TE Bvwg Erkenntnis 2024/6/12 W261 2289827-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.06.2024
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Entscheidungsdatum

12.06.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W261 2289827-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, Außenstelle Linz, vom 25.01.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch XXXX , geb. römisch XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, Außenstelle Linz, vom 25.01.2024, Zl. römisch XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und dem Beschwerdeführer wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.Der Beschwerde wird stattgegeben und dem Beschwerdeführer wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:römisch eins.       Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 01.11.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Am 03.11.2022 fand seine Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Dabei gab der Beschwerdeführer unter anderem an, dass er aus der Stadt XXXX im Gouvernement Deir Ez-Zor stamme, der Volksgruppe der Araber angehöre und sunnitischer Muslim sei. Er habe zwölf Jahre die Grundschule besucht und danach als Landwirt gearbeitet. Neben seiner Mutter würden noch ein Bruder und zwei Schwestern in Syrien leben. Eine Schwester lebe in Saudi-Arabien und ein Bruder lebe in Kuwait. Seine Ehefrau lebe in der Türkei.2. Am 03.11.2022 fand seine Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Dabei gab der Beschwerdeführer unter anderem an, dass er aus der Stadt römisch XXXX im Gouvernement Deir Ez-Zor stamme, der Volksgruppe der Araber angehöre und sunnitischer Muslim sei. Er habe zwölf Jahre die Grundschule besucht und danach als Landwirt gearbeitet. Neben seiner Mutter würden noch ein Bruder und zwei Schwestern in Syrien leben. Eine Schwester lebe in Saudi-Arabien und ein Bruder lebe in Kuwait. Seine Ehefrau lebe in der Türkei.

Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, dass er sein Land verlassen habe, weil er in Syrien von einer unbekannten Gruppierung mit dem Tod bedroht worden sei. Zwei Personen aus seiner Stadt seien getötet worden. Der Beschwerdeführer habe früher an Demonstrationen gegen das syrische Regime teilgenommen. Bei der Rückkehr fürchte er sich vor der Todesbedrohung.

3. Am 13.04.2023 übermittelte der Beschwerdeführer dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden belangte Behörde) im Wege der Caritas Oberösterreich ein Konvolut an syrischen Dokumenten.

4. Mit Schreiben vom 09.06.2023 übermittelte die Volksanwaltschaft ein Schreiben an den Bundesminister für Inneres mit der Bitte, um Übermittlung einer Stellungnahme. In dieser Stellungnahme solle mitgeteilt werden, welche Hindernisse einer Entscheidung im Asylverfahren des Beschwerdeführers entgegenstehen würden und welche Verfahrensschritte bereits unternommen worden seien.

5. Am 30.10.2023 wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er zu seinen persönlichen Verhältnissen im Wesentlichen an, dass er gesund und nicht in medizinischer Behandlung sei. Er gehöre der Volksgruppe der Araber an und sei Muslim. Er sei in der Stadt XXXX geboren, wo er zwölf Jahre die Grundschule besucht und diese mit Matura abgeschlossen habe. Von 2005 bis 2016 habe er in Katar gelebt und gearbeitet. Im Jahr 2017 sei er mit seiner Familie in die Stadt XXXX gezogen, wo er bis zu seiner Ausreise gelebt habe. Er sei traditionell und standesamtlich verheiratet und habe mit seiner Ehefrau keine Kinder. Der Beschwerdeführer habe regelmäßigen Kontakt zu seinen Familienangehörigen. Im Rahmen der Einvernahme legte der Beschwerdeführer ein syrisches Militärbuch vor.5. Am 30.10.2023 wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er zu seinen persönlichen Verhältnissen im Wesentlichen an, dass er gesund und nicht in medizinischer Behandlung sei. Er gehöre der Volksgruppe der Araber an und sei Muslim. Er sei in der Stadt römisch XXXX geboren, wo er zwölf Jahre die Grundschule besucht und diese mit Matura abgeschlossen habe. Von 2005 bis 2016 habe er in Katar gelebt und gearbeitet. Im Jahr 2017 sei er mit seiner Familie in die Stadt römisch XXXX gezogen, wo er bis zu seiner Ausreise gelebt habe. Er sei traditionell und standesamtlich verheiratet und habe mit seiner Ehefrau keine Kinder. Der Beschwerdeführer habe regelmäßigen Kontakt zu seinen Familienangehörigen. Im Rahmen der Einvernahme legte der Beschwerdeführer ein syrisches Militärbuch vor.

Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass er Syrien verlassen habe, weil er vor der syrischen Regierung geflohen sei. Er habe 2011 in Syrien an Demonstrationen teilgenommen. Im Oktober 2011 sei er aufgrund dessen verhaftet und bis Juli 2012 inhaftiert worden. Seine Familie habe ein Grundstück verkauft und einen Beamten bestochen, damit er wieder freikomme. Daraufhin sei er nach Katar geflüchtet, wo er bis 2016 gelebt habe. Im Jahr 2016 sei er zurück nach Syrien gegangen, weil sein Vater krank gewesen sei. Nach drei Monaten habe er zurück nach Katar reisen wollen, sei aber bei einem Checkpoint vom IS festgehalten worden, sein Ausweis verbrannt und der Beschwerdeführer ausgepeitscht worden. Danach sei er in seiner Geburtsstadt geblieben bis die syrische Regierung diese zurückerobert habe. Daraufhin sei er gemeinsam mit seiner Familie 2017 in die Stadt XXXX gezogen, welche von den Kurden kontrolliert werde. Im Jahr 2022 seien Leute mit „verdeckten Gesichtern“ gekommen, sie hätten verlangt, dass er ihnen „Zakat“ zahle. Er und zwei weitere Personen hätten diese Personen bei den Kurden angezeigt, daraufhin seien die zwei anderen Personen getötet worden. Er habe Angst gehabt, dass sie ihn auch töten würden und sei bei einem Freund untergetaucht. Sein Supermarkt sei in Brand gesetzt worden. Die Unbekannten hätten ihm gesagt, dass sie ihn köpfen würden, wenn sie ihn erwischen würden. Im Falle einer Rückkehr würde er im Regierungsgebiet von der syrischen Regierung, aufgrund der Wehrdienstverweigerung, und im Oppositionsgebiet von den Unbekannten getötet werden.Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass er Syrien verlassen habe, weil er vor der syrischen Regierung geflohen sei. Er habe 2011 in Syrien an Demonstrationen teilgenommen. Im Oktober 2011 sei er aufgrund dessen verhaftet und bis Juli 2012 inhaftiert worden. Seine Familie habe ein Grundstück verkauft und einen Beamten bestochen, damit er wieder freikomme. Daraufhin sei er nach Katar geflüchtet, wo er bis 2016 gelebt habe. Im Jahr 2016 sei er zurück nach Syrien gegangen, weil sein Vater krank gewesen sei. Nach drei Monaten habe er zurück nach Katar reisen wollen, sei aber bei einem Checkpoint vom IS festgehalten worden, sein Ausweis verbrannt und der Beschwerdeführer ausgepeitscht worden. Danach sei er in seiner Geburtsstadt geblieben bis die syrische Regierung diese zurückerobert habe. Daraufhin sei er gemeinsam mit seiner Familie 2017 in die Stadt römisch XXXX gezogen, welche von den Kurden kontrolliert werde. Im Jahr 2022 seien Leute mit „verdeckten Gesichtern“ gekommen, sie hätten verlangt, dass er ihnen „Zakat“ zahle. Er und zwei weitere Personen hätten diese Personen bei den Kurden angezeigt, daraufhin seien die zwei anderen Personen getötet worden. Er habe Angst gehabt, dass sie ihn auch töten würden und sei bei einem Freund untergetaucht. Sein Supermarkt sei in Brand gesetzt worden. Die Unbekannten hätten ihm gesagt, dass sie ihn köpfen würden, wenn sie ihn erwischen würden. Im Falle einer Rückkehr würde er im Regierungsgebiet von der syrischen Regierung, aufgrund der Wehrdienstverweigerung, und im Oppositionsgebiet von den Unbekannten getötet werden.

6. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 25.01.2024 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr (Spruchpunkt III.).6. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 25.01.2024 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte ihm gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr (Spruchpunkt römisch III.).

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass dem Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aufgrund seiner Inhaftierung Demonstrationsteilnahmen und der Wehrdienstverweigerung, im durch die syrische Regierung kontrollierten Gebiet eine Verfolgung aufgrund einer unterstellten politischen Gesinnung drohe. Sein letzter gewöhnlicher Aufenthaltsort sei jedoch von kurdischen Kräften kontrolliert worden. Die syrische Regierung habe keine Zugriffsmöglichkeiten, es sei ihm zumutbar, dass er sogenannte „Sicherheitsquadrate“ der syrischen Regierung vermeide. Er laufe auch nicht Gefahr zum Militärdienst der Kurden eingezogen zu werden, da er das Rekrutierungsalter bereits überschritten habe. Er habe auch nicht glaubhaft machen können, dass er durch eine kriminelle Gruppe erpresst und mit dem Tod bedroht worden sei. Eine Verbindung mit dem IS habe nicht festgestellt werden können. Es sei den Länderfeststellungen auch nicht zu entnehmen, dass er als Betreiber eines Supermarkts zur Zielgruppe des IS gehöre. Selbst bei Wahrunterstellung würden die Motive der Erpressung im finanziellen Bereich liegen. Er sei im Herkunftsstaat keiner Verfolgung bzw. Verfolgungsgefährdung durch staatliche Organe oder Privatpersonen ausgesetzt gewesen. Es habe auch aus den sonstigen Umständen keine Verfolgung aus konventionsrelevanten Gründen festgestellt werden können. Es sei ihm nicht gelungen, den vorgebrachten Fluchtgrund glaubhaft und in sich schlüssig darzulegen.

Es würden jedoch Gründe für die Annahme bestehen, dass im Fall einer Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung aufgrund der derzeitigen Lage in Syrien für den Beschwerdeführer eine nicht ausreichende Lebenssicherheit bestehe. Daher sei ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen.

