Entscheidungsdatum
18.06.2024Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
G314 2293525-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des schwedischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2024, Zl. XXXX , betreffend die Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots samt Nebenaussprüchen:Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des schwedischen Staatsangehörigen römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom römisch XXXX .2024, Zl. römisch XXXX , betreffend die Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots samt Nebenaussprüchen:
A) Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs 3 VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur allfälligen Erlassung eines neuen Bescheids an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wird.A) Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid gemäß Paragraph 28, Absatz 3, VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur allfälligen Erlassung eines neuen Bescheids an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wird.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger von Schweden, wurde am XXXX .2024 aus Slowenien kommend einer Einreisekontrolle durch die österreichische Polizei unterzogen. Dabei waren in seinem Fahrzeug auch zwei syrische Staatsangehörige ohne Reisedokumente. Der BF wurde daraufhin von der Polizei wegen des Verdachts der Schlepperei vernommen, wobei er auch für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) über die beabsichtigte Erlassung eines Aufenthaltsverbots informiert und dazu befragt wurde. In der Folge wurde er aufgrund eines Festnahmeauftrags des BFA verhaftet und in Schubhaft genommen.Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger von Schweden, wurde am römisch XXXX .2024 aus Slowenien kommend einer Einreisekontrolle durch die österreichische Polizei unterzogen. Dabei waren in seinem Fahrzeug auch zwei syrische Staatsangehörige ohne Reisedokumente. Der BF wurde daraufhin von der Polizei wegen des Verdachts der Schlepperei vernommen, wobei er auch für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) über die beabsichtigte Erlassung eines Aufenthaltsverbots informiert und dazu befragt wurde. In der Folge wurde er aufgrund eines Festnahmeauftrags des BFA verhaftet und in Schubhaft genommen.
Die vom BFA durchgeführten Erhebungen ergaben, dass der BF keine relevanten Anknüpfungen in Österreich hat. Er hat Wohnsitze in Schweden und in Deutschland, wo er einen Autohandel betreibt. Er hat ein Interesse, sich in Österreich zur Durchreise aufzuhalten sowie um hier Fahrzeuge anzukaufen.
Der BF ist in Österreich straf- und verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. In anderen europäischen Staaten hat er mehrere Vorstrafen. So wurden gegen ihn in Polen im XXXX XXXX wegen Fahrens unter dem Einfluss von Alkohol oder Betäubungsmitteln (Tatzeit XXXX ) eine Geldstrafe verhängt sowie im XXXX wegen Fahrens unter dem Einfluss von Alkohol oder Betäubungsmitteln sowie wegen Bestechung eines Beamten (Tatzeit XXXX ) eine bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe. In beiden Fällen wurden zusätzlich mehrjährige Fahrverbote ausgesprochen. In Deutschland, wo er zum Teil andere Identitäten verwendete (z.B. XXXX , Staatsangehörigkeit Syrien) wurde er XXXX wegen Körperverletzung (Tatzeit XXXX XXXX ) zu einer Geldstrafe verurteilt. XXXX wurde wegen Betrugsdelikten (Tatzeit XXXX ) eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe verhängt, die XXXX erlassen wurde. XXXX wurden gegen den BF wegen Fahrens trotz Fahrverbots sowie unerlaubten Aufenthalts (Tatzeit XXXX ) eine Geldstrafe und ein Fahrverbot verhängt. XXXX wurde er wegen betrügerischer Insolvenz (Tatzeit XXXX ) zu einer Geldstrafe verurteilt. Der BF ist in Österreich straf- und verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. In anderen europäischen Staaten hat er mehrere Vorstrafen. So wurden gegen ihn in Polen im römisch XXXX römisch XXXX wegen Fahrens unter dem Einfluss von Alkohol oder Betäubungsmitteln (Tatzeit römisch XXXX ) eine Geldstrafe verhängt sowie im römisch XXXX wegen Fahrens unter dem Einfluss von Alkohol oder Betäubungsmitteln sowie wegen Bestechung eines Beamten (Tatzeit römisch XXXX ) eine bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe. In beiden Fällen wurden zusätzlich mehrjährige Fahrverbote ausgesprochen. In Deutschland, wo er zum Teil andere Identitäten verwendete (z.B. römisch XXXX , Staatsangehörigkeit Syrien) wurde er römisch XXXX wegen Körperverletzung (Tatzeit römisch XXXX römisch XXXX ) zu einer Geldstrafe verurteilt. römisch XXXX wurde wegen Betrugsdelikten (Tatzeit römisch XXXX ) eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe verhängt, die römisch XXXX erlassen wurde. römisch XXXX wurden gegen den BF wegen Fahrens trotz Fahrverbots sowie unerlaubten Aufenthalts (Tatzeit römisch XXXX ) eine Geldstrafe und ein Fahrverbot verhängt. römisch XXXX wurde er wegen betrügerischer Insolvenz (Tatzeit römisch XXXX ) zu einer Geldstrafe verurteilt.
