungsakts und des Gerichtsakts, insbesondere dem Konsultationsverfahren, sowie den Abfragen des Zentralen Melderegisters, des Betreuungsinformationssystem GVS sowie des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister. Überdies gab das Bundesamt bekannt, dass der BF nicht vor Ablauf der Überstellungsfrist überstellt werden kann.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

Die maßgebliche Bestimmung des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) idgF lautet:

"§ 21 (3) Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint."

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) lauten:

"Artikel 22 Antwort auf ein Aufnahmegesuch

(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt des Gesuchs.

(2) ……………….."

"Artikel 29 Dublin III – VO: Modalitäten und Fristen"Artikel 29 Dublin römisch III – VO: Modalitäten und Fristen

(1) Die Überstellung des Antragstellers oder einer anderen Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme — oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Artikel 27 Absatz 3 aufschiebende Wirkung hat.

……………………...

(2) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist."

"Artikel 42 Berechnung der Fristen

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Fristen werden wie folgt berechnet:

a) Ist für den Anfang einer nach Tagen, Wochen oder Monaten bemessenen Frist der Zeitpunkt maßgebend, zu dem ein Ereignis eintritt oder eine Handlung vorgenommen wird, so wird bei Berechnung dieser Frist der Tag, auf den das Ereignis oder die Handlung fällt, nicht mitgerechnet.

b) Eine nach Wochen oder Monaten bemessene Frist endet mit Ablauf des Tages, der in der letzten Woche oder im letzten Monat dieselbe Bezeichnung oder dieselbe Zahl wie der Tag trägt, an dem das Ereignis eingetreten oder die Handlung vorgenommen worden ist, von denen an die Frist zu berechnen ist. Fehlt bei einer nach Monaten bemessenen Frist im letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

c) Eine Frist umfasst die Samstage, die Sonntage und alle gesetzlichen Feiertage in jedem der betroffenen Mitgliedstaaten."

Auf Grund des Aufnahmegesuchs Österreichs gem. Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO an Italien vom 16.08.2023 und der Zustimmung Italiens zur Übernahme des BF durch Verschweigen (Verfristung), endete die sechsmonatige Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 iVm Art 42 Dublin III-VO mit Ablauf des 17.04.2024.Auf Grund des Aufnahmegesuchs Österreichs gem. Artikel 13, Absatz eins, Dublin III-VO an Italien vom 16.08.2023 und der Zustimmung Italiens zur Übernahme des BF durch Verschweigen (Verfristung), endete die sechsmonatige Überstellungsfrist nach Artikel 29, Absatz eins, in Verbindung mit Artikel 42, Dublin III-VO mit Ablauf des 17.04.2024.

Eine Aussetzung der Verfahren bzw. eine Verlängerung der Überstellungsfrist, etwa aufgrund Inhaftierung oder unbekannten Aufenthalts des BF, hat nicht stattgefunden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist somit die Überstellungsfrist gem. Art. 29 Abs. 1 Dublin III–VO bereits abgelaufen.Eine Aussetzung der Verfahren bzw. eine Verlängerung der Überstellungsfrist, etwa aufgrund Inhaftierung oder unbekannten Aufenthalts des BF, hat nicht stattgefunden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist somit die Überstellungsfrist gem. Artikel 29, Absatz eins, Dublin III–VO bereits abgelaufen.

Die Verfristungsbestimmungen der Dublin III-VO normieren einen Zuständigkeitsübergang bzw. eine Zuständigkeitsbegründung des die Überstellung nicht während dieser Frist durchführenden Mitgliedsstaates. Ein Übergang der Zuständigkeit hat im gegenständlichen Verfahren somit stattgefunden und ist Österreich demnach nunmehr für die Führung des materiellen Verfahrens des BF zuständig. Dementsprechend war der gegenständliche, die Zuständigkeit Österreichs zurückweisende Bescheid zu beheben und das Verfahren zuzulassen.

In diesem Zusammenhang bleibt noch anzuführen, dass die in Art 29 Abs 1 und 2 Dublin III-VO normierte Frist zur Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat eine zwingende Frist ist (siehe EuGH 25.10.2017, Rs C-201/16 Shiri), bei deren Nichteinhaltung die Zuständigkeit, ohne dass dies von der Reaktion des zuständigen Mitgliedstaates abhängig wäre, auf den ersuchenden Staat übergeht. Darauf kann sich auch ein Antragsteller berufen (VwGH 13.12.2017, Ra 2017/19/0081).In diesem Zusammenhang bleibt noch anzuführen, dass die in Artikel 29, Absatz eins und 2 Dublin III-VO normierte Frist zur Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat eine zwingende Frist ist (siehe EuGH 25.10.2017, Rs C-201/16 Shiri), bei deren Nichteinhaltung die Zuständigkeit, ohne dass dies von der Reaktion des zuständigen Mitgliedstaates abhängig wäre, auf den ersuchenden Staat übergeht. Darauf kann sich auch ein Antragsteller berufen (VwGH 13.12.2017, Ra 2017/19/0081).

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG unterbleiben, zumal sämtliche verfahrenswesentliche Abklärungen, insbesondere aber die im gegenständlichen Verfahren relevante Frage hinsichtlich des Vorliegens eines Fristablaufes, eindeutig aus dem vorliegenden Verwaltungsakt beantwortet werden konnten.Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß Paragraph 21, Absatz 6 a und 7 BFA-VG unterbleiben, zumal sämtliche verfahrenswesentliche Abklärungen, insbesondere aber die im gegenständlichen Verfahren relevante Frage hinsichtlich des Vorliegens eines Fristablaufes, eindeutig aus dem vorliegenden Verwaltungsakt beantwortet werden konnten.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im Übrigen treffen Art. 29 Dub III-VO und § 21 Abs. 3 BFA-VG klare, eindeutige Regelungen (vgl. OGH 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.Im Übrigen treffen Artikel 29, Dub III-VO und Paragraph 21, Absatz 3, BFA-VG klare, eindeutige Regelungen vergleiche OGH 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Fristablauf Fristversäumung Überstellungsfrist Verfristung Zulassungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2024:W185.2287285.1.00

Im RIS seit

10.07.2024

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2024
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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