7. Mit E-Mailnachricht vom 01.03.2024 erhob der Beschwerdeführer gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides durch seine bevollmächtigte Vertretung – unter Vorlage einer Vollmacht und einiger Fotos von Narben des Beschwerdeführers – fristgerecht Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass er im Ort XXXX geboren sei. Im Jahr 2011 habe er an Demonstrationen teilgenommen und mit einem Mikrofon seinen Unmut gegen das syrische Regime geäußert. Da diese Demonstrationen überwacht und Fotos und Videos gemacht worden seien, sei er am 01.10.2011 beim Einkaufen von syrischen Sicherheitsbeamten festgenommen und verprügelt worden. Im Gefängnis sei er 16 Tage lang misshandelt und gefoltert worden. Der Beschwerdeführer habe noch immer sichtbare Narben am Bauch und aufgrund seiner damaligen Verletzungen auch Schmerzen. Auch sein Vater sei aufgrund von regimekritischen Äußerungen inhaftiert gewesen. Aufgrund von Schmiergeldzahlungen sei der Beschwerdeführer im Juli 2012 aus der Haft entlassen worden. Im Jahr 2016 sei er nach Syrien zurückgekehrt und habe Probleme mit dem IS bekommen, der zum damaligen Zeitpunkt die Kontrolle innegehabt habe. Als die syrische Regierung im November 2017 seinen Heimatort eingenommen habe, seien er und seine Familie in die Stadt XXXX geflohen. Dieses Gebiet sei von den Kurden kontrolliert worden. Er sei Opfer einer militanten Gruppe geworden und sei im Juli 2022 aus Syrien geflohen. Die belangte Behörde habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt, indem sie mangelhafte Länderfeststellungen getroffen und die beigezogenen Länderberichte nicht ausreichend gewürdigt habe. Auch die Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides sei aus näher dargestellten Gründen mangelhaft. 7. Mit E-Mailnachricht vom 01.03.2024 erhob der Beschwerdeführer gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides durch seine bevollmächtigte Vertretung – unter Vorlage einer Vollmacht und einiger Fotos von Narben des Beschwerdeführers – fristgerecht Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass er im Ort römisch XXXX geboren sei. Im Jahr 2011 habe er an Demonstrationen teilgenommen und mit einem Mikrofon seinen Unmut gegen das syrische Regime geäußert. Da diese Demonstrationen überwacht und Fotos und Videos gemacht worden seien, sei er am 01.10.2011 beim Einkaufen von syrischen Sicherheitsbeamten festgenommen und verprügelt worden. Im Gefängnis sei er 16 Tage lang misshandelt und gefoltert worden. Der Beschwerdeführer habe noch immer sichtbare Narben am Bauch und aufgrund seiner damaligen Verletzungen auch Schmerzen. Auch sein Vater sei aufgrund von regimekritischen Äußerungen inhaftiert gewesen. Aufgrund von Schmiergeldzahlungen sei der Beschwerdeführer im Juli 2012 aus der Haft entlassen worden. Im Jahr 2016 sei er nach Syrien zurückgekehrt und habe Probleme mit dem IS bekommen, der zum damaligen Zeitpunkt die Kontrolle innegehabt habe. Als die syrische Regierung im November 2017 seinen Heimatort eingenommen habe, seien er und seine Familie in die Stadt römisch XXXX geflohen. Dieses Gebiet sei von den Kurden kontrolliert worden. Er sei Opfer einer militanten Gruppe geworden und sei im Juli 2022 aus Syrien geflohen. Die belangte Behörde habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt, indem sie mangelhafte Länderfeststellungen getroffen und die beigezogenen Länderberichte nicht ausreichend gewürdigt habe. Auch die Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides sei aus näher dargestellten Gründen mangelhaft.

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre dem Beschwerdeführer daher internationaler Schutz gemäß § 3 AsylG zu gewähren gewesen.Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre dem Beschwerdeführer daher internationaler Schutz gemäß Paragraph 3, AsylG zu gewähren gewesen.

8. Die belangte Behörde legte das Beschwerdeverfahren mit Schreiben vom 04.04.2024 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, wo dieses am 18.04.2024 einlangte.

9. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 29.04.2024 eine mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsvertretung zu seinen persönlichen Umständen, seinen Fluchtgründen und der Situation im Falle einer Rückkehr befragt wurde. Die belangte Behörde nahm entschuldigt nicht an der Verhandlung teil, die Verhandlungsschrift wurde ihr übermittelt. Der Beschwerdeführer legte einen Befundbericht eines näher genannten Facharztes für Allgemein- und Viszeralchirurgie vom 01.03.2024, sowie eine Terminbestätigung einer Magenspiegelung vor und verwies auf die bereits im bisherigen Verfahren vorgelegten Bescheinigungsmittel. Das Bundesverwaltungsgericht legte die aktuellen Länderinformationen vor und räumte den Parteien des Verfahrens die Möglichkeit ein, hierzu eine Stellungnahme abzugeben.

II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1.    Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und wurde am XXXX in der Stadt XXXX im Gouvernement Deir ez-Zor in Syrien geboren. Er ist syrischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber sowie sunnitischer Muslim. Seine Muttersprache ist Arabisch.Der Beschwerdeführer führt den Namen römisch XXXX und wurde am römisch XXXX in der Stadt römisch XXXX im Gouvernement Deir ez-Zor in Syrien geboren. Er ist syrischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber sowie sunnitischer Muslim. Seine Muttersprache ist Arabisch.

Der Beschwerdeführer ist seit dem XXXX traditionell (in XXXX registriert seit XXXX ) mit XXXX (geb. XXXX ) verheiratet. Der Ehe entstammen keine Kinder. Seine Ehefrau lebt seit 2018 in der Türkei.Der Beschwerdeführer ist seit dem römisch XXXX traditionell (in römisch XXXX registriert seit römisch XXXX ) mit römisch XXXX (geb. römisch XXXX ) verheiratet. Der Ehe entstammen keine Kinder. Seine Ehefrau lebt seit 2018 in der Türkei.

