TE Bvwg Erkenntnis 2024/6/25 L501 2269219-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.06.2024
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Entscheidungsdatum

25.06.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


L501 2269219-1/52E

L501 2269212-1/32E

L501 2269210-1/31E

L501 2269208-1/32E

L501 2269216-1/31E

L501 2269214-1/31E

Schriftliche Ausfertigung des am 19.04.2024 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1.) XXXX , geb. XXXX , StA. XXXX , vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, sowie die Beschwerden von 2.) XXXX , geb. XXXX ,3.) XXXX , geb. XXXX , 4.) XXXX , geb. XXXX , 5.) XXXX , geb. XXXX , 6.) XXXX , geb. XXXX , alle Staatsangehörigkeit XXXX , alle vertreten durch die Mutter XXXX , diese vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen jeweils die Spruchpunkte I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.02.2023, Zlen. 1) XXXX , 2.) XXXX , 3.) XXXX , 4.) XXXX , 5.) XXXX , 6.) XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung. zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1.) römisch XXXX , geb. römisch XXXX , StA. römisch XXXX , vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, sowie die Beschwerden von 2.) römisch XXXX , geb. römisch XXXX ,3.) römisch XXXX , geb. römisch XXXX , 4.) römisch XXXX , geb. römisch XXXX , 5.) römisch XXXX , geb. römisch XXXX , 6.) römisch XXXX , geb. römisch XXXX , alle Staatsangehörigkeit römisch XXXX , alle vertreten durch die Mutter römisch XXXX , diese vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen jeweils die Spruchpunkte römisch eins. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.02.2023, Zlen. 1) römisch XXXX , 2.) römisch XXXX , 3.) römisch XXXX , 4.) römisch XXXX , 5.) römisch XXXX , 6.) römisch XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung. zu Recht erkannt:

A)

Den Beschwerden wird stattgegeben und 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX ,3.) XXXX , geb. XXXX , 4.) XXXX , geb. XXXX , 5.) XXXX , geb. XXXX , und 6.) XXXX , geb. XXXX , gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz jeweils der Status der/des Asylberechtigten zuerkannt.Den Beschwerden wird stattgegeben und 1.) römisch XXXX , geb. römisch XXXX , 2.) römisch XXXX , geb. römisch XXXX ,3.) römisch XXXX , geb. römisch XXXX , 4.) römisch XXXX , geb. römisch XXXX , 5.) römisch XXXX , geb. römisch XXXX , und 6.) römisch XXXX , geb. römisch XXXX , gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz jeweils der Status der/des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass ihnen damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass ihnen damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

I.1.    Die beschwerdeführende Partei 1 (in der Folge „bP 1“) sowie ihre minderjährigen Kinder, die beschwerdeführenden Parteien 2 bis 6 (in der Folge „bP 2, bP 3, bP 4, bP 5, bP 6), alle syrische Staatsangehörige, stellten nach der am 17.10.2021 erfolgten unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet am 18.10.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz.römisch eins.1.    Die beschwerdeführende Partei 1 (in der Folge „bP 1“) sowie ihre minderjährigen Kinder, die beschwerdeführenden Parteien 2 bis 6 (in der Folge „bP 2, bP 3, bP 4, bP 5, bP 6), alle syrische Staatsangehörige, stellten nach der am 17.10.2021 erfolgten unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet am 18.10.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Zum Fluchtgrund befragt, erklärte die bP 1, sie sei im Jahr 2012 aufgrund der damaligen Situation in Syrien zu ihrem Ehegatten in die Vereinigten Arabischen Emirate (im Folgenden „VAE“) gezogen. Dieser habe jedoch kürzlich seinen Arbeitsplatz in den VAE verloren, weshalb sie das Land habe verlassen müssen; ihr Gatte habe in den VAE noch Angelegenheiten abzuschließen. Sie könne die Sicherheit ihrer Kinder in Syrien nicht gewährleisten.

Am 17.03.2022 wurde die bP durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge „BFA“ bzw. „belangte Behörde“) niederschriftlich einvernommen. Zum Fluchtgrund befragt, erklärte die bP 1, sie sei ihrem Ehegatten 2012 in die VAE nachgereist und dort bis September 2021 aufhältig gewesen. Um ihren Gatten unterstützen zu können, sei sie in dieser Zeitspanne dreimal nach Syrien zurückgekehrt, um ihr Studium an der Universität Damaskus in Daraa abschließen zu können. Ihr Gatte habe seine Stelle als Lehrer in den VAE verloren, er dürfe aber noch in den VAE bleiben, da er den Job nicht aus polizeilichen Gründen verloren habe. Der Aufenthaltstitel von zweien ihrer Kinder sei jedoch nur mehr bis November gültig gewesen, sodass sie fürchteten, nach Syrien zurückkehren zu müssen.

Mit den in Beschwerde gezogenen Bescheiden wies die belangte Behörde den Antrag der bP 1 bis 6 auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten ab, erkannte jedoch den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte befristete Aufenthaltsberechtigungen.

