TE Bvwg Erkenntnis 2024/5/23 W142 2265572-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.05.2024
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Entscheidungsdatum

23.05.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W142 2265572-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Somalia, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.12.2022, Zl. 1288991410/211711355, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , StA. Somalia, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.12.2022, Zl. 1288991410/211711355, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.A) Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch XXXX gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG wird festgestellt, dass römisch XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF), eine somalische Staatsangehörige, reiste illegal in Österreich ein und stellte am 10.11.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 11.11.2021 fand vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Erstbefragung der BF im Beisein eines Dolmetschers, welcher in die Sprache Somalisch übersetzte, statt.

Zu ihren persönlichen Verhältnissen befragt gab die BF an, sie sei in XXXX geboren. Sie spreche muttersprachlich Somalisch, bekenne sich zum Islam und gehöre der Volksgruppe der Somali an. Die BF habe vier Jahre lang eine Grundschule besucht. Der Familienstand der BF sei „unbekannt“. Ihr Vater sei bereits verstorben. Als weitere Familienangehörige im Herkunftsland oder in einem anderen Drittstaat führte die BF ihre Mutter, zwei Schwestern und einen Bruder an.Zu ihren persönlichen Verhältnissen befragt gab die BF an, sie sei in römisch XXXX geboren. Sie spreche muttersprachlich Somalisch, bekenne sich zum Islam und gehöre der Volksgruppe der Somali an. Die BF habe vier Jahre lang eine Grundschule besucht. Der Familienstand der BF sei „unbekannt“. Ihr Vater sei bereits verstorben. Als weitere Familienangehörige im Herkunftsland oder in einem anderen Drittstaat führte die BF ihre Mutter, zwei Schwestern und einen Bruder an.

Den Entschluss zur Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat habe sie im Jahr 2021 gefasst und sei im Februar 2021 mit dem Flugzeug und unter Verwendung ihres vom Passamt in „Mogadisu“ ausgestellten Reisepasses legal in die Türkei gereist und habe sich dort ca. fünf Tage aufgehalten. Anschließend sei sie ca. einen Monat in Griechenland gewesen, wo sie ihren Reisepass verloren habe. Danach sei sie über Nordmazedonien nach Serbien gereist, wo sie sich ca. fünf Monate aufgehalten habe, bevor sie über Ungarn ins Bundesgebiet eingereist sei.

Zum Aufenthalt in den angegebenen durchgereisten EU-Ländern gab die BF an, in Griechenland nicht zum Asylverfahren befragt worden zu sein, ihr seien lediglich die Fingerabdrücke abgenommen worden. Sie sei dort schlecht behandelt worden.

Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass die BF am 03.04.2021 in Griechenland einen Asylantrag gestellt und erkennungsdienstlich behandelt worden sei. Auch gab die BF im Zuge der Erstbefragung diesbezüglich befragt bekannt, in Griechenland um Asyl angesucht zu haben, sie könne aber keine Angaben dazu machen. Sie habe dort keine Zukunft gehabt und es habe keine Versorgung gegeben. Sie möchte dort nicht zurück. Die BF habe weder ein Visum noch einen Aufenthaltstitel in einem anderen Land erhalten.

Die Reise habe die BF selbst organisiert und diese sei schlepperunterstützt erfolgt. Die Kosten der Reise hätten ca. EUR 3.000,- betragen. Ihre Kontaktperson seien andere Flüchtlinge gewesen. Die Kontaktaufnahme habe auf der Reiseroute stattgefunden. Da es dunkel gewesen sei, könne sie zum Schlepperfahrzeug inkl. Kennzeichen keine Angaben machen. Sie habe mit dem Schlepper nicht gesprochen und habe keinen Kontakt gehabt.

Zu ihrem Fluchtgrund brachte sie vor, sie habe den Sohn ihres Onkels, sprich ihren Cousin, heiraten sollen und habe dies nicht gewollt. Ihr Vater sei verstorben, ihre Mutter habe nichts zu sagen gehabt. Ihr Onkel habe sie gegen ihren Willen mit seinem Sohn zusammenbringen wollen. Daraufhin sei sie aus Somalia geflüchtet.

Bei einer Rückkehr habe sie Angst um ihr Leben, weil sie ihren Cousin abgelehnt habe.

Konkrete Hinweise, dass ihr bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohe, oder sie im Falle einer Rückkehr in ihren Heimatstaat mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen habe, gebe es „keine“.

3. Am 22.11.2022 wurde die BF durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) in der Sprache Somalisch niederschriftlich einvernommen.

Hierbei gab die BF an, psychisch und physisch in der Lage zu sein, Angaben zu ihrem Asylverfahren zu machen. Sie habe keine Krankheiten und nehme weder Medikamente noch habe sie ärztliche Befunde.

Weiters gab die BF in der Einvernahme Folgendes an (F: Leiter der Amtshandlung, A: BF):

„[…]

F: Haben Sie irgendwelche Dokumente oder Unterlagen dabei, die Sie heute vorlegen möchten?

A: Also ich habe keinen Reisepass. Ich habe diesen in Griechenland verloren. Ich habe aber Sprachkurs besucht, aber die Teilnahmebestätigungen heute zuhause gelassen.

F: Was haben Sie für ein Niveau bei den Sprachkursen besucht?

A: Alphabetisierung. Ich besuche gerade den Kurs Niveau A.1.

F: Verfügen Sie über sonstige Personendokumente (ID-Card, Geburtsurkunde?)

A: Nein.

Vorhalt: Sie haben am 10.11.2021 bei der LPD Burgenland – Eisenstadt PAZ ersucht. Sie wurden am 11.11.2021 vor o.a. Behörde bereits zu Ihrem Asylverfahren, d.h. zu Ihrem Reiseweg und den Gründen Ihrer Ausreise, befragt. Können Sie sich an Ihre damaligen Angaben erinnern und stimmen diese?

A: Ja, ich erinnere mich und meine Angaben waren richtig.

F: Haben Sie den Dolmetscher bei der EB einwandfrei verstanden?