Ohne das Ergebnis des gegen den BF in Österreich geführten (Verwaltungs-)Strafverfahrens wegen Schlepperei (nach § 114 FPG oder § 120 Abs 3 Z 1 FPG) abzuwarten, erließ das BFA den nunmehr angefochtenen Bescheid, mit dem es gegen ihn gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erließ (Spruchpunkt I.), ihm gemäß § 70 Abs 3 FPG keinen Durchsetzungsaufschub erteilte (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannte (Spruchpunkt III.). Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass er verdächtig sei, zwei Syrer, die nicht die Voraussetzungen für eine legale Einreise erfüllt hätten, aus Slowenien nach Österreich geschleppt zu haben mit dem Ziel, sie weiter nach Deutschland (bzw. Schweden, siehe Seite 7 des Bescheids) zu schleppen. Diesbezüglich sei gegen ihn ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft XXXX anhängig; allenfalls handle es sich um eine Schlepperei ohne Bereicherungsabsicht, die den Verwaltungsstraftatbestand des § 120 Abs 3 Z 1 FPG erfülle, an deren Verhinderung jedoch ebenfalls ein großes öffentliches Interesse bestehe. Er habe in Österreich kein schützenswertes Privat- oder Familienleben. Er sei in Deutschland mit zahlreichen Aliasnamen vorgemerkt; dort lägen gegen ihn kriminalpolizeiliche Vormerkungen wegen verschiedener Delikte vor. Aufgrund seines delinquenten Verhaltens sei eine negative Zukunftsprognose zu erstellen, zumal von einer Fortsetzung auszugehen sei. Die Dauer des Aufenthaltsverbots sei angesichts seiner prekären wirtschaftlichen Lage, der hohen kriminellen Energie zur Erschließung illegaler Einnahmequellen und der mit Schlepperei verbundenen Probleme und Kosten mit fünf Jahren festzulegen. Die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF in Deutschland und in Polen wurden in der Bescheidbegründung nicht erwähnt.Ohne das Ergebnis des gegen den BF in Österreich geführten (Verwaltungs-)Strafverfahrens wegen Schlepperei (nach Paragraph 114, FPG oder Paragraph 120, Absatz 3, Ziffer eins, FPG) abzuwarten, erließ das BFA den nunmehr angefochtenen Bescheid, mit dem es gegen ihn gemäß Paragraph 67, Absatz eins und 2 FPG ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erließ (Spruchpunkt römisch eins.), ihm gemäß Paragraph 70, Absatz 3, FPG keinen Durchsetzungsaufschub erteilte (Spruchpunkt römisch II.) und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannte (Spruchpunkt römisch III.). Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass er verdächtig sei, zwei Syrer, die nicht die Voraussetzungen für eine legale Einreise erfüllt hätten, aus Slowenien nach Österreich geschleppt zu haben mit dem Ziel, sie weiter nach Deutschland (bzw. Schweden, siehe Seite 7 des Bescheids) zu schleppen. Diesbezüglich sei gegen ihn ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft römisch XXXX anhängig; allenfalls handle es sich um eine Schlepperei ohne Bereicherungsabsicht, die den Verwaltungsstraftatbestand des Paragraph 120, Absatz 3, Ziffer eins, FPG erfülle, an deren Verhinderung jedoch ebenfalls ein großes öffentliches Interesse bestehe. Er habe in Österreich kein schützenswertes Privat- oder Familienleben. Er sei in Deutschland mit zahlreichen Aliasnamen vorgemerkt; dort lägen gegen ihn kriminalpolizeiliche Vormerkungen wegen verschiedener Delikte vor. Aufgrund seines delinquenten Verhaltens sei eine negative Zukunftsprognose zu erstellen, zumal von einer Fortsetzung auszugehen sei. Die Dauer des Aufenthaltsverbots sei angesichts seiner prekären wirtschaftlichen Lage, der hohen kriminellen Energie zur Erschließung illegaler Einnahmequellen und der mit Schlepperei verbundenen Probleme und Kosten mit fünf Jahren festzulegen. Die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF in Deutschland und in Polen wurden in der Bescheidbegründung nicht erwähnt.
