TE Bvwg Beschluss 2024/6/18 W200 2291634-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.06.2024
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Entscheidungsdatum

18.06.2024

Norm

B-VG Art133 Abs4
Impfschadengesetz §1b
Impfschadengesetz §3
VwGVG §28 Abs3 Satz2
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. § 1b heute
  2. § 1b gültig ab 01.08.1991 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 278/1991
  1. § 3 heute
  2. § 3 gültig ab 30.12.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 215/2022
  3. § 3 gültig von 25.05.2018 bis 29.12.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 32/2018
  4. § 3 gültig von 01.01.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 71/2013
  5. § 3 gültig von 01.05.2013 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 59/2013
  6. § 3 gültig von 01.07.2005 bis 30.04.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 48/2005
  7. § 3 gültig von 01.01.2003 bis 30.06.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 150/2002
  8. § 3 gültig von 01.01.2002 bis 31.12.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2001
  9. § 3 gültig von 01.01.1994 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 27/1994

Spruch


W200 2291634-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SCHERZ als Vorsitzende und durch den Richter Mag. WERNER sowie die fachkundigen Laienrichterin Fr. SCHRENK als Beisitzer/in über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Kärnten (SMS) vom 09.04.2024, Zl. OB:610-826289-009 beschlossen:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SCHERZ als Vorsitzende und durch den Richter Mag. WERNER sowie die fachkundigen Laienrichterin Fr. SCHRENK als Beisitzer/in über die Beschwerde von römisch XXXX , geb. römisch XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Kärnten (SMS) vom 09.04.2024, Zl. OB:610-826289-009 beschlossen:

A)       In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, zurückverwiesen.A)       In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß Paragraph 28, Absatz 3, 2. Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, zurückverwiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B)       Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin stellte am 28.07.2022 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Leistungen nach dem Impfschadengesetz aufgrund der ihr am 10.08.2021 verabreichten zweiten COVID-19 Impfung, Pfizer/Comirnaty, Chargennr.: LOT: FF3318 und der am 16.02.2022 verabreichten dritten COVID-19 Impfung, Pfizer/Comirnaty, Chargennr.: LOT: FK5475. Die ersten Symptome wären am 10.08.2021 und am 16.02.2022 aufgetreten und würden bis heute andauern.

Die Beschwerdeführerin beschrieb den Krankheitsverlauf dahingehend, dass sie von der zweiten COVID-Impfung ein Lymphödem auf der linken Körperseite, Knochenschmerzen und geschwollene Gelenke, Dauerkopfschmerz und Augenschmerzen hätte. Seit der dritten COVID-Impfung leide sie an noch stärkeren Schmerzen mit den Augen und auch an Kopfschmerzen, insbesondere Lichtempfindlichkeit.

Das SMS holte ein Gutachten einer Fachärztin für Neurologie ein, aus dem die für die gegenständliche Entscheidung relevanten Passagen (Seite 6 und 7) zitiert werden:

„GUTACHTERLICHE STELLUNGNAHME

Zusammenfassend besteht bei der Beschwerdeführerin aus rein nervenfachärztlicher Sicht vordergründig eine somatoforme Schmerzstörung mit Kopfschmerzen inklusive einer rezidivierenden Migraine sowie Gelenksschmerzen. Eine Erschöpfungsdepression, Angststörung und auch Somatisierungsstörung wurde bereits vor der Impfung im Rahmen mehrerer fachärztlicher Konsultationen (siehe zB AB Dr. XXXX , Dr. XXXX ) diagnostiziert. Hinzu kommen die Einschränkungen beim Sehen im Rahmen des Blepharospasmus. Eine Augenproblematik mit dem Sicca-Syndrom ist ebenso in der Patientenkartei von Dr. XXXX vom 08.02.2021 Abl. 46 und Abl. 47 bereits aktenkundig. Auch die berichtete rezidivierende Hemihypästhesie der linken Körperhälfte ist It. Anamnese im Ambulanzbefund des LKH- XXXX vom 15.08.2021 Abl. 17-18 bereits „seit Jahren bekannt".Zusammenfassend besteht bei der Beschwerdeführerin aus rein nervenfachärztlicher Sicht vordergründig eine somatoforme Schmerzstörung mit Kopfschmerzen inklusive einer rezidivierenden Migraine sowie Gelenksschmerzen. Eine Erschöpfungsdepression, Angststörung und auch Somatisierungsstörung wurde bereits vor der Impfung im Rahmen mehrerer fachärztlicher Konsultationen (siehe zB AB Dr. römisch XXXX , Dr. römisch XXXX ) diagnostiziert. Hinzu kommen die Einschränkungen beim Sehen im Rahmen des Blepharospasmus. Eine Augenproblematik mit dem Sicca-Syndrom ist ebenso in der Patientenkartei von Dr. römisch XXXX vom 08.02.2021 Abl. 46 und Abl. 47 bereits aktenkundig. Auch die berichtete rezidivierende Hemihypästhesie der linken Körperhälfte ist römisch eins t. Anamnese im Ambulanzbefund des LKH- römisch XXXX vom 15.08.2021 Abl. 17-18 bereits „seit Jahren bekannt".

Durch die wie bereits erwähnt schon vor der Impfung bestehende Depression mit Somatisierungsneigung sind sämtliche Beschwerden erheblich verstärkt.

Ein Lymphödem wurden dermatologisch nicht bestätigt und war auch bei der persönlichen Untersuchung am 11.10.2023 dzt nicht ersichtlich. Aus dem Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Institut gibt es für einseitige Lymphödeme nach Covid-Impfung kein Signal im Sinne einer unerwünschten Nebenwirkung.

Die geschilderte - dzt sehr ausgeprägte Sehstörung - sollte ggf augenfachärztlich beurteilt werden.“

(…)
„Beantwortung der Fragestellungen

1.       Welchem Krankheitsbild bzw welcher Gesundheitsschädigung entspricht die geltend gemachte Gesundheitsschädigung?

Chronische Schmerzstörung, Sehstörung mit Blepharospasmus, Kopfschmerzen inklusive Migraine, Depression mit Somatisierungsneigung

2.       Ergeben sich daraus maßgebliche Funktionsbeeinträchtigungen?

Ja, es besteht verminderte Belastbarkeit und eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohlbefindens durch die körperlichen und die psychischen Beschwerden.

3.       Sind die Symptome als Impfreaktion oder Impfkomplikationen in der Literatur bekannt?

Nein — nicht bezüglich der Kombination der beschriebenen psychiatrischen und neurologischen Leidenszustände. Es gibt hingegen mehrfache Berichte in der Literatur, die eine Verbesserung von Angst und Depression durch die Impfung belegen (siehe v.a. Ref 3,4)

Die Sehstörung muss ggf augenfachärztlich beurteilt werden, da Komplikationen des Sehens in der Literatur beschrieben wurden (Ref 1).“

Dem Akt ist in weiterer Folge eine Stellungnahme eines Arztes des Ärztlichen Dienstes, Graz vom 25.01.2024 zu entnehmen, der – ohne Untersuchung der Beschwerdeführerin – festhielt, dass die Ursache der Augenbeschwerden ein bereits vor den Impfungen im Februar 2021 diagnostiziertes Sicca-Syndrom sei, bereits eine Therapie eingeleitet worden sei und ein Zusammenhang mit der Impfung auszuschließen sei.

