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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AsylG 1991 §20 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Baur und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. August 1994, Zl. 4.304.227/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, reiste am 30. September 1990 in das Bundesgebiet ein und stellte am 2. Oktober 1990 den Antrag, ihm Asyl zu gewähren. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 13. Mai 1991 wurde dieser Asylantrag abgewiesen. Die Behörde verneinte darin das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers im Sinn des § 1 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Asylgesetz), idF
Diese rechtliche Schlußfolgerung zog die Behörde erster Instanz aus den nachfolgend - zusammengefaßt - wiedergegebenen Angaben des Beschwerdeführers anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme: Er habe in seinem Heimatland weder einer politischen Organisation angehört noch sei er von den Revolutionswächtern verfolgt worden. Da er aber seine negative Meinung über das herrschende Regime nicht habe zurückhalten können, habe er nicht studieren dürfen. Damals hätten nur Angehörige von Kriegsinvaliden bzw. von Kriegsteilnehmern studieren dürfen. Da er in seinem Heimatland für seine persönliche Weiterentwicklung keine Zukunft mehr gesehen habe, habe er dieses verlassen. Er sei am 4. September 1990 legal mit seinem gültigen Reisepaß ausgereist und in der Folge illegal nach Österreich gekommen. Die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser mit Hilfe eines von der Behöre erster Instanz herangezogenen Dolmetschers übersetzten Angaben bekräftigte der Beschwerdeführer mit seiner eigenhändigen Unterschrift.
In der von ihm selbst am 27. Juni 1991 verfaßten Berufung führte der Beschwerdeführer hingegen (zusammengefaßt) folgendes aus:
Da die Behörde erster Instanz in ihrer Bescheidbegründung auf sein bisher erstattetes Vorbringen nicht eingegangen sei, sehe er sich nun veranlaßt, seine bereits getätigten Angaben zu wiederholen: Da er sich mit der Unterdrückung der Bevölkerung durch das islamische Regime nicht habe abfinden können und dies in Diskussionen immer wieder zum Ausdruck gebracht habe, sei er noch während seiner Schulzeit den Pasdaran aufgefallen. Er sei eines Tages von diesen auf eine Pasdaranstation gebracht und dort verprügelt worden. Nachdem er einige Tage in einem Keller nahezu ohne Brot und Wasser eingesperrt worden sei, sei er schließlich wieder freigelassen worden. Er habe von nun an dieses System gehaßt. In der Folge habe ihm die religiöse Studienkommission den von ihm angestrebten universitären Lehrgang untersagt. Er sei vielmehr zum Militär einberufen und in das Kriegsgebiet geschickt worden. Als er sich dabei einmal über die Mullahs lustig gemacht habe, sei er in ein Militärgefängnis gekommen und dort brutalst gefoltert worden. Seine Militärzeit sei um 3 Monate verlängert worden und er habe schließlich nach seiner Entlassung aus dem Militärdienst versucht, ein normales Leben zu beginnen. Nach einer Rauferei mit einem hohen Beamten sei er jedoch wiederum verhaftet und eine Wochen lang auf einer Pasdaranstation festgehalten und schwer mißhandelt worden. Als er schließlich während des Ramadan im Geschäft seines Vaters eine Zigarette geraucht habe, sei er wiederum festgenommen und dafür zu 20 Peitschenhieben verurteilt worden. Er habe sich schließlich dafür rächen wollen, weshalb er einen religiösen Führer niedergestochen und diesen schwer verletzt habe. In dieser Nacht sei er aus seiner Heimat geflohen.
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. August 1994 wurde die Berufung unter Heranziehung der Rechtslage nach dem Asylgesetz 1991 abgewiesen. Unter Bezugnahme auf § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 führte die belangte Behörde aus, daß ihrer Entscheidung lediglich das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrunde zu legen sei. Nach seinen Angaben vor der Sicherheitsdirektion sei der Beschwerdeführer von den Revolutionswächtern nicht verfolgt worden. Er habe den Iran am 4. September 1990 völlig legal mit seinem Reisepaß verlassen können. Es könne auch nicht davon gesprochen werden, daß dem Beschwerdeführer grundsätzlich das Recht auf Bildung abgesprochen worden sei, zumal er im Jahr 1985 das Gymnasium mit Ablegung der Matura habe beenden können. Auf das in der Berufung erstattete Vorbringen ging die belangte Behörde nicht weiter ein.