Dieser Bescheid wurde dem BF am XXXX .2024 zugestellt. Am XXXX .2024 wurde er nach Slowenien abgeschoben. Dieser Bescheid wurde dem BF am römisch XXXX .2024 zugestellt. Am römisch XXXX .2024 wurde er nach Slowenien abgeschoben.
Gegen den Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Beschwerde. Der BF beantragt damit (neben der Durchführung einer Beschwerdeverhandlung) die ersatzlose Behebung des Aufenthaltsverbots, in eventu die Reduktion von dessen Dauer. Hilfsweise wird auch ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt. Außerdem regt er die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an. Die Beschwerde wird zusammengefasst damit begründet, dass der BF nicht wegen Schlepperei zu bestrafen sei, weil er nicht wissentlich gehandelt habe. Er habe lediglich als „humanitärer Helfer“ seine beiden Cousins innerhalb des slowenischen Staatsgebiets befördert, um ihnen eine Asylantragstellung in Österreich zu ermöglichen. Dies könnten die an der Amtshandlung beteiligten Polizeibeamten bezeugen, deren Einvernahme beantragt werde. Eine Bestrafung in Österreich wegen der Beförderung innerhalb Sloweniens würde allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen widersprechen und sei verfassungswidrig. Der BF sei noch nicht wegen eines Verstoßes gegen § 120 Abs 3 Z 1 FPG bestraft worden. Das BFA habe keine nachvollziehbare Gefährdungsprognose erstellt. Da er lediglich nahe Verwandte unterstützt habe, bestehe keine Wiederholungsgefahr. Es würden keine Ermittlungsergebnisse vorliegen, aus denen sich ergebe, dass er diese bis nach Deutschland oder gar nach Schweden schleppen wollte. Das Ermittlungsverfahren des BFA sei mangelhaft geblieben. Er hätte im Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mündlich vernommen werden müssen. Er sei unbescholten. Bislang sei keine Verurteilung aufgrund der polizeilichen Vormerkungen in Deutschland erfolgt; zumindest ein Strafverfahren sei eingestellt worden. Ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot sei – auch wegen der damit verbundenen Einschränkung seiner beruflichen Tätigkeit – unverhältnismäßig. Gegen den Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Beschwerde. Der BF beantragt damit (neben der Durchführung einer Beschwerdeverhandlung) die ersatzlose Behebung des Aufenthaltsverbots, in eventu die Reduktion von dessen Dauer. Hilfsweise wird auch ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt. Außerdem regt er die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an. Die Beschwerde wird zusammengefasst damit begründet, dass der BF nicht wegen Schlepperei zu bestrafen sei, weil er nicht wissentlich gehandelt habe. Er habe lediglich als „humanitärer Helfer“ seine beiden Cousins innerhalb des slowenischen Staatsgebiets befördert, um ihnen eine Asylantragstellung in Österreich zu ermöglichen. Dies könnten die an der Amtshandlung beteiligten Polizeibeamten bezeugen, deren Einvernahme beantragt werde. Eine Bestrafung in Österreich wegen der Beförderung innerhalb Sloweniens würde allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen widersprechen und sei verfassungswidrig. Der BF sei noch nicht wegen eines Verstoßes gegen Paragraph 120, Absatz 3, Ziffer eins, FPG bestraft worden. Das BFA habe keine nachvollziehbare Gefährdungsprognose erstellt. Da er lediglich nahe Verwandte unterstützt habe, bestehe keine Wiederholungsgefahr. Es würden keine Ermittlungsergebnisse vorliegen, aus denen sich ergebe, dass er diese bis nach Deutschland oder gar nach Schweden schleppen wollte. Das Ermittlungsverfahren des BFA sei mangelhaft geblieben. Er hätte im Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mündlich vernommen werden müssen. Er sei unbescholten. Bislang sei keine Verurteilung aufgrund der polizeilichen Vormerkungen in Deutschland erfolgt; zumindest ein Strafverfahren sei eingestellt worden. Ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot sei – auch wegen der damit verbundenen Einschränkung seiner beruflichen Tätigkeit – unverhältnismäßig.
