Entscheidungsdatum
21.03.2024Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z15Spruch
W606 2278634-1/8E
W606 2278636-1/8E
W606 2278637-1/8E
W606 2278639-1/8E
W606 2278640-1/8E
W606 2278641-1/8E
Schriftliche Ausfertigung des am XXXX mündlich verkündeten ErkenntnissesSchriftliche Ausfertigung des am römisch XXXX mündlich verkündeten Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Thomas ZINIEL, LL.M., BSc über die Beschwerde 1. des XXXX , geb. XXXX , 2. der XXXX , geb. XXXX , 3. der mj. XXXX , geb. XXXX , 4. der mj. XXXX , geb. XXXX , 5. des mj. XXXX , geb. XXXX , und 6. des mj. XXXX , geb. XXXX , alle Staatsangehörigkeit Syrien, die Minderjährigen vertreten durch XXXX , diese vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH – BBU, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen Spruchpunkt I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zlen. 1. XXXX , 2. XXXX , 3. XXXX , 4. XXXX , 5. XXXX und 6. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Thomas ZINIEL, LL.M., BSc über die Beschwerde 1. des römisch XXXX , geb. römisch XXXX , 2. der römisch XXXX , geb. römisch XXXX , 3. der mj. römisch XXXX , geb. römisch XXXX , 4. der mj. römisch XXXX , geb. römisch XXXX , 5. des mj. römisch XXXX , geb. römisch XXXX , und 6. des mj. römisch XXXX , geb. römisch XXXX , alle Staatsangehörigkeit Syrien, die Minderjährigen vertreten durch römisch XXXX , diese vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH – BBU, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen Spruchpunkt römisch eins. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom römisch XXXX , Zlen. 1. römisch XXXX , 2. römisch XXXX , 3. römisch XXXX , 4. römisch XXXX , 5. römisch XXXX und 6. römisch XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am römisch XXXX zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und den Beschwerdeführern gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Der Beschwerde wird stattgegeben und den Beschwerdeführern gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass den Beschwerdeführern damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass den Beschwerdeführern damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang: römisch eins. Verfahrensgang:
1. XXXX , geboren am XXXX , (im Folgenden: BF1) XXXX , geboren am XXXX , (im Folgenden: BF2) die minderjährige XXXX , geboren am XXXX , (im Folgenden: BF3) die minderjährige XXXX , geboren am XXXX , (im Folgenden: BF4), der minderjährige XXXX , geboren am XXXX , (im Folgenden: BF5) und der minderjährige XXXX , geboren am XXXX (im Folgenden: BF6; alle: BF) sind syrische Staatsangehörige, Araber und sunnitische Moslems; sie sprechen Arabisch als Muttersprache. Sie stellten am XXXX (BF1 bis BF5) bzw. am XXXX (BF6) Anträge auf internationalen Schutz, die mit den angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) jeweils hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wurden. Ihnen wurde jeweils der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.1. römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , (im Folgenden: BF1) römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , (im Folgenden: BF2) die minderjährige römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , (im Folgenden: BF3) die minderjährige römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , (im Folgenden: BF4), der minderjährige römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , (im Folgenden: BF5) und der minderjährige römisch XXXX , geboren am römisch XXXX (im Folgenden: BF6; alle: BF) sind syrische Staatsangehörige, Araber und sunnitische Moslems; sie sprechen Arabisch als Muttersprache. Sie stellten am römisch XXXX (BF1 bis BF5) bzw. am römisch XXXX (BF6) Anträge auf internationalen Schutz, die mit den angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) jeweils hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wurden. Ihnen wurde jeweils der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.
2. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX gaben der BF1 und die BF2 jeweils an, Syrien im August 2022 illegal verlassen zu haben. Der BF1 gab an, zum syrischen Militär einberufen worden zu sein. Er wolle sich nicht am Krieg beteiligen. Bei einer Rückkehr nach Syrien fürchte er den Krieg. Die BF2 brachte vor, dass ihr Ehemann – der BF1 – zum syrischen Militär einberufen worden sei. Da er dies verweigere, werde er verfolgt. Bei einer Rückkehr nach Syrien habe sie Angst um sich und ihre Familie. Ihre Kinder hätten keine eigenen Fluchtgründe.2. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am römisch XXXX gaben der BF1 und die BF2 jeweils an, Syrien im August 2022 illegal verlassen zu haben. Der BF1 gab an, zum syrischen Militär einberufen worden zu sein. Er wolle sich nicht am Krieg beteiligen. Bei einer Rückkehr nach Syrien fürchte er den Krieg. Die BF2 brachte vor, dass ihr Ehemann – der BF1 – zum syrischen Militär einberufen worden sei. Da er dies verweigere, werde er verfolgt. Bei einer Rückkehr nach Syrien habe sie Angst um sich und ihre Familie. Ihre Kinder hätten keine eigenen Fluchtgründe.
3. Im Zuge ihrer niederschriftlichen Einvernahmen durch das BFA jeweils am XXXX legten der BF1 und die BF2 verschiedene Dokumente, darunter ihre – in weiterer Folge überprüften – syrischen Personalausweise, vor.3. Im Zuge ihrer niederschriftlichen Einvernahmen durch das BFA jeweils am römisch XXXX legten der BF1 und die BF2 verschiedene Dokumente, darunter ihre – in weiterer Folge überprüften – syrischen Personalausweise, vor.