Gegen diesen, dem Beschwerdeführer am 18. August 1994 zugestellten, Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß der Verfassungsbestimmung des § 25 Abs. 1 erster Satz Asylgesetz 1991 sind am 1. Juni 1992 in erster Instanz anhängige Verfahren nach der bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes geltenden Rechtslage zu Ende zu führen. Demgegenüber bestimmt Abs. 2 leg. cit., daß am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängige Verfahren nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen sind. Die belangte Behörde hat demnach zutreffend das Asylgesetz 1991 angewendet, was auch in der Beschwerde nicht bestritten wird. Der Umstand, daß sich die belangte Behörde mit der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinandergesetzt hat, bedeutete für den Beschwerdeführer auch keinen Nachteil, weil insoweit ein inhaltlicher Unterschied zum Flüchtlingsbegriff des von der Erstbehörde angewendeten Asylgesetzes (1968) nicht besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0831). Wenn in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1994 (Aufhebung des Wortes "offenkundig" in § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991) verwiesen und vorgebracht wird, daß der Bescheid der belangten Behörde auf der Grundlage einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung erlassen worden sei, so wird übersehen, daß die Kundmachung dieses Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes am 5. August 1994 erfolgte, wogegen der angefochtene Bescheid am 18. August 1994 zugestellt, somit bereits im zeitlichen Geltungsbereich der dadurch bereinigten Rechtslage erlassen worden ist. Selbst wenn man vom Datum des angefochtenen Bescheides ausginge (12. August 1994), so bestünde kein Zweifel, daß die belangte Behörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 in der seither geltenden Fassung anzuwenden gehabt hatte.
Auch der geltend gemachte Begründungsmangel liegt nicht vor. Der Auffassung der Beschwerde, es sei nicht erkennbar, welchen Sachverhalt die Behörde als tatsächlich vorliegend annahm, ist entgegenzuhalten, daß die Darlegungen der Bescheidbegründung, das vollständig wiedergegebene
- erstinstanzliche - Vorbringen des Beschwerdeführers ergebe keine Hinweise für das Vorliegen einer asylrechtlich relevanten Verfolgung aus Konventionsgründen, zweifelsfrei erkennen lassen, daß die belangte Behörde ihrer Beurteilung jenen Sachverhalt zugrunde legte, den der Beschwerdeführer in erster Instanz behauptet hatte. Die belangte Behörde hat sich mit diesen erstinstanzlichen Angaben auch inhaltlich auseinandergesetzt, sodaß der Vorwurf der Beschwerde, der angefochtene Bescheid lasse keine auf dem Ermittlungsverfahren erster Instanz beruhende Feststellungen erkennen, mit dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten nicht in Einklang steht. Die gemäß § 66 Abs. 4 AVG erlassene Berufungsentscheidung hat die rechtliche Wirkung, daß der erstinstanzliche Bescheid in dieser aufgegangen und diese ausschließlich Träger des Bescheidinhaltes ist. Das Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde aber ausdrücklich unter Hinweis auf § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 negiert.
Daß den Angaben des Beschwerdeführers vor der Behörde erster Instanz ein Sachverhalt nicht entnommen werden kann, der den Schluß zuließe, daß er sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befände und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt wäre, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen (vgl. § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991), wurde von der belangten Behörde richtig erkannt. Bei der Befragung hatte er das Verlassen seines Heimatlandes ausschließlich mit der Unzufriedenheit über die allgemeinen gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse im Iran begründet, die es ihm auch nicht ermöglicht hätten, eine angestrebte universitäre Ausbildung weiterzuverfolgen. Er habe deshalb für seine persönliche Entwicklung keine Zukunft gesehen; dies kann jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 20. Mai 1992, Zl. 91/01/0202, und vom 16. September 1992, Zl. 92/01/0181) die Flüchtlingseigenschaft nicht begründen.