Das BFA legte die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, sie als unbegründet abzuweisen bzw. die Dauer des Aufenthaltsverbots aufgrund der Vorstrafen des BF in Deutschland und Polen allenfalls zu erhöhen. In der angeschlossenen Stellungnahme wird darauf hingewiesen, dass er im Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme durch die Polizei im Amtshilfeweg befragt worden sei. Das BVwG habe seine Schubhaftbeschwerde als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft für rechtmäßig erklärt.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die entscheidungswesentlichen Feststellungen ergeben sich aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG (Abfragen im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister, Zentralen Melderegister und Strafregister).
Die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF in Deutschland und in Polen gehen aus den vom BFA eingeholten ECRIS-Auszügen hervor. Aus dem deutschen ECRIS-Auszug ergibt sich auch, dass er dort offenbar unter einem anderen Namen und einer anderen Staatsangehörigkeit auftrat.
Die vom BFA bei der Bescheidbegründung herangezogenen, offenbar aus Deutschland stammenden Unterlagen tragen ein Wasserzeichen „Nicht für die Gerichtsakte oder externe Akten“ und können nicht ohne weiteres zur tragenden Begründung eines Aufenthaltsverbots bzw. für eine Gefährdungsprognose herangezogen werden. Es kann nicht nachvollzogen werden, woher diese Informationen konkret stammen und auf welchen Grundlagen sie basieren. Insbesondere die Divergenzen zwischen den vorgemerkten Straftaten und den Verurteilungen des BF laut dem deutschen ECRIS-Auszug sind nicht nachvollziehbar, zumal er mit der Beschwerde (unvollständige) Urkunden vorgelegt hat, aus denen sich ergibt, dass ein Ermittlungsverfahren gegen eine Person mit der Aliasidentität des BF laut dem deutschen ECRIS-Auszug wegen Werbens für eine terroristische Vereinigung eingestellt wurde. Der BF wird daher im fortgesetzten Verfahren konkret zu diesen Beweisergebnissen zu befragen sein.
Weitere entscheidungswesentliche Widersprüche liegen nicht vor, sodass sich eine eingehendere Beweiswürdigung erübrigt.
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das BVwG über die vorliegende Bescheidbeschwerde dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder dessen Feststellung durch das Gericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2). Wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, hat es gemäß § 28 Abs 3 VwGVG dann meritorisch zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das BVwG den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die Behörde zurückverweisen, die dann an die rechtliche Beurteilung, von der das Gericht ausgegangen ist, gebunden ist. Gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG hat das BVwG über die vorliegende Bescheidbeschwerde dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Ziffer eins,) oder dessen Feststellung durch das Gericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Ziffer 2,). Wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, hat es gemäß Paragraph 28, Absatz 3, VwGVG dann meritorisch zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das BVwG den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die Behörde zurückverweisen, die dann an die rechtliche Beurteilung, von der das Gericht ausgegangen ist, gebunden ist.
§ 28 VwGVG normiert einen prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte (siehe z.B. VwGH 19.06.2020, Ra 2019/06/0060). Eine Zurückverweisung der Sache an die Behörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt dann in Betracht, wenn diese jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Behörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Wenn die Behörde den entscheidungswesentlichen Sachverhalt unzureichend festgestellt hat, indem sie keine für die Sachentscheidung brauchbaren Ermittlungsergebnisse geliefert hat, ist eine Zurückverweisung gemäß § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG zulässig (vgl. VwGH 28.03.2017, Ro 2016/09/0009). Paragraph 28, VwGVG normiert einen prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte (siehe z.B. VwGH 19.06.2020, Ra 2019/06/0060). Eine Zurückverweisung der Sache an die Behörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt dann in Betracht, wenn diese jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Behörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Wenn die Behörde den entscheidungswesentlichen Sachverhalt unzureichend festgestellt hat, indem sie keine für die Sachentscheidung brauchbaren Ermittlungsergebnisse geliefert hat, ist eine Zurückverweisung gemäß Paragraph 28, Absatz 3, zweiter Satz VwGVG zulässig vergleiche VwGH 28.03.2017, Ro 2016/09/0009).