In weiterer Folge wurde der Antrag vom 28.07.2021 mit Bescheid vom 09.04.2024 abgewiesen. Begründend wurde auf das eingeholte neurologische Gutachten verwiesen; auf die Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes wurde in der Begründung nicht eingegangen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde gerügt, dass die Sehstörung erst durch die zweite Corona-Impfung bedingt und vorher nicht dokumentiert sei. Von der Impfung hätte sie Schmerzen in den Augen, sie sei extrem lichtempfindlich und sehe alles verschwommen, könne Weiß- und Grautöne nicht unterscheiden,…..Ihre Augen würden verkleben und anschwellen, ihr Augenspasmus mache ihr extrem zu schaffen. Die Symptome hätten nach der zweiten Impfung begonnen und würden stetig schlimmer. Ihr Hauptproblem seien die Augen, sie sei in psychischer Behandlung, da sie mit dem Augenleiden nicht umgehen könne….

Angeschlossen war ua ein augenfachärztliches Sachverständigengutachten vom 14.07.2023 an das LG Graz, wonach die Beschwerdeführerin wegen eines starken Lidkrampfes nicht arbeitsfähig sei, sowie ein Ambulanzbefund der Universitätsaugenklinik Graz vom 09.11.2023.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, sofern die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat.Gemäß Paragraph 28, Absatz 3, 2. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, sofern die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt hervorgehoben (vgl etwa das hg. Erkenntnis vom 10. September 2014, Ra 2014/08/0005), dass selbst Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, keine Zurückverweisung der Sache rechtfertigen, wenn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden Verhandlung (§ 24 VwGVG) zu vervollständigen sind.Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt hervorgehoben vergleiche etwa das hg. Erkenntnis vom 10. September 2014, Ra 2014/08/0005), dass selbst Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, keine Zurückverweisung der Sache rechtfertigen, wenn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden Verhandlung (Paragraph 24, VwGVG) zu vervollständigen sind.

Der Umstand, dass gegebenenfalls (punktuelle) ergänzende Einvernahmen durchzuführen wären, rechtfertigt nicht die Zurückverweisung; vielmehr wären diese Einvernahmen, sollten sie wirklich erforderlich sein, vom Verwaltungsgericht - zweckmäßigerweise im Rahmen einer mündlichen Verhandlung - durchzuführen. (Ra 2015/08/0178 vom 27.01.2016)

In § 28 VwGVG 2014 ist ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in § 28 Abs 3 zweiter Satz leg cit vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist (Hinweis E vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066, mwN). Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden (Hinweis E vom 27. Jänner 2015, Ra 2014/22/0087, mwN). Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (Hinweis E vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, mwN). (Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016)In Paragraph 28, VwGVG 2014 ist ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in Paragraph 28, Absatz 3, zweiter Satz leg cit vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist (Hinweis E vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066, mwN). Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden (Hinweis E vom 27. Jänner 2015, Ra 2014/22/0087, mwN). Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts vergleiche Paragraph 37, AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (Hinweis E vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, mwN). (Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016)

Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:

Wie dem Verwaltungsakt zu entnehmen ist, leidet die Beschwerdeführerin unstrittig an einer Augenerkrankung. Sie selbst behauptet, dass diese auf die zweite und dritte COVID-Impfung zurückzuführen sei.

Die für ihren Fachbereich ein Gutachten erstellende Neurologin wies explizit darauf hin, dass ihrer Ansicht nach aufgrund der „dzt sehr ausgeprägten Sehstörung“ ein augenfachärztliches Gutachten einzuholen sei.

In weiterer Folge übermittelte der zuständige Sachbearbeiter den Akt an den Ärztlichen Dienst mit dem Ersuchen um Erstellung eines augenfachärztlichen Gutachtens oder die Abgabe einer diesbezüglichen Stellungnahme.

Der Arzt des Ärztlichen Dienstes stellte ohne jegliche Untersuchung der Beschwerdeführerin in einer Stellungnahme eine Diagnose, die der die Beschwerdeführerin untersuchenden Neurologin nicht möglich war, obwohl dieser die gleichen medizinischen Unterlagen vorlagen wie dem Arzt des Ärztlichen Dienstes. In weiterer Folge schloss er auch einen Zusammenhang der diagnostizierten Erkrankung mit den Impfungen aus, während die Neurologin im Anhang ihres Gutachtens auf dementsprechende augenfachärztliche Literatur verwies.