Nach § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991 haben zwar die Asylbehörden in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen durch Fragestellung oder in andere geeigneter Weise darauf hinzuwirken, daß die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder ungenügende Angaben über die zur Begründung des Asylantrages geltenden Umstände vervollständigt werden, die Bescheinigungsmittel für diese Angaben bezeichnet oder deren gebotene Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Asylantrages notwendig erscheinen. Jedoch sind die Behörden nicht verhalten, den Asylwerber zu einem asylrechtlich Erfolg versprechenden Vorbringen anzuleiten. Die Behörden haben im Rahmen ihrer Ermittlungspflicht vielmehr allenfalls vorhandene Zweifel über den Inhalt und die Bedeutung des Vorbringens des Asylwerbers durch entsprechende Erhebungen, insbesondere ergänzende Befragung, zu beseitigen, wenn das Vorbringen eines Asylwerbers einen hinreichend deutlichen Hinweis auf einen Sachverhalt enthält, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Konvention in Betracht kommt (vgl. hg. Erkenntnisse vom 20. Mai 1992, Zl. 91/01/0216, und vom 16. September 1992, Zl. 92/01/0187). Hinweise im dargelegten Sinn fehlten den Angaben des Asylwerbers aber in erster Instanz, sodaß die belangte Behörde keinen Anlaß zu weiteren Ermittlungen hatte, weshalb sie nach § 20 Abs. 1 leg. cit. vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz ausgehen durfte.
Anders wäre allerdings der Fall gelegen, wenn die belangte Behörde das vom Beschwerdeführer erstattete Berufungsvorbringen beachten hätte müssen. Diesfalls könnte nämlich nicht mehr gesagt werden, daß dem Vorbringen des Beschwerdeführers konkrete Hinweise im oben aufgezeigten Sinn fehlten. Davon ausgehend wäre vielmehr entsprechend der aus § 37 AVG iVm § 39 Abs. 2 leg. cit. hervorgehenden Verpflichtung der Verwaltungsbehörden, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln, eine ergänzende Befragung und Aufklärung dahingehend erforderlich gewesen, ob und inwieweit die vom Beschwerdeführer als unmittelbaren Anlaß für die Flucht geschilderte kriminelle Tat sowie die zuvor von ihm im Militärgefängnis und auf der Polizeistation erlittenen Mißhandlungen in einem sachlichen Zusammenhang mit seiner politischen Gesinnung und in einem ausreichenden zeitlichen Konnex zur Ausreise zu sehen sind, um beurteilen zu können, ob diese Umstände zur Glaubhaftmachung eines Fluchtgrundes im Sinne der Konvention geeignet erscheinen. Diesfalls müßte auch eingehend erörtert werden, ob beim Beschwerdeführer nicht
Artikel 1 F lit. b der Genfer Flüchtlingskonvention erfüllt wäre, wonach diese nicht zur Anwendung käme, wenn der Asylwerber bevor er als Flüchtling in das Gastland zugelassen wurde, ein schweres, nicht politisches Verbrechen begangen hat.
Dazu ist zunächst festzuhalten, daß der Beschwerdeführer die Berufung noch unter Geltung des Asylgesetzes (1968) erhoben hat und vorerst nicht gehindert war, auch nicht offenkundige Verfahrensmängel geltend zu machen. Mit Inkrafttreten des Asylgesetzes 1991 war es ihm aber im Sinne der Erwägungen im hg. Erkenntnis vom 25. August 1994, Zl. 94/19/0435, nicht mehr zusinnbar nicht offenkundige Mängel in einer an sich zulässigen Berufungsergänzung nachzutragen.
Nach Auffassung der Beschwerde wäre das Vorbringen des Beschwerdeführers in der im Verwaltungsverfahren erhobenen Berufung von der belangten Behörde deshalb zu beachten gewesen, weil dem erstinstanzlichen Verfahren ein (nicht offenkundiger) Mangel dadurch angehaftet habe, daß seine Angaben vor der Behörde von dem zugezogenen Dolmetscher nur unvollständig und teilweise unrichtig übersetzt worden seien. Da nach Ausweis der Verwaltungsakte der Vernehmung des Beschwerdeführers ein Dolmetscher zugezogen worden war, dessen fachliche Eignung in der Berufungsschrift auch nicht bestritten worden war, lag für die belangte Behörde ein nicht offenkundiger Mangel selbst dann vor, wenn bereits in der Berufungsschrift aufgezeigt wurde, daß es sich beim Berufungsvorbringen nur um eine Wiederholung der schon in erster Instanz gemachten Angaben handle. Aufgrund der im Bescheid erster Instanz praktisch nicht vorhandenen Sachverhaltsfeststellungen konnte aber auch der Beschwerdeführer anläßlich der Erhebung seiner Berufung nicht ohne weiteres erkennen, ob und inwieweit seine Angaben tatsächlich richtig und vollständig übersetzt worden waren.