Solche gravierenden Ermittlungslücken liegen hier vor, weil keine Informationen zum Ausgang des gegen den BF anhängigen (Verwaltungs-)Strafverfahrens wegen Schlepperei vorliegen. Das BFA hat den BF weder mit den Verurteilungen laut den ECRIS-Auszügen noch mit den weiteren gegen ihn in Deutschland offenbar erhobenen Vorwürfen oder den von ihm dort verwendeten Identitäten konfrontiert und dazu jegliche weiteren Ermittlungen (etwa zum Vollzug der verhängten Strafen, zu den zugrundeliegenden Taten oder zum Ausgang allfälliger Strafverfahren) unterlassen. Bei der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme darf das BFA aber nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder Bestrafung des BF abstellen, sondern muss Art und Schwere der zugrundeliegenden Taten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild berücksichtigen.
Zwar liegen deutliche Hinweise dafür vor, dass der BF in Österreich zumindest wegen Schlepperei ohne Bereicherungsabsicht iSd § 120 Abs 3 Z 1 FPG zu bestrafen ist, zumal er die rechtswidrige Einreise (iSd § 2 Abs 4 Z 2 FPG) von zwei Personen mit syrischer Staatsangehörigkeit aus Slowenien nach Österreich durch die Beförderung in seinem Auto zur Grenze wissentlich gefördert hat. Die Beschwerdebehauptung, er habe nicht wissentlich gehandelt, überzeugt nicht, zumal er ihnen nach eigenen Angaben die Asylantragstellung in Österreich (die das vorangegangene Betreten des Bundesgebiets voraussetzt) ermöglichen wollte. Die beförderten Personen bedurften auch nicht seiner humanitären Hilfe, zumal sie ohne weiteres in Slowenien internationalen Schutz hätten beantragen können und keine Anhaltspunkte für eine Zuständigkeit Österreichs für ihre Asylverfahren vorliegen. Zwar liegen deutliche Hinweise dafür vor, dass der BF in Österreich zumindest wegen Schlepperei ohne Bereicherungsabsicht iSd Paragraph 120, Absatz 3, Ziffer eins, FPG zu bestrafen ist, zumal er die rechtswidrige Einreise (iSd Paragraph 2, Absatz 4, Ziffer 2, FPG) von zwei Personen mit syrischer Staatsangehörigkeit aus Slowenien nach Österreich durch die Beförderung in seinem Auto zur Grenze wissentlich gefördert hat. Die Beschwerdebehauptung, er habe nicht wissentlich gehandelt, überzeugt nicht, zumal er ihnen nach eigenen Angaben die Asylantragstellung in Österreich (die das vorangegangene Betreten des Bundesgebiets voraussetzt) ermöglichen wollte. Die beförderten Personen bedurften auch nicht seiner humanitären Hilfe, zumal sie ohne weiteres in Slowenien internationalen Schutz hätten beantragen können und keine Anhaltspunkte für eine Zuständigkeit Österreichs für ihre Asylverfahren vorliegen.
Es ist jedoch sowohl für die Frage, ob ein Aufenthaltsverbot gegen den BF zu erlassen ist, als auch für dessen Dauer bedeutsam, ob ihm gerichtlich strafbare Schlepperei zur Last fällt oder lediglich eine verwaltungsstrafrechtlich zu ahndende. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zwar ein öffentliches Interesse an der Verhinderung von Schlepperei ohne Bereicherungsvorsatz besteht, jedoch mit dieser Form von Schlepperei – im Verhältnis zu organisierter Schlepperkriminalität zur Erwirtschaftung unrechtmäßigen Gewinns – aufgrund des typischerweise weitaus geringeren Handlungsunwerts und Gefahrenpotentials in der Regel keine schwerwiegende Beeinträchtigung schützenswerter Rechtsgüter verbunden ist (siehe VwGH 31.08.2023, Ra 2021/21/0115).