Seine Eltern heißen XXXX (verstorben) und XXXX (ca. XXXX Jahre, Hausfrau). Der Beschwerdeführer hat zwei Brüder, XXXX (geb. XXXX , lebt in Kuwait) und XXXX (geb. XXXX , arbeitet in der familieneigenen Landwirtschaft und betreibt einen Supermarkt), sowie drei Schwestern (Namen und Alter von zwei Schwestern unbekannt, eine Schwester heißt XXXX , ist am XXXX geboren und lebt in XXXX ). Seine Mutter wohnt in XXXX , im Gouvernement Deir ez-Zor, in Syrien.Seine Eltern heißen römisch XXXX (verstorben) und römisch XXXX (ca. römisch XXXX Jahre, Hausfrau). Der Beschwerdeführer hat zwei Brüder, römisch XXXX (geb. römisch XXXX , lebt in Kuwait) und römisch XXXX (geb. römisch XXXX , arbeitet in der familieneigenen Landwirtschaft und betreibt einen Supermarkt), sowie drei Schwestern (Namen und Alter von zwei Schwestern unbekannt, eine Schwester heißt römisch XXXX , ist am römisch XXXX geboren und lebt in römisch XXXX ). Seine Mutter wohnt in römisch XXXX , im Gouvernement Deir ez-Zor, in Syrien.

Der Beschwerdeführer hat regelmäßigen Kontakt mit seiner Familie.

Der Beschwerdeführer lebte von seiner Geburt bis 2005 in seinem Geburtsort und besuchte dort zwölf Jahre lang die Grundschule und schloss diese mit Matura ab. Danach lebte er von 2005 bis 2016 in Katar und arbeitete dort als Gärtner für den öffentlichen Dienst. Zwischendurch lebte der Beschwerdeführer mehrmals für einige Monate in seinem Geburtsort. Im Juli 2016 reiste er aufgrund der Erkrankung seines Vaters zurück in seinen Geburtsort und lebte dort bis 2017. Vom 02.11.2017 bis 2022 lebte der Beschwerdeführer zuerst mit seiner gesamten Familie und danach lediglich mit seiner Ehefrau in der Stadt XXXX wo einen Supermarkt betrieb. Seine Ehefrau zog 2018 in die Türkei. Der Beschwerdeführer wohnte bis zu seiner Ausreise aus Syrien 2022 alleine in der Stadt XXXX .Der Beschwerdeführer lebte von seiner Geburt bis 2005 in seinem Geburtsort und besuchte dort zwölf Jahre lang die Grundschule und schloss diese mit Matura ab. Danach lebte er von 2005 bis 2016 in Katar und arbeitete dort als Gärtner für den öffentlichen Dienst. Zwischendurch lebte der Beschwerdeführer mehrmals für einige Monate in seinem Geburtsort. Im Juli 2016 reiste er aufgrund der Erkrankung seines Vaters zurück in seinen Geburtsort und lebte dort bis 2017. Vom 02.11.2017 bis 2022 lebte der Beschwerdeführer zuerst mit seiner gesamten Familie und danach lediglich mit seiner Ehefrau in der Stadt römisch XXXX wo einen Supermarkt betrieb. Seine Ehefrau zog 2018 in die Türkei. Der Beschwerdeführer wohnte bis zu seiner Ausreise aus Syrien 2022 alleine in der Stadt römisch XXXX .

Der Beschwerdeführer erhielt mehrere jeweils auf ein Jahr befristete Wehrdienstaufschübe aufgrund seines Studiums und seiner Auslandsaufenthalte (von 2001 bis 2003 und von 2006 bis 2010). Er leistete seinen Wehrdienst bislang nicht ab.

Das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers, die Stadt XXXX im Gouvernement Deir ez-Zor, befindet sich unter Kontrolle der syrischen Regierung.Das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers, die Stadt römisch XXXX im Gouvernement Deir ez-Zor, befindet sich unter Kontrolle der syrischen Regierung.

Der Beschwerdeführer verließ Syrien am 01.08.2022 zu Fuß in Richtung Türkei. Er hielt sich unter anderem in Bulgarien, Serbien und Ungarn auf und reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in Österreich ein und stellte am 01.11.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer hat multiple Brandmahle im Bereich des Abdomens und ist aufgrund dessen in medizinischer Behandlung. Der Beschwerdeführer will nach seiner Therapie wieder arbeiten gehen. Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer steht dem syrischen Regime ablehnend gegenüber, er war in Syrien politisch aktiv und nahm im Jahr 2011 an mehreren Demonstrationen gegen das syrische Regime teil. Im Zuge dessen wurde er im Oktober 2011 von der syrischen Regierung festgenommen und inhaftiert. Erst als seine Familie Bestechungsgelder zahlte, wurde der Beschwerdeführer im Juli 2012 enthaftet. Der Beschwerdeführer erschien nicht wie von den syrischen Behörden angewiesen vor dem XXXX ( XXXX auf Arabisch) Sicherheitsbüro und reiste stattdessen nach Katar aus. Der Beschwerdeführer kehrte 2016 aufgrund der Erkrankung seines Vaters in seinen Herkunftsort zurück. Als die syrische Regierung im Jahr 2017 die Kontrolle über dieses Gebiet übernahm, zog der Beschwerdeführer mit seiner Familie in einen nahegelegenen Ort namens XXXX , welcher unter der Kontrolle der kurdisch dominierten PYD/SDF steht.Der Beschwerdeführer steht dem syrischen Regime ablehnend gegenüber, er war in Syrien politisch aktiv und nahm im Jahr 2011 an mehreren Demonstrationen gegen das syrische Regime teil. Im Zuge dessen wurde er im Oktober 2011 von der syrischen Regierung festgenommen und inhaftiert. Erst als seine Familie Bestechungsgelder zahlte, wurde der Beschwerdeführer im Juli 2012 enthaftet. Der Beschwerdeführer erschien nicht wie von den syrischen Behörden angewiesen vor dem römisch XXXX ( römisch XXXX auf Arabisch) Sicherheitsbüro und reiste stattdessen nach Katar aus. Der Beschwerdeführer kehrte 2016 aufgrund der Erkrankung seines Vaters in seinen Herkunftsort zurück. Als die syrische Regierung im Jahr 2017 die Kontrolle über dieses Gebiet übernahm, zog der Beschwerdeführer mit seiner Familie in einen nahegelegenen Ort namens römisch XXXX , welcher unter der Kontrolle der kurdisch dominierten PYD/SDF steht.