In ihren fristgerecht erhobenen Beschwerden moniert die bP 1 im Wesentlichen eine Verfolgung als Angehörige der sozialen Gruppe der jungen, „de facto“ alleinstehenden Frauen ohne ausreichenden männlichen Schutz, eine Reflexverfolgung wegen ihrer aus politischen Gründen nach Europa und Ägypten geflüchteten Brüder sowie aufgrund der mit ihrer eigenen illegalen Ausreise und Asylantragstellung in Europa verbundenen, unterstellten oppositionellen politischen Gesinnung. Ergänzend wurde vorgebracht, dass sie bislang den ihr widerfahrenen sexuellen Übergriff an der Universität nicht habe vorbringen können, zumal die Einvernahme vor der belangten Behörde durch einen männlichen Referenten und einen männlichen Dolmetscher sowie vor ihren fünf Kindern stattgefunden habe.

I.2.    Mit Erkenntnissen vom 12.07.2023, Zlen. W281 2269219-1/11E, W281 2269208-1/9E, W281 2269210-1/8E, W281 2269212-1/8E, W281 2269214-1/8E und W281 2269216-1/8E, gab das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerden statt, erkannte den bPen den Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 zu und stellte fest, dass ihnen gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme. Die Erhebung einer Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die bP1 mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ohne familiären Rückhalt nach Syrien zurückkehren würde, sie daher aus rechtlicher Sicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung der sozialen Gruppe der „‘de facto‘ alleinstehenden Frauen“ ohne männlichen Schutz ausgesetzt wäre. Das BFA erhob eine ordentliche Revision.römisch eins.2.    Mit Erkenntnissen vom 12.07.2023, Zlen. W281 2269219-1/11E, W281 2269208-1/9E, W281 2269210-1/8E, W281 2269212-1/8E, W281 2269214-1/8E und W281 2269216-1/8E, gab das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerden statt, erkannte den bPen den Status der Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 zu und stellte fest, dass ihnen gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme. Die Erhebung einer Revision erklärte es gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG für zulässig. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die bP1 mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ohne familiären Rückhalt nach Syrien zurückkehren würde, sie daher aus rechtlicher Sicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung der sozialen Gruppe der „‘de facto‘ alleinstehenden Frauen“ ohne männlichen Schutz ausgesetzt wäre. Das BFA erhob eine ordentliche Revision.

Am 18.08.2023 wurden die Verfahren aufgrund Verhinderung der GA W281 der GA L501 zugewiesen.

Mit Entscheidung vom 12.12.2023, Ro 2023/14/0005, hob der Verwaltungsgerichtshof die Erkenntnisse wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts auf, da es an den für die Beurteilung der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe erforderlichen Feststellungen zu den Merkmalen bzw. zur abgegrenzten Identität dieser Gruppe als auch zum kausalen Zusammenhang mit der Verfolgung mangle.

I.3.    Am 12.02.2024 und 19.04.2024 führte das erkennende Gericht im Beisein der bP 1 und bP 2, ihrer Rechtsvertretung sowie eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch eine mündliche Verhandlung durch.römisch eins.3.    Am 12.02.2024 und 19.04.2024 führte das erkennende Gericht im Beisein der bP 1 und bP 2, ihrer Rechtsvertretung sowie eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch eine mündliche Verhandlung durch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:römisch II.1. Feststellungen:

II.1.1. Die am XXXX , Gouvernement Dara’a, geborene bP 1 ist syrische Staatsangehörige, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zum sunnitischen Islam. Ihre Muttersprache ist Arabisch. Sie spricht zudem ein wenig Englisch und Deutsch.römisch II.1.1. Die am römisch XXXX , Gouvernement Dara’a, geborene bP 1 ist syrische Staatsangehörige, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zum sunnitischen Islam. Ihre Muttersprache ist Arabisch. Sie spricht zudem ein wenig Englisch und Deutsch.

Die bP 1 wuchs gemeinsam mit ihren Geschwistern bei den Eltern in XXXX auf, schloss ihre Schulausbildung auf Maturaniveau ab und nahm ab dem Jahr 2008 an der Universität Damaskus in XXXX das Lehramtsstudium für die Grundschule auf. Die bP 1 wuchs gemeinsam mit ihren Geschwistern bei den Eltern in römisch XXXX auf, schloss ihre Schulausbildung auf Maturaniveau ab und nahm ab dem Jahr 2008 an der Universität Damaskus in römisch XXXX das Lehramtsstudium für die Grundschule auf.