Des SMS hat ohne Einholung eines augenfachärztlichen Gutachtens über den Antrag der Beschwerdeführerin entschieden, in der Begründung des Bescheides die Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes jedoch nicht einmal als Entscheidungsgrundlage angeführt, sehr wohl jedoch auf das neurologische Gutachten - als entscheidungsrelevant - verwiesen, in dem auf die Notwendigkeit der Einholung eines augenfachärztlichen Gutachtens hingewiesen wurde.

Die belangte Behörde hat im gegenständlichen Fall einerseits keinerlei Feststellungen getätigt sowie andererseits notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen und erweist sich in weiterer Folge der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung der Voraussetzungen für die Entscheidung als derartig mangelhaft, dass weitere Ermittlungen in Form einer Einholung eines augenfachärztlichen Gutachtens basierend auf einer Untersuchung von einem fachlich geeigneten Gutachter bzw. einer fachlich geeigneten Gutachterin erforderlich sind:

In diesem Zusammenhang hat der VwGH wie folgt ausgeführt:

Für den Fall, dass bereits vor Setzen der betreffenden Tathandlungen im Sinn von § 1 Abs. 1 VOG 1972 eine bestimmte Grunderkrankung bestanden haben sollte, sind konkrete Feststellungen zu dieser Grunderkrankung zu treffen, und es ist diesbezüglich darzulegen, welche konkreten Umstände oder Vorfälle einen unbedenklichen Rückschluss auf eine solche schon zuvor bestehende Erkrankung zulassen (vgl. VwGH 21.8.2014, Ro 2014/11/0027; 21.8.2014, Ro 2014/11/0044). (VwGH 06.12.2022, Ra 2020/11/0197)Für den Fall, dass bereits vor Setzen der betreffenden Tathandlungen im Sinn von Paragraph eins, Absatz eins, VOG 1972 eine bestimmte Grunderkrankung bestanden haben sollte, sind konkrete Feststellungen zu dieser Grunderkrankung zu treffen, und es ist diesbezüglich darzulegen, welche konkreten Umstände oder Vorfälle einen unbedenklichen Rückschluss auf eine solche schon zuvor bestehende Erkrankung zulassen vergleiche VwGH 21.8.2014, Ro 2014/11/0027; 21.8.2014, Ro 2014/11/0044). (VwGH 06.12.2022, Ra 2020/11/0197)

Anschließend ist - aufbauend auf die konkreten Feststellungen zur Gesundheitsschädigung (sowie zu einer allfälligen Grunderkrankung) und zu den jeweiligen Handlungen im Sinn von § 1 Abs. 1 VOG 1972 - die rechtliche Beurteilung vorzunehmen, ob ein Kausalzusammenhang mit der für das VOG 1972 erforderlichen Wahrscheinlichkeit zwischen der Gesundheitsschädigung und den Handlungen im Sinn von § 1 Abs. 1 VOG 1972 besteht, und zwar auf der Basis von Feststellungen, denen ein ärztliches Sachverständigengutachten zugrunde zu legen ist (VwGH 26.4.2018, Ra 2018/11/0072, mwN). (VwGH 06.12.2022, Ra 2020/11/0197)Anschließend ist - aufbauend auf die konkreten Feststellungen zur Gesundheitsschädigung (sowie zu einer allfälligen Grunderkrankung) und zu den jeweiligen Handlungen im Sinn von Paragraph eins, Absatz eins, VOG 1972 - die rechtliche Beurteilung vorzunehmen, ob ein Kausalzusammenhang mit der für das VOG 1972 erforderlichen Wahrscheinlichkeit zwischen der Gesundheitsschädigung und den Handlungen im Sinn von Paragraph eins, Absatz eins, VOG 1972 besteht, und zwar auf der Basis von Feststellungen, denen ein ärztliches Sachverständigengutachten zugrunde zu legen ist (VwGH 26.4.2018, Ra 2018/11/0072, mwN). (VwGH 06.12.2022, Ra 2020/11/0197)