Weiters leistete der (gerade noch) XXXX -jährige Beschwerdeführer weder seinen verpflichtenden Wehrdienst noch eine Kompensationszahlung in Höhe von 8.000 USD. Weiters leistete der (gerade noch) römisch XXXX -jährige Beschwerdeführer weder seinen verpflichtenden Wehrdienst noch eine Kompensationszahlung in Höhe von 8.000 USD.

Dem Beschwerdeführer droht im Falle einer Rückkehr an seinen Herkunftsort – einem ehemals von der Opposition (IS) kontrollierten Gebiet, das aktuell wieder unter der Kontrolle der syrischen Regierung steht – mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, dass er aufgrund seiner Teilnahme an regimekritischen Demonstrationen in Syrien, die als Ausdruck einer oppositionellen Gesinnung gesehen werden, seiner monatelangen Inhaftierung, seiner Flucht vor dem Gerichtsverfahren, als auch aufgrund seines nicht abgeleisteten Wehrdienstes, Repressionen, insbesondere einer erneuten Festnahme bzw. Inhaftierung sowie einer langen Gefängnisstrafe und der damit verbundenen psychischen und physischen Folter, allenfalls sogar der Todesstrafe, seitens des syrischen Regimes ausgesetzt ist.

Bei einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet in Syrien droht ihm daher aus diesen Gründen individuell und konkret Lebensgefahr beziehungsweise ein Eingriff in seine körperliche Integrität.

1.3.    Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren auf nachstehenden Quellen:

-        Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien, Version 11, veröffentlicht am 27.03.2024 (LIB);

-        UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 6. aktualisierte Version, März 2021 (UNHCR);

-        EUAA, Country of Origin Information Report „Syria: Targeting of Individuals”, September 2022 (EUAA 1);-        EUAA, Country of Origin Information Report „Syria: Targeting of Individuals”, September 2022 (EUAA 1);

-        EUAA, Country Guidance Syria, April 2024 (EUAA 2);

-        EUAA, Bericht über die Sicherheitslage in Syrien, Oktober 2023 (EUAA 3);

-        BFA, Themenbericht der Staatendokumentation Syrien-Grenzübergänge, Version 1, 25.10.2023 (BFA);

-        ACCORD, Wehrdienst Syrien, veröffentlicht am 20.03.2024 (ACCORD).

1.3.1. Politische Lage – Letzte Änderung: 08.03.2024

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba’ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt. Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (LIB).

Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen. In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus. In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen. Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (LIB).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert. Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht. Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen. Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (LIB).

Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen. Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten. Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war. Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon, Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft. Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren. Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (LIB).

1.3.2. Sicherheitslage – Letzte Änderung: 08.03.2024

Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt. Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (LIB).

Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse

Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen. Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand. Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden. Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (LIB).

Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 60 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (LIB).

Die militärischen Akteure und Syriens militärische Kapazitäten

Die Kämpfe und Gewalt nahmen 2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu. Der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (VN) für Syrien Geir O. Pedersen wies am 29.11.2022 vor dem Sicherheitsrat insbesondere auf eine langsame Zunahme der Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens auf der einen Seite und der Türkei und bewaffneten Oppositionsgruppen auf der anderen Seite im Norden Syriens hin. Er betonte weiter, dass mehr Gewalt noch mehr Leid für die syrische Zivilbevölkerung bedeutet und die Stabilität in der Region gefährden würde - wobei gelistete terroristische Gruppen die neue Instabilität ausnutzen würden. Im Hinblick auf das Niveau der militärischen Gewalt ist eine Verstetigung festzustellen. Auch das Erdbeben am 6.2.2023 hat zu keiner nachhaltigen Verringerung der Kampfhandlungen geführt. In praktisch allen Landesteilen kam es im Berichtszeitraum zu militärischen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Art und Ausprägung. Dabei bestanden auch teils erhebliche Unterschiede zwischen Regionen mit einer hohen Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen und vergleichsweise ruhigeren Landesteilen. Für keinen Landesteil Syriens kann insofern von einer nachhaltigen Beruhigung der militärischen Lage ausgegangen werden (LIB).

Die Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic (CoI) der VN stellte im Februar 2022 fest, dass fünf internationale Streitkräfte - darunter Iran, Israel, Russland, die Türkei und die Vereinigten Staaten von Amerika, sowie nicht-staatliche bewaffnete Gruppen und von den VN benannte terroristische Gruppen weiterhin in Syrien aktiv sind. Im Mai 2023 begannen zusätzlich dazu die jordanischen Streitkräfte Luftangriffe gegen die Drogenschmuggler zu fliegen. Die USA sind mit mindestens 900 Militärpersonen in Syrien, um Anti-Terror-Operationen durchzuführen. Seit Ausbruch des Krieges zwischen der Hamas und Israel begannen die USA mehrere Luftangriffe gegen iranische Milizen in Syrien und dem Irak zu fliegen. Anfang Februar 2024 eskalierten die Spannungen zwischen dem Iran und den USA, nachdem iranische Milizen in Jordanien eine militärische Stellung der USA mit einer Drohne angriffen und dabei mehrere US-amerikanische Soldaten töteten und verletzten. Die USA reagierten mit erhöhten und verstärkten Luftangriffen auf Stellungen der iranischen Milizen in Syrien und dem Irak. In Syrien trafen sie Ziele in den Räumen Deir ez-Zor, Al-Bukamal sowie Al-Mayadeen. Die syrische Armee gab an, dass bei den Luftangriffen auch Zivilisten sowie reguläre Soldaten getötet wurden (LIB).

Seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 intensivierte Israel die Luftangriffe gegen iranische und syrische Militärstellungen. Infolge der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023, wurde israelisch kontrolliertes Gebiet auch von Syrien aus mindestens dreimal mit Raketen beschossen. Israel habe daraufhin Artilleriefeuer auf die Abschussstellungen gerichtet. Beobachter machten iranisch kontrollierte Milizen für den Raketenbeschuss verantwortlich. Israel soll im selben Zeitraum, am 12.10.2023 und 14.10.2023 jeweils zweimal den Flughafen Aleppo sowie am 12.10.2023 den Flughafen Damaskus mit Luftschlägen angegriffen haben; aufgrund von Schäden an den Start und Landebahnen mussten beide Flughäfen daraufhin den Betrieb einstellen (LIB).

Die militärische Intervention Russlands und die damit einhergehende Luftunterstützung für Assads Streitkräfte sowie die erheblich ausgeweitete indirekte Bodenintervention Irans in Form eines Einsatzes ausländischer Milizen konnten 2015 den Zusammenbruch des syrischen Regimes abwenden. Die syrische Regierung hat derzeit die Kontrolle über ca. zwei Drittel des Landes, inklusive größerer Städte, wie Aleppo und Homs. Unter ihrer Kontrolle sind derzeit die Provinzen Suweida, Daraa, Quneitra, Homs sowie ein Großteil der Provinzen Hama, Tartus, Lattakia und Damaskus. Auch in den Provinzen Aleppo, Raqqa und Deir ez-Zor übt die syrische Regierung über weite Teile die Kontrolle aus. Aktuell sind die syrischen Streitkräfte mit Ausnahme von wenigen Eliteeinheiten technisch sowie personell schlecht ausgerüstet und können gerade abseits der großen Konfliktschauplätze nur begrenzt militärische Kontrolle ausüben. Die Opposition konnte eingeschränkt die Kontrolle über Idlib und entlang der irakisch-syrischen Grenze behalten. Das Erdbeben 2023 in der Türkei und Nordsyrien machte die tatsächliche Regierung fast unmöglich, weil die Opposition Schwierigkeiten hatte, die Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfüllen (LIB).

Das Regime, Pro-Regime-Milizen wie die Nationalen Verteidigungskräfte (National Defense Forces - NDF), bewaffnete Oppositionsgruppen, die von der Türkei unterstützt werden, die Syrian Democratic Forces (SDF), extremistische Gruppen wie Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) und IS (Islamischer Staat), ausländische Terrorgruppen wie Hizbollah sowie Russland, Türkei und Iran sind in den bewaffneten Konflikt involviert. Es kann laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amts im gesamten Land jederzeit zu militärischer Gewalt kommen. Gefahr kann dabei einerseits von Kräften des Regimes gemeinsam mit seinen Verbündeten Russland und Iran ausgehen, welches unverändert das gesamte Staatsgebiet militärisch zurückerobern will und als Feinde betrachtete „terroristische“ Kräfte bekämpft. Das Regime ist trotz begrenzter Kapazitäten grundsätzlich zu Luftangriffen im gesamten Land fähig, mit Ausnahme von Gebieten unter türkischer oder kurdischer Kontrolle sowie in der von den USA kontrollierten Zone rund um das Vertriebenenlager Rukban an der syrisch-jordanischen Grenze. Nichtsdestotrotz basiert seine militärische Durchsetzungsfähigkeit fast ausschließlich auf der massiven militärischen Unterstützung durch die russische Luftwaffe und Einheiten Irans, bzw. durch seitens Iran unterstützte Milizen, einschließlich Hizbollah. Wenngleich offene Quellen seit August 2022 den Abzug militärischer Infrastruktur (insb. Luftabwehrsystem S-300) vermelden, lassen sich Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die russische Einsatzfähigkeit in Syrien bislang nicht substantiieren. Die Menschenrechtsorganisation Syrians for Truth and Justice (STJ) behauptet, dass Russland syrische Söldner u.a. aus den Streitkräften für den Kampfeinsatz in der Ukraine abwirbt. Unter Bezug auf syrische Militärangehörige sowie Familien der Söldner spricht STJ von 300 syrischen Kämpfern, die im Zeitraum Juni bis September 2022 nach Russland oder Ukraine verlegt worden seien. Mehrere von ihnen seien laut einer unbestätigten Mitteilung der rekrutierenden al-Sayyad Company for Guarding and Protection Services, welche der russischen Wagner-Gruppe zugeschrieben wird, gefallen. Russland hatte noch z.B. im Oktober 2022 seine Luftangriffe in der Provinz Idlib verstärkt (LIB).