Die bP 1 ist verheiratet, die Ehe wurde am XXXX bei Gericht registriert. Die Hochzeit fand in XXXX statt. Der Ehegatte ist Lehrer für Arabisch; er verließ XXXX 2011 und lebt und arbeitet seither in den VAE. Ohne Beendigung des Studiums verlegte die bP 1 schließlich ihren Wohnsitz zu ihrem Gatten in die VAE. Der Ehe entstammen die XXXX bzw. XXXX geborenen bP 2 und 3 sowie die XXXX , XXXX bzw. XXXX geborenen bP 4 bis 6. Der Ehegatte hat der bP 1 das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder nicht übertragen. Vor ihrer Ausreise aus dem Herkunftsstaat sorgte der Vater bzw. später der Ehemann für den Lebensunterhalt der bP 1 und den Kindern.Die bP 1 ist verheiratet, die Ehe wurde am römisch XXXX bei Gericht registriert. Die Hochzeit fand in römisch XXXX statt. Der Ehegatte ist Lehrer für Arabisch; er verließ römisch XXXX 2011 und lebt und arbeitet seither in den VAE. Ohne Beendigung des Studiums verlegte die bP 1 schließlich ihren Wohnsitz zu ihrem Gatten in die VAE. Der Ehe entstammen die römisch XXXX bzw. römisch XXXX geborenen bP 2 und 3 sowie die römisch XXXX , römisch XXXX bzw. römisch XXXX geborenen bP 4 bis 6. Der Ehegatte hat der bP 1 das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder nicht übertragen. Vor ihrer Ausreise aus dem Herkunftsstaat sorgte der Vater bzw. später der Ehemann für den Lebensunterhalt der bP 1 und den Kindern.

Die bP 1 reiste in der Zeit ihres Aufenthalts in den VAE insgesamt viermal nach Syrien, um ihr Studium an der Universität Damaskus in XXXX abschließen zu können; bei den ersten drei Reisen wurden sie von den bP 2 bis 4 begleitet, bei der letzten Reise nur von der bP 4. Sie nahmen hierfür entweder einen Flug nach Damaskus oder in den Libanon und reisten dann jeweils auf dem Landweg weiter in die Herkunftsregion. Den Weg über Land legten sie mit einem privaten Fahrer zurück, es handelte sich dabei sozusagen um „Privattaxi“, um inoffizielle Fahrgelegenheiten. Der Ehegatte überwies hierfür seinem in Syrien lebenden Bruder bereits im Vorfeld das Geld für die jeweilige Fahrt einschließlich der für das Passieren der Checkpoints erforderlichen Schmiergelder und wurde dieser Betrag sodann vom Bruder dem jeweiligen Fahrer übergeben. Die bPen haben diese Fahrten nie mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt.Die bP 1 reiste in der Zeit ihres Aufenthalts in den VAE insgesamt viermal nach Syrien, um ihr Studium an der Universität Damaskus in römisch XXXX abschließen zu können; bei den ersten drei Reisen wurden sie von den bP 2 bis 4 begleitet, bei der letzten Reise nur von der bP 4. Sie nahmen hierfür entweder einen Flug nach Damaskus oder in den Libanon und reisten dann jeweils auf dem Landweg weiter in die Herkunftsregion. Den Weg über Land legten sie mit einem privaten Fahrer zurück, es handelte sich dabei sozusagen um „Privattaxi“, um inoffizielle Fahrgelegenheiten. Der Ehegatte überwies hierfür seinem in Syrien lebenden Bruder bereits im Vorfeld das Geld für die jeweilige Fahrt einschließlich der für das Passieren der Checkpoints erforderlichen Schmiergelder und wurde dieser Betrag sodann vom Bruder dem jeweiligen Fahrer übergeben. Die bPen haben diese Fahrten nie mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt.

Während der Aufenthalte lebte die bP 1 gemeinsam mit den Kindern bei ihrer Schwiegermutter im Haus ihres Ehegatten. Die - einmal im Jahr 2017 und dreimal im Jahr 2018 - zwischen ein paar Tagen und einem Monat dauernden Besuche in XXXX dienten der Ablegung der Prüfungen; die letzten absolvierte sie im Herbst 2018. Den Weg von ihrem Herkunftsort zur Universität legte sie gemeinsam mit anderen Studenten aus XXXX im Bus zurück. 2018 mussten sie ihren Heimatort fluchtartig verlassen, da es zu Kampfhandlungen gekommen war und das syrische Regime den Ort einnahm. Während der Aufenthalte lebte die bP 1 gemeinsam mit den Kindern bei ihrer Schwiegermutter im Haus ihres Ehegatten. Die - einmal im Jahr 2017 und dreimal im Jahr 2018 - zwischen ein paar Tagen und einem Monat dauernden Besuche in römisch XXXX dienten der Ablegung der Prüfungen; die letzten absolvierte sie im Herbst 2018. Den Weg von ihrem Herkunftsort zur Universität legte sie gemeinsam mit anderen Studenten aus römisch XXXX im Bus zurück. 2018 mussten sie ihren Heimatort fluchtartig verlassen, da es zu Kampfhandlungen gekommen war und das syrische Regime den Ort einnahm.