A: Ja

F: Wurden alle Ihre Angaben richtig und vollständig protokolliert und rückübersetzt?

A: Es gab eine Rückübersetzung, aber als ich in Österreich angekommen bin, war ich total müde und ich glaube es gibt in dem Erstbefragungsprotokoll Fehler.

F: Was sind das für Fehler?

A: Bei meiner Erstbefragung steht, dass ich nur 1 Monat in Griechenland war. Insgesamt habe ich mich aber 2 ½ Monate in Griechenland aufgehalten. Die restlichen Angaben sind richtig.

F: Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht und alle Ihre Fluchtgründe genannt? Möchten Sie zu Ihren Angaben heute noch etwas hinzufügen?

A: Ja, ich habe damals die Wahrheit gesagt, meine Fluchtgründe genannt und ich möchte heute mehr ins Detail gehen.

Angaben zur Person und Lebensumständen:

F: Wie heißen Sie und wann sind Sie geboren?

A: XXXX , am XXXX geboren. A: römisch XXXX , am römisch XXXX geboren.

F: Wo sind Sie geboren?

A: XXXX A: römisch XXXX

F: Haben Sie jemals andere Namen oder Identitäten geführt oder sich unter einer anderen Identität ausgegeben?

A: Nein

F: Welche Staatsangehörigkeit besitzen Sie?

A: Somali

F: Gehören Sie einer bestimmten Volksgruppe bzw. einem bestimmten Clan an?

A: Ashraf

F: Wie heißt der Hauptclan?

A: Das weiß ich nicht

F: Wie heißt der Subclan?

A: Hussein

F: Welche Religion haben Sie?

A: Islam/Sunnit

F: Was für Sprachen sprechen Sie?

A: Somali

F: Sind Sie verheiratet?

A: Nein

F: Haben Sie Kinder?

A: Nein.

F: Sind Sie zur Schule gegangen?

A: Ja

F: Wie lange sind Sie zur Schule gegangen?

A: 6 Jahre

F: Was für eine Schule haben Sie besucht?

A: Grundschule

F: Können Sie Lesen und Schreiben?

A: Ja

F: Haben Sie eine Berufsausbildung?

A: Nein.

F: Was für einen Beruf haben Sie zuletzt ausgeübt?

A: Ich war nur zuhause. Ich habe nicht gearbeitet.

F: Wie war Ihre wirtschaftliche bzw. finanzielle Situation in Somalia?

A: nicht sehr schlecht. Ich bin bei meinem Onkel väterlicherseits aufgewachsen. Dieser hatte eine Landwirtschaft und hat mich versorgt. Wir konnten uns drei Mahlzeiten leisten.

F: Wo haben Sie in Somalia gelebt?

A: XXXX A: römisch XXXX

F: Handelt es sich dabei um ein Dorf oder eine Stadt?

A: Distrikt

F: In welchem Bundesstaat befindet sich dieser Distrikt?

A: Hirshabelle,

F: Wie war Ihre Wohnsituation? Mit wem haben Sie zusammengelebt?

A: Mein Onkel väterlicherseits, seine Frau und seine Kinder und auch meine Großmutter väterlicherseits haben dort gelebt.

F: Wie haben Sie gelebt? War dies in einem Haus, in einer Hütte, in einer Mietwohnung?

A: Eigene Blech- und Holzhütte.

F: Befindet sich noch jemand dort?

A: Mein Onkel, seine Frau und seine Kinder befinden sich noch dort.

F: Haben Sie jemals in Mogadishu gelebt?

A: Vor meiner Ausreise bin ich das erste Mal in Mogadischu gewesen.

F: Wie lange waren Sie dort?

A: Ich war dort nur 19 Tage.

F: Wer sorgte für den Lebensunterhalt in Somalia? War dies nur Ihr Onkel?

A: Meine Großmutter väterlicherseits sorgte auch für mich.

F: Wie hat diese für den Lebensunterhalt gesorgt?

A: Mein Onkel hat gearbeitet und hat mich meine Oma und die gesamte Familie ernährt. Meine Oma hat nicht selbst gearbeitet.

F: Befinden sich Angehörigen von Ihnen noch in Somalia?

A: Ja. Meine Mutter und meine Halbgeschwister mütterlicherseits. Als ich klein war haben sich meine Eltern scheiden lassen und meine Mutter hat nochmals geheiratet.

F: Wie heißen Ihre Angehörigen, wie alt sind diese und wo befinden sich diese aktuell?

A:

XXXX römisch XXXX

XXXX römisch XXXX

XXXX römisch XXXX

XXXX römisch XXXX

Alle meine Geschwister sind Halbgeschwister und ich bin ein Einzelkind väterlicherseits.

F: Wieso lebten Sie nicht bei meiner Mutter?

A: Mein Vater hat mich damals, als es zur Scheidung gekommen ist mitgenommen und mich zu seiner Mutter, also zu meiner Oma gebracht.

F: Wie heißt Ihr Onkel und wieviel Kinder hat dieser?

A: XXXX , ca. 60 Jahre alt und er hat 5 Kinder. A: römisch XXXX , ca. 60 Jahre alt und er hat 5 Kinder.

XXXX römisch XXXX

XXXX römisch XXXX

F: In welchem Alter sind die Töchter ca?

A: Ich weiß es nicht genau. Jedenfalls sind XXXX und XXXX verheiratet. A: Ich weiß es nicht genau. Jedenfalls sind römisch XXXX und römisch XXXX verheiratet.

F: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie in Somalia? Wenn ja, wie oft? Wann zum letzten Mal?

A: Nein.

F: Seit wann haben Sie keinen Kontakt zu Ihrer Familie in Somalia?

A: Ich habe nur mit meiner Mutter Kontakt.

F: Wie oft haben Sie mit Ihrer Mutter Kontakt, wann hatten Sie zuletzt Kontakt mit Ihr?

A: In der Woche einmal. Letzte Woche war der letzte Kontakt

F: Warum haben Sie keinen Kontakt zum Onkel väterlicherseits bzw. zur Großmutter väterlicherseits?

A: Meine Oma ist bereits verstorben und ich bin Sauer auf meinem Onkel, weil dieser mich mit meinem Sohn zwangsverheiraten wollte.

F: Waren Sie in Somalia bereits in Haft oder sind Sie dort bereits verurteilt worden?

A: Nein

F: Haben Sie sich in Österreich schon einmal etwas strafrechtlich zu Schulden kommen lassen?

A: Nein

Bezugspersonen in Österreich bzw. im EU-Raum

F: Haben Sie Bezugspersonen in Österreich?

A: Nein

F: Haben Sie Bezugspersonen im EU-Raum?

A: Nein.

Angaben zu Ihrem Fluchtgrund

F: Hatten Sie in Somalia jemals Probleme aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit (Clanzugehörigkeit)?

A: Nein.

F: Hatten Sie in Somalia jemals Probleme aufgrund Ihres Religionsbekenntnisses?

A: Nein.

F: Hatten Sie in Somalia jemals Probleme aufgrund Ihrer Rasse?

A: Nein.

F: Hatten Sie in Somalia jemals Probleme aufgrund Ihrer Nationalität?

A: Nein.

F: Hatten Sie in Somalia jemals Probleme aufgrund der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe?

A: Nein.

F: Hatten Sie in Somalia jemals Probleme wegen Ihrer politischen Überzeugung?

A: Nein.

F: Was war der konkrete Grund, warum Sie Somalia verlassen haben? Erzählen Sie bitte möglichst chronologisch über alle Ereignisse, die Sie persönlich zum Verlassen der Heimat veranlasst haben (freie Erzählung)!

A: Als ich noch kleiner war, haben sich meine Eltern scheiden lassen. Die Scheidung ist nicht friedlich, sondern im Streit abgelaufen. Mein Vater hat mich mitgenommen und mich zu meiner Großmutter, also zu seiner Mutter gebracht. Mein Vater ist nach kurzer Zeit gestorben und ich bin bei meinem Onkel väterlicherseits aufgewachsen. Meine Großmutter ist im Dezember 2020 gestorben. Im Jänner 2021 sagte mein Onkel dann, dass ich seinen Sohn heiraten müsse. Als meine Oma gestorben ist, ist meine Mutter zu uns gekommen um deren Beileid auszudrücken. Mein Mutter wollte mich mitnehmen und mein Onkel hat dies verneint. Er sagte, dass ich bei ihm aufgewachsen sei und ich bei ihm bleibe. Es hat dann Streit zwischen den beiden gegeben und meine Mutter ist dann wieder nach Hause gegangen. Ich sollte dann den Sohn heiraten, ich habe dies verneint und er hat mich geschlagen und misshandelt.

Der Sohn meines Onkels war bereits verheiratet und hatte eine eigene Familie. Ich sollte seine Zweitfrau werden. Mein Onkel hat mich dann geschlagen und geschlagen. Am nächsten morgen habe ich meine Mutter angerufen und ihr alles erzählt. Meine Mutter sagte dann, ich solle sie nachmittags am Markt in XXXX treffen. Ich habe sie dann dort getroffen. Meine Mutter hat dann dem Busfahrer eines kleinen Bus Geld gegeben, welcher mich dann nach Mogadischu gebracht hat. Dort hat dann meine Tante mütterlicherseits auf mich gewartet und mich zu sich genommen. Der Sohn meines Onkels war bereits verheiratet und hatte eine eigene Familie. Ich sollte seine Zweitfrau werden. Mein Onkel hat mich dann geschlagen und geschlagen. Am nächsten morgen habe ich meine Mutter angerufen und ihr alles erzählt. Meine Mutter sagte dann, ich solle sie nachmittags am Markt in römisch XXXX treffen. Ich habe sie dann dort getroffen. Meine Mutter hat dann dem Busfahrer eines kleinen Bus Geld gegeben, welcher mich dann nach Mogadischu gebracht hat. Dort hat dann meine Tante mütterlicherseits auf mich gewartet und mich zu sich genommen.

Mein Onkel wollte mich gegen meinen Willen zwangsverheiraten und er hat auch meine Mutter angerufen und dieser gedroht. Meine Mutter hat dann die Entscheidung getroffen, dass ich Somalia verlassen muss.

Meine Tante mütterlicherseits hat dann einen Schlepper gesucht und gefunden. Der hat dann alles organisiert und mich nach ein paar Tage von meiner Tante zuhause abgeholt und mich zum Flughafen gebracht. Der Schlepper hat mich bis in die Türkei begleitet.

Über Nachfrage gebe ich an, dass dies meine gesamte Fluchtgeschichte war. Mein Onkel wollte, dass ich zwangsverheiratet werde und er hat nicht akzeptiert, dass ich bei meiner Mutter lebe. Aus diesem Grund habe ich Somalia verlassen.

Anmerkung: Die Einvernahme wird um 13.00 Uhr für eine Pause unterbrochen und um 13:15 Uhr fortgesetzt.

F: Was ist mit Ihrem Vater? Wo lebt dieser?

A: Mein Vater ist verstorben.

F: Wann ist Ihr Vater verstorben?

A: Als ich acht Jahre gewesen bin ist mein Vater verstorben.

F: Wie alt sind Sie in etwa gewesen, als Sie zu Ihrer Großmutter gezogen sind?

A: Meine Oma hat es mir nie gesagt, aber ich war sehr klein. Ich konnte nicht gehen.

F: Daran können Sie sich noch erinnern?

A: Meine Oma hat mir dies erzählt.

F: Wie alt sind die Söhne Ihres Onkels?

A: Diese sind zwischen 35 und 40 Jahre alt.

F: Sind beide Söhne des Onkels verheiratet?

A: Die beiden sind verheiratet und haben Kinder.

F: Warum wollte Ihre Mutter Sie nach dem Tod der Großmutter zu sich nehmen?

A: Als ich klein war, hat sie mich nicht freiwillig meinem Vater gegeben.

Vorhalt: Warum ist Ihre Mutter dann nicht gleich nach dem Tod Ihres Vaters als Sie 8 Jahre alt waren auf die Großmutter bzw. auf den Onkel zugegangen?

A: Die Familie meiner Mutter und die meines Vaters hatten Probleme miteinander. Als meine Oma gestorben ist, wollte mich meine Mutter zu sich nehmen.

Anmerkung: Die Frage wird wiederholt.

A: Das weiß ich nicht.

Vorhalt: Warum sollte man Sie nach dem Tod Ihrer Großmutter verheiraten und warum sind Sie nicht schon früher verheiratet worden?

A: Meine Großmutter war dort und er konnte mich nicht zwingen.

F: Warum konnte er Sie nicht zwingen, nur weil Ihre Großmutter anwesend gewesen ist?

A: Ich bin Einzelkind meines Vaters. Meine Großmutter war immer für mich da und sie hat mich immer beschützt. Sie ist nicht einverstanden gewesen, dass man mich schlägt.

F: Ist der Onkel bei der al-Shabaab?

A: Nein.

F: Wollte der Sohn des Onkels, also Ihr Cousin auch, dass Sie diesen heiraten?

A: Ja

F: Warum sollten Ihr Onkel und dessen Sohn gewollt haben, dass Sie dessen Zweitfrau werden?

A: Mein Onkel wollte nicht, dass ich zu meiner Mutter gehe. Er sagte auch, dass ich in der Familie bleibe, wenn ich den Sohn heirate.

F: Aber was sollte dies für die Familie für ein Vorteil mit sich bringen?

A: Das weiß ich nicht. Aber die beiden Familien hatten Probleme.

F: Was wäre passiert, wenn Sie einfach bei Ihrer Mutter geblieben wären?

A: Meine Mutter lebte in einem Dorf und dieses Dorf ist unter der Kontrolle der al-Shabaab und deswegen wollte Sie, dass wir uns beim XXXX Markt treffen. Dort habe ich mich dann mit meiner Mutter getroffen.A: Meine Mutter lebte in einem Dorf und dieses Dorf ist unter der Kontrolle der al-Shabaab und deswegen wollte Sie, dass wir uns beim römisch XXXX Markt treffen. Dort habe ich mich dann mit meiner Mutter getroffen.

F: Was hätte es für Konsequenzen gehabt, wenn Sie einfach mit dieser nach Hause gegangen wären und dort geblieben wären?

A: Es würde kein Problem darstellen. Mein Onkel hat zu mir gesagt, dass ich nicht dorthin gehen dürfe.

F: Nochmals: Wenn Sie sich widersetzt hätten und einfach dort gelebt hätten, ohne den Sohn zu heiraten, was wäre dann passiert?

A: Das weiß ich nicht. Wenn ich mit meiner Mutter dort geblieben wäre, wäre es in Ordnung gewesen, aber das Dorf war unter der Kontrolle der al-Shabaab und deswegen hat sie sich mit mir beim Markt getroffen.

F: Sind Sie wegen der Zwangsheirat einmal bei der Polizei gewesen?

A: Nein.

F: Warum konnten Sie nicht bei Ihrer Tante in Mogadischu bleiben?

A: Mein Onkel hat meine Mutter angerufen und diese bedroht. Meine Mutter hat dann meine Tante angerufen und dies mitgeteilt. Ich hatte Angst, dass mein Onkel dorthin kommt und mich von dort abholt und die Zwangsheirat durchgeführt wird.

Vorhalt: Sie sagten, dass es kein Problem gewesen wäre, wenn Sie zu Ihrer Mutter gegangen wären und dort bei der Mutter geblieben wären, aber zu Ihrer Mutter ins Dorf hätten Sie gehen können?

A: Ja mein Onkel hatte Angst vor al-Shabaab.

F: Wer hat Ihnen die Reise finanziert?

A: Meine Tante mütterlicherseits hat die Reise finanziert.

F: Hatten Sie selbst auch Angst von der al-Shabaab?

Anmerkung: Die AW schüttelt den Kopf.

A: Ja.

F: Gab es in der Familie Ihrer Mutter bereits Vorfälle mit al-Shabaab?

A: Nein.

Vorhalt: Warum hat Ihre Mutter Sie nicht einfach zu sich genommen, wenn Sie dies doch offensichtlich wollte?

A: Es könnte sein, dass Mitglieder der al-Shabaab auch dort im Dorf Zwangsverheiratungen durchführt. Dies wollte Sie nicht.

F: Ist Ihre leibliche Halbschwester zwangsverheiratet?

A: Nein.

F: Warum nicht?

A: Diese ist noch kleiner als ich.

Anmerkung: Die AW wird darauf hingewiesen, dass Ihre Halbschwester bereits XXXX -jährig ist und eine Zwangsheirat in Somalia durch al-Shabaab laut Länderfeststellungen des Bundesamtes für Fremdenwesen- und Asyl auch schon mit 15 Jahren erfolgt.Anmerkung: Die AW wird darauf hingewiesen, dass Ihre Halbschwester bereits römisch XXXX -jährig ist und eine Zwangsheirat in Somalia durch al-Shabaab laut Länderfeststellungen des Bundesamtes für Fremdenwesen- und Asyl auch schon mit 15 Jahren erfolgt.

A: Meine Schwester hat Ihren Vater.

F: Möchten Sie noch was vorbringen?

A: Ich möchte noch ergänzen, dass die Frau von meinem Onkel mich als meine Oma gestorben ist, mich geschlagen hat und mir eine Verletzung im Mundbereich zugefügt habe und meine Zähne dabei abgebrochen sind.

Anmerkung: Die AW zeigt Ihre Zähne, wobei den linken oberen Schneidzahn ein kleines Eck innenseitig fehlt.

F: Haben Sie sämtliche Gründe und Vorfälle, welche Sie zum Verlassen von Somalia veranlasst haben, angeführt?

A: Ja.

F: Was hätten Sie im Falle einer eventuellen Rückkehr in Ihre Heimat konkret zu befürchten?

A: Mein Onkel ist noch da und er würde mich zwingen seinen Sohn zu heiraten.

F: Was würde dann in der Folge passieren?

A: Er ist viel Älter als ich und ich würde Schwierigkeiten dort haben.

F: Wären Sie wirtschaftlich in der Lage, sich wieder in Ihrem Heimatland niederzulassen und Ihren Lebensunterhalt zu bestreiten?

A: Nein.

F: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, ihre Probleme vollständig und so ausführlich, wie Sie es wollten, zu schildern?

A: Ja.

F: Sie werden nochmals auf das Neuerungsverbot im Beschwerdeverfahren aufmerksam gemacht. Ich frage Sie daher jetzt nochmals, ob Sie noch etwas Asylrelevantes angeben möchten oder etwas vorbringen möchten, was Ihnen wichtig erscheint, ich jedoch nicht gefragt habe?

A: Ja, Ich bin damit einverstanden.

Angaben zu Ihrem Fluchtweg

F: Halten Sie die im Rahmen der Erstbefragung vor der Exekutive gemachten Angaben bezüglich Ihres Fluchtweges vollinhaltlich aufrecht?

A: Ja, bis auf meinen Aufenthalt in Griechenland

F: Wann haben Sie den Entschluss gefasst Somalia zu verlassen?

A: Am 25.01.2021

F: Wann genau haben Sie Somalia dann tatsächlich verlassen?

A: 19.02.2021

F: Wo haben Sie sich bis vor Ihrer Ausreise in Somalia aufgehalten?

A: Bei meiner Tante.

F: Sind Sie legal oder illegal ausgereist?

A: legal, mit einem eigenen Reisepass.

F: Sie gaben an, sich 2 ½ Monate in Griechenland aufgehalten zu haben und wurden dort erkennungsdienstlich behandelt, dh. dass Ihnen Fingerabdrücke abgenommen wurden. Haben Sie in Griechenland einen Asylantrag gestellt?

A: Nein

F: Wo waren Sie in Griechenland aufhältig?

A: Athen

F: Haben Sie ansonsten in einem Land einen Asylantrag gestellt?

A: Nein.

F: Möchten Sie Einsicht in die Feststellungen des Bundesamtes zur Lage in Somalia nehmen? – Sie haben dann die Möglichkeit innerhalb einer zweiwöchigen Stellung dazu zu nehmen.

Belehrung: Ihnen werden die Feststellungen des Bundesamtes zur Lage in Somalia zur Einsichtnahme vorgelegt und diese werden Ihnen erläutert. Wenn Sie ein bestimmter Teil der Feststellungen besonders interessiert, wird Ihnen dieser vom Dolmetscher zur Kenntnis gebracht. Im Anschluss daran haben Sie die Möglichkeit im Rahmen des Parteiengehörs dazu Ihre Stellungnahme abzugeben. Sie können aber auch auf die Abgabe einer Stellungnahme verzichten oder Ihnen werden die Feststellungen ausgefolgt und Sie haben dann die Möglichkeit innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Haben Sie die Belehrung verstanden?

A: Ja, ich habe verstanden und ich verzichte.

F: Wieso sind Sie nach Österreich gekommen?

A: Ich wollte in ein sicheres Land.

Integration in Österreich

F: Von welchen finanziellen Mitteln leben Sie hier in Österreich?

A: Von der Grundversorgung.

F: Wo und wie leben Sie derzeit?

A: Ich bekomme Grundversorgung und ich lebe in einer Flüchtlingsunterkunft. Ich teile mir ein Zimmer mit einem anderen Mädchen.

F: Besuchen Sie in Österreich die Schule, einen Kurs oder machen Sie eine Ausbildung?

A: Ich besuche einen Sprachkurs.

F: Was haben Sie für Hobbies? Wie gestalten Sie Ihre Freizeit?

A: Ich lese gerne.

F: Leisten Sie in der Flüchtlingsunterkunft Unterstützung? Wie sieht diese aus?

A: Ich helfe beim Putzen und beim Reinigen.

F: Sind Sie Mitglied in einem Verein, einer Moschee oder einer Organisation hier in Österreich?

A: Nein.

F: Wie sehr haben Sie sich hier in Österreich schon eingelebt?

A: Ich habe mich hier schon gut eingelebt und bin so froh hier zu sein.

F: Die Befragung wird hiermit beendet. Wollen Sie zu Ihrem Asylverfahren sonst noch etwas vorbringen, was Ihnen von Bedeutung erscheint und Sie bisher nicht erwähnt haben?

A: Ich bin auch beschnitten. Die Frau von meinem Onkel väterlicherseits hat mich auch beschnitten.

[…]“

4. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid wies das BFA den Antrag der BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status „des Asylberechtigten“ gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihr gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status „des subsidiär Schutzberechtigten“ zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für „1“ Jahr (Spruchpunkt III.).4. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid wies das BFA den Antrag der BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status „des Asylberechtigten“ gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte ihr gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 den Status „des subsidiär Schutzberechtigten“ zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihr gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für „1“ Jahr (Spruchpunkt römisch III.).

Das BFA stellte fest, dass die Identität der BF nicht feststehe. Sie sei muslimisch-sunnitischen Glaubens und gehöre dem Clan der Ashraf, Subclan der Hussein, an. Ihre Muttersprache sei Somali, welche Sie in Wort und Schrift beherrsche. Die BF habe in Somalia sechs Jahre lang die Grundschule besucht. Sie verfüge weder über eine Berufsausbildung noch habe sie in Somalia gearbeitet. Sie sei ledig und habe keine Kinder.

Die BF sei in XXXX , in der Region Middle Shabelle, im Bundesstaat South West State geboren, wo sie gemeinsam mit ihrer Großmutter väterlicherseits, ihrem Onkel väterlicherseits und dessen Kindern in einer eigenen Blech- und Holzhütte gelebt habe. Ihr Onkel väterlicherseits und dessen fünf Kinder würden sich nach wie vor in derselben Blech- und Holzhütte, in welcher Sie gelebt haben, befinden. Weiters lebe ihre Mutter, deren jetziger Ehemann und deren drei Kinder, bei welchen es sich um die Halbgeschwister der BF handeln würde, noch in Somalia. Sie habe Kontakt zu ihrer Mutter und pflege diesen ca. einmal wöchentlich. Die BF sei in römisch XXXX , in der Region Middle Shabelle, im Bundesstaat South West State geboren, wo sie gemeinsam mit ihrer Großmutter väterlicherseits, ihrem Onkel väterlicherseits und dessen Kindern in einer eigenen Blech- und Holzhütte gelebt habe. Ihr Onkel väterlicherseits und dessen fünf Kinder würden sich nach wie vor in derselben Blech- und Holzhütte, in welcher Sie gelebt haben, befinden. Weiters lebe ihre Mutter, deren jetziger Ehemann und deren drei Kinder, bei welchen es sich um die Halbgeschwister der BF handeln würde, noch in Somalia. Sie habe Kontakt zu ihrer Mutter und pflege diesen ca. einmal wöchentlich.

Fest stehe, dass die BF keine Verfolgung durch den somalischen Staat zu befürchten gehabt habe und sie in ihrem Herkunftsstaat keiner Verfolgung oder Bedrohung aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen, wogegen der Staat sie nicht zu schützen vermöge, ausgesetzt gewesen sei. Die Behörde gehe davon aus, dass sie Somalia aus wirtschaftlichen oder sonstigen Überlegungen verlassen habe.

Im Falle einer Rückkehr nach Somalia wäre die BF weder staatlicher noch einer sonstigen Verfolgung ausgesetzt.

Aufgrund der prekären Sicherheits- und Versorgungslage in ihrer Heimatregion sei der BF derzeit eine Rückkehr nach XXXX , in die Region Middle Shabelle in den Bundesstaat Hirshabelle nicht zumutbar und möglich. Auch eine Rückkehr an einen anderen Ort in Somalia stehe ihr nicht offen, da ihr dies als alleinstehender Frau, ohne Berufsausbildung, ohne Lokalkenntnisse und ohne ausreichendes familiäres bzw. soziales Netzwerk nicht zumutbar sei.Aufgrund der prekären Sicherheits- und Versorgungslage in ihrer Heimatregion sei der BF derzeit eine Rückkehr nach römisch XXXX , in die Region Middle Shabelle in den Bundesstaat Hirshabelle nicht zumutbar und möglich. Auch eine Rückkehr an einen anderen Ort in Somalia stehe ihr nicht offen, da ihr dies als alleinstehender Frau, ohne Berufsausbildung, ohne Lokalkenntnisse und ohne ausreichendes familiäres bzw. soziales Netzwerk nicht zumutbar sei.

Beweiswürdigend führte das BFA im Wesentlichen aus, dass die BF eine Verfolgung durch den Staat in ihrer Einvernahme nicht vorgebracht habe, woher die Feststellung rühre, dass sie in ihrem Herkunftsstaat keiner staatlichen Verfolgung ausgesetzt sei. Auch habe die BF nicht vermocht, eine konkrete Verfolgungshandlung aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen, wogegen der Staat sie nicht zu schützen vermöge, glaubwürdig darzulegen. Es sei einerseits nicht plausibel, warum es der BF am Vortag noch möglich gewesen sein sollte, dass sie ihre Mutter migenommen und zu sich holen hätte können und dies damals aufgrund der Streitigkeit mit ihrem Onkel nicht möglich gewesen sei und am nächsten Tag aufgrund von Al Shabaab und einer damit verbundenen eventuellen Zwangsheirat nicht mehr möglich gewesen sein sollte. Auch habe die BF nicht plausibel schildern können, warum gerade sie im Dorf ihrer Mutter zwangsverheiratet hätte werden sollen bzw. dass überhaupt die Gefahr einer Zwangshochzeit im Dorf bestanden habe. Über Nachfrage, ob ihre größere leibliche Halbschwester bereits zwangsverheiratet sei, gab die BF an, dass dem nicht so sei, weil diese noch jünger sei als die BF. Erst über Vorhalt, dass in Somalia bereits 15-Jährige zwangsverheiratet werden, gab die BF schließlich an, dass diese Halbschwester ihren Vater habe, welcher sie vor einer Zwangshochzeit beschütze. Inwiefern ein Vater eine Tochter jedoch vor einer von Al Shabaab gewollten Zwangshochzeit schützen könne, möge bezweifelt werden. Laut Länderberichten töte, entführe und misshandle die Gruppe Zivilisten, verübe geschlechtsspezifische Gewalt und führe Frauen einer Zwangsehe zu. In Gebieten, in welcher Al Shabaab die Kontrolle ausübe, ist von unmenschlicher Behandlung auszugehen, wenn Personen gegen die Interessen von Al Shabaab handeln oder dessen verdächtigt werden würden.

Weiters werde aus genannten Erwägungen den Angaben der BF kein Glauben geschenkt, dass seitens ihres Onkels überhaupt eine Zwangsehe vorgesehen gewesen sei sowie, dass ihr Onkel die Mutter der BF angerufen und bedroht habe, als die BF sich bereits in Mogadischu bei ihrer Tante mütterlicherseits aufgehalten habe. Es ist überdies nicht ersichtlich, wie der Onkel die BF in Mogadischu auffinden hätte sollen, um sie dann im Anschluss mit seinem Sohn zu verheiraten. Die BF habe auch keinen Vorteil schildern können, welchen der Onkel aus einer Zwangshochzeit mit seinem Sohn geschöpft hätte.

Sohin sei es der BF zu keinem Zeitpunkt gelungen, eine konkrete auf ihre Person bezogene Verfolgungshandlung darzulegen. Auch habe sie keine drohende, konkret auf ihre Person bezogene Verfolungshandlung glaubhaft veranschaulichen können. Aus den angeführten Erwägungen betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen ihres Herkunftsstaates ergebe sich auch, dass die BF im Fall ihrer Rückkehr keiner staatlichen oder sonstigen Bedrohung aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen ausgesetzt wäre. Dass sie über keine innerstaatliche Fluchtalternative verfügen würde, könne aus dem Gesamtbild ihrer Angaben abgeleitet werden.

Die belangte Behörde führte zu Spruchpunkt I. zusammengefasst aus, dass es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspreche, dass eine Verfolgung aufgrund „Zwangsverheiratung“ unter dem Gesichtspunkt einer geschlechtsspezifischen Verfolgung als Angehörige einer bestimmten sozialen Gruppe nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention asylrelevant sein könne. Die BF habe es jedoch nicht vermocht, eine derartige Verfolgung vor der Behörde glaubwürdig darzulegen.Die belangte Behörde führte zu Spruchpunkt römisch eins. zusammengefasst aus, dass es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspreche, dass eine Verfolgung aufgrund „Zwangsverheiratung“ unter dem Gesichtspunkt einer geschlechtsspezifischen Verfolgung als Angehörige einer bestimmten sozialen Gruppe nach Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention asylrelevant sein könne. Die BF habe es jedoch nicht vermocht, eine derartige Verfolgung vor der Behörde glaubwürdig darzulegen.

5. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides wurde fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung erheblicher Verfahrensvorschriften erhoben.5. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides wurde fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung erheblicher Verfahrensvorschriften erhoben.

Es wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Behörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt habe. Der BF seien keine ausreichenden Fragen zur Situation von Frauen in Somalia gestellt worden, obwohl notorisch sei, dass die Rechte der Frauen in Somalia kaum vorhanden seien und Frauen massiv unterdrückt werden würden. Vergewaltigungen, Zwangsehen und Unterdrückung würden toleriert werden. Die BF habe die Schule nur für sechs Jahre besuchen dürfen, danach sei ihr dies von ihrem Onkel untersagt worden, auch arbeiten habe sie nicht dürfen. Auch dazu sei sie nicht befragt worden. Zudem sei die BF im Zuge ihrer Einvernahme auch nicht befragt worden, inwiefern sich ihr Leben verändert habe, seit sie in Österreich lebe und sohin erklären hätten können, dass sie nun selbstbestimmt leben könne. Dies wolle sie beibehalten, arbeiten und eine Ausbildung absolvieren und habe diese Möglichkeiten in Somalia nicht. Zur Situation von alleinstehenden Frauen in Somalia würden entsprechende Ermittlungen fehlen. In der Einvernahme habe die BF die Bedrohung durch die Al Shabaab im Dorf ihrer Mutter geschildert. Aufgrund mangelhafter Befragung sei aber unerwähnt geblieben, dass die Al Shabaab ebenfalls eine Gefahr für sie bedeuten würden, zwangsverheiratet zu werden.

Weiters seien die in „den angefochtenen Bescheiden“ getroffenen Länderfeststellungen unvollständig, teilweise veraltet und würden sich kaum mit den konkreten Fluchtgründen der BF befassen. Auch die Berichte über die Lage der Frauen seien unvollständig und werde dahingehend auf mehrere, in der Beschwerde aufgezählte Länderberichte verwiesen. Auch habe die belangte Behörde außer Acht gelassen, dass sich die Sicherheitslage – insbesondere in der bis dato angenommenen IFA Mogadischu – sehr verschlechtert habe, sodass der VfGH aufgrund der Berichtslage im Dezember 2019 eine IFA in Mogadischu aufgrund der Sicherheitslage verneint habe.

Es hätten sich im Bescheid der BF keine Feststellungen über die Situation von Frauen in Somalia bzw. über die familiäre, wirtschaftliche und soziale Situation insbesondere von alleinstehenden Frauen in Somalia gefunden. Auch zur Unterdrückung und Diskriminierung von Frauen in Somalia würden entsprechende Feststellungen fehlen. Falsch sei die Feststellung, wonach die BF keinerlei Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt gewesen sei, denn zahlreiche Länderberichte und die aktuelle Rechtsprechung würden die Diskriminierung von Frauen in Somalia als Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe bestätigen. Daher sei diese Feststellung schlichtweg falsch und aktenwidrig, da dies sogar die von der Behörde herangezogenen Länderberichte bestätigen würden.

Beim Vorhalt der belangten Behörde, es sei nicht plausibel, weshalb die Mutter der BF diese zu sich holen hätte wollen, wo sie in deren Dorf ja ebenso der Gefahr der Zwangsverheiratung (dort durch die Al Shabaab Miliz) ausgesetzt sei, liege ein Denkfehler vor und gehe dieser somit ins Leere. Zwar kenne die BF den genauen Plan der Mutter nicht, jedoch hätte sie wohl eine andere Lösung gefunden, als sie in ihr Dorf zu holen, wo sie, wie die belangte Behörde richtig anführe, der Zwangsverheiratung ebenfalls ausgesetzt gewesen wäre. Dies werde faktisch auch schon dadurch bestätigt, als die Mutter sie, nachdem die Bedrohung der Zwangsverheiratung vom Onkel der BF ausgegangen sei, eben gerade nicht zu sich ins Dorf geholt habe, sondern sie nach Mogadischu zu einer Tante gebracht habe.

Der nächste Vorhalt der belangten Behörde, die BF hätte nicht darlegen können, weshalb sie im Dorf ihrer Mutter einer Zwangsverheiratung ausgesetzt wäre, sei in sich widersprüchlich, werde doch nur wenige Zeilen später davon ausgegangen, dass die Al Shabaab Miliz Frauen einer Zwangsehe zuführe (vgl. S. 111 f des angefochtenen Bescheids). Darauf, dass die belangte Behörde daran zweifeln würde, dass das Dorf der Mutter der BF tatsächlich von den Al Shabaab Milizen kontrolliert werde, finde sich in der Begründung der belangten Behörde kein Hinweis. Es sei daher davon auszugehen, dass die BF dort – den Länderberichten zu Somalia entsprechend – der Gefahr der Zwangsverheiratung ausgesetzt wäre.Der nächste Vorhalt der belangten Behörde, die BF hätte nicht darlegen können, weshalb sie im Dorf ihrer Mutter einer Zwangsverheiratung ausgesetzt wäre, sei in sich widersprüchlich, werde doch nur wenige Zeilen später davon ausgegangen, dass die Al Shabaab Miliz Frauen einer Zwangsehe zuführe vergleiche S. 111 f des angefochtenen Bescheids). Darauf, dass die belangte Behörde daran zweifeln würde, dass das Dorf der Mutter der BF tatsächlich von den Al Shabaab Milizen kontrolliert werde, finde sich in der Begründung der belangten Behörde kein Hinweis. Es sei daher davon auszugehen, dass die BF dort – den Länderberichten zu Somalia entsprechend – der Gefahr der Zwangsverheiratung ausgesetzt wäre.

Es sei auch im Bezug auf die Halbschwester der BF, die nicht zwangsverheiratet worden sei, auf die Aussage der BF zu verweisen. Diese hat neben der Mutter noch ihren leiblichen Vater, der zweifelsfrei zumindest versuchen könne, die Halbschwester vor den Al Shabaab zu schützen, sodass diese nicht zwangsverheiratet werde. Somit stelle die belangte Behörde hier einen unpassenden Vergleich an, wenn die BF ohne einen männlichen erwachsenen Familienangehörigen bei ihrer Mutter im Dorf leben würde, da die Gefahr für sie ungleich höher wäre.

Hinzu komme, dass die bloße Tatsache, dass die Halbschwester bis dato nicht zwangsverheiratet worden sei, nicht bedeute, dass die Gefahr für sie nicht bestünde. Die belangte Behörde scheint in ihrer Begründung davon auszugehen, dass die Al Shabaab die inzwischen XXXX -jährige Halbschwester noch nicht zwangsverheiratet hätten und dies auch nicht mehr machen würden, da dies ja bereits bei Frauen ab 15 Jahren erfolgen würde. Die belangte Behörde setzt somit die Länderberichte, in welchen von dieser Gefahr ab 15 Jahren gesprochen werde, offenbar damit gleich, dass dies entweder unmittelbar mit Vollendung des 15. Lebensjahres erfolgen müsste oder überhaupt nicht. Dies lasse eine gewisse Willkür bei der Beweiswürdigung erkennen.Hinzu komme, dass die bloße Tatsache, dass die Halbschwester bis dato nicht zwangsverheiratet worden sei, nicht bedeute, dass die Gefahr für sie nicht bestünde. Die belangte Behörde scheint in ihrer Begründung davon auszugehen, dass die Al Shabaab die inzwischen römisch XXXX -jährige Halbschwester noch nicht zwangsverheiratet hätten und dies auch nicht mehr machen würden, da dies ja bereits bei Frauen ab 15 Jahren erfolgen würde. Die belangte Behörde setzt somit die Länderberichte, in welchen von dieser Gefahr ab 15 Jahren gesprochen werde, offenbar damit gleich, dass dies entweder unmittelbar mit Vollendung des 15. Lebensjahres erfolgen müsste oder überhaupt nicht. Dies lasse eine gewisse Willkür bei der Beweiswürdigung erkennen.

Zumal der Onkel der BF ihre Mutter bedroht habe, als sie sich in Mogadischu befunden habe, habe er offenkundig davon gewusst, dass sie sich dort aufgehalten habe. Wenn die belangte Behörde der BF hierbei vorhalte, sie hätte nicht erklären können, wie er es bewerkstelligen hätte sollen, sie zu finden, werde darauf hingewiesen, dass sie danach auch nicht gefragt worden sei. Soweit Zweifel dahingehend bestanden hätten, dass der Onkel die BF in Mogadischu finden könne, wäre es im Rahmen der amtswegigen Ermittlungspflicht erforderlich gewesen, dass die belangte Behörde sie danach frage. Dies wäre auch ein der belangten Behörde zumutbarer Ermittlungsschritt.

Dass die BF der belangten Behörde keinen Vorteil des Onkels schildern habe können, wenn er sie mit seinem Sohn zwangsverheiratet, sei aktenwidrig. Hierzu werde auf S. 13 des angefochtenen Bescheids verwiesen:

„A: Mein Onkel wollte nicht, dass ich zu meiner Mutter gehe. Er sagte auch, dass ich in der Familie bleibe, wenn ich den Sohn heirate.“

Hieraus gehe der Vorteil des Onkels – nämlich die Bindung der BF zu seiner und die weitere Abkapselung von der Familie der Mutter – klar hervor, zumal die BF als Frau in der Folge bei dem für sie vorgesehenen Ehegatten, somit bei der Familie des Onkels leben hätte müssen.

Die belangte Behörde habe nach mangelhaftem Ermittlungsverfahren und anderer Verfahrensfehler das Verfahren zusätzlich mit einer mangelhaften Beweiswürdigung und Begründung belastet.

Die BF gehöre der sozialen Gruppe der (alleinstehenden) Frauen aus Somalia an. Die Diskriminierung und Gewaltanwendung gegen Frauen in Somalia werde regelmäßig von Angehörigen des somalischen Militärs, AMISOM und Al Shabaab sowie von Privaten begangen und werde insgesamt daher von einer staatlichen Verfolgung auszugehen sein. Selbst wenn nicht von einer staatlichen Verfolgung ausgegangen werde, bestehe kein durchsetzbarer staatlicher Schutz, der Frauen in Somalia vor Verfolgung zur Verfügung stehe. Im Falle der BF würden sich die Diskriminierungshandlungen derart häufen, dass von asylrelevanter Verfolgung gesprochen werden könne. Die BF gehöre einer gefährdeten Gruppe an, weshalb ihr Asyl zu gewähren gewesen wäre. Dass sich der BF keine innerstaatliche Fluchtalternative eröffne, ergebe sich bereits aus dem Umstand, das

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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