Das syrische Regime, und damit die militärische Führung, unterscheiden nicht zwischen Zivilbevölkerung und „rein militärischen Zielen“. Human Rights Watch kategorisiert einige Angriffe des syrisch-russischen Bündnisses als Kriegsverbrechen, die auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinauslaufen könnten. In Idlib mit seinen über drei Millionen Zivilbevölkerung kommt es trotz eines wackeligen Waffenstillstandes demnach weiterhin zu verbotenen Angriffen durch das Bündnis. Auch die von den USA angeführte Koalition gegen den Islamischen Staat (IS) verletzte internationales Recht durch unterschiedslose Luftschläge in Nordostsyrien, welche zivile Todesopfer und Zerstörung verursachten (LIB).

Seit Beginn 2023 wurden mit Stand 1.5.2023 auch 258 ZivilistInnen durch andere Akteure (als dem Regime) getötet, somit 75 Prozent aller zivilen Toten in diesem Jahr. Viele von ihnen wurden beim Trüffelsuchen getötet, und dazu kommen auch Todesfälle durch Landminen. Außerdem bietet die Unsicherheit in vielen Gebieten ein passendes Umfeld für Schießereien durch nicht identifzierte Akteure (LIB).

1.3.2.1. Gouvernement Deir ez-Zor / Syrisch-Irakisches Grenzgebiet – Letzte Änderung: 08.03.2024

Dem sogenannten Islamischen Staat (IS) war es nach Kämpfen mit der Nusra-Front und gegnerischen arabischen Stämmen im Juli 2014 gelungen, die Provinz Deir ez-Zor fast vollständig einzunehmen. 2017 führte die syrische Armee mit Unterstützung Russlands und Irans größere Militäroperationen durch, die zur Rückeroberung der Stadt Deir ez-Zor führten. Bis Ende 2017 verlor der IS den größten Teil seines Territoriums auf der Westseite des Euphrat. Auf der östlichen Seite des Flusses waren die Syrian Democratic Forces (SDF) bis Anfang 2019 in heftige Kämpfe mit dem IS verwickelt. Der IS kontrollierte damals noch ein kleines Stück Land nahe der syrisch-irakischen Grenze. Im März 2019 wurde das letzte vom IS gehaltene Gebiet, das Dorf Baghouz, von den SDF eingenommen (LIB).

Das Gouvernement Deir ez-Zor ist grob in zwei Kontrollbereiche unterteilt. Der westliche Teil des Gouvernements - d.h. vor allem die Gebiete westlich des Euphrat - wird von der syrischen Regierung und ihren iranischen und russischen Verbündeten kontrolliert. Dieses Gebiet umfasst die wichtigsten Städte (Deir Ez-Zor, Mayadin und Al-Bukamal) und die logistische Route, die die von der Regierung kontrollierten Gebiete mit der syrisch-irakischen Grenze verbindet. Der östliche Teil des Gouvernements - die meisten Gebiete östlich des Euphrat - wird von den kurdisch dominierten SDF und ihren Verbündeten in der US-geführten Koalition kontrolliert. Da die SDF ihre Einflusssphären in der Region von der östlichen Seite her bis zum Euphrat ausdehnten, ist das al-Omar-Feld nun als die größte US-Militärbasis in Syrien bekannt. Das Feld im Osten von Deir ez-Zor ist das größte Ölfeld in Syrien (LIB).

Der Euphrat markierte bisher die Grenze zwischen dem russischen und dem US-Einflussgebiet im Bürgerkriegsland Syrien. Westlich des Flusses besitzt Russland die Lufthoheit und unterstützt mit seinen Kampfjets die eigenen Truppen in Syrien und die Armee von Machthaber Bashar al-Assad. Östlich des Stroms herrschten bisher die USA und ihre kurdischen Partner. Doch diese Abmachung bröckelt, weil Russland den militärischen Druck auf die USA in Syrien erhöht, um die Amerikaner aus dem Land zu drängen. Washington schickte aus diesem Grund Mitte 2023 zusätzliche Kampfflugzeuge (LIB).

Die Bemühungen der Regierung Syriens in den 2017 vom IS zurückeroberten Gebieten die Kontrolle zu übernehmen, sind begrenzt, was der lokalen regierungsfreundlichen Miliz, den Nationalen Verteidigungskräften (NDF - National Defence Forces), freie Hand ließ und zu Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen führte, darunter Plünderungen und die gewaltsame Aneignung von zivilem Eigentum. Das vom Regime kontrollierte Deir ez-Zor wird von einem komplizierten Geflecht lokaler und anderer Sicherheitskräfte überwacht, von denen viele auch wichtige soziale und wirtschaftliche Funktionen in ihren Städten erfüllen. Stammesmilizen, die mit den NDF verbündet sind, Geheimdienstoffiziere und ihre Milizen, Freiwillige und Wehrpflichtige der Republikanischen Garde sowie der syrischen Armee (Syrische Arabische Armee - SAA) sowie eine Vielzahl ausländischer und syrischer Milizen, die unter anderem mit Iran verbündet sind, bemannen Außenposten und verwalten Städte im gesamten Gouvernement. Die Spannungen zwischen den lokalen Sicherheitskräften und der von Damaskus aus kommandierten SAA haben in den Jahren nach der Befreiung der Provinz vom IS stetig zugenommen (LIB).