II.1.2. Ende Dezember 2018 reiste die bP 1 letztmalig nach Syrien ein, dies, um ihr Diplom abzuholen. Dabei wurde sie im Zuge der am Eingang der Universität im Dezember 2018 vorgenommenen Personenkontrolle nach Vorzeigen ihres Studentenausweises von einem männlichen Organ mit dem Hinweis, sie zuvor noch nie gesehen, nach ihrem Namen und ihrer Herkunft befragt. Auf ihre Erklärung hin, sie wohne im Ausland, nahm er sie auf die Seite und begann eine Leibesvisitation, obwohl solche bei weiblichen Studentinnen ansonsten in einem Nebenraum von einer Frau durchgeführt werden. Als das männliche Kontrollorgan sie von den Schultern abwärts schlussendlich an den Brüsten berührte, stieß sie ihn weg und begann ihn bzw. das Regime zu beschimpfen. Das Kontrollorgan stieß daraufhin Drohungen aus. Die bP 1 verließ mit Hilfe ihrer Kommilitoninnen fluchtartig den Ort und stieg auf der Straße in ein Taxi, um sich nach Hause fahren zu lassen. Der Studentenausweis verblieb beim Checkpoint. Während der Fahrt rief sie ihren Vater an und erzählte ihm, dass es bei der Kontrolle zu einem Problem gekommen und sie durchsucht worden sei, ohne jedoch die unsittlichen Berührungen zu erwähnen. Er meinte, sie solle nach Hause fahren, sie fänden eine Lösung. Währenddessen organisierte der Vater die Fahrt nach Damaskus zu ihrem Onkel. Die bP 1 packte in der Folge daheim sofort die Koffer und machte sich gemeinsam mit der bP 3 auf den Weg. Der Onkel war von ihrem Vater bereits informiert worden. In Damaskus organisierte ihr Onkel ein Taxi und reiste die bP1 in der Folge mit ihrem Sohn in den Libanon aus. Die bP1 gab dem Fahrer 300 Dollar und ließ dieser hierfür auch ihre Reisepässe an der Grenze stempeln. Die Tickets für den Flug von Beirut in die VAE waren bereits von ihrem Gatten gebucht worden.römisch II.1.2. Ende Dezember 2018 reiste die bP 1 letztmalig nach Syrien ein, dies, um ihr Diplom abzuholen. Dabei wurde sie im Zuge der am Eingang der Universität im Dezember 2018 vorgenommenen Personenkontrolle nach Vorzeigen ihres Studentenausweises von einem männlichen Organ mit dem Hinweis, sie zuvor noch nie gesehen, nach ihrem Namen und ihrer Herkunft befragt. Auf ihre Erklärung hin, sie wohne im Ausland, nahm er sie auf die Seite und begann eine Leibesvisitation, obwohl solche bei weiblichen Studentinnen ansonsten in einem Nebenraum von einer Frau durchgeführt werden. Als das männliche Kontrollorgan sie von den Schultern abwärts schlussendlich an den Brüsten berührte, stieß sie ihn weg und begann ihn bzw. das Regime zu beschimpfen. Das Kontrollorgan stieß daraufhin Drohungen aus. Die bP 1 verließ mit Hilfe ihrer Kommilitoninnen fluchtartig den Ort und stieg auf der Straße in ein Taxi, um sich nach Hause fahren zu lassen. Der Studentenausweis verblieb beim Checkpoint. Während der Fahrt rief sie ihren Vater an und erzählte ihm, dass es bei der Kontrolle zu einem Problem gekommen und sie durchsucht worden sei, ohne jedoch die unsittlichen Berührungen zu erwähnen. Er meinte, sie solle nach Hause fahren, sie fänden eine Lösung. Währenddessen organisierte der Vater die Fahrt nach Damaskus zu ihrem Onkel. Die bP 1 packte in der Folge daheim sofort die Koffer und machte sich gemeinsam mit der bP 3 auf den Weg. Der Onkel war von ihrem Vater bereits informiert worden. In Damaskus organisierte ihr Onkel ein Taxi und reiste die bP1 in der Folge mit ihrem Sohn in den Libanon aus. Die bP1 gab dem Fahrer 300 Dollar und ließ dieser hierfür auch ihre Reisepässe an der Grenze stempeln. Die Tickets für den Flug von Beirut in die VAE waren bereits von ihrem Gatten gebucht worden.

Um ihr Lehramtsdiplom doch noch zu erhalten, stellte sie ihrer in XXXX wohnhaften Nichte, der Tochter ihres Schwagers, eine diesbezügliche Vollmacht aus; diese studierte zu dieser Zeit noch an der Universität in XXXX das Fach Lehramt. Um ihr Lehramtsdiplom doch noch zu erhalten, stellte sie ihrer in römisch XXXX wohnhaften Nichte, der Tochter ihres Schwagers, eine diesbezügliche Vollmacht aus; diese studierte zu dieser Zeit noch an der Universität in römisch XXXX das Fach Lehramt.

II.1.3. Nach Erhalt des Lehramtsdiploms unterrichtete sie einige Monate in einer Schule in den VAE. Schließlich verlor Ihr Ehemann seine Stelle als Lehrer in den VAE, sodass die an die Berufstätigkeit geknüpfte Aufenthaltsbewilligung verlustig zu gehen drohte. Eine sofortige Ausreise war aufgrund der Ursache des Arbeitsplatzverlustes nicht erforderlich. Da aber ihr Aufenthaltstitel sowie der ihrer beiden ältesten Kinder jedenfalls in wenigen Monaten ablief, verließ die bP 1 mitsamt den bP 2 bis 6 sowie ihrer Schwester die VAE in Richtung Europa. Spätestens am 17.10.2021 reisten sie unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein. Der am 01.09.1981 geborene Gatte der bP verblieb in den VAE.römisch II.1.3. Nach Erhalt des Lehramtsdiploms unterrichtete sie einige Monate in einer Schule in den VAE. Schließlich verlor Ihr Ehemann seine Stelle als Lehrer in den VAE, sodass die an die Berufstätigkeit geknüpfte Aufenthaltsbewilligung verlustig zu gehen drohte. Eine sofortige Ausreise war aufgrund der Ursache des Arbeitsplatzverlustes nicht erforderlich. Da aber ihr Aufenthaltstitel sowie der ihrer beiden ältesten Kinder jedenfalls in wenigen Monaten ablief, verließ die bP 1 mitsamt den bP 2 bis 6 sowie ihrer Schwester die VAE in Richtung Europa. Spätestens am 17.10.2021 reisten sie unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein. Der am 01.09.1981 geborene Gatte der bP verblieb in den VAE.