Zu seinem Fluchtgrund führte der BF1 zusammengefasst aus, dass der Hauptgrund, warum er Syrien verlassen habe, sei, weil er vom syrischen Militär gesucht werde. Damals habe er seinen Heimatort XXXX verlassen, weil es vom Regime kontrolliert worden sei, und sei ins Kurdengebiet gegangen. Nach kurzer Zeit hätten die Kurden auch begonnen zwangszurekrutieren. Deswegen seien sie in ein FSA-Gebiet gegangen, wo es jedoch keine Sicherheit und keine Arbeit und keine Zukunft gebe. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien würde er festgenommen werden aufgrund des Festnahmeauftrages und er müsse zum Militär. Die BF2 gab an, keine eigenen Fluchtgründe zu haben; auch ihre Kinder hätten keine eigenen Fluchtgründe.Zu seinem Fluchtgrund führte der BF1 zusammengefasst aus, dass der Hauptgrund, warum er Syrien verlassen habe, sei, weil er vom syrischen Militär gesucht werde. Damals habe er seinen Heimatort römisch XXXX verlassen, weil es vom Regime kontrolliert worden sei, und sei ins Kurdengebiet gegangen. Nach kurzer Zeit hätten die Kurden auch begonnen zwangszurekrutieren. Deswegen seien sie in ein FSA-Gebiet gegangen, wo es jedoch keine Sicherheit und keine Arbeit und keine Zukunft gebe. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien würde er festgenommen werden aufgrund des Festnahmeauftrages und er müsse zum Militär. Die BF2 gab an, keine eigenen Fluchtgründe zu haben; auch ihre Kinder hätten keine eigenen Fluchtgründe.
4. Mit den angefochtenen Bescheiden vom XXXX wies das BFA die Anträge der BF auf internationalen Schutz jeweils hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde den BF jeweils der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihnen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).4. Mit den angefochtenen Bescheiden vom römisch XXXX wies das BFA die Anträge der BF auf internationalen Schutz jeweils hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 wurde den BF jeweils der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihnen gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Begründend führte das BFA im Wesentlichen jeweils aus, dass nicht festgestellt habe werden können, dass die BF im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat einer individuellen konkret gegen sie gerichteten Verfolgung oder Bedrohung staatlicherseits oder durch Private ausgesetzt wären.
5. Gegen Spruchpunkt I. der Bescheide erhoben die BF fristgerecht Beschwerde. Begründend wurde darin zusammengefasst ausgeführt, dass der BF1 es ablehne, für jegliche Streitkraft in Syrien zu kämpfen und am Krieg teilzunehmen. Bei einer Weigerung, den Militärdienst zu leisten, müsse der BF1 mit einer Verfolgung aufgrund unterstellter oppositioneller Gesinnung und folglich mit unverhältnismäßig hohen Strafen rechnen.5. Gegen Spruchpunkt römisch eins. der Bescheide erhoben die BF fristgerecht Beschwerde. Begründend wurde darin zusammengefasst ausgeführt, dass der BF1 es ablehne, für jegliche Streitkraft in Syrien zu kämpfen und am Krieg teilzunehmen. Bei einer Weigerung, den Militärdienst zu leisten, müsse der BF1 mit einer Verfolgung aufgrund unterstellter oppositioneller Gesinnung und folglich mit unverhältnismäßig hohen Strafen rechnen.
6. Die Beschwerde und die Verwaltungsakten des BFA langten am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein.6. Die Beschwerde und die Verwaltungsakten des BFA langten am römisch XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein.
7. Am XXXX fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine gemeinsame öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein eines Dolmetschers für die arabische Sprache statt, bei der der BF1 und die BF2 im Beisein ihrer Rechtsvertretung einvernommen wurden. Das BFA blieb der Verhandlung entschuldigt fern. Es wurde ein Erkenntnis mündlich verkündet.7. Am römisch XXXX fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine gemeinsame öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein eines Dolmetschers für die arabische Sprache statt, bei der der BF1 und die BF2 im Beisein ihrer Rechtsvertretung einvernommen wurden. Das BFA blieb der Verhandlung entschuldigt fern. Es wurde ein Erkenntnis mündlich verkündet.
8. Am XXXX beantragte das BFA gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses.8. Am römisch XXXX beantragte das BFA gemäß Paragraph 29, Absatz 4, VwGVG die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zu den BF:
1.1.1. Der BF1 ist syrischer Staatsangehöriger, Araber und sunnitischer Moslem. Seine Identität steht fest. Seine Muttersprache ist Arabisch. Er ist gesund.
Der BF1 ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Gegen ihn ist kein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten anhängig.
1.1.2. Der BF1 ist in XXXX aufgewachsen und hat bis Ende 2017 dort gelebt. Bis 2019 lebte er in XXXX . Von 2019 bis zu seiner Ausreise aus Syrien lebte er in XXXX . Er hat die stärksten familiären, sozialen und emotionalen Bindungen an XXXX . Die Umgebung von XXXX ist seine Heimatregion.1.1.2. Der BF1 ist in römisch XXXX aufgewachsen und hat bis Ende 2017 dort gelebt. Bis 2019 lebte er in römisch XXXX . Von 2019 bis zu seiner Ausreise aus Syrien lebte er in römisch XXXX . Er hat die stärksten familiären, sozialen und emotionalen Bindungen an römisch XXXX . Die Umgebung von römisch XXXX ist seine Heimatregion.
Die Umgebung von XXXX befindet sich derzeit unter Kontrolle der syrischen Regierung.Die Umgebung von römisch XXXX befindet sich derzeit unter Kontrolle der syrischen Regierung.
1.1.3. 2022 reisten die BF1 bis BF5 – illegal – aus Syrien aus. In weiterer Folge reisten sie nach Österreich, wo sie am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz stellten. Sie suchten in keinem anderen Land um Asyl an.1.1.3. 2022 reisten die BF1 bis BF5 – illegal – aus Syrien aus. In weiterer Folge reisten sie nach Österreich, wo sie am römisch XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz stellten. Sie suchten in keinem anderen Land um Asyl an.