Weiters hat der VwGH zur Frage der Feststellungen in Verfahren nach dem Impfschadengesetz wie folgt entschieden:

Die Frage, ob iSd. § 2a Abs. 1 Impfschadengesetz durch die Impfung eine schwere Körperverletzung iSd. § 84 Abs. 1 StGB bewirkt worden ist, setzt klare Feststellungen voraus, welcher Art und Intensität die geltend gemachten Schädigungen sind (vgl. zu dieser Anspruchsvoraussetzung im VOG, welches insoweit als Vorbild des § 2a Abs. 1 Impfschadengesetzes diente [RV 105 BlgNR 18. GP 5], VwGH 14.12.2015, Ro 2014/11/0017). (VwGH 20.02.2023, Ra 2022/11/0144)Die Frage, ob iSd. Paragraph 2 a, Absatz eins, Impfschadengesetz durch die Impfung eine schwere Körperverletzung iSd. Paragraph 84, Absatz eins, StGB bewirkt worden ist, setzt klare Feststellungen voraus, welcher Art und Intensität die geltend gemachten Schädigungen sind vergleiche zu dieser Anspruchsvoraussetzung im VOG, welches insoweit als Vorbild des Paragraph 2 a, Absatz eins, Impfschadengesetzes diente [RV 105 BlgNR 18. GP 5], VwGH 14.12.2015, Ro 2014/11/0017). (VwGH 20.02.2023, Ra 2022/11/0144)

Zwecks Prüfung von auf § 1 Abs. 1 VOG 1972 gestützten Ansprüchen hat das VwG erstens konkrete Feststellungen zu der ins Treffen geführten Gesundheitsschädigung und zweitens einwandfreie und umfassende Feststellungen zu den potentiell für die Gesundheitsschädigung kausalen Tathandlungen zu treffen, und zwar insbesondere hinsichtlich Beginn, Dauer, Häufigkeit und Art der behaupteten Handlungen (vgl. z.B. VwGH 21.8.2014, Ro 2014/11/0027, mwN). (VwGH 06.12.2022, Ra 2020/11/0197)Zwecks Prüfung von auf Paragraph eins, Absatz eins, VOG 1972 gestützten Ansprüchen hat das VwG erstens konkrete Feststellungen zu der ins Treffen geführten Gesundheitsschädigung und zweitens einwandfreie und umfassende Feststellungen zu den potentiell für die Gesundheitsschädigung kausalen Tathandlungen zu treffen, und zwar insbesondere hinsichtlich Beginn, Dauer, Häufigkeit und Art der behaupteten Handlungen vergleiche z.B. VwGH 21.8.2014, Ro 2014/11/0027, mwN). (VwGH 06.12.2022, Ra 2020/11/0197)

Das SMS wird daher an die/den Fachärztin/-arzt für Augenheilkunde insbesondere folgende Fragen zu stellen haben:

1.)      An welchen (Grund-)Erkrankungen hat die Beschwerdeführerin vor Verabreichung der zweiten und dritten COVID Impfung gelitten?

Es hat eine konkrete Aufschlüsselung der Diagnosen in zeitlicher Hinsicht zu erfolgen.

2.)      An welchen Erkrankungen hat die Beschwerdeführerin nach der Verabreichung der zweiten COVID Impfung gelitten?

3.)      An welchen Erkrankungen hat die Beschwerdeführerin nach der Verabreichung der dritten COVID Impfung gelitten?

4.)      a) Ist der unter 2.) festgestellte Leidenszustand zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf die Impfung zurückzuführen?

b) Ist der unter 3.) festgestellte Leidenszustand zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf die Impfung zurückzuführen?