Der Ehegatte der bP 1 konnte die Absolvierung der Wehrpflicht aufgrund seines Studiums aufschieben. Er verließ den Herkunftsstaat nach Beendigung des Studiums noch bevor er vom syrischen Regime eingezogen wurde. Er hat seinen Militärdienst sohin bei den syrischen Streitkräften nicht abgeleistet. Er ist weder gewillt dieser Verpflichtung nachzukommen noch sich hiervon freizukaufen. Er ist nicht bereit, nach Syrien zurückkehren.

Er war –wie auch ihr Vater - von der bP 1 nicht von den unsittlichen Berührungen bei der Kontrolle 2018 in Kenntnis gesetzt worden, sondern nur, dass sie einer Leibesvisitation unterzogen und ihr der Studentenausweis abgenommen worden ist. Erst durch den von ihm im Zuge der Familienzusammenführung gestellten Antrag entnahm er dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.07.2023, W281 2269219-1/11E, die Umstände des Vorfalls und übermittelte die bP 1 ihm auf sein Verlangen die Verhandlungsniederschrift vom 08.05.2023 mit ihrer Aussage. Nachdem der Ehegatte von der sexuellen Belästigung Kenntnis erlangte hatte, veränderte sich sein Verhalten gegenüber der bP 1. Er hat kein Vertrauen mehr zu ihr, erkundigt sich oft wo sich befänden und was sie machten.

II.1.4. Die Eltern, zwei Brüder und eine Schwester der bP 1 leben in den Niederlanden, zwei Schwestern sind in Syrien verheiratet. Keiner der Brüder hat den Militärdienst in Syrien abgeleistet.römisch II.1.4. Die Eltern, zwei Brüder und eine Schwester der bP 1 leben in den Niederlanden, zwei Schwestern sind in Syrien verheiratet. Keiner der Brüder hat den Militärdienst in Syrien abgeleistet.

Das Haus des Ehegatten ist unbewohnt. Das Ackerland der Eltern liegt brach, es gibt niemanden der es bestellt. Im Elternhaus wohnt ein Cousin des Vaters, dieser ist verheiratet, seine bereits erwachsenen Kinder sind weggezogen. Eine Schwester und ein Bruder väterlicherseits sind verstorben, bis auf einen in XXXX lebenden Sohn sind alle Abkömmlinge außerhalb Syriens aufhältig. Aufgrund eines Familienkonflikts besteht kein Kontakt zu diesem in XXXX lebenden Sohn. Die bP 1 hat zwei in Damaskus lebende Onkeln mütterlicherseits sowie eine Tante mit Kindern in einer eine ca. Dreiviertelstunde Autofahrt entfernt gelegenen Ortschaft. Die Mehrheit ihrer Cousins und Cousinen mütterlicherseits wohnen außerhalb Syriens, wo ist der bP 1 nicht bekannt. Die bP 1 kennt ihre in Syrien verbliebenen männlichen Verwandten kaum, es besteht nur eine lose Verbindung.Das Haus des Ehegatten ist unbewohnt. Das Ackerland der Eltern liegt brach, es gibt niemanden der es bestellt. Im Elternhaus wohnt ein Cousin des Vaters, dieser ist verheiratet, seine bereits erwachsenen Kinder sind weggezogen. Eine Schwester und ein Bruder väterlicherseits sind verstorben, bis auf einen in römisch XXXX lebenden Sohn sind alle Abkömmlinge außerhalb Syriens aufhältig. Aufgrund eines Familienkonflikts besteht kein Kontakt zu diesem in römisch XXXX lebenden Sohn. Die bP 1 hat zwei in Damaskus lebende Onkeln mütterlicherseits sowie eine Tante mit Kindern in einer eine ca. Dreiviertelstunde Autofahrt entfernt gelegenen Ortschaft. Die Mehrheit ihrer Cousins und Cousinen mütterlicherseits wohnen außerhalb Syriens, wo ist der bP 1 nicht bekannt. Die bP 1 kennt ihre in Syrien verbliebenen männlichen Verwandten kaum, es besteht nur eine lose Verbindung.

Der Schwager der bP 1 lebt mit seiner Familie ca. 50 m entfernt, eine Tochter von ihm ist verheiratet und arbeitet als Lehrerin. Die bP hat keinen Kontakt zu den in Syrien lebenden Brüdern ihres Ehegatten bzw. dem Mann ihrer (angeheirateten) Nichte und kennt sie nicht näher, da sie bereits drei Jahre nach ihrer Eheschließung Syrien verließ. Selbst zu dem in Österreich lebenden Schwager besteht kein Kontakt, sie hat ihn während ihres Aufenthaltes nur zweimal gesehen, und zwar als er sie im Zusammenhang mit den mündlichen Verhandlungen am Verwaltungsgericht bei der Aufsicht der Kinder unterstützte.