Ein Fehlverhalten kann auch dann zur Beurteilung der für ein Aufenthaltsverbot erforderlichen Gefährdungsprognose herangezogen werden, wenn es (noch) nicht zu einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Bestrafung geführt hat. Da der BF jedoch bestreitet, Schlepperei begangen zu haben, sind dafür in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren getroffene Feststellungen erforderlich (siehe VwGH 23.03.2017, Ra 2016/21/0349). Solche Feststellungen fehlen hier, da das BFA nur feststellt, es bestünde der Verdacht, der BF habe zwei Personen „geschleppt“, ohne diese Verdachtslage zu verifizieren oder das konkrete inkriminierte Verhalten (und dabei insbesondere die subjektive Tatseite) näher zu beschreiben.
Sollte dem BF lediglich Schlepperei ohne Bereicherungsabsicht nach dem entsprechenden verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestand zur Last fallen, ist zu berücksichtigen, dass der anzuwendende Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs 1 zweiter bis vierter Satz FPG ("tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt") einen höheren Gefährdungsgrad als § 53 Abs 3 FPG ("schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit") erfordert. Stellen Verstöße, die nur eine Gefährdungsannahme iSd § 53 Abs 2 FPG rechtfertigen, aber nicht einmal einen für die Bejahung einer Gefährdung nach § 53 Abs 3 FPG ausreichenden Tatbestand dar, so gilt dies aufgrund der Abstufung der Gefährdungsmaßstäbe umso mehr für die Annahme einer Gefährdung iSd § 67 Abs 1 FPG (siehe VwGH 02.09.2021, Ra 2021/21/0103). Demnach können jedenfalls im Regelfall einmalige Verstöße gegen das FPG keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr begründen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, sofern es sich nicht um eine in § 53 Abs 3 FPG genannte Übertretung handelt (siehe § 53 Abs 2 Z 3 FPG). In diesem Fall sind somit eingehendere Ermittlungen zum Vorleben des BF, zu seinen früheren Straftaten, seiner wirtschaftlichen Situation, der von ihm aktuell ausgehenden Gefahr und einer allfälligen Wiederholungsgefahr anzustellen. Die von der Polizei anhand eines schematisch vorgegebenen Fragenkatalogs vorgenommene Befragung des BF für das BFA, die sich in erster Linie auf die Interessenabwägung gemäß § 9 BFA-VG bezieht, ist dafür keineswegs ausreichend.Sollte dem BF lediglich Schlepperei ohne Bereicherungsabsicht nach dem entsprechenden verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestand zur Last fallen, ist zu berücksichtigen, dass der anzuwendende Gefährdungsmaßstab des Paragraph 67, Absatz eins, zweiter bis vierter Satz FPG ("tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt") einen höheren Gefährdungsgrad als Paragraph 53, Absatz 3, FPG ("schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit") erfordert. Stellen Verstöße, die nur eine Gefährdungsannahme iSd Paragraph 53, Absatz 2, FPG rechtfertigen, aber nicht einmal einen für die Bejahung einer Gefährdung nach Paragraph 53, Absatz 3, FPG ausreichenden Tatbestand dar, so gilt dies aufgrund der Abstufung der Gefährdungsmaßstäbe umso mehr für die Annahme einer Gefährdung iSd Paragraph 67, Absatz eins, FPG (siehe VwGH 02.09.2021, Ra 2021/21/0103). Demnach können jedenfalls im Regelfall einmalige Verstöße gegen das FPG keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr begründen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, sofern es sich nicht um eine in Paragraph 53, Absatz 3, FPG genannte Übertretung handelt (siehe Paragraph 53, Absatz 2, Ziffer 3, FPG). In diesem Fall sind somit eingehendere Ermittlungen zum Vorleben des BF, zu seinen früheren Straftaten, seiner wirtschaftlichen Situation, der von ihm aktuell ausgehenden Gefahr und einer allfälligen Wiederholungsgefahr anzustellen. Die von der Polizei anhand eines schematisch vorgegebenen Fragenkatalogs vorgenommene Befragung des BF für das BFA, die sich in erster Linie auf die Interessenabwägung gemäß Paragraph 9, BFA-VG bezieht, ist dafür keineswegs ausreichend.