Angesichts des Zeitpunktes der Erlassung des gegenständlichen Bescheides am 18. August 1994 und der Kundmachung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1994, G 92, 93/94-10 (Aufhebung des Wortes "offenkundig" in § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991) am 5. August 1994 stand es dem Beschwerdeführer grundsätzlich offen, in der Beschwerde neues Vorbringen zur Darlegung eines nicht offenkundigen Mangels des erstinstanzlichen Verfahrens zu erstatten. Dem Beschwerdeführer stand dafür nämlich nur eine Frist von 13 Tagen zur Verfügung. Dies muß aber für allenfalls erforderliche Erhebungen und Rücksprachen des Rechtsvertreters mit dem Beschwerdeführer als zu kurz angesehen werden, sodaß diesem eine Verletzung seiner Mitwirkungspflicht durch eine nicht vorgenommene Ergänzung der Berufungsschrift im Verwaltungsverfahren nicht vorgeworfen werden kann. Ist aber davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht in der dem Gesetz entsprechenden Weise zu Wort gekommen ist (insoweit treffen auch die Erwägungen im hg. Erkenntnis vom 16. November 1994, Zl. 94/19/0610 zu), so steht der erstmaligen Geltendmachung eines erstinstanzlichen, nicht offenkundigen Verfahrensmangels nicht das ansonsten gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot entgegen. Wenn also in der Beschwerde vorgebracht wird, daß in erster Instanz das von ihm erstattete Vorbringen nicht vollständig und unrichtig übersetzt und protokolliert worden sei, und zugleich zutreffend aufgezeigt wird, daß bei Zutreffen dieser Behauptung das Berufungsvorbringen zumindest Anlaß für weitere Ermittlungen durch die Behörde, somit zu einer Ergänzung des Ermittlungsverfahrens führen hätte müssen, wird also ein durchaus relevanter und auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufzugreifender Mangel dargetan.
Diesem Umstand steht nicht entgegen, daß der Beschwerdeführer die Niederschrift eigenhändig unterfertigt und damit durch seine Unterschrift bestätigt hat, ihm sei der genannte Inhalt seiner Aussage vorgelesen und daher auch vollständig festgehalten worden. Durch die nunmehrige Bestreitung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Übersetzung wird einerseits die Richtigkeit dieser durch § 15 AVG aufgestellten Rechtsvermutung bestritten und mit dem Hinweis, daß die belangte Behörde den Beschwerdeführer einvernehmen hätte können, auch der an sich zulässige Gegenbeweis angetreten. Überdies ist für die im Verwaltungsgerichtshofverfahren zu beurteilende Relevanz eines aufgezeigten Verfahrensmangels lediglich maßgebend, ob bei Zutreffen des nicht dem Neuerungsverbot unterliegenden Vorbringens die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können; dies kann nicht ausgeschlossen werden. Für die Beurteilung, ob es zutreffend ist, daß die Aussage des Beschwerdeführers unrichtig und unvollständig übersetzt worden ist, vermag die Vermutung des § 15 AVG durchaus eine Rolle zu spielen. Die diesbezügliche Überprüfung der Richtigkeit der aufgestellten Behauptung hat jedoch im Verwaltungsverfahren nach Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu erfolgen.
Da sich somit die belangte Behörde mit dem im Verwaltungsverfahren erstatteten Berufungsvorbringen nicht auseinandergesetzt hat, ist der angefochtene Bescheid infolge Nichteinhaltung der Bestimmung des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 in der geltenden Fassung mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, sodaß nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid gekommen wäre. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 und 6 VwGG abgesehen werden.
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Gegenseitige Beziehung: VwGH - VfGH Sachverhalt VerfahrensmängelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994200877.X00Im RIS seit
20.11.2000