II.1.5. Die bP 1 wäre im Rückkehrfall auf sich gestellt, der Ehegatte würde nichts unternehmen bzw. wäre er auch nicht in der Lage, sie vom Ausland aus zu schützen. Die bP 1 müsste in diesem Falle sowohl die Mutter- als auch die Vaterrolle übernehmen und hätte sie sämtliche Aufgaben eines Haushaltsvorstands zu erfüllen. Sie wäre folglich u.a. gezwungen, für damit in Zusammenhang stehende Erledigungen ihr Heimatdorf zu verlassen und in die Stadt Dara’a zu fahren, etwa für Behördengänge, beispielsweise um die Kinder in der Schule anzumelden, oder auch um gegebenenfalls eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Sie müsste alleine öffentliche und private Orte aufsuchen, ohne dass sie durch „einen Mann, der hinter ihrem Rücken steht“, geschützt wird.römisch II.1.5. Die bP 1 wäre im Rückkehrfall auf sich gestellt, der Ehegatte würde nichts unternehmen bzw. wäre er auch nicht in der Lage, sie vom Ausland aus zu schützen. Die bP 1 müsste in diesem Falle sowohl die Mutter- als auch die Vaterrolle übernehmen und hätte sie sämtliche Aufgaben eines Haushaltsvorstands zu erfüllen. Sie wäre folglich u.a. gezwungen, für damit in Zusammenhang stehende Erledigungen ihr Heimatdorf zu verlassen und in die Stadt Dara’a zu fahren, etwa für Behördengänge, beispielsweise um die Kinder in der Schule anzumelden, oder auch um gegebenenfalls eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Sie müsste alleine öffentliche und private Orte aufsuchen, ohne dass sie durch „einen Mann, der hinter ihrem Rücken steht“, geschützt wird.

Gemäß den im sozialen Umfeld der bP 1 in XXXX geltenden traditionellen gesellschaftlichen Normen und Werten kann eine verheiratete Frau nur von ihrem Ehegatten, ihrem Vater und ihren Brüdern Schutz erlangen und darf der Bruder des Gatten in Abwesenheit des Gatten seine Schwägerin nicht einmal besuchen.Gemäß den im sozialen Umfeld der bP 1 in römisch XXXX geltenden traditionellen gesellschaftlichen Normen und Werten kann eine verheiratete Frau nur von ihrem Ehegatten, ihrem Vater und ihren Brüdern Schutz erlangen und darf der Bruder des Gatten in Abwesenheit des Gatten seine Schwägerin nicht einmal besuchen.

Um geschützt zu sein, wäre die bP 1 im Rückkehrfall als (alleinstehender) weiblicher Haushaltsvorstand auf die Unterstützung der in Syrien verbliebenen Männer ihrer erweiterten Familie angewiesen, die diese aber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aufgrund der gesellschaftlichen Normen nicht imstande oder auch bereit wären zu leisten, u.a. aufgrund des hierfür erforderlichen großen Zeitaufwandes, eigener familiärer Verpflichtungen, mangelnden Kontakts, aber auch aufgrund eines verwandtschaftlichen Konflikts.

Als (alleinstehender) weiblicher Haushaltsvorstand ohne männlichen Rückhalt wäre die bP1 in ihrer Herkunftsregion mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit dem realen Risiko geschlechtsbasierter Gewalt ausgesetzt, konkret Opfer von sexueller Gewalt, Ehrenmord, sexueller Missbrauch, Ausbeutung und Menschenhandel zu werden.

Frauen, die in ihrer (erweiterten) Familie keine männliche Unterstützung erhalten, einschließlich alleinstehender Frauen, (alleinstehende) weibliche Haushaltsvorstände ohne familiäre männliche Unterstützung, Witwen und geschiedene Frauen, werden von der patriarchalischen Gesellschaft in der Herkunftsregion als andersartig und nicht der traditionellen bzw. moralischen Norm entsprechend wahrgenommen. Die bP 1 stammt aus einer ländlichen konservativen Gegend, die sozialen Beziehungen werden von Stammes- und Familiendynamiken bestimmt, von bekannten und alten Familien, die nach historischen Stammes- und Religionsregeln leben, und ist die gesellschaftliche Akzeptanz in einem solchen Gebiet für Frauen in nicht traditionellen Rollen, wie (alleinstehende) weibliche Haushaltsvorstände ohne familiäre männliche Unterstützer noch viel geringer ausgeprägt als beispielsweise in Damaskus-Stadt. (vgl. Anfragebeantwortung Dara’a, LIB unter Hinweis auf SD 30.7.2018).Frauen, die in ihrer (erweiterten) Familie keine männliche Unterstützung erhalten, einschließlich alleinstehender Frauen, (alleinstehende) weibliche Haushaltsvorstände ohne familiäre männliche Unterstützung, Witwen und geschiedene Frauen, werden von der patriarchalischen Gesellschaft in der Herkunftsregion als andersartig und nicht der traditionellen bzw. moralischen Norm entsprechend wahrgenommen. Die bP 1 stammt aus einer ländlichen konservativen Gegend, die sozialen Beziehungen werden von Stammes- und Familiendynamiken bestimmt, von bekannten und alten Familien, die nach historischen Stammes- und Religionsregeln leben, und ist die gesellschaftliche Akzeptanz in einem solchen Gebiet für Frauen in nicht traditionellen Rollen, wie (alleinstehende) weibliche Haushaltsvorstände ohne familiäre männliche Unterstützer noch viel geringer ausgeprägt als beispielsweise in Damaskus-Stadt. vergleiche Anfragebeantwortung Dara’a, LIB unter Hinweis auf SD 30.7.2018).