Im August 2023 brachen gewaltsame Konflikte zwischen den kurdisch geführten SDF und arabischen Stämmen in Deir ez-Zor aus. Auslöser war die Verhaftung eines arabischen Stammesführers durch die SDF und sind Ausdruck von jahrelangem Unmut gegenüber dem System der SDF. Nicht alle Stämme beteiligten sich an den Kampfhandlungen, einige stellten sich auf die Seite der SDF. Berichte über willkürliche Gewalt der SDF und steigende zivile Opferzahlen führten zur erhöhten Mobilisierung von Stammeskämpfern. Zeitweise war es den Aufständischen gelungen, die Kontrolle über Ortschaften entlang des Euphrats zu erlangen. Mitte September 2023 wurden die Todesopfer mit 96 Toten und 106 Verletzten sowie ca. 6.500 vertriebenen Familien beziffert. Ende September erreichten die gewaltsamen Zusammenstöße erneut einen Höhepunkt durch mehrere Angriffe durch die arabischen Stämme. Den SDF gelang es, alle Räume zurückzuerobern, die von den arabischen Stämmen erobert worden waren. Letztere führten im Oktober weiterhin Angriffe auf Stellungen der SDF aus. Diese Angriffe dauerten auch im November 2023 weiter an. Mit Dezember 2023 flauten die Auseinandersetzungen zunehmend ab, die Stämme führten aber weiterhin kleinere Angriffe durch. Im Jänner 2024 führten die Stammeskämpfer weiterhin Angriffe gegen die SDF durch, es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, Ausgangssperren und Verhaftungswellen. Die Kampfhandlungen in Deir ez-Zor veranlassten auch Stämme, die der von der Türkei unterstützten Syrian National Army (SNA) nahe stehen, in Manbij in der Provinz Aleppo gegen die SDF zu kämpfen und es gelang ihnen mehrere militärische Stellungen unter ihre Kontrolle zu bringen. Durch russische Luftangriffe und Artilleriebeschuss durch die syrische Armee und die SDF zwangen diese Stammeskämpfer allerdings wieder zum Rückzug (LIB).

Das Gebiet von Deir ez-Zor galt im Jahr 2019 als Kerngebiet der IS-Aktivität in Syrien, vor allem die Gebiete im Süden von Bosaira in Richtung Diban. Der IS konnte im Jahr 2020 seinen Aufstand und seine klandestinen Operationen geringer Intensität in Zentralsyrien ausweiten und hat im ganzen Land Hochburgen und Zufluchtsorte errichtet, auch in der ostsyrischen Wüste und im von den SDF kontrollierten Teil von Deir ez-Zor. Die IS-Bewegung hat vor allem in der Wüstenregion Badia entlang der syrischen-irakischen Grenze im Jahr 2022 wieder zugenommen, was Experten zu Folge zu weiteren IS-Angriffen im Nordosten Syriens führen könnte. Der IS bedroht nach wie vor fast alle Parteien in Syrien. Die Spannungen zwischen den verschiedenen Fraktionen im syrischen Konflikt und das fragile Sicherheitsumfeld haben es dem IS ermöglicht, zu wachsen und sich durch die verschiedenen Kontrollgebiete zu bewegen. Die Wüste ist gebirgig und dünn besiedelt, und es hat keine systematische, anhaltende Militär- und Sicherheitskampagne gegeben, um die Kämpfer aufzuspüren und aus diesen unmöglich zu kontrollierenden Gebieten zu vertreiben. Das Tal des mittleren Euphrat und die Wüstengebiete im Gouvernement Deir ez-Zor werden als IS-Unterstützungsgebiet beschrieben, das seine Mitglieder nutzen können, um Sicherheitsoperationen zu umgehen und Waffen, Ausrüstung und Personal über die syrisch-irakische Grenze zu bringen. Für den Zeitraum Juli bis September 2022 sind z. B. eine Reihe von sicherheitsrelevanten Vorfällen mit dem IS im Gouvernement Deir ez-Zor verzeichnet (LIB).

Der IS nutzt die Gebiete in der syrischen Wüste im Gouvernement Deir ez-Zor als sicheren Zufluchtsort und als Basis für Angriffe auf die Streitkräfte der Regierung und die SDF sowie auf iranische Milizen und russische Streitkräfte. Auch wurde von Angriffen auf Arbeiter der Ölfelder in Deir ez-Zor berichtet. Die Sicherheitslage in Deir ez-Zor wird demnach durch Angriffe des IS gegen Regierungstruppen beeinträchtigt, sowie auch durch Angriffe des IS auf die SDF bzw. durch Operationen der SDF gegen den IS, z.T. unter Beteiligung von US-Streitkräften. Im April und Mai 2021 kam es in Deir ez-Zor zu zahlreichen Tötungen, die häufig auf IS-Aktivitäten zurückgeführt wurden. Auch 2023 wurde von Angriffen auf Zivilisten, Trüffelsuchende und Schafhirten in der syrischen Wüste, insbesondere in den Provinzen Deir ez-Zor und Homs berichtet. Die SDF führten mehrere Razzien gegen den IS durch, die sich sowohl auf das nördliche und nordöstliche als auch auf das östliche und nordwestliche Umland von Deir ez-Zor konzentrierten. Der Osten des Gouvernements gilt als das Gebiet, in dem die Autorität der SDF am schwächsten ist. Trotz der laufenden Bemühungen zur Terrorismusbekämpfung hat der IS im Nordosten Syriens an Stärke gewonnen und seine Aktivitäten im Gebiet der SDF intensiviert. Im Jahr 2023 haben die Aktivitäten von Schläferzellen des IS vor allem in der östlichen Wüste zugenommen. Insgesamt nahmen die Aktivitäten des IS im Jahr 2023 im Vergleich zu den Vorjahren aber ab (LIB).

Der IS hat großteils darauf verzichtet, die Verantwortung für seine Angriffe zu übernehmen, und widersprüchliche Berichte erschweren die Verifizierung von IS

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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