Hinweis: Folgende Kriterien sind lt. VwGH ausschlaggebend:

a)       Es muss ein klarer zeitlicher Zusammenhang bestehen, das heißt die sogenannte Inkubationszeit muss stimmen.

b)       Die Symptomatik des als Ursache der späteren Behinderung angesehenen akuten "Schadensereignisses" soll im Wesentlichen, wenn auch in abgeschwächter Form, dem Bild einer Komplikation nach einer Virusinfektion entsprechen.

c) Da ein direkter Nachweis eines ätiologischen Zusammenhangs mit der Impfung im Nachhinein nicht möglich ist, wird zumindest das Fehlen einer anderen (wahrscheinlicheren) Erklärungsmöglichkeit der Ätiologie gefordert.

c)       Falls die Impfung nicht alleinige Ursache ist, wird um Beurteilung ersucht, ob die angeschuldigten Impfung als wesentliche Ursache zum derzeitigen Leidenszustand beigetragen hat.

5.)            Für den Fall, dass Pkt. 4.) a, b oder c) bejaht wird

a)       Hat die Impfung eine zumindest über 3 Monate andauernde Gesundheitsschädigung verursacht?

b)       Hat die Impfung eine länger als vierundzwanzig Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder eine an sich schwere Verletzung oder Gesundheitsschädigung verursacht?

6.)      Falls die Kausalität unter Pkt. 4. verneint wird, ist unter anderem die Frage zu beantworten:

Worauf ist der festgestellte Leidenszustand zurückzuführen.

7.)      Es hat eine ausführliche Darlegung zu erfolgen, was für den Einfluss der Impfung auf die unter Pkt. 3 festgestellten Leiden spricht und was dagegen.

Spricht erheblich mehr für oder gegen einen ursächlichen Zusammenhang und warum?

Sind die Symptome als Impfreaktion oder Impfkomplikation in der Literatur bekannt?

Ist die Differentialdiagnose anderer möglicher Erkrankungen abgeklärt?

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde wie bereits ausgeführt ein entsprechendes Sachverständigengutachten basierend auf einer Untersuchung zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin vor und nach der Impfung einzuholen haben und die Ergebnisse unter Einbeziehung der vorgelegten medizinischen Beweismittel bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen haben.

Hingewiesen wird in diesem Zusammenhang auch darauf, dass dem SMS aufgrund des neurologischen Gutachtens, in dem auf die Notwendigkeit der Einholung eines augenfachärztlichen Gutachtens hingewiesen wurde – dies unter Anführung dementsprechender medizinischer Literatur – bewusst war, dass die Einholung eines dementsprechenden Gutachtens unumgänglich ist.

Der erkennende Senat ist daher der Ansicht, dass dem SMS auch in weiterer Folge bewusst war, dass es im gegenständlichen Fall unzureichende Ermittlungen getätigt hat bzw. Ermittlungen unterlassen hat, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.

Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht „im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden“ wäre, ist – angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes – nicht ersichtlich.

Von den vollständigen Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird der Beschwerdeführer mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein und in weiter Folge wird das SMS eine Entscheidung zu treffen haben.

Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall des Beschwerdeführers noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rasch und kostengünstig festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zurückzuverweisen.Die Voraussetzungen des Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall des Beschwerdeführers noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rasch und kostengünstig festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß Paragraph 28, Absatz 3, zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zurückzuverweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

In den rechtlichen Ausführungen zu Punkt A) wurde ausführlich unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, dass im Verfahren vor der belangten Behörde gravierende Ermittlungslücken bestehen. Zur Anwendung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG wurde auf die aktuelle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063) Bezug genommen.In den rechtlichen Ausführungen zu Punkt A) wurde ausführlich unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, dass im Verfahren vor der belangten Behörde gravierende Ermittlungslücken bestehen. Zur Anwendung des Paragraph 28, Absatz 3, zweiter Satz VwGVG wurde auf die aktuelle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063) Bezug genommen.

Schlagworte

Ermittlungspflicht Impfschaden Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2024:W200.2291634.1.00

Im RIS seit

09.07.2024

Zuletzt aktualisiert am

09.07.2024
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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