Der syrische Staat ist weder willens noch in der Lage sie vor derartigen Gefährdungen zu schützen.

II.1.6. Der Herkunftsort der bP, XXXX im Gouvernement Dara’a, befand sich zumindest von Anfang 2014 bis Sommer 2018 unter der Kontrolle oppositioneller Kräfte und steht erst seitdem wieder unter der Kontrolle der SAA bzw. des syrischen Regimes (vgl. website Cartercenter).römisch II.1.6. Der Herkunftsort der bP, römisch XXXX im Gouvernement Dara’a, befand sich zumindest von Anfang 2014 bis Sommer 2018 unter der Kontrolle oppositioneller Kräfte und steht erst seitdem wieder unter der Kontrolle der SAA bzw. des syrischen Regimes vergleiche website Cartercenter).

II.1.7. Zur (allgemeinen) Lage im Herkunftsstaat werden folgende Feststellungen unter Heranziehung der abgekürzt zitierten und gegenüber der bP offen gelegten Quellen getroffen:römisch II.1.7. Zur (allgemeinen) Lage im Herkunftsstaat werden folgende Feststellungen unter Heranziehung der abgekürzt zitierten und gegenüber der bP offen gelegten Quellen getroffen:

Auszug Länderinformation der Staatendokumentation zu Syrien, Version 11 vom 27.03.2024

Politische Lage

Letzte Änderung 2024-03-08 10:59

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba’ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).

Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv dieAutonomie der Wähler und Politiker.AusländischeAkteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama undAleppo. In Teilen des GouvernementsAleppo sowie in den von derTürkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).

Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).

Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).

Syrische Arabische Republik

Letzte Änderung 2024-03-08 11:06

Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba’athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021).

Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba’ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba’ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption

wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).

Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 2.2.2024).

Sicherheitslage

Letzte Änderung 2024-03-08 11:17

Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).

Im Gouvernement Dara’a kam es 2022 weiterhin zu Gewalt zwischen Regimekräften und lokalen Aufständischen trotz eines nominellen Siegs der Regierung im Jahr 2018 und eines von Russland vermittelten ’Versöhnungsabkommens’. Eine allgemeine Verschlechterung von Recht und Ordnung trägt in der Provinz auch zu gewalttätiger Kriminalität bei (FH 9.3.2023). In Suweida kam es 2020 und 2022 ebenfalls zu Aufständen, immer wieder auch zu Sicherheitsvorfällen mit Milizen, kriminellen Banden und Drogenhändlern. Dies führte immer wieder zu Militäroperationen und schließlich im August 2023 zu größeren Protesten (CC 13.12.2023). Die Proteste weiteten sich nach Daraa aus. Die Demonstranten in beiden Provinzen forderten bessere Lebensbedingungen und den Sturz Assads (Enab 20.8.2023).

Das syrische Regime, und damit die militärische Führung, unterscheiden nicht zwischen Zivilbevölkerung und „rein militärischen Zielen“ (BMLV 12.10.2022). Human Rights Watch kategorisiert einige Angriffe des syrisch-russischen Bündnisses als Kriegsverbrechen, die auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinauslaufen könnten. In Idlib mit seinen über drei Millionen Zivilbevölkerung kommt es trotz eines wackeligen Waffenstillstandes demnach weiterhin zu verbotenen Angriffen durch das Bündnis.Auch die von den USAangeführte Koalition gegen den Islamischen Staat (IS) verletzte internationales Recht durch unterschiedslose Luftschläge in Nordostsyrien, welche zivile Todesopfer und Zerstörung verursachten (HRW 13.1.2022).

Seit Beginn 2023 wurden mit Stand 1.5.2023 auch 258 ZivilistInnen durch andere Akteure (als dem Regime) getötet, somit 75 Prozent aller zivilenToten in diesem Jahr. Viele von ihnen wurden beim Trüffelsuchen getötet, und dazu kommen auch Todesfälle durch Landminen. Außerdem bietet die Unsicherheit in vielen Gebieten ein passendes Umfeld für Schießereien durch nichtidentifzierte Akteure (SNHR 1.5.2023).

„Versöhnungsabkommen“ (auch „Beilegungsabkommen“)

Letzte Änderung 2024-03-08 11:22

Die syrischen Behörden nutzen sogenannte „reconciliation agreements“ [in anderen Quellen auch als „settlement agreements“ - Beilegungsabkommen - bezeichnet] seit Beginn des Konfliktes (NMFA 5.2022). Die Evakuierung der von Rebellen gehaltenen Gemeinde Daraya im August 2016 markierte dabei einen Wendepunkt in der Nutzung von Versöhnungsabkommen durch die syrische Regierung als Strategie zur Rückeroberung der von Rebellen gehaltenen Gebiete. Bis zur Vereinbarung in Daraya waren in verschiedenen Gemeinden in ganz Syrien örtlich begrenzte Waffenstillstände eingesetzt worden. Sowohl die lokalen Waffenstillstände als auch die Versöhnungsvereinbarungen sind eine militärische Strategie, mit der Rebellengebiete entweder sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt zum Einlenken gezwungen werden sollen, um Menschen und Gebiete in den Staat wiedereinzugliedern (MEE 28.3.2018). Das Verfahren ist grundsätzlich für Personen gedacht, die im Sicherheitsapparat aktenkundig sind oder die von den Behörden im Zusammenhang mit einer offenen Angelegenheit gesucht werden. Sowohl Kombattanten als auch Zivilisten können Versöhnungsvereinbarungen unterzeichnen. Es gibt lokale und individuelle Versöhnungsabkommen (NMFA 5.2022).

Lokale Versöhnungsabkommen in ehemaligen Oppositionsgebieten

Die „Versöhnungsprozesse“ scheinen ad hoc durchgeführt zu werden, was bedeutet, dass sie variieren und keine eindeutige Beschreibung des Prozesses gegeben werden kann. Für die praktische Umsetzung der Vereinbarungen ist ein „Versöhnungsausschuss“ zuständig. Dieses Gremium ist kein Gericht. Es gibt kein materiell-rechtliches Verfahren und das Justizministerium ist nicht beteiligt. Das Ergebnis ist kein Urteil, sondern eine Sicherheitserklärung. Der Inhalt des Abkommens kann nicht angefochten werden. Die betreffende Person gibt ihre leichten Waffen ab und erklärt schriftlich, dass sie von Widerstandstätigkeiten absehen wird. Im Gegenzug verspricht die syrische Regierung, die Vorwürfe aus dem Strafregister zu streichen und den Namen der Person von den Fahndungslisten zu entfernen. Männer, die noch ihren Militärdienst ableisten müssen, haben sechs Monate Zeit, sich beim Rekrutierungsbüro zu melden. Es gibt Quellen, die berichten, dass diejenigen, die freigelassen werden, ein Dokument erhalten (NMFA 5.2022).

Der Abschluss der „Versöhnungsabkommen“ folgt in der Regel einem Muster, das mit realer

Versöhnung wenig gemeinsam hat. Die Vereinbarungen mit Rebellentruppen werden meist am Ende einer Belagerung durch Regierungstruppen abgeschlossen (ÖB Damaskus 12.2022). Laut der Syrian Association for Citizen’s Dignity (SACD), eine 2018 gegründete zivilgesellschaftliche Basisbewegung aus Syrien, gehörten zu den Taktiken bisher auch Belagerungen, bei denen das Regime die Menschen in diesen Gebieten nicht nur der Grundversorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten beraubte, sondern sie auch mit Luftangriffen und Granaten beschoss, die Infrastruktur zerstörte und Zivilisten tötete, um das Gebiet schließlich zur Kapitulation und zur Unterzeichnung eines Versöhnungsabkommens zu zwingen (SACD 8.11.2021). Im Allgemeinen bieten die Versöhnungsverfahren zwei Möglichkeiten: eine Versöhnungsvereinbarung zu unterzeichnen und weiterhin im Regierungsgebiet zu leben oder in das Oppositionsgebiet im Nordwesten Syriens zu ziehen (NMFA 5.2022). Die Vereinbarungen beinhalten oft die Evakuierung der Gebiete von Rebellenkämpfern und deren Familien, die dann in andere Regionen des Landes (zumeist im Norden) verbracht werden (ÖB Damaskus 12.2022). Sie werden also auch dazu benutzt, Bevölkerungsgruppen umzusiedeln (ÖB Damaskus 12.2022; vgl. OFPRA 13.12.2022) und sind de facto Kapitulationsvereinbarungen (NMFA5.2022; vgl. SACD 8.11.2021,Versöhnung wenig gemeinsam hat. Die Vereinbarungen mit Rebellentruppen werden meist am Ende einer Belagerung durch Regierungstruppen abgeschlossen (ÖB Damaskus 12.2022). Laut der Syrian Association for Citizen’s Dignity (SACD), eine 2018 gegründete zivilgesellschaftliche Basisbewegung aus Syrien, gehörten zu den Taktiken bisher auch Belagerungen, bei denen das Regime die Menschen in diesen Gebieten nicht nur der Grundversorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten beraubte, sondern sie auch mit Luftangriffen und Granaten beschoss, die Infrastruktur zerstörte und Zivilisten tötete, um das Gebiet schließlich zur Kapitulation und zur Unterzeichnung eines Versöhnungsabkommens zu zwingen (SACD 8.11.2021). Im Allgemeinen bieten die Versöhnungsverfahren zwei Möglichkeiten: eine Versöhn

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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