Im Ergebnis sind somit derzeit nur ansatzweise relevante Ermittlungsergebnisse vorhanden und es liegt nahe, dass das BFA die konkrete Auseinandersetzung mit den aktuellen Taten des BF und seinem Vorleben unterlassen hat, damit die Ermittlungen dazu durch das BVwG vorgenommen werden, zumal der Bescheid vor dem Ausgang des (Verwaltungs-)Strafverfahrens wegen Schlepperei erlassen wurde. Daher sind die Voraussetzungen für die Zurückverweisung der Sache an das BFA gemäß § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG erfüllt. Auf Basis der vorliegenden Beweisergebnisse ist noch keine nachvollziehbare Gefährdungsprognose möglich. Die notwendige Ergänzung des Ermittlungsverfahrens erreicht ein solches Ausmaß, dass ihre Nachholung durch das BVwG weder im Interesse der Raschheit gelegen noch mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Im Ergebnis sind somit derzeit nur ansatzweise relevante Ermittlungsergebnisse vorhanden und es liegt nahe, dass das BFA die konkrete Auseinandersetzung mit den aktuellen Taten des BF und seinem Vorleben unterlassen hat, damit die Ermittlungen dazu durch das BVwG vorgenommen werden, zumal der Bescheid vor dem Ausgang des (Verwaltungs-)Strafverfahrens wegen Schlepperei erlassen wurde. Daher sind die Voraussetzungen für die Zurückverweisung der Sache an das BFA gemäß Paragraph 28, Absatz 3, zweiter Satz VwGVG erfüllt. Auf Basis der vorliegenden Beweisergebnisse ist noch keine nachvollziehbare Gefährdungsprognose möglich. Die notwendige Ergänzung des Ermittlungsverfahrens erreicht ein solches Ausmaß, dass ihre Nachholung durch das BVwG weder im Interesse der Raschheit gelegen noch mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Da das BFA bislang keine geeigneten Schritte zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts gesetzt hat und dieser in zentralen Teilen ergänzungsbedürftig ist, kann derzeit noch nicht beurteilt werden, ob gegen den BF ein Aufenthaltsverbot zu erlassen ist und wenn ja, in welcher Dauer. Im Ergebnis ist der angefochtene Bescheid daher gemäß § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur allfälligen Erlassung eines neuen Bescheids nach Verfahrensergänzung an das BFA zurückzuverweisen. Da das BFA bislang keine geeigneten Schritte zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts gesetzt hat und dieser in zentralen Teilen ergänzungsbedürftig ist, kann derzeit noch nicht beurteilt werden, ob gegen den BF ein Aufenthaltsverbot zu erlassen ist und wenn ja, in welcher Dauer. Im Ergebnis ist der angefochtene Bescheid daher gemäß Paragraph 28, Absatz 3, zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur allfälligen Erlassung eines neuen Bescheids nach Verfahrensergänzung an das BFA zurückzuverweisen.
Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG, weil schon aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß Paragraph 24, Absatz 2, Ziffer eins, VwGVG, weil schon aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Die Revision ist mangels einer grundsätzlichen Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG, insbesondere wegen der Einzelfallbezogenheit der Entscheidung über die Anwendung des § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG (siehe z.B. VwGH 31.01.2019, Ra 2018/07/0486), nicht zuzulassen.Die Revision ist mangels einer grundsätzlichen Rechtsfrage iSd Artikel 133, Absatz 4, B-VG, insbesondere wegen der Einzelfallbezogenheit der Entscheidung über die Anwendung des Paragraph 28, Absatz 3, zweiter Satz VwGVG (siehe z.B. VwGH 31.01.2019, Ra 2018/07/0486), nicht zuzulassen.
Schlagworte
Aufenthaltsverbot Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht geänderte Verhältnisse individuelle Verhältnisse Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung strafrechtliche Verurteilung VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2024:G314.2293525.1.00Im RIS seit
10.07.2024Zuletzt aktualisiert am